Urteil des BPatG vom 17.04.2007

BPatG: beschreibende angabe, marke, internet, verkehr, begriff, unterscheidungskraft, fonds, computer, vorkaufsrecht, form

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 52/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die IR-Marke 760 589
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 17. April 2007 unter Mitwirkung …
BPatG 152
08.05
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse
der Markenstelle für Klasse 36 IR des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 4. Dezember 2003 und vom 15. März 2005 aufgeho-
ben.
G r ü n d e
I
Am 10. Mai 2001 ist die Marke
CLICKOPTIONS
für folgende Dienstleistungen international registriert worden:
Kl. 36: affaires financières, affaires monétaires, affaires bancaires, émission de
valeurs mobilières, d´obligations, placement de fonds et investissement de ca-
pitaux, opérations financières, transactions financières, informations financières,
constitution de fonds, transfert électronique de fonds, consulations en matière fi-
nancière, courtage;
Kl. 38: télécommunications; agences de presse et d´informations, communications
par teminaux d´ordinateurs, par moyens électroniques et informatiques, services
de transmission d´informations par voie télématique, transmission d´informations
contenues dans des banques de données; communications sur le réseau Internet,
transmission de commandes d´achat sur le réseau Internet.
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Mit Beschlüssen vom 4. Dezember 2003 und vom 15. März 2005, letzterer im Er-
innerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 36 IR der Marke den Schutz
für die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 5 Abs. 1 MMA, Art. 6 B Nr. 2 PVÜ
i. V. m. §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 107, 113 MarkenG verweigert. Nach Auffassung der
Markenstelle fehlt der Marke jegliche Unterscheidungskraft. Sie setze sich aus den
beiden Wortbestandteilen „click“ und „options“ zusammen. Der Bestandteil „click“
könne verschiedene Bedeutungen haben, etwa „klicken“ bzw. „klickendes, durch
einen Auslöser bzw. einen Tastendruck erzeugtes Geräusch“ oder, wie auch die
Markeninhaberin vorgetragen habe, z. B. „Klinke“, „knacken“, „zuschnappen“. Der
weitere Markenbestandteil „Options“ habe Bedeutungen wie etwa „Option“, „Alter-
native“, „Gruppe“, „Optionsrecht“, „Vorkaufsrecht“, „Variante“. In Zusammenhang
mit den allgemein bekannten vielfachen und unterschiedlichen Wahlmöglichkeiten
bzw. Optionen in Computerprogrammen sei der schutzsuchende Begriff als Auffor-
derung zu verstehen, Optionen mit der Computermaus anzuklicken, oder aber er
stelle einen Hinweis auf verschiedene „Klickoptionen“ dar, d. h. Optionen, die man
mit der Maus anklicken und dadurch auswählen könne bzw. die sich beim Ankli-
cken ergäben. Außerdem handele es sich bei „click options“ um neuartige Finanz-
produkte, nämlich eine bestimmte Art von Optionsscheinen. Auch wenn die Mar-
keninhaberin bzw. eines ihrer deutschen Tochterunternehmen zu den größten An-
bietern dieser Art von Produkten zählten, so werde der Begriff dennoch unabhän-
gig hiervon für die erwähnten Finanzprodukte beschreibend benutzt. Hinsichtlich
des beschreibenden Gebrauchs verweist die Markenstelle auf verschiedene Inter-
netbelege.
Damit handele es sich bei der schutzsuchenden Marke um eine beschreibende
Bezeichnung der Art, des Gegenstands bzw. der Bestimmung der Dienstleistun-
gen. Auch hinsichtlich der übrigen Bedeutungen fehle der Marke jegliche Unter-
scheidungskraft, da der Verkehr sie in diesem Falle lediglich als allgemeinen Hin-
weis auf das Anklicken von Optionen bzw. als Hinweis oder Aufforderung auf das
Anklicken solcher Optionen bei der Benutzung von Computern verstehen werde,
nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis. Die Schreibweise der schutzsuchen-
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den Marke sei werbeüblich und könne den beschreibenden Charakter nicht aufhe-
ben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit
der sie sinngemäß beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Von einer Begründung der Beschwerde hat sie abgesehen. Im Verfahren vor der
Markenstelle hat sie vorgetragen, dass das angemeldete Wort „CLICKOPTIONS“
weder im Deutschen noch im Englischen lexikalisch nachweisbar sei. Es handle
sich mithin um eine Wortneubildung, deren Bedeutungsgehalt sich nicht unmittel-
bar erschließe. Sowohl das englische Wort „click“ als auch das Wort „option“ könn-
ten jeweils viele verschiedene Bedeutungen haben, was die Markeninhaberin nä-
her ausgeführt hat. Demzufolge könne die schutzsuchende Wortneubildung bei-
spielsweise Bedeutungen haben wie „Knack-Option“, „Zuschnapp-Option“, „Zu-
schnapp-Vorkaufsrecht“, „Click-Anrecht“ usw.. Allein aufgrund der zahlreichen
Übersetzungsmöglichkeiten und Bedeutungen fehle es im vorliegenden Fall be-
reits an der für die Annahme eines Eintragungshindernisses erforderlichen Unmit-
telbarkeit bei der Herstellung eines Bezugs zu den beanspruchten Dienstleistun-
gen. Bedeutungen, wie sie etwa mit dem Wort „Klickmöglichkeit“ oder „Click-Wahl-
möglichkeiten“ von der Markenstelle genannt worden seien, stellten hingegen nur
einige der verschiedenen möglichen Bedeutungen dar und beschrieben im Übri-
gen auch keine der beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar. Insbesondere
beschreibe man mit einer „Möglichkeit“ normalerweise keine Dienstleistung. Bei
Eingabe des Suchbegriffs „CLICKOPTIONS“ in eine Internetsuchmaschine stoße
man im Übrigen nur auf das Angebot der Markeninhaberin. Ergänzend verweist
die Markeninhaberin auf die Entscheidung BGH GRUR 1989, 666 - Sleepover.
Im Beschwerdeverfahren hat die Markeninhaberin mit Eingabe vom 2. April 2007
sinngemäß erklärt, dass sie den Schutzerstreckungsantrag für die Dienstleistun-
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gen der Klasse 38 nicht mehr aufrecht erhalte und eine Aufhebung der angefoch-
tenen Beschlüsse nur noch für die verbliebenen Dienstleistungen der Klasse 36
beantrage.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Nach der mit Eingabe vom 2. April 2007 erfolgten Beschränkung des Schutzer-
streckungsantrags auf die Dienstleistungen der Klasse 36 ist die Beschwerde be-
gründet.
Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke
für die verbliebenen Dienstleistungen für hinreichend unterscheidungskräftig und
nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß Art. 5 Abs. 1 MMA,
Art. 6 B Nr. 2 PVÜ i. V. m. §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 107, 113 MarkenG stehen der Eintra-
gung der Anmeldemarke somit nicht entgegen.
So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die
die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG,
Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ rechtfertigen können. Nach diesen Bestimmungen
sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben
bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Be-
stimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder
der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale
der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Wie bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, setzt sich die schutzsu-
chende Marke erkennbar aus den beiden englischen Wörtern „click“ und „options“
zusammen, wobei der Bestandteil „click“ schon im Hinblick auf die weitgehende
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Übereinstimmung mit dem deutschen Wort „klick“ in dessen Sinne verstanden wird
(vgl. a.
Langenscheidts Großwörterbuch Englisch; Computer Fachwörterbuch
(Microsoft Press), 7. Auflage, S. 411). Angesichts der in nahezu allen Lebensbe-
reichen, insbesondere auch im Finanzwesen, etablierten Verwendung der Compu-
tertechnik liegt es für den Verkehr nahe, das Wort „click“ bzw. „Klick“ in erster Linie
als den mittels Tastendruck über eine Computermaus gegebenen elektronischen
Eingabebefehl zu verstehen.
Der weitere Markenbestandteil „Options“ (engl., Plural des Worts „option“) hat im
Bereich der jetzt nur noch beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 36 die Be-
deutung „Optionen“ i. S. v. Optionsrechte oder -scheine. Weitere mögliche Bedeu-
tungen, wie etwa die aus der Computertechnik bekannten, durch Anklicken zu ak-
tivierenden Auswahlmöglichkeiten, wären allenfalls für die - inzwischen nicht mehr
beanspruchten - Telekommunikationsdienstleistungen relevant, im jetzt allein noch
maßgebenden Finanzbereich stehen sie jedoch im Hintergrund.
In ihrer Kombination ergeben die beiden Markenelemente damit ein Wort, das na-
heliegend als „(An-)Klick-Optionen“, also als (finanzielle) Optionen verstanden
wird, bei denen ein Klicken eine bestimmte Bedeutung haben muss. Der Senat hat
jedoch keine Hinweise darauf auffinden können, dass es im Finanz- und Börsen-
wesen Optionen gibt oder in absehbarer Zukunft geben könnte, bei denen ein Kli-
cken, insbesondere in Form von Computerklicks, eine so bedeutendes oder we-
nigstens nennenswertes Merkmal darstellt, dass eine Bezeichnung wie „click op-
tions“ (gleich in welcher Schreibweise) als ernsthafte Merkmalsbeschreibung auf-
gefasst wird.
So war der Begriff „click options“ ebenso wie „ClickOption“ im Finanzbereich zwar
durchaus häufig im Internet zu aufzufinden. Dabei handelte es sich jedoch aus-
schließlich um marken- bzw. firmenmäßige Verwendungen. „ClickOptions“ ist of-
fenbar der Firmenkern einer Konzerntochter der Markeninhaberin. Sie betreibt
eine Internet-Handelsplattform, auf der bestimmte, von ihr emittierte Finanzpro-
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dukte (die „Clickoptions“) gehandelt werden. Dementsprechend tauchte „click op-
tion(s)“ im Finanzbereich nur in Zusammenhang mit der Markeninhaberin bzw.
ihrer Tochter auf. Dies gilt sowohl für Internet-Presseartikel wie auch für Forenbei-
träge privater Personen. Jedenfalls in Deutschland wird die schutzsuchende Be-
zeichnung dem Fachpublikum offenbar allein als markenmäßiger Hinweis nahege-
bracht. Beschreibende Verwendungen, auch von der Markeninhaberin oder ihrer
Tochter selbst, waren jedenfalls nicht festzustellen.
Dabei war auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den von der Tochter der Mar-
keninhaberin gehandelten acht Produkttypen von „Clickoptions“ um Optionen han-
delt, bei denen der Käufer am Ende der Laufzeit einen festen Geldbetrag pro Kon-
trakt erhält. Für diese Art von Option gibt es jedoch bereits Fachbegriffe, nämlich
„binäre Option“ (vgl. Financial Times Deutschland v. 29.12.2002 – im Pressespie-
gel der Tochter der Markeninhaberin unter www.clickoptions.de) und/oder „digitale
Option“ (vgl. Knapps Enzyklopädisches Lexikon des Geld-, Bank- und Börsenwe-
sens, 4. Aufl., 1999, S. 1381). Auch dies spricht dafür, dass die Markeninhaberin
oder ihre Tochter eher nicht Gefahr laufen, die schutzsuchende Bezeichnung (be-
wusst oder ungewollt) als beschreibende Angabe für eine bestimmte Optionsart zu
etablieren.
Damit bleibt nur noch die Möglichkeit, dass der Verkehr allein schon aufgrund des
natürlichen Wortverständnisses der schutzsuchenden Marke auf eine beschrei-
bende Bedeutung schließen könnte. Soweit man bei dem Wort „CLICKOPTIONS“
andeutungsweise einen beschreibenden Anklang dahingehend vermuten kann,
dass es um Optionen geht, die etwas mit Klicken oder Anklicken zu tun haben,
etwa bei ihrem Erwerb oder Verkauf über Online-Handelsplattformen, so handelt
es sich allerdings um eine platte Selbstverständlichkeit. Es ist allgemein bekannt,
dass in der heutigen Zeit kaum noch eine Option als körperliches Wertpapier vor-
liegt. Vielmehr werden Optionen weitgehend nur noch auf elektronischem Wege
und damit letztlich über Computer aufgelegt, geordert, verwahrt und verkauft. Da
Computer inzwischen zumeist mit grafischen Benutzeroberflächen ausgestattet
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sind, ist es für den Verkehr selbstverständlich, dass hierbei auch immer irgendwel-
che Mausbefehle per Klick eingegeben werden können. Eine sinnvolle beschrei-
bende Aussage über ein verkehrswesentliches Merkmal liegt damit nicht vor,
allenfalls eine Anregung zum Nachdenken, welchen Bezug die so benannten Op-
tionen zum Anklicken oder umgekehrt das Klicken zu den Optionen haben sollen.
Eine ohne weiteres verständliche Beschreibung eines Merkmals, das irgendwie
verkehrswesentlich sein könnte und in dieser Form von den Mitbewerbern zur frei-
en Beschreibung ihrer Finanzdienstleistungen benötigt werden kann, liegt damit
nicht vor.
Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke auch die erforderliche
Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Wie oben ausgeführt, handelt es sich bei der schutzsuchenden Marke um keine
Angabe, die aus der Sicht der angesprochenen Verkehrkreise ohne weiteres als
beschreibende Angabe eines über das Selbstverständliche hinausgehenden Merk-
mals verstanden wird. Sie bietet damit Anlass zu gedanklichen Überlegungen über
den begrifflichen Bezug der beiden Markenelemente zueinander und den Sinn der
Gesamtmarke im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen. Der schutzsu-
chenden Marke kann daher nicht jegliche Eignung zur betrieblichen Herkunftsun-
terscheidung abgesprochen werden.
gez.
Unterschriften