Urteil des BPatG vom 16.06.2009

BPatG: verwechslungsgefahr, bestandteil, eugh, beschreibende angabe, behandlung, kennzeichnungskraft, unternehmen, gesamteindruck, versicherung, arzneimittel

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 54/08
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
16. Juni 2009
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 302 38 530
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 30. April 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Kliems sowie der Richterin Bayer und des Richters Merzbach
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e
I.
Die am 7. August 2002 angemeldete Marke
Melox-GRY
ist am 20. Februar 2003 für die Waren
"pharmazeutische Erzeugnisse zur symptomatischen Behandlung
akuter Schübe von Arthrose, symptomatischer Behandlung der
rheumatoiden Arthritis, und symptomatischen Behandlung des
Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans)"
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unter der Nummer 302 38 530 in das Markenregister eingetragen worden.
Die
Inhaberin
der
am
13. November 1976
angemeldeten
und
am
6. November 1978 für die Waren
"Pharmazeutische Erzeugnisse und chemische Erzeugnisse für
die Gesundheitspflege
"
eingetragenen Marke Nr. 978318
Maalox
hat dagegen Widerspruch erhoben.
Die Benutzung der Widerspruchsmarke wurde gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und
Satz 2 MarkenG bestritten. Nach Vorlage von Unterlagen zur Glaubhaftmachung
der Benutzung der Kennzeichnung für ein Antazidum durch die Widersprechende
wird die Einrede aufrechterhalten, zumindest soweit die Widerspruchsmarke über
die Waren "Mittel zur Bindung überschüssiger Magensäure" hinaus beansprucht
wird.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei
Beschlüssen vom 27. März 2007 und vom 26. Juni 2008, von denen letzterer im
Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen.
Ausgehend von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
und durchschnittlicher Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren, wobei auf
Seiten der Widerspruchsmarke von den Waren "Magen-Darm-Mittel" ausgegan-
gen werde, unterschieden sich die Marken in jeder Hinsicht ausreichend vonein-
ander. Ergänzend zum Erstprüferbeschluss führt der Erinnerungsprüfer aus, dass
der Bestandteil "Melox" weder eine prägende noch eine eigenständige kennzeich-
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nende Funktion aufweise. Für eine Ausweitung der Rechtsprechung des EuGH
zur Verwechslungsgefahr bei Usurpation der Widerspruchsmarke in die angegrif-
fene Bezeichnung auf den Fall der "Übernahme" eines lediglich mit der älteren
Marke ähnlichen Zeichens unter Hinzufügung des Unternehmenskennzeichens
des Inhabers der angegriffenen Marke bestehe keine Veranlassung. Ebenso we-
nig trete der Bestandteil "GRY" in der angegriffenen Marke als Herstellerangabe
zurück. Der Bestandteil "Melox" sei erkennbar an den freihaltungsbedürftigen INN
"Meloxicam" angelehnt. Der Verkehr sei gehalten, stets die vollständige Marken-
bezeichnung zu benennen, da ohne Firmenname keine hinreichende Identifizie-
rung des gewollten möglich sei. Im Ergebnis bestehe nur ein geringer Grad an
Zeichenähnlichkeit, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr auszuschlie-
ßen sei. Ebenso fehle es an den besonderen Umständen, welche die Annahme
einer mittelbaren Verwechslungsgefahr bzw. Verwechslungsgefahr im weiteren
Sinne rechtfertigten. Die Widerspruchsmarke "Maalox" werde innerhalb der ange-
griffenen Marke nicht wesensgleich oder sonst besonders hervorstechend oder
zumindest eigenständig kennzeichnend verwendet.
Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt mit dem Antrag (sinn-
gemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des DPMA vom
27. März 2007 und vom 26. Juni 2008 aufzuheben und die Lö-
schung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Auffassung des Erinnerungsprüfers, dass die Grundsätze der "THOMSON
LIFE"- Entscheidung des EuGH nur bei Übernahme der identischen älteren Marke
in eine jüngere zusammengesetzte Bezeichnung anzuwenden seien, finde keine
Stütze in der EuGH-Entscheidung oder in der Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofs. Ob das Inverbindungbringen durch einen identischen oder ähnlichen
Zeichenbestandteil ausgelöst werde, sei unerheblich. Entscheidend sei, dass bei
dem angesprochenen Verkehr falsche Herkunftsvorstellungen ausgelöst würden.
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Im vorliegenden Fall behalte der Bestandteil "Melox" seine selbständig kennzeich-
nende Stellung, da der weitere Bestandteil "GRY" durch einen Bindestrich und
zusätzliche Großbuchstaben von ihm abgesetzt sei. Es liege deshalb nahe, dass
"GRY" nur den Firmennamen wiederhole, die eigentliche Produktkennzeichnung
dagegen das Wort "Melox" sei. "GRY" werde auch als Firmenname erkannt. Die
Beschwerdegegnerin bilde ihre Zeichen häufig in der Weise, dass der Firmenbe-
standteil "GRY" angehängt werde. Laien, die auf den Arzneimittelpackungen die
Firmenangabe "Gry-Pharma GmbH" läsen, könnten ebenfalls erkennen, dass es
sich bei dem Markenbestandteil "GRY" um das Firmenschlagwort handle. Dass
"Melox" an den INN "Meloxicam" angelehnt sei, hindere nicht die Feststellung,
dass dem Wort eine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Der Be-
standteil "Melox" sei schutzfähig. Zwischen "Melox" und "Maalox" bestehe hoch-
gradige Zeichenähnlichkeit, die den Verkehr zu der Annahme verleite, zwischen
den Herstellern bestünden zumindest wirtschaftliche, rechtliche oder sonstige Ver-
bindungen. Auch wenn sich keine identischen Arzneimittel gegenüberstünden,
hindere dies eine Verwechslungsgefahr nicht, denn Arzneimittelfirmen stellten eine
Vielzahl von Produkten her.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die THOMSON LIFE-Rechtsprechung des EuGH sei nicht einschlägig, da in der
angefochtenen Marke die Widerspruchsmarke nicht vorkomme. Die von der Be-
schwerdeführerin zitierte Rechtsprechung des BGH werde an den einschlägigen
Stellen durchgehend mit Formulierungen wie "kann" oder "unter Umständen" rela-
tiviert. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheide aus, da die Marken keinen
übereinstimmenden Stammbestandteil aufwiesen. Besondere Umstände für das
Vorliegen einer Verwechslungsgefahr in weiterem Sinne lägen nicht vor. Dem
Durchschnittsverbraucher sei die Markensituation der Beschwerdegegnerin nicht
klar und er neige auch nicht zu einer analysierenden Betrachtungsweise. Auch sei
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die Ähnlichkeit von "Melox" und "Maalox" zu gering, um eine Verwechslungsgefahr
zu begründen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten einschließlich des Protokolls
der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2009 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg,
da keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Um-
stände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238
- PICASSO; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich
nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der
Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind
zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechsel-
wirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (Ströbele/Hacker, Markenge-
setz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 26).
Die rechtserhaltende Benutzung ist zulässig gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2
MarkenG bestritten. Die Formulierung der Inhaberin der angegriffenen Marke in
der Eingabe vom 22. Dezember 2004, die Einrede werde aufrechterhalten, zumin-
dest soweit die Widerspruchsmarke über die Waren "Mittel zur Bindung über-
schüssiger Magensäure" hinaus beansprucht werde, stellt noch kein Fallenlassen
der Einrede hinsichtlich der Waren "Mittel zur Bindung überschüssiger Magen-
säure" dar. Durch die eingereichten Benutzungsunterlagen, die ein Antazidum be-
treffen, ist eine rechtserhaltende Benutzung für "Magen-Darmmittel" in den rele-
vanten Zeiträumen (28. März 1998 bis 28. März 2003 und 30. April 2004 bis
30. April 2009) glaubhaft gemacht. Der Umfang der Benutzung wird mit der eides-
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stattlichen Versicherung vom 21. Oktober 2004 für die Jahre 2000 bis August
2004 glaubhaft gemacht. Auch wenn die eidesstattliche Versicherung für den nach
§ 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen Zeitraum (30. April 2004 bis
30. April 2009) Umsätze nur für einen kurzen Zeitraum enthält, ist von einer ernst-
haften Benutzung innerhalb des genanten Zeitraums und nicht von einer "Schein-
benutzung" auszugehen. Die rechtserhaltende Art der Benutzung ergibt sich aus
dem der eidesstattlichen Versicherung beigefügten Packungsmuster. Das mit der
Widerspruchsmarke gekennzeichnete Arzneimittel fällt in die Hauptgruppe 60 (Ma-
gen-Darm-Mittel) der Roten Liste, so dass entsprechend der "erweiterten Minimal-
lösung" von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für "Ma-
gen-Darm-Mittel" auszugehen ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl.,
§ 26 Rdn. 141).
Die Marken können sich auf durchschnittlich ähnlichen Waren begegnen, da
"pharmazeutische Erzeugnisse zur symptomatischen Behandlung akuter Schübe
von Arthrose, symptomatischer Behandlung der rheumatoiden Arthritis, und symp-
tomatischen Behandlung des Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans)" und
"Magen-Darm-Mittel" zwar Arzneimittel darstellen, die jedoch verschiedene Indika-
tionen betreffen. Die Waren der angegriffenen Marke fallen in die Hauptgruppe 5
(Analgetika/Antirheumatika) der Roten Liste.
Die Widerspruchsmarke hat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft, da weder
für eine Schwächung noch für eine Stärkung ihrer Kennzeichnungskraft Anhalts-
punkte bestehen.
Auch wenn ausgehend von durchschnittlicher Warenähnlichkeit und einer durch-
schnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke deutliche Unterschiede
erforderlich sind, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, hält die angegrif-
fene Marke einen hinreichenden Abstand von der Widerspruchsmarke ein.
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Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entschei-
dend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der in Frage
stehenden Art von Waren wirken, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Aufmerk-
samkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren unter-
schiedlich hoch sein kann (EuGH, MarkenR 2006, 67 - Picasso). Anzuknüpfen ist
dabei an das Verbraucherleitbild des EuGH, der auf den normal informierten und
angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der ent-
sprechenden Waren abstellt (EuGH GRUR 2004, 943 - SAT.2). Dies sind hier
sowohl der Fachverkehr als auch die allgemeinen Verkehrskreise, wobei aber bei
Produkten, die wie hier die Gesundheit betreffen auch Laien aufmerksamer sind
als bei vielen sonstigen Waren.
Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Marken kommt es
maßgeblich auf den Gesamteindruck der Zeichen an (Ströbele/Hacker, Markenge-
setz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 111).
In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Bezeichnungen "Melox-GRY" und
"Maalox" sowohl klanglich als auch schriftbildlich so deutlich, dass nicht mit Ver-
wechslungen zu rechnen ist. Abgesehen vom unterschiedlichen Vokal der jeweils
ersten Silbe der Zeichen, enthält die angegriffene Marke den zusätzlichen Be-
standteil "GRY", der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung hat, und der
zu einem deutlich unterschiedlichen Klang- und Schriftbild führt.
Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird auch nicht durch den Be-
standteil "Melox" geprägt, der mit dem weiteren Bestandteil "GRY" durch einen
Bindestrich verbunden ist. Letzterer ist durch Großbuchstaben besonders auffällig
gestaltet und tritt bereits von der äußeren Gestaltung her nicht als vernachlässig-
bar in Erscheinung. Hinzu kommt, dass jedenfalls Laien die Firmenbezeichnung
der Inhaberin der angegriffenen Marke in der Regel nicht bekannt ist, so dass
keine Anhaltspunkte bestehen, dass Laien lediglich in dem Bestandteil "Melox" die
eigentliche Kennzeichnung für das Produkt sehen könnten. Hypothetische Begleit-
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umstände, wie hier die Hypothese, dass die Firmenbezeichnung der Widerspre-
chenden ("GRY-Pharma GmbH") in unmittelbarer Nähe der Kennzeichnung auf
der Arzneimittelpackung angebracht sein könnte, so dass auch für Laien der Be-
standteil "GRY" sofort als Firmenschlagwort erkennbar sein könnte, sind nicht zu
berücksichtigen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 9 Rdn. 255). Aber
auch für den Fachverkehr, der ebenfalls zu den beachtlichen Verkehrskreisen ge-
hört, und dem zumindest in einem beachtlichem Umfang auch die Firma der An-
melderin bekannt sein wird, besteht keine Veranlassung, den Bestandteil "Melox"
als den die angegriffene Marke prägenden Bestandteil anzusehen, da dieser er-
kennbar an die beschreibende Angabe "Meloxicam", eine Wirkstoffbezeichnung,
angelehnt ist. Auch der Fachverkehr hat bei der vorliegenden Gestaltung keine
Veranlassung, den Bestandteil "GRY" zu vernachlässigen.
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden besteht auch keine Verwechslungs-
gefahr (im weiteren Sinne) unter dem Gesichtspunkt, dass der Bestandteil "Melox"
in der angegriffenen Marke eine selbständige Funktion haben könnte und auf-
grund der Ähnlichkeit von "Melox" und "Maalox" die Marken miteinander gedank-
lich in Verbindung gebracht werden könnten.
Allerdings spricht der Umstand, dass für den Fachverkehr erkennbar "Melox" eine
Anlehnung an den INN "Meloxicam" ist, nicht per se gegen eine selbständig kenn-
zeichnende Funktion dieses Bestandteils neben dem Bestandteil "GRY", der für
den Fachverkehr erkennbar der wesentliche Bestandteil der Firma der Inhaberin
der angegriffenen Marke ist (vgl. BGH GRUR 2008, 906 "Pantohexal"). Nach
Hacker, Markenrecht, Köln, München 2007, § 18 Rdn. 441 kommt eine
selbständig kennzeichnende Stellung der übernommenen älteren Marke allerdings
nur in Betracht, wenn diese wenigstens über normale Kennzeichnungskraft ver-
fügt. Vorliegend hat zwar die Widerspruchsmarke "Maalox" normale Kennzeich-
nungskraft, der Bestandteil "Melox" ist dagegen als Anlehnung an den INN "Me-
loxicam" eher kennzeichnungsschwach. Auch ein kennzeichnungsschwacher Be-
standteil kann aber eine selbständig kennzeichnende Funktion haben, wenn man
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ihn als eine Art Zweitmarke auffasst, die neben der Hauptmarke (hier Firmen-
schlagwort "GRY") als produktbezogener Bestandteil (hier "Melox") steht (vgl.
BGH GRUR 2008, 906 "Pantohexal"). Dies ist vorliegend im Hinblick auf den
Fachverkehr anzunehmen, da davon auszugehen ist, dass dieser das Firmen-
schlagwort "GRY" kennt und ihm zum Teil auch bekannt ist, dass die Inhaberin der
angegriffenen Marke eine Reihe weiterer Zeichen, die ähnlich mit dem Firmen-
schlagwort "GRY" gebildet sind, verwendet.
Anders als im Fall "Pantohexal/PANTO" (BGH GRUR 2008, 906) ist allerdings vor-
liegend die Widerspruchsmarke (hier "Maalox") weder identisch noch nahezu iden-
tisch in die jüngere Marke übernommen worden. Die Wörter "Melox" und "Maalox"
haben zwar den Anfangsbuchstaben und die Endsilbe "lox" gemeinsam, jedoch
klingt der jeweils betonte Vokal der Anfangssilbe deutlich anders, zumal "aa" eher
gedehnt gesprochen wird, so dass zudem der Sprechrhythmus unterschiedlich ist.
Auch schriftbildlich bewirkt die Verdoppelung "aa" einen deutlichen Unterschied.
Nach der "Pantohexal" - Entscheidung (BGH GRUR 2008, 906) kann es zwar für
die Bejahung einer Verwechslungsgefahr ausreichen, wenn ein mit der älteren
Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe
Marke aufgenommen wird, in dem er neben einem Unternehmenskennzeichen
oder Serienzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält. Allerdings
muss dann wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke
bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden,
dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander
verbundenen Unternehmen stammen. Diese Folge der Verwechslungsgefahr im
weiteren Sinne aufgrund der Ähnlichkeit von "Melox" und "Maalox" kann bei dem
vorliegenden Sachverhalt nicht angenommen werden. Insoweit reicht es nach An-
sicht des Senats für diese Art der Verwechslungsgefahr nicht aus, dass bei einer
isolierten Gegenüberstellung der Wörter "Melox" und "Maalox" eine Verwechs-
lungsgefahr bestünde, weil jedenfalls für Laien aus der unsicheren Erinnerung
heraus bei durchschnittlicher Ähnlichkeit der Waren hinsichtlich dieser Wörter eine
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Verwechslungsgefahr bestünde. Da Laien wegen fehlender Kenntnis des Firmen-
schlagwortes "GRY" der Bezeichnung "Melox" keine selbständig kennzeichnende
Funktion beimessen, wirkt sich die klangliche Ähnlichkeit der fraglichen Bestand-
teile für diese Verkehrskreise nicht dahingehend aus, dass sie die Zeichen wegen
der für sie bestehenden klanglichen Ähnlichkeit des Anfangsbestandteils miteinan-
der gedanklich in Verbindung bringen könnten.
Für den Fachverkehr wirkt insbesondere der beschreibende Anklang von "Melox"
an die Wirkstoffangabe "Meloxicam" der Auffassung entgegen, die Waren, die mit
den sich gegenüberstehenden Zeichen gekennzeichnet sind, stammten aus wirt-
schaftlich miteinander verbundenen Unternehmen. Da der - nicht identisch "über-
nommene" - Bestandteil "Melox" der angegriffenen Marke sich sowohl klanglich
als auch schriftbildlich erkennbar von der Widerspruchsmarke unterscheidet und
zudem für den Fachverkehr an einen beschreibenden Wirkstoffhinweis angelehnt
ist, wird der Fachverkehr jedenfalls bei nicht identischen, sondern nur durch-
schnittlich ähnlichen Waren die angegriffene Marke nicht mit der Widerspruchs-
marke gedanklich in Verbindung bringen und annehmen, die Zeichen stammten
aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen. Zudem ist zu berück-
sichtigen, dass eine Verwechslungsgefahr aufgrund eines in der angegriffenen
Marke selbständig kennzeichnenden Bestandteils bei nicht identischen Waren
jedenfalls seltener anzunehmen ist als bei identischen Waren. Davon geht wohl
auch die "Pantohexal" - Entscheidung (BGH GRUR 2008, 906) aus, da zwar bei
identischen Waren (bei identischer Übernahme der Widerspruchsmarke) eine Ver-
wechslungsgefahr festgestellt wurde, hinsichtlich der übrigen Waren die Sache
dagegen zurückverwiesen wurde, weil für das Revisionsverfahren der Grad der
Ähnlichkeit der Waren nicht feststand. Insoweit spielt nach Ansicht des Senats
auch der Gesichtspunkt keine Rolle, der in der Fallgruppe einer Verwechslungs-
gefahr aufgrund einer Zeichenserie der Widersprechenden, in die sich eine ange-
griffene Marke einfügt, von Bedeutung sein kann, nämlich dass das Typische einer
Markenserie ist, zur Kennzeichnung verschiedener Waren/Dienstleistungen zu
dienen, so dass die Verschiedenheit der Waren/Dienstleistungen (in Grenzen)
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eine geringere Rolle spielt als bei der unmittelbaren Verwechslungsgefahr (vgl.
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 9 Rdn. 335). Hinzu kommt im vorliegen-
den Fall, dass der beschreibende Anklang des Bestandteils "Melox" an eine Sach-
angabe gerade bei den angegriffenen Waren naheliegt, denn die Waren mit dem
Wirkstoff "Meloxicam" werden in der Roten Liste der Hauptgruppe 5 "Analgetika,
Antirheumatika" (05.3.B.1.6. "Lornoxicam, Meloxicam, Piroxicam) zugeordnet. Der
Fachverkehr wird daher den Bestandteil "Melox" mit der Sachangabe in Verbin-
dung bringen und nicht mit der Widerspruchsmarke, die diesen beschreibenden
Anklang nicht aufweist und auch für andere Waren verwendet wird.
In der Malteserkreuz- Entscheidung (BGH
GRUR 2006,859), auf die sich die Be-
schwerdeführerin für ihre Auffassung beruft, es reiche für eine Verwechslungs-
gefahr aus, wenn die Widerspruchsmarke lediglich ähnlich mit selbständig kenn-
zeichnender Funktion übernommen werde, hat der BGH über die Verwechslungs-
gefahr nicht abschließend entschieden. Außerdem
ging der BGH in der genannten
Entscheidung von einer hohen Ähnlichkeit des übernommenen Bildbestandteils
aus, da die Abweichungen im Bildbestandteil als unwesentlich angesehen wurden.
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung
RenuVitalis/ RENU MULTI-PLUS (25 W pat) 32/07) des Senats hinweist, besteht
ein wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall darin, dass in der genannten
Entscheidung der den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke prägende Be-
standteil in die angegriffene Marke identisch übernommen wurde. Eine solche
Fallgestaltung liegt hier nicht vor.
Die Beschwerde der Widersprechenden hat daher keinen Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass,
§ 71 Abs. 1 MarkenG.
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Die aufgeworfenen Rechtsfragen lassen es geboten erscheinen, die Rechtsbe-
schwerde gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zuzulassen.
Kliems
Merzbach
Bayer
Hu