Urteil des BPatG vom 16.06.2009
BPatG: verwechslungsgefahr, bestandteil, eugh, beschreibende angabe, behandlung, kennzeichnungskraft, unternehmen, gesamteindruck, versicherung, arzneimittel
BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 54/08
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
16. Juni 2009
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B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 302 38 530
hat  der  25. Senat  (Marken-Beschwerdesenat)  des  Bundespatentgerichts  auf  die
mündliche  Verhandlung  vom  30. April 2009  unter  Mitwirkung  des  Vorsitzenden
Richters Kliems sowie der Richterin Bayer und des Richters Merzbach
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e
I.
Die am 7. August 2002 angemeldete Marke
Melox-GRY
ist am 20. Februar 2003 für die Waren
"pharmazeutische  Erzeugnisse  zur  symptomatischen  Behandlung
akuter  Schübe  von  Arthrose,  symptomatischer  Behandlung  der
rheumatoiden  Arthritis,  und  symptomatischen  Behandlung  des
Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans)"
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unter der Nummer 302 38 530 in das Markenregister eingetragen worden.
Die
Inhaberin
der
am
13. November 1976
angemeldeten
und
am
6. November 1978 für die Waren
"Pharmazeutische  Erzeugnisse  und  chemische  Erzeugnisse  für
die Gesundheitspflege
"
eingetragenen Marke Nr. 978318
Maalox
hat dagegen Widerspruch erhoben.
Die  Benutzung  der  Widerspruchsmarke  wurde  gemäß  § 43  Abs. 1  Satz 1  und
Satz 2  MarkenG  bestritten.  Nach  Vorlage  von  Unterlagen  zur  Glaubhaftmachung
der Benutzung der Kennzeichnung für ein Antazidum durch die Widersprechende
wird die Einrede aufrechterhalten, zumindest soweit die Widerspruchsmarke über
die  Waren  "Mittel  zur  Bindung  überschüssiger  Magensäure"  hinaus  beansprucht
wird.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei
Beschlüssen  vom  27. März 2007  und  vom  26. Juni 2008,  von  denen  letzterer  im
Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen.
Ausgehend  von  durchschnittlicher  Kennzeichnungskraft  der  Widerspruchsmarke
und durchschnittlicher Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren, wobei auf
Seiten  der  Widerspruchsmarke  von  den  Waren  "Magen-Darm-Mittel"  ausgegan-
gen  werde,  unterschieden  sich  die  Marken  in  jeder  Hinsicht  ausreichend  vonein-
ander. Ergänzend zum Erstprüferbeschluss führt der Erinnerungsprüfer aus, dass
der Bestandteil "Melox" weder eine prägende noch eine eigenständige kennzeich-
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nende  Funktion  aufweise.  Für  eine  Ausweitung  der  Rechtsprechung  des  EuGH
zur  Verwechslungsgefahr  bei  Usurpation der Widerspruchsmarke  in  die  angegrif-
fene  Bezeichnung  auf  den  Fall  der  "Übernahme"  eines  lediglich  mit  der  älteren
Marke  ähnlichen  Zeichens  unter  Hinzufügung  des  Unternehmenskennzeichens
des  Inhabers  der  angegriffenen  Marke bestehe  keine  Veranlassung.  Ebenso  we-
nig  trete  der  Bestandteil  "GRY"  in  der  angegriffenen  Marke  als  Herstellerangabe
zurück. Der Bestandteil "Melox" sei erkennbar an den freihaltungsbedürftigen INN
"Meloxicam"  angelehnt.  Der  Verkehr  sei  gehalten,  stets  die  vollständige  Marken-
bezeichnung  zu  benennen,  da  ohne  Firmenname  keine  hinreichende  Identifizie-
rung  des  gewollten  möglich  sei.  Im  Ergebnis  bestehe  nur  ein  geringer  Grad  an
Zeichenähnlichkeit,  so  dass  eine  unmittelbare  Verwechslungsgefahr  auszuschlie-
ßen  sei.  Ebenso  fehle  es  an  den  besonderen  Umständen,  welche  die  Annahme
einer  mittelbaren  Verwechslungsgefahr  bzw.  Verwechslungsgefahr  im  weiteren
Sinne rechtfertigten. Die Widerspruchsmarke "Maalox" werde innerhalb der ange-
griffenen  Marke  nicht  wesensgleich  oder  sonst  besonders  hervorstechend  oder
zumindest eigenständig kennzeichnend verwendet.
Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt mit dem Antrag (sinn-
gemäß),
die  Beschlüsse  der  Markenstelle  für  Klasse 5  des  DPMA  vom
27. März 2007  und  vom  26. Juni 2008 aufzuheben  und  die  Lö-
schung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die  Auffassung  des  Erinnerungsprüfers,  dass  die  Grundsätze  der  "THOMSON
LIFE"- Entscheidung des EuGH nur bei Übernahme der identischen älteren Marke
in  eine  jüngere  zusammengesetzte  Bezeichnung  anzuwenden  seien,  finde  keine
Stütze  in  der  EuGH-Entscheidung  oder  in  der  Rechtsprechung  des  Bundesge-
richtshofs.  Ob  das  Inverbindungbringen  durch  einen  identischen  oder  ähnlichen
Zeichenbestandteil  ausgelöst  werde,  sei  unerheblich.  Entscheidend  sei,  dass  bei
dem  angesprochenen  Verkehr  falsche  Herkunftsvorstellungen  ausgelöst  würden.
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Im vorliegenden Fall behalte der Bestandteil "Melox" seine selbständig kennzeich-
nende  Stellung,  da  der  weitere  Bestandteil  "GRY"  durch  einen  Bindestrich  und
zusätzliche Großbuchstaben von ihm abgesetzt sei. Es liege deshalb nahe, dass
"GRY"  nur  den  Firmennamen  wiederhole,  die  eigentliche  Produktkennzeichnung
dagegen  das Wort  "Melox"  sei.  "GRY"  werde  auch  als  Firmenname  erkannt.  Die
Beschwerdegegnerin bilde  ihre  Zeichen häufig  in der Weise,  dass  der  Firmenbe-
standteil  "GRY"  angehängt  werde.  Laien,  die  auf  den  Arzneimittelpackungen  die
Firmenangabe  "Gry-Pharma  GmbH"  läsen,  könnten  ebenfalls  erkennen,  dass  es
sich  bei  dem  Markenbestandteil  "GRY"  um  das  Firmenschlagwort  handle.  Dass
"Melox"  an  den  INN  "Meloxicam"  angelehnt  sei,  hindere  nicht  die  Feststellung,
dass  dem  Wort  eine  selbständig  kennzeichnende  Stellung  zukomme.  Der  Be-
standteil  "Melox"  sei  schutzfähig.  Zwischen  "Melox"  und  "Maalox"  bestehe  hoch-
gradige  Zeichenähnlichkeit,  die  den  Verkehr  zu  der  Annahme  verleite,  zwischen
den Herstellern bestünden zumindest wirtschaftliche, rechtliche oder sonstige Ver-
bindungen.  Auch  wenn  sich  keine  identischen  Arzneimittel  gegenüberstünden,
hindere dies eine Verwechslungsgefahr nicht, denn Arzneimittelfirmen stellten eine
Vielzahl von Produkten her.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die  THOMSON  LIFE-Rechtsprechung  des  EuGH  sei  nicht  einschlägig,  da  in  der
angefochtenen  Marke  die  Widerspruchsmarke  nicht  vorkomme.  Die  von  der  Be-
schwerdeführerin  zitierte  Rechtsprechung  des  BGH  werde  an  den  einschlägigen
Stellen durchgehend mit Formulierungen wie "kann" oder "unter Umständen" rela-
tiviert.  Eine  mittelbare  Verwechslungsgefahr  scheide  aus,  da  die  Marken  keinen
übereinstimmenden  Stammbestandteil  aufwiesen.  Besondere  Umstände  für  das
Vorliegen  einer  Verwechslungsgefahr  in  weiterem  Sinne  lägen  nicht  vor.  Dem
Durchschnittsverbraucher  sei  die  Markensituation  der  Beschwerdegegnerin  nicht
klar und er neige auch nicht zu einer analysierenden Betrachtungsweise. Auch sei
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die Ähnlichkeit von "Melox" und "Maalox" zu gering, um eine Verwechslungsgefahr
zu begründen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten einschließlich des Protokolls
der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2009 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg,
da keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
Das  Vorliegen  einer  Verwechslungsgefahr  ist  unter  Berücksichtigung  aller  Um-
stände  des  Einzelfalls  umfassend  zu  beurteilen  (EuGH  GRUR  2006,  237,  238
- PICASSO; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich
nach  der  Identität  oder  Ähnlichkeit  der  Waren,  der  Identität  oder  Ähnlichkeit  der
Marken  und  dem  Schutzumfang  der  Widerspruchsmarke.  Diese  Faktoren  sind
zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechsel-
wirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (Ströbele/Hacker, Markenge-
setz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 26).
Die rechtserhaltende Benutzung ist zulässig gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2
MarkenG  bestritten.  Die  Formulierung  der  Inhaberin  der  angegriffenen  Marke  in
der Eingabe vom 22. Dezember 2004, die Einrede werde aufrechterhalten, zumin-
dest  soweit  die  Widerspruchsmarke  über  die  Waren  "Mittel  zur  Bindung  über-
schüssiger Magensäure" hinaus beansprucht werde, stellt noch kein Fallenlassen
der  Einrede  hinsichtlich  der  Waren  "Mittel  zur  Bindung  überschüssiger  Magen-
säure" dar. Durch die eingereichten Benutzungsunterlagen, die ein Antazidum be-
treffen,  ist  eine  rechtserhaltende  Benutzung  für  "Magen-Darmmittel"  in  den  rele-
vanten  Zeiträumen  (28. März 1998  bis  28. März 2003  und  30. April 2004  bis
30. April 2009) glaubhaft gemacht. Der Umfang der Benutzung wird mit der eides-
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stattlichen  Versicherung  vom  21. Oktober 2004  für  die  Jahre  2000  bis  August
2004 glaubhaft gemacht. Auch wenn die eidesstattliche Versicherung für den nach
§ 43  Abs. 1  Satz 2  MarkenG  maßgeblichen  Zeitraum  (30. April 2004  bis
30. April 2009) Umsätze nur für einen kurzen Zeitraum enthält, ist von einer ernst-
haften Benutzung innerhalb des genanten Zeitraums und nicht von einer "Schein-
benutzung"  auszugehen.  Die  rechtserhaltende  Art  der  Benutzung  ergibt  sich  aus
dem der eidesstattlichen Versicherung beigefügten Packungsmuster. Das mit der
Widerspruchsmarke gekennzeichnete Arzneimittel fällt in die Hauptgruppe 60 (Ma-
gen-Darm-Mittel) der Roten Liste, so dass entsprechend der "erweiterten Minimal-
lösung"  von  einer  rechtserhaltenden  Benutzung  der Widerspruchsmarke  für  "Ma-
gen-Darm-Mittel"  auszugehen  ist  (vgl.  Ströbele/Hacker,  Markengesetz,  8. Aufl.,
§ 26 Rdn. 141).
Die  Marken  können  sich  auf  durchschnittlich  ähnlichen  Waren  begegnen,  da
"pharmazeutische  Erzeugnisse  zur  symptomatischen  Behandlung  akuter  Schübe
von Arthrose, symptomatischer Behandlung der rheumatoiden Arthritis, und symp-
tomatischen  Behandlung  des  Morbus  Bechterew  (Spondylitis  ankylosans)"  und
"Magen-Darm-Mittel" zwar Arzneimittel darstellen, die jedoch verschiedene Indika-
tionen  betreffen.  Die Waren  der  angegriffenen  Marke fallen  in  die  Hauptgruppe 5
(Analgetika/Antirheumatika) der Roten Liste.
Die Widerspruchsmarke hat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft, da weder
für  eine  Schwächung  noch  für  eine  Stärkung  ihrer  Kennzeichnungskraft  Anhalts-
punkte bestehen.
Auch  wenn  ausgehend  von  durchschnittlicher  Warenähnlichkeit  und  einer  durch-
schnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke deutliche Unterschiede
erforderlich sind, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, hält die angegrif-
fene Marke einen hinreichenden Abstand von der Widerspruchsmarke ein.
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Für  die  umfassende  Beurteilung  der  Verwechslungsgefahr  kommt  es  entschei-
dend  darauf  an,  wie  die  Marken  auf  den  Durchschnittsverbraucher  der  in  Frage
stehenden Art von Waren wirken, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Aufmerk-
samkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren unter-
schiedlich hoch sein kann (EuGH, MarkenR 2006, 67 - Picasso). Anzuknüpfen ist
dabei an das Verbraucherleitbild des EuGH, der auf den normal informierten und
angemessen  aufmerksamen  und  verständigen  Durchschnittsverbraucher  der  ent-
sprechenden  Waren  abstellt  (EuGH  GRUR  2004,  943  - SAT.2).  Dies  sind  hier
sowohl der Fachverkehr als auch die allgemeinen Verkehrskreise, wobei aber bei
Produkten,  die  wie  hier  die  Gesundheit  betreffen  auch  Laien  aufmerksamer  sind
als bei vielen sonstigen Waren.
Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Marken kommt es
maßgeblich auf den Gesamteindruck der Zeichen an (Ströbele/Hacker, Markenge-
setz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 111).
In  ihrer  Gesamtheit  unterscheiden  sich  die  Bezeichnungen  "Melox-GRY"  und
"Maalox"  sowohl  klanglich  als  auch  schriftbildlich  so  deutlich,  dass  nicht  mit  Ver-
wechslungen zu rechnen ist. Abgesehen vom unterschiedlichen Vokal der jeweils
ersten  Silbe  der  Zeichen,  enthält  die  angegriffene  Marke  den  zusätzlichen  Be-
standteil  "GRY",  der  in  der Widerspruchsmarke  keine  Entsprechung  hat,  und  der
zu einem deutlich unterschiedlichen Klang- und Schriftbild führt.
Der  Gesamteindruck  der  angegriffenen  Marke  wird  auch  nicht  durch  den  Be-
standteil  "Melox"  geprägt,  der  mit  dem  weiteren  Bestandteil  "GRY"  durch  einen
Bindestrich verbunden ist. Letzterer ist durch Großbuchstaben besonders auffällig
gestaltet und tritt bereits von der äußeren Gestaltung her nicht als vernachlässig-
bar  in  Erscheinung.  Hinzu  kommt,  dass  jedenfalls  Laien  die  Firmenbezeichnung
der  Inhaberin  der  angegriffenen  Marke  in  der  Regel  nicht  bekannt  ist,  so  dass
keine Anhaltspunkte bestehen, dass Laien lediglich in dem Bestandteil "Melox" die
eigentliche Kennzeichnung für das Produkt sehen könnten. Hypothetische Begleit-
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umstände,  wie  hier  die  Hypothese,  dass  die  Firmenbezeichnung  der  Widerspre-
chenden  ("GRY-Pharma  GmbH")  in  unmittelbarer  Nähe  der  Kennzeichnung  auf
der Arzneimittelpackung angebracht sein könnte, so dass auch für Laien der Be-
standteil "GRY" sofort als Firmenschlagwort  erkennbar sein könnte, sind nicht zu
berücksichtigen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 9 Rdn. 255). Aber
auch für den Fachverkehr, der ebenfalls zu den beachtlichen Verkehrskreisen ge-
hört, und dem zumindest in einem beachtlichem Umfang auch die Firma der An-
melderin bekannt sein wird, besteht keine Veranlassung, den Bestandteil "Melox"
als  den  die  angegriffene  Marke  prägenden  Bestandteil  anzusehen,  da  dieser  er-
kennbar  an  die  beschreibende  Angabe  "Meloxicam",  eine  Wirkstoffbezeichnung,
angelehnt  ist.  Auch  der  Fachverkehr  hat  bei  der  vorliegenden  Gestaltung  keine
Veranlassung, den Bestandteil "GRY" zu vernachlässigen.
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden besteht auch keine Verwechslungs-
gefahr (im weiteren Sinne) unter dem Gesichtspunkt, dass der Bestandteil "Melox"
in  der  angegriffenen  Marke  eine  selbständige  Funktion  haben  könnte  und  auf-
grund der Ähnlichkeit von "Melox" und "Maalox" die Marken miteinander gedank-
lich in Verbindung gebracht werden könnten.
Allerdings spricht der Umstand, dass für den Fachverkehr erkennbar "Melox" eine
Anlehnung an den INN "Meloxicam" ist, nicht per se gegen eine selbständig kenn-
zeichnende  Funktion  dieses  Bestandteils  neben  dem  Bestandteil  "GRY",  der  für
den  Fachverkehr  erkennbar  der  wesentliche  Bestandteil  der  Firma  der  Inhaberin
der  angegriffenen  Marke  ist  (vgl.  BGH  GRUR  2008,  906  "Pantohexal").  Nach
Hacker,  Markenrecht,  Köln,  München  2007,  § 18  Rdn. 441  kommt  eine
selbständig kennzeichnende Stellung der übernommenen älteren Marke allerdings
nur  in  Betracht,  wenn  diese  wenigstens  über  normale  Kennzeichnungskraft  ver-
fügt.  Vorliegend  hat  zwar  die  Widerspruchsmarke  "Maalox"  normale  Kennzeich-
nungskraft,  der  Bestandteil  "Melox"  ist  dagegen  als  Anlehnung  an  den  INN  "Me-
loxicam"  eher  kennzeichnungsschwach.  Auch  ein  kennzeichnungsschwacher  Be-
standteil kann aber eine selbständig kennzeichnende Funktion haben, wenn man
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ihn  als  eine  Art  Zweitmarke  auffasst,  die  neben  der  Hauptmarke  (hier  Firmen-
schlagwort  "GRY")  als  produktbezogener  Bestandteil  (hier  "Melox")  steht  (vgl.
BGH  GRUR  2008,  906  "Pantohexal").  Dies  ist  vorliegend  im  Hinblick  auf  den
Fachverkehr  anzunehmen,  da  davon  auszugehen  ist,  dass  dieser  das  Firmen-
schlagwort "GRY" kennt und ihm zum Teil auch bekannt ist, dass die Inhaberin der
angegriffenen  Marke  eine  Reihe  weiterer  Zeichen,  die  ähnlich  mit  dem  Firmen-
schlagwort "GRY" gebildet sind, verwendet.
Anders als im Fall "Pantohexal/PANTO" (BGH GRUR 2008, 906) ist allerdings vor-
liegend die Widerspruchsmarke (hier "Maalox") weder identisch noch nahezu iden-
tisch in die jüngere Marke übernommen worden. Die Wörter "Melox" und "Maalox"
haben  zwar  den  Anfangsbuchstaben  und  die  Endsilbe  "lox"  gemeinsam,  jedoch
klingt der jeweils betonte Vokal der Anfangssilbe deutlich anders, zumal "aa" eher
gedehnt gesprochen wird, so dass zudem der Sprechrhythmus unterschiedlich ist.
Auch schriftbildlich bewirkt die Verdoppelung "aa" einen deutlichen Unterschied.
Nach der "Pantohexal" - Entscheidung (BGH GRUR 2008, 906) kann es zwar für
die  Bejahung  einer  Verwechslungsgefahr  ausreichen,  wenn  ein  mit  der  älteren
Marke  übereinstimmender  Bestandteil  identisch  oder  ähnlich  in  eine  komplexe
Marke  aufgenommen  wird,  in  dem  er  neben  einem  Unternehmenskennzeichen
oder  Serienzeichen  eine  selbständig  kennzeichnende  Stellung  behält.  Allerdings
muss dann wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke
bei  den  angesprochenen  Verkehrskreisen  der  Eindruck  hervorgerufen  werden,
dass  die  fraglichen  Waren  oder  Dienstleistungen  aus  wirtschaftlich  miteinander
verbundenen  Unternehmen  stammen.  Diese  Folge  der  Verwechslungsgefahr  im
weiteren Sinne aufgrund der Ähnlichkeit von "Melox" und "Maalox" kann bei dem
vorliegenden Sachverhalt nicht angenommen werden. Insoweit reicht es nach An-
sicht des Senats für diese Art der Verwechslungsgefahr nicht aus, dass bei einer
isolierten  Gegenüberstellung  der  Wörter  "Melox"  und  "Maalox"  eine  Verwechs-
lungsgefahr  bestünde,  weil  jedenfalls  für  Laien  aus  der  unsicheren  Erinnerung
heraus bei durchschnittlicher Ähnlichkeit der Waren hinsichtlich dieser Wörter eine
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Verwechslungsgefahr bestünde. Da Laien wegen fehlender Kenntnis des Firmen-
schlagwortes "GRY" der Bezeichnung "Melox" keine selbständig kennzeichnende
Funktion beimessen, wirkt  sich  die  klangliche  Ähnlichkeit  der fraglichen  Bestand-
teile für diese Verkehrskreise nicht dahingehend aus, dass sie die Zeichen wegen
der für sie bestehenden klanglichen Ähnlichkeit des Anfangsbestandteils miteinan-
der gedanklich in Verbindung bringen könnten.
Für den Fachverkehr wirkt insbesondere der beschreibende Anklang von "Melox"
an die Wirkstoffangabe "Meloxicam" der Auffassung entgegen, die Waren, die mit
den  sich  gegenüberstehenden  Zeichen  gekennzeichnet  sind,  stammten  aus  wirt-
schaftlich miteinander verbundenen Unternehmen. Da der  - nicht identisch "über-
nommene" -  Bestandteil  "Melox"  der  angegriffenen  Marke  sich  sowohl  klanglich
als  auch  schriftbildlich  erkennbar  von  der  Widerspruchsmarke  unterscheidet  und
zudem für den Fachverkehr an einen beschreibenden Wirkstoffhinweis angelehnt
ist,  wird  der  Fachverkehr  jedenfalls  bei  nicht  identischen,  sondern  nur  durch-
schnittlich  ähnlichen  Waren  die  angegriffene  Marke  nicht  mit  der  Widerspruchs-
marke  gedanklich  in  Verbindung  bringen  und  annehmen,  die  Zeichen  stammten
aus  wirtschaftlich  miteinander  verbundenen  Unternehmen.  Zudem  ist  zu  berück-
sichtigen,  dass  eine  Verwechslungsgefahr  aufgrund  eines  in  der  angegriffenen
Marke  selbständig  kennzeichnenden  Bestandteils  bei  nicht  identischen  Waren
jedenfalls  seltener  anzunehmen  ist  als  bei  identischen  Waren.  Davon  geht  wohl
auch  die  "Pantohexal"  -  Entscheidung  (BGH  GRUR  2008,  906)  aus,  da  zwar  bei
identischen Waren (bei identischer Übernahme der Widerspruchsmarke) eine Ver-
wechslungsgefahr  festgestellt  wurde,  hinsichtlich  der  übrigen  Waren  die  Sache
dagegen  zurückverwiesen  wurde,  weil  für  das  Revisionsverfahren  der  Grad  der
Ähnlichkeit  der  Waren  nicht  feststand.  Insoweit  spielt  nach  Ansicht  des  Senats
auch  der  Gesichtspunkt  keine  Rolle,  der  in  der  Fallgruppe  einer  Verwechslungs-
gefahr aufgrund einer Zeichenserie der Widersprechenden, in die sich eine ange-
griffene Marke einfügt, von Bedeutung sein kann, nämlich dass das Typische einer
Markenserie  ist,  zur  Kennzeichnung  verschiedener  Waren/Dienstleistungen  zu
dienen,  so  dass  die  Verschiedenheit  der  Waren/Dienstleistungen  (in  Grenzen)
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eine  geringere  Rolle  spielt  als  bei  der  unmittelbaren  Verwechslungsgefahr  (vgl.
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 9 Rdn. 335). Hinzu kommt im vorliegen-
den Fall, dass der beschreibende Anklang des Bestandteils "Melox" an eine Sach-
angabe gerade bei den angegriffenen Waren naheliegt, denn die Waren mit dem
Wirkstoff  "Meloxicam"  werden  in  der  Roten  Liste  der  Hauptgruppe  5  "Analgetika,
Antirheumatika" (05.3.B.1.6. "Lornoxicam, Meloxicam, Piroxicam) zugeordnet. Der
Fachverkehr  wird  daher  den  Bestandteil  "Melox"  mit  der  Sachangabe  in  Verbin-
dung  bringen  und  nicht  mit  der  Widerspruchsmarke,  die  diesen  beschreibenden
Anklang nicht aufweist und auch für andere Waren verwendet wird.
In der Malteserkreuz- Entscheidung (BGH
GRUR 2006,859), auf die sich die Be-
schwerdeführerin  für  ihre  Auffassung  beruft,  es  reiche  für  eine  Verwechslungs-
gefahr  aus,  wenn  die  Widerspruchsmarke  lediglich  ähnlich  mit  selbständig  kenn-
zeichnender Funktion übernommen werde, hat der BGH über die Verwechslungs-
gefahr nicht abschließend entschieden. Außerdem
ging der BGH in der genannten
Entscheidung  von  einer  hohen  Ähnlichkeit  des  übernommenen  Bildbestandteils
aus, da die Abweichungen im Bildbestandteil als unwesentlich angesehen wurden.
Soweit  die  Beschwerdeführerin  in  diesem  Zusammenhang  auf  die  Entscheidung
RenuVitalis/  RENU  MULTI-PLUS  (25 W pat) 32/07)  des  Senats  hinweist,  besteht
ein wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall darin, dass in der genannten
Entscheidung  der  den  Gesamteindruck  der  Widerspruchsmarke  prägende  Be-
standteil  in  die  angegriffene  Marke  identisch  übernommen  wurde.  Eine  solche
Fallgestaltung liegt hier nicht vor.
Die Beschwerde der Widersprechenden hat daher keinen Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass,
§ 71 Abs. 1 MarkenG.
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Die  aufgeworfenen  Rechtsfragen  lassen  es  geboten  erscheinen,  die  Rechtsbe-
schwerde gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zuzulassen.
Kliems
Merzbach
Bayer
Hu