Urteil des BPatG vom 02.09.2002

BPatG: patent, gebrauchsmuster, geschäftsführer, zustellung, vertretungsmacht, kopie, eigenschaft, markenregister, gesellschafter, vollzug

BUNDESPATENTGERICHT
5 W (pat) 1/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Gebrauchsmuster 298 21 197
(Umschreibungsantrag)
BPatG 152
10.99
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hat der 5. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts
am 2. September 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Goebel sowie
der Richterinnen Friehe-Wich und Werner
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird die Umschrei-
bungsverfügung des Deutschen Patent- und
Markenamts
- Gebrauchsmusterstelle - betreffend das Gebrauchsmuster
298 21 197 und betreffend die Umschreibung dieses Gebrauchs-
musters auf die Antragstellerin, Blatt 35 der Registerakte, aufge-
hoben.
Der Antrag auf Umschreibung des Gebrauchsmusters
298 21 197 von der C… GmbH auf die Antragstellerin wird
zurückgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e
I
Die C… GmbH war seit dem 16. September 1999 als Inhaberin des deut-
schen Gebrauchsmusters 298 21 197 in das Gebrauchsmusterregister eingetra-
gen. Für das Gebrauchsmuster war die Priorität der früheren Gebrauchsmusteran-
meldung 298 02 723.2 vom 17. Februar 1998 in Anspruch genommen worden.
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Am 1. Februar 2001 hat das Amtsgericht Offenbach am Main das Insolvenzverfah-
ren über das Vermögen der C… GmbH eröffnet und den Antragsgegner
zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schreiben vom 20. März 2001 hat die Beschwerdegegnerin beim Deutschen
Patent- und
Markenamt die Umschreibung der Gebrauchsmusteranmeldung
298 02 723.2 auf sich beantragt. Dieses Schreiben wurde von Herrn F…
unterschrieben. Gleichzeitig hat die Beschwerdegegnerin ein Schreiben vom
20. März 2001 mit dem Briefkopf der C… GmbH eingereicht. Darin hat der-
selbe Herr F… für die C… GmbH die Zustimmung zu der "Um-
meldung" der Gebrauchsmusteranmeldung 298 02 723.2 erklärt. In den vorge-
druckten Angaben im Fuß dieses Schreibens heißt es ua: "Geschäftsführer:
K…, F…".
Mit Bescheid vom 11. April 2001 teilte die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen
Patent- und Markenamts der Antragstellerin mit, daß eine Umschreibung der An-
meldung 298 02 723.2 nicht mehr möglich sei, weil sie aufgrund der Inanspruch-
nahme der inneren Priorität für das Streitgebrauchsmuster gelöscht worden sei.
Die Antragstellerin möge mitteilen, ob das Streitgebrauchsmuster in seiner Eigen-
schaft als Folgegebrauchsmuster umgeschrieben werden solle.
Mit Schreiben vom 23. April 2001 beantragte die Antragstellerin die Umschreibung
des Streitgebrauchsmusters von der C… GmbH auf sich.
Im Sommer 2001 verfügte die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und
Markenamts auf Blatt 35 der Registerakte unter unleserlicher Datierung die Um-
schreibung des Streitgebrauchsmusters auf die Beschwerdegegnerin. Mit Um-
schreibungsmitteilung vom 10. Juli 2001 unterrichtete die Gebrauchsmusterstelle
die C… GmbH und die Antragstellerin von der erfolgten Umschreibung.
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Mit Schreiben vom 23. August 2001 hat der Antragsgegner dem Deutschen Pa-
tent- und Markenamt Kopie des Beschlusses übermittelt, mit dem das Amtsgericht
Offenbach am Main das Insolvenzverfahren über das Vermögen der C…-
… GmbH eröffnet und den Antragsgegner zum Insolvenzverwalter bestellt hatte.
Mit demselben Schreiben hat der Antragsgegner das Deutsche Patent- und Mar-
kenamt um Mitteilung gebeten, woraus sich die Zulässigkeit der Umschreibung
des Streitgebrauchsmusters auf die M… GmbH erge-
be.
Mit Schreiben vom 31. August 2001 haben Herr F… und Herr
K… eine Umschreibung des Streitgebrauchsmusters 298 21 197 von der
M… GmbH auf sich beantragt. Über den Antrag hat
das Deutsche Patent- und Markenamt noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2001 hat die Gebrauchsmusterstelle des Deut-
schen Patent- und Markenamts dem Antragsgegner mitgeteilt, daß die Umschrei-
bung auf entsprechenden Antrag vom 20. März 2001 erfolgt sei. Beide von der
Umschreibung betroffenen Firmen hätten der Umschreibung zugestimmt. Die Er-
öffnung des Insolvenzverfahrens sei dem Deutschen Patent- und Markenamt im
Zeitpunkt der Umschreibung nicht bekannt gewesen.
Mit Schreiben vom 13. November 2001 hat der Antragsgegner Beschwerde einge-
legt gegen die Umschreibung des Gebrauchsmusters 298 21 197 auf die M…
… GmbH sowie gegen den Antrag der Herren F…
und K… auf weitere Umschreibung dieses Gebrauchsmusters von der
Antragstellerin auf sie. Der Antragsgegner meint, daß die von Herrn F…
unter dem 20. März 2001 für die C… GmbH erklärte
Umschreibungsbewilligung wirkungslos gewesen sei, weil Herr F… aus
mehreren rechtlichen Gründen ohne die erforderliche Vertretungsmacht gehandelt
habe.
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Zum einen sei Herr F… bereits am 14. April 2000 aus seiner Funktion
als Geschäftsführer der C… GmbH ausgeschieden, und zwar mit notariell
beurkundetem Gesellschafterbeschluß der C… GmbH vom selben Tage.
Kopie dieses Beschlusses hat der Antragsgegner zu den Akten gereicht. Mit dem-
selben Beschluß sei Herr S… zum neuen Geschäftsführer bestellt
worden. Herr F… habe für seine Zustimmungserklärung vom 20. März 2001
einen veralteten Firmenbogen der C… GmbH verwandt. Zum anderen habe
Herr F… am 20. März 2001 auch deswegen nicht mehr wirksam für die
C… GmbH handeln können, weil zu dieser Zeit über deren Vermögen be-
reits das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsgegner zum Insolvenzverwal-
ter über dieses Vermögen bestellt worden sei.
Die Antragstellerin trägt vor, daß die C… GmbH bereits am 16. Okto-
ber 2000 einen schriftlichen Kaufvertrag über das Gebrauchsmuster 298 92 723
mit der Beschwerdegegnerin geschlossen habe. Kopie dieses Vertrages hat die
Beschwerdegegnerin zu den Akten gereicht. Die Anmeldenummer dieses Ge-
brauchsmusters sei am 11. April 2001 auf das Gebrauchsmuster 298 02 723 um-
geschrieben worden. Dazu bezieht sich die Antragstellerin auf die Mitteilung der
Gebrauchsmusterstelle vom 11. April 2001.
Für den näheren Inhalt der vorstehend genannten Unterlagen wird auf die Akten
Bezug genommen.
II
A
1. Die Beschwerde ist statthaft und zulässig, soweit sie gegen die Umschreibung
des Gebrauchsmusters 298 21 197 von der C… GmbH auf die Antrag-
stellerin gerichtet ist. Zwar handelt es sich bei der Umschreibungsmitteilung
vom 13. Juli 2001 an die C…-GmbH nicht um eine beschwerdefähige
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Entscheidung. Die Beschwerdeschrift vom 13. November 2001 läßt aber klar er-
kennen, daß sich die Beschwerde gegen die dieser Mitteilung zugrundliegende
Umschreibungsverfügung richtet. Die Umschreibungsverfügung stellt eine ab-
schließende, der Beschwerde zugängliche Entscheidung iSd § 18 Abs 1
GebrMG dar, weil sie die Rechte der Beteiligten berührt (vgl BGH BlPMZ 1969,
60, 62 - Marpin). Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingelegt, denn da die Um-
schreibungsverfügung als solche den Verfahrensbeteiligten nicht zugestellt wur-
de, wurde für die Beschwerde keine Frist in Lauf gesetzt.
Da gem § 21 Abs 1 iVm § 127 Abs 2 PatG eine fehlerhafte Zustellung nicht
durch den nachweislichen Zugang des zuzustellenden Schriftstücks geheilt wer-
den kann, wenn mit der erforderlichen Zustellung die Frist für die Beschwerde in
Lauf gesetzt wird, kann dahingestellt bleiben, ob in der Bekanntgabe der Um-
schreibungsmitteilung vom 10. Juli 2001 überhaupt eine fehlerhafte Zustellung
der Umschreibungsverfügung zu sehen ist und gegebenenfalls wann den An-
tragsgegner die Umschreibungsmitteilung tatsächlich zugegangen ist.
2. Dagegen ist die Beschwerde nicht statthaft, soweit sie den Antrag der Herren
K… und F… auf Umschreibung des Gebrauchsmusters
298 21 197 auf sich betrifft. Insoweit fehlt es an einer abschließenden, der Be-
schwerde zugänglichen Entscheidung durch das Deutsche Patent- und Marken-
amt. Dessen Entscheidung über den Umschreibungsantrag vom 31. Au-
gust 2001 steht noch aus. Insoweit ist die Beschwerde des Antragsgegners als
nicht statthaft zurückzuweisen.
B
Die gegen die Umschreibung gerichtete Beschwerde ist auch in der Sache be-
gründet. Zum einen leidet die Umschreibungsverfügung der Gebrauchsmuster-
stelle des Deutschen Patent- und Markenamts an einem schweren Verfahrensfeh-
ler. Zum anderen hat die Antragstellerin den gem § 8 Abs 4 Satz 1 GebrMG not-
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wendigen Nachweis für den Rechtsübergang nicht geführt. Die von ihr zu den Ak-
ten gereichten Unterlagen reichen nicht aus, um den notwendigen Nachweis für
den Rechtsübergang von der C… GmbH auf die Antragstellerin zu führen.
Insbesondere sind die in den vom Patentamt als Verwaltungsvorschriften erlasse-
nen "Richtlinien für die Umschreibung von Schutzrechten und Schutzrechtsanmel-
dungen in der Patentrolle, der Gebrauchsmusterrolle, dem Markenregister, dem
Musterregister und der Topographierolle" (Umschreibungsrichtlinien) vom 28. Ok-
tober 1996 (BlPMZ 1996, 426) genannten und in der Regel ausreichenden Vor-
aussetzungen nicht erfüllt.
1. Die C… GmbH war in dem Umschreibungsverfahren iSv § 579 Abs 1
Nr 4 ZPO nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten. Gem § 35 Abs 1 GmbHG
wird die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich durch ihre Geschäftsfüh-
rer vertreten. Als Herr F… am 20. März 2001 für die C… GmbH die
Umschreibungsbewilligung unterzeichnete, war er nicht mehr Geschäftsführer
dieser Gesellschaft. Seine Bestellung zum Geschäftsführer war bereits gem
§
46 Nr
5 iVm §
38 Abs
1 GmbHG mit Gesellschafterbeschluß vom
14. April 2000 widerrufen worden. Davon wußte Herr F…, weil er in seiner
Eigenschaft als Gesellschafter der C… GmbH an dem Gesellschafterbe-
schluß beteiligt gewesen war. Das folgt aus dem Gesellschafterbeschluß, den
der Antragsgegner zu den Akten gereicht hat.
In dem Umschreibungsverfahren, das mit dem Umschreibungsantrag der An-
tragsgegnerin vom 20. März 2001 eingeleitet wurde, hätte die C… GmbH
nach Vorschrift der Gesetze vielmehr entweder durch den Antragsgegner oder
durch einen von diesem bestellten Verfahrensbevollmächtigten vertreten wer-
den müssen. Der Antragsgegner war bereits am 1. Februar 2001 zum Insol-
venzverwalter über das Vermögen der C… GmbH bestellt worden. Gem
§ 80 Abs 1 Insolvenzordnung (InsO) gehen mit der Eröffnung des Insolvenzver-
fahrens die Rechte des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Ver-
mögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
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Insoweit wird der Insolvenzverwalter zur Partei kraft Amtes. Ein eingetragenes
Gebrauchsmuster fällt als gewerbliches Schutzrecht in die Insolvenzmasse. Bis
zur Einlegung der Beschwerde war der Antragsgegner nicht an dem Umschrei-
bungsverfahren beteiligt.
2. Der Antrag der Antragstellerin auf Umschreibung des Streitgebrauchsmusters
von der C… GmbH auf die Antragstellerin ist zurückzuweisen, weil die
Antragstellerin nicht den notwendigen Nachweis für den Rechtsübergang ge-
führt hat. Insbesondere sind die Voraussetzungen der Umschreibungsrichtlinien
nicht erfüllt. Die Umschreibungsbewilligung, die der jetzige Geschäftsführer der
Antragstellerin, Herr F…, unter dem 20. März 2001 für die C…
… GmbH unterschrieben hat, ist wirkungslos, weil Herr F… zu diesem Zeit-
punkt die C… GmbH nicht mehr vertreten konnte und von der fehlenden
Vertretungsmacht wußte.
Auch der Vertrag vom 16. Oktober 2000, den die Antragstellerin im Beschwer-
deverfahren vorgelegt hat, ist kein Nachweis für den Rechtsübergang. Es ist
schon fraglich, ob dieser Text nicht schon deswegen als ein solcher Nachweis
ausscheidet, weil er sich nicht auf das Streitgebrauchsmuster bezieht, sondern
auf das Gebrauchsmuster 298 02 723, dessen Priorität für das Streitgebrauchs-
muster in Anspruch genommen wurde. Aber auch dann, wenn man zugunsten
der Antragstellerin davon ausgeht, daß sich der Vertrag vom 16. Oktober 2000
überhaupt auf das Streitgebrauchsmuster beziehen läßt, stellt dieser Vertrag
keinen zweifelsfreien Nachweis für den Übergang des Streitgebrauchsmusters
von der C… GmbH auf die Antragstellerin dar. Der Vertragstext enthält
keine Verfahrenserklärungen nach Ziffer 1.1.1.1 oder Ziffer 1.1.1.2 der Um-
schreibungsrichtlinien. Denn eine Umschreibung des Gebrauchsmusters im Ge-
brauchsmusterregister wird in dem Vertrag nicht erwähnt. Der Vertrag ist auch
keine sonstige Unterlage iSv Ziffer 1.1.2 der Umschreibungsrichtlinien, aus dem
sich die rechtsgeschäftliche Übertragung des Streitgebrauchsmusters ergäbe.
Denn der vorgelegte Vertrag bezieht sich nur auf die rechtsgeschäftliche Ver-
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pflichtung der C… GmbH, das Gebrauchsmuster 298 02 723 auf die An-
tragstellerin zu übertragen. Er enthält dagegen keinerlei Hinweise auf den Voll-
zug des Verfügungsgeschäfts, das nach dem im deutschen Recht geltenden
Abstraktionsprinzip allein die Übertragung eines Rechts auf einen Dritten bewir-
ken kann (§ 413 iVm § 398 BGB).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 18 Abs 2 Satz 1 iVm § 80 Abs 1 PatG und
beruht auf Billigkeitserwägungen. Der jetzige Geschäftsführer der Antragstelle-
rin, Herr F…, war der frühere Geschäftsführer der C… GmbH.
Als Herr F… unter dem 20. März 2001 für die C… GmbH eine Um-
schreibungsbewilligung zugunsten der Antragstellerin erklärte, wußte er, daß er
ohne die erfordliche Vertretungsmacht handelte. Dieses Verhalten muß sich die
Antragstellerin bei der Kostenentscheidung entgegenhalten lassen.
Goebel Friehe-Wich
Werner
Be