Urteil des BPatG vom 16.11.2004

BPatG (stand der technik, bundesrepublik deutschland, gerät, fig, patent, fachmann, gegenstand, druckschrift, patentanspruch, abhängigkeit)

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
1 Ni 15/03 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
16. November 2004
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das europäische Patent 0 294 730
(DE 38 67 323)
hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 16. November 2004 durch den Präsidenten Dr. Landfermann
sowie die Richter Dipl.-Phys.
Dr.rer.nat.
Frowein, Dipl.-Ing. Frühauf, Rauch und
Dipl.-Ing. Pontzen
für Recht erkannt:
1. Das europäische Patent 0 294 730 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang
der Ansprüche 1, 2, 4 und 5, soweit diese Ansprüche nicht
unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 3 bezogen sind, für
nichtig erklärt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreck-
bar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0
294
730
(= deutsches Patent 38 67 323), am 4. Juni 1988 unter Inanspruchnahme der Priori-
tät der deutschen Voranmeldung 37 19 392 vom 8. Juni 1987 angemeldet, am 2. Ja-
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nuar 1992 veröffentlicht und ua mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepu-
blik Deutschland erteilt worden ist und ein "Raumlufttechnisches Gerät" betrifft.
Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden. Im Einspruchsverfahren ist das
Streitpatent widerrufen worden. Im nachfolgenden Beschwerdeverfahren wurde das
Patent beschränkt aufrechterhalten.
Das Patent umfasst gemäß der am 9. April 1997 veröffentlichten "Neuen europäi-
schen Patentschrift" EP 0 294 730 B2 (Streitpatentschrift) sechs Patentansprüche.
Auf den Vorrichtungsanspruch 1 sind die Patentansprüche 2 bis 4 rückbezogen. An-
spruch 5 betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines raumlufttechnischen Geräts; auf
diesen ist Patentanspruch 6 rückbezogen.
Mit der Nichtigkeitsklage sind die Patentansprüche 1, 2, 4 und 5, soweit diese An-
sprüche nicht unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 3 bezogen sind, angegriffen.
Die Beklagte verteidigt das Patent nur im Umfang der in der mündlichen Verhandlung
überreichten beschränkten Fassung. Diese unterscheidet sich von der Fassung ge-
mäß Streitpatentschrift durch die Aufnahme zusätzlicher Merkmale in Anspruch 1.
Im folgenden ist der Wortlaut dieser beschränkten Fassung von Anspruch 1 wieder-
gegeben, wobei die zusätzlich aufgenommenen Merkmale durch Unterstreichung
hervorgehoben sind:
Raumlufttechnisches Gerät mit einem Gehäuse (1), in dem unabhän-
gig voneinander antreibbare Zuluftventilatoren (42) und Fortluftventi-
latoren (41) für getrennte Zuluft- und Fortluftströme, ein Kondensator
(32), ein Verdampfer (33) und/oder ein Wärmerohr (34) sowie wahl-
weise ein oder mehrere Filter (31) und mehrere die Luftströme in
Abhängigkeit von der Außenlufttemperatur und der gewünschten
Raumlufttemperatur und –feuchtigkeit steuernde, auf der Saugseite
der Ventilatoren angeordnete Klappensysteme (64, 65) vorgesehen
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sind, das mindestens einen Außenluftanschluß (8), Fortluftanschluß
(11), Rückluftanschluß (7) und Zuluftanschluß (10) und zwei strö-
mungsseitig nebeneinander angeordnete und gegenseitig abge-
schottete Kammern (23, 24) aufweist, wobei die erste Kammer (23)
mit dem Außenluftanschluß (8) und die zweite Kammer (24) mit dem
Rückluftanschluß (7) und beide Kammern (23, 24) mit den Klappen-
systemen (64, 65) verbunden sind, die so angeordnet und steuerbar
sind, daß das raumlufttechnische Gerät im reinen Umluftbetrieb mit
wahlweiser Zuschaltung des Verdampfers (33), Kondensators (32)
und/oder Wärmerohres (34), im reinen Außenluftbetrieb bei dem
Außenluft (AL) über den Verdampfer (33) und/oder das Wärmerohr
(34) und Zuluftventilator (42) an den Zuluftanschluß (10) und Rückluft
(RL) über den Kondensator (32) und/ oder das Wärmerohr (34) und
den Fortluftventilator (41) an den Fortluftanschluß (11) abgegeben
wird oder in einem Mischbetrieb mit einer Mischung der Außenluft
und Rückluft betreibbar ist, und zwei Rückluftströme (RL) und/oder
Außenluftströme (AL) unabhängig voneinander über den Verdampfer
(33) und/oder das Wärmerohr (34) sowohl in den Zuluftstrom (ZL) als
auch über den Kondensator (32) und/oder das Wärmerohr (34) in
den Fortluftstrom (FL) einspeisbar sind.
Die Ansprüche 2, 4 und 5 sind in der verteidigten Fassung unverändert geblieben.
Wegen ihres Wortlauts wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin trägt vor, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ge-
genüber der Entgegenhaltung
D1 Firmenprospekt der Ate Klimatechnik Alfred Teves GmbH, Frankfurt:
Jupiter Klimaschränke mit freier Kühlung, Seiten
1-14, Druckver-
merk 02/87 (Anlage K5)
nicht neu sei, zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
- 5 -
Die Merkmale der angegriffenen Ansprüche 2, 4 und 5 seien durch die D1 oder durch
den weiteren Stand der Technik nach dem Buch
D2 Der Heizungsingenieur, Eine Schriftenreihe, Bd 4, "Klimatechnik für
Heizungsbauer", Werner-Verlag, 2. Auflage, 1975, Seiten 71-77 (An-
lage K6)
vorweggenommen oder nahegelegt oder einfacher handwerklicher Art.
Ergänzend bezieht sie sich auf den im Erteilungs- und Einspruchsverfahren herange-
zogenen Stand der Technik.
In diesen Verfahren waren ua die Schriften
D3 DE 34 05 584 A1 (Anlage B1 der Klägerin) und
D4 FR 2 402 163
berücksichtigt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das europäische Patent 0 294 730 im Umfang seiner Ansprüche 1,
2, 4 und 5 – soweit diese Ansprüche nicht unmittelbar oder mittel-
bar auf Anspruch 3 bezogen sind – mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte, die der Klage rechtzeitig widersprochen hat, beantragt,
die Klage insoweit abzuweisen, als sie die Patentansprüche in der
verteidigten Fassung betrifft.
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Die Beklagte ist der Auffassung, der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der man-
gelnden Patentfähigkeit der Gegenstände der angegriffenen Ansprüche des Streitpa-
tents liege nicht vor.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat Erfolg.
I
Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die
von der Beklagten allein noch verteidigte Fassung der angegriffenen Ansprüche hin-
ausgeht.
Gegen die vorgenommene Beschränkung bestehen weder unter dem Gesichtspunkt
der unzulässigen Erweiterung noch unter dem der Schutzbereichserweiterung Be-
denken.
1. Die erteilten Ansprüche des Streitpatents sind im Einspruchsbeschwerdeverfah-
ren in zulässiger Weise geändert worden. Es wird auf die nach Ansicht des Senats
zutreffenden diesbezüglichen Ausführungen in der Entscheidung der EP-Beschwer-
dekammer 3.2.3 vom 17. September 1996 verwiesen, s dort S 7 f.
2. Die verteidigten Ansprüche des Streitpatents sind unter Berücksichtigung des
Gesamtinhalts der Streitpatentschrift und des Vortrags der Patentinhaberin zulässig:
2.1
Der zuletzt verteidigte Anspruch 1 enthält die Merkmale des Anspruchs 1 der
Streitpatentschrift mit folgenden, der Streitpatentschrift entnehmbaren Einfügungen:
- 7 -
Nach der Wortfolge "im reinen Außenluftbetrieb" (s Sp 6 Z 14 der Streitpatentschrift)
wurde das Merkmal "bei dem Außenluft (AL) über den Verdampfer (33) und/oder das
Wärmerohr (34) und Zuluftventilator (42) an den Zuluftanschluss (10) und Rückluft
(RL) über den Kondensator (32) und/oder das Wärmerohr (34) und den Fortluftventi-
lator (41) an den Fortluftanschluß (11) abgegeben wird" eingefügt. Dieses Merkmal
ergibt sich aus Sp 4 Z 10 bis 19 iVm den Fig 4A und 4B der Streitpatentschrift.
Vor das Wort "sowohl" (s Sp 6 Z 17 der Streitpatentschrift) wurde die Angabe "über
den Verdampfer und/oder das Wärmerohr (34)" und vor die Wortfolge "in den Fort-
luftstrom" (s Sp 6 Z 18 der Streitpatentschrift) die Angabe "über den Kondensator
(32) und/oder das Wärmerohr (34)" eingefügt. Beide Ergänzungen sind in Sp 5 Z 20
bis 28 iVm den Fig 8A und 8B sowie Sp 4 Z 51 bis 57 der Streitpatentschrift offen-
bart.
2.2
Missverständlich ist dabei allerdings, dass die Angabe "über den Verdampfer
und/oder das Wärmerohr (34)" vor das Wort "sowohl" eingefügt worden ist. Nach der
Offenbarung der Streitpatentschrift und dem Vortrag der Patentinhaberin in der
mündlichen Verhandlung ist es für die Lehre des Streitpatents wesentlich, dass im
Mischbetrieb des raumlufttechnischen Geräts "durch unterschiedliche Stellung der
Klappensysteme eine beliebige Mischung der Außenluft AL und der Rückluft RL im
Wege des Zugluftstromes bzw des Fortluftstromes erfolgen kann", s Streitpatent-
schrift Sp 5 Z 22 bis 25.
Der verteidigte Anspruch 1 ist demzufolge so zu lesen, dass zwei Rückluftströme
(RL) und/oder Außenluftströme (AL) unabhängig voneinander sowohl über den Ver-
dampfer und/oder das Wärmerohr (34) in den Zuluftstrom (ZL) als auch über den
Kondensator (32) und/oder das Wärmerohr (34) in den Fortluftstrom (FL) einspeisbar
sind.
2.3 Die
vorgenommenen
Änderungen sind unter Berücksichtigung der vorstehen-
den Ausführungen in Absatz 2.2 durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt. Sie
- 8 -
beschränken den Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung der Streitpatent-
schrift.
2.4
Die kennzeichnenden Merkmale der Patentansprüche 2, 4 und 5 entsprechen
den kennzeichnenden Merkmalen der Patentansprüche 2, 4 und 5 in der Fassung
der Streitpatentschrift.
II
1.
Das Streitpatent betrifft ein raumlufttechnisches Gerät und ein Verfahren zum
Betrieb eines raumlufttechnisches Geräts.
In der Streitpatentschrift ist einleitend auf die FR 2 402 163 (D4) Bezug genommen.
In der Beschreibung ist ausgeführt, diese Druckschrift zeige ein raumlufttechnisches
Gerät in der Ausführung einer Wärmepumpe, das unabhängig voneinander antreib-
bare Zuluftventilatoren und Fortluftventilatoren, einen Kondensator, einen Verdamp-
fer sowie wahlweise einen oder mehrere Filter und mehrere die Luftströme in Abhän-
gigkeit von der Außenlufttemperatur und der gewünschten Raumlufttemperatur und
-feuchtigkeit steuernde, auf der Saugseite der Ventilatoren angeordnete Klappensy-
steme und mindestens einen Außenluftanschluß, Fortluftanschluß, Rückluftanschluß
und Zuluftanschluss aufweise. Die Klappensysteme seien so angeordnet und steuer-
bar, dass das raumlufttechnische Gerät im reinen Umluftbetrieb mit wahlweiser Zu-
schaltung des Verdampfers oder Kondensators, im reinen Außenluftbetrieb oder in
einem Mischbetrieb mit einer Mischung der Außenluft und Rückluft betreibbar sei (s
Streitpatentschrift Sp 1 Abs 1 und 2).
Nach der darauffolgenden Schilderung der Funktion dieses Geräts in Sp 1 Abs 2 ff
der Streitpatentschrift und einem Hinweis auf aus dem Stand der Technik vorbe-
kannte Wärmerohrregister ist in Sp 2 Abs 3 die dem Streitpatent zugrundegelegte
Aufgabe genannt, ein raumlufttechnisches Gerät der einleitend genannten Gattung
zu schaffen, das eine Regelung des Rückluftmengenanteils bei der Zufuhr der Rück-
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luft und Außenluft in den verschiedenen Betriebsarten ermöglicht und damit eine Ver-
besserung des Wirkungsgrades des raumlufttechnischen Geräts sicherstellt.
Zur Lösung dieser Aufgabe lehrt Patentanspruch 1 – unter Berücksichtigung der Aus-
führungen in Abschnitt I Abs 2.2 – in der verteidigten Fassung ein
1. Raumlufttechnisches
Gerät
mit
1.1 einem Gehäuse (1),
1.2 jeweils mindestens einem Rückluftanschluss (7), Außenluftanschluss
(8), Fortluftanschluss (11) und Zuluftanschluss (10)
1.3 unabhängig
voneinander
antreibbaren Zuluftventilatoren (42) und Fort-
luftventilatoren (41) für getrennte Zuluft- und Fortluftströme,
1.4 einem Kondensator (32), einem Verdampfer (33) und/oder einem Wär-
merohr (34) sowie wahlweise einem oder mehreren Filtern (31) und
1.5 mehreren
Klappensystemen (64, 65).
2.
In dem Gehäuse sind zwei Kammern (23, 24) strömungsseitig neben-
einander angeordnet und gegenseitig abgeschottet, wobei
2.1 die erste Kammer (23) mit dem Außenluftanschluss (8) verbunden ist
2.2 die zweite Kammer mit dem Rückluftanschluss (7) verbunden ist und
2.3 beide Kammern (23, 24) mit den Klappensystemen (64, 65) verbunden
sind.
3.
Die Klappensysteme (64, 65)
3.1 sind auf der Saugseite der Ventilatoren (41, 42) angeordnet
- 10 -
3.2 steuern die Luftströme in Abhängigkeit von der Außenlufttemperatur
und der gewünschten Raumlufttemperatur und –feuchtigkeit.
4.
Die Klappensysteme (64, 65) sind so angeordnet und steuerbar, dass
folgende Betriebsweisen des raumlufttechnischen Geräts möglich sind:
4.1 ein
reiner
Umluftbetrieb mit wahlweiser Zuschaltung des Verdampfers
(33), Kondensators (32) und/oder Wärmerohres (34),
4.2 ein reiner Außenluftbetrieb, bei dem Außenluft (AL) über den Verdamp-
fer (33) und/oder das Wärmerohr (34) und Zuluftventilator (42) an den
Zuluftanschluss (10) und Rückluft (RL) über den Kondensator (32) und/
oder das Wärmerohr (34) und den Fortluftventilator (41) an den Fortluft-
anschluss (11) abgegeben wird, oder
4.3 ein Mischbetrieb mit einer Mischung der Außenluft und Rückluft, bei
dem zwei Rückluftströme (RL) und/oder Außenluftströme (AL) unab-
hängig voneinander sowohl über den Verdampfer und/oder das Wärme-
rohr (34) in den Zuluftstrom (ZL) als auch über den Kondensator (32)
und/oder das Wärmerohr (34) in den Fortluftstrom (FL) einspeisbar
sind.
Als Fachmann ist vorliegend ein Dipl.-Ing. (FH) des Maschinenbaus der Fachrichtung
Heizungs- und Klimatechnik anzusehen, der Erfahrungen im Entwurf von raumluft-
technischen Geräten bzw Klimaschränken besitzt.
2. Das Ausführungsbeispiel nach den Fig 8 bis 10 der Streitpatentschrift entspricht
im Großen und Ganzen der Formulierung des Anspruchs 1, s insbesondere die An-
ordnung der Kammern 23, 24. Eine Beschreibung der Funktion einzelner Kompo-
nenten des raumlufttechnischen Geräts wird in der speziellen Beschreibung der
Streitpatentschrift überwiegend unter Bezug auf das – nicht anspruchsgemäße –
Ausführungsbeispiel nach den Fig 1 bis 7 gegeben.
- 11 -
3.
Zum Verständnis des Anspruchs 1:
3.1 Durch die Formulierung in Merkmal 1.4, wonach das raumlufttechnische Gerät
einen Kondensator, einen Verdampfer und/oder ein Wärmerohr aufweist, sind vom
Wortlaut des Anspruchs 1 drei verschiedene Ausführungsformen des raumlufttechni-
schen Geräts umfasst.
3.2 Merkmale 4. bis 4.3 sind so zu lesen, dass das beanspruche Gerät so ausgerü-
stet und eingerichtet ist, dass es wahlweise in einem der drei Funktionszustände 4.1
oder 4.2 oder 4.3 betreibbar ist.
4. Das Gerät nach Anspruch 1 war am Prioritätstag des Streitpatents neu. Keine
der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen zeigt ein raumlufttechnisches Ge-
rät mit allen Merkmalen des Anspruchs 1.
5. Das offensichtlich gewerblich anwendbare raumlufttechnische Gerät nach An-
spruch 1 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit:
Die Klägerin hat den von ihr im Nichtigkeitsverfahren eingeführte, unwidersprochen
vorveröffentlichte Firmenprospekt "Jupiter Klimaschränke" der Ate Klimatechnik
Alfred Teves GmbH, Frankfurt, (D1) in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen gestellt.
Die Schrift zeigt und beschreibt ein raumlufttechnisches Gerät (Klimaschrank), das in
verschiedenen Ausstattungsvarianten (zB mit Kältemaschine und/oder Wärmerohr)
und in unterschiedlichen Leistungsklassen angeboten wird.
Das raumlufttechnische Gerät mit einem Gehäuse und den Anschlüssen, die auf S 5
oben und den jeweils vier schematischen Darstellungen des Klimaschranks auf den
S 6 bis 9 der D1 dargestellt sind, hat unabhängig voneinander antreibbare Zuluft-
ventilatoren und Fortluftventilatoren, s Abb auf S 2 und Abschnitt "Luftförderung" auf
S 12 links. Die erwähnten Darstellungen auf S 6ff zeigen die Ausstattungsvarianten
mit Kondensator, Verdampfer und/oder Wärmerohr sowie mit mehreren Filtern. Es
- 12 -
sind Klappensysteme gezeigt, s Abb auf S 2 sowie die Darstellungen des Klima-
schranks auf den S 6 bis 9 der D1. Merkmale 1 bis 1.5 sind damit verwirklicht.
Es sind zwei gegenseitig abgeschottete Kammern gemäß einem Teil des Merk-
mals 2. gegeben: Die erste Kammer 23 des raumlufttechnischen Geräts nach dem
Streitpatent lässt sich der Kammer unten rechts, die zweite Kammer 24 der Kammer
oben links in einer der jeweils vier Darstellungen des Klimaschranks auf den S 6 bis
9 zuordnen. Die erste Kammer ist mit dem Außenluftanschluss, die zweite Kammer
mit dem Rückluftanschluss und beide Kammern mit den Klappensystemen verbun-
den, vgl Merkmale 2.1 bis 2.3.
Merkmale 3. bis 3.2 sind verwirklicht, s zB die Darstellungen in D1 auf S 6, 7 und
Textstellen S 12 links vorle Abs "Direkte freie Kühlung" und rechts Abs 4 "Steuerung
und Regelung" und vorle Abs.
Die Klappensysteme sind so angeordnet und steuerbar, dass die Betriebsweisen
Umluftbetrieb, Außenluftbetrieb und Mischbetrieb des raumlufttechnischen Geräts
möglich sind, vgl Merkmal 4:
Einen reinen Umluftbetrieb mit wahlweiser Zuschaltung des Verdampfers, Kondensa-
tors und/oder Wärmerohres gemäß Merkmal 4.1 entnimmt der Fachmann zB den
Darstellungen S 6 unten.
Der Funktionszustand des reinen Außenluftbetriebs nach Merkmal 4.2, bei dem Au-
ßenluft (AL) über den Verdampfer und Zuluftventilator an den Zuluftanschluss und
Rückluft (RL) über den Fortluftventilator an den Fortluftanschluss abgegeben wird,
ergibt sich aus der Fig rechts oben auf S 7.
Ein Mischbetrieb ist zB auf S 6, obere Figuren, oder auf S 9, Figuren rechts, gezeigt.
Die Möglichkeit nach Merkmal 4 und Merkmal 4.3 für die Betriebsweise des Misch-
betriebs, dass verschiedene Luftströme durch die Steuerbarkeit der Klappen unab-
hängig voneinander einspeisbar sind, ist gegeben. Dabei wird mit einer Mischung
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von Außenluft und Rückluft gearbeitet, bei der zwei Rückluftströme (RL) und/oder
Außenluftströme (AL) unabhängig voneinander sowohl über den Verdampfer und/
oder das Wärmerohr in den Zuluftstrom (ZL) als auch über den Kondensator und/
oder das Wärmerohr in den Fortluftstrom (FL) einspeisbar sind, s obere Figuren auf
S 6.
In der Druckschrift D1 ist entgegen der Auffassung der Patentinhaberin offenbart,
dass die Klappensysteme unabhängig voneinander steuerbar und damit die ver-
schiedenen Luftströme unabhängig voneinander einspeisbar sind:
Dies ergibt sich für den Fachmann zum einen aus der Darstellung der den Klappen-
systemen jeweils zugeordneten Servomotoren, von denen – von der Patentinhaberin
unwidersprochen – in der Abbildung auf S 2 drei Stück als länglich zylindrisch ausge-
bildete Teile in roter Farbe gezeigt sind, iVm S 3 links unten, wo auf stetiges Stellen
der Klappen hingewiesen wird.
Die unabhängige Steuerbarkeit der Klappen ergibt sich für den Fachmann zum ande-
ren auch aus den Darstellungen der verschiedenen Funktionszustände auf den Sei-
ten 6 bis 9: So sind zB auf S 6 oben links und rechts die von der Außenluft durch-
strömten horizontal angeordneten Klappensysteme in beiden Fällen in übereinstim-
mender Weise voll geöffnet gezeigt. Während das von der Außenluft durchströmte
vertikal liegende untere Klappensystem in der Darstellung oben links nur teilweise
geöffnet ist, zeigt die Darstellung oben rechts eine volle Öffnung dieses Klappensys-
tems.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 unterscheidet sich somit vom Klimaschrank
nach der Druckschrift D1 durch die Teilmerkmale,
a)
dass die zwei gegenseitig abgeschotteten Kammern strömungsmäßig
nebeneinander angeordnet sind (vgl Merkmal 2) und
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b)
dass beim Außenluftbetrieb Rückluft (RL) über den Kondensator an den
Fortluftanschluss abgegeben wird (vgl Merkmal 4.2).
Für diese beiden Merkmale bekam der Fachmann aus der FR 2 402 163 (D4) einen
Hinweis:
Bei dem raumlufttechnischen Gerät nach dieser Druckschrift sind zwei übereinander
und strömungsseitig nebeneinander angeordnete Kammern 6, 7 gemäß Unter-
schiedsmerkmal a) verwirklicht, s Fig 1, 2 mit zugehöriger Beschreibung. Der Fach-
mann konnte diese rein bauliche Maßnahme, die im übrigen keinen Beitrag zur
Lösung der gestellten Aufgabe liefert, bei Bedarf (zB für eine besonderen Platzver-
hältnissen angepasste Führung der äußeren Anschlussleitungen für Außenluftstrom
und/oder Fortluftstrom) wählen und auf das raumlufttechnische Gerät nach der D1
übertragen.
Bei dem Gerät nach der D4 wird im Außenluftbetrieb Rückluft über den Kondensator
an den Fortluftanschluss abgegeben, womit das vorstehend genannte Unterschieds-
merkmal b) verwirklicht ist: Dies ergibt sich aus den Ausführungen auf S 3 le Abs und
S 4 Abs 1 iVm den Darstellungen in den Fig 1 bis 3. Bei der Betriebsweise Außenluft-
betrieb sind die Klappensysteme 11 für Rückluft und 8 für Außenluft geöffnet, Klap-
pensysteme 9 und 10 sind hingegen geschlossen. Die über Klappensystem 8 eintre-
tende Außenluft wird über den Verdampfer, die über Klappensystem 11 geführte
Rückluft wird über den Kondensator geleitet. Die Weiterführung der Luftströme erfolgt
über Klappe 28 in Stellung nach unten (s Fig 2, dort ist Klappe 28 in Stellung nach
oben gezeigt) und Klappe 29 in Stellung nach oben (s Fig 3, dort ist die Klappe 29 in
der Stellung nach unten gezeigt). Dabei wird Rückluft über den Kondensator an den
Fortluftanschluss gegeben.
War es für den Fachmann wichtig, das Gerät nach der D1 auch im reinen Außenluft-
betrieb mit der Kältemaschine einsetzen, um zB in der Übergangszeit eine Kühlung
der von außen zugeführten Frischluft vorzunehmen, konnte er auf das Vorbild der D4
zurückgreifen: Durch die vorstehend schon erläuterte Anordnung des Kondensators
der Kältemaschine der D4 in einer Weise, dass der Kondensator von der zum Fort-
- 15 -
luftanschluß strömenden Rückluft beaufschlagt wird, wird auch beim Außenluftbetrieb
die Kältemaschine einsetzbar. Die Übertragung dieser Maßnahme auf das raumluft-
technische Gerät nach der D1 war demzufolge naheliegend und führte zum Gegen-
stand nach Patentanspruch 1.
Patentanspruch 1 hat daher keinen Bestand.
6. Zu den Unteransprüchen:
Ein zusätzliches Klappensystem wie in Anspruch 2 beansprucht, ist durch die
FR 2 402 163 (D4) vorbekannt. Die Entgegenhaltung zeigt am Ausgang des Geräts,
dh auf der Druckseite der Ventilatoren, Klappen 28, 29 mit Betätigungsmitteln 31, 32,
s Anspruch 1 und S 4 Abs 5. Nach S 5 Z 32 bis 34 können anstelle der ua in den Fi-
guren 2 und 3 gezeigten ebenflächigen Klappen auch als Jalousien ausgeführte
Klappensysteme vorgesehen werden, wie sie als Klappensysteme 8 bis 11 am Ein-
gang des raumlufttechnischen Geräts angeordnet sind. Diese Klappensysteme kön-
nen nach S 5 Z 39 f auch beliebige Zwischenstellungen einnehmen.
Die Anordnung des Fortluftventilators über dem Zuluftventilator nach Anspruch 4
stellt eine konstruktive Maßnahme ohne erfinderischen Gehalt dar. Einen solchen hat
die Patentinhaberin auch nicht geltend gemacht.
Das Verfahren nach Anspruch 5 ergibt sich beim Betrieb der Vorrichtung nach An-
spruch 2 von selbst.
Diese Ansprüche haben daher ebenfalls keinen Bestand.
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III
Die Kostenentscheidung beruht auf PatG § 84 Abs 2 iVm ZPO § 91 Abs 1. Die Ent-
scheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit folgt aus PatG § 99 Abs 1 iVm ZPO
§ 709.
Dr. Landfermann
Dr. Frowein Frühauf
Rauch
Pontzen
Pr/Hu