Urteil des BPatG vom 23.09.2003

BPatG: stand der technik, patentanspruch, schalter, gerät, papier, abhängigkeit, erfindung, ausführung, neuheit, wechsel

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 197 09 504.6-51
20 W (pat) 2/04
_______________________
rin Martens sowie die Richter Dipl.-Ing. Höppler und Dipl.-Ing. Kleinschmidt
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
28. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Bastian, die Richte-
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deut-
schen Patent- und Markenamts -
Prüfungsstelle für Klasse
G 03 G - vom 23. September 2003 aufgehoben und das Patent
erteilt:
Bezeichnung:
Druckgerät zum automatischen Steuern einer
Übertragungsspannung und einer Aufschmelz-
temperatur
Anmeldetag:
Priorität:
8. März 1996 KR 6016/96
Unterlagen: -
Patentansprüche 1-10, eingereicht am
22. April 2008
- Beschreibung Seite 1-9, eingereicht am
22. April 2008,
- Figuren 1-4, eingereicht am 20. Mai 1997.
G r ü n d e
I.
Mit der am Montag, den 17. November 2003 erhobenen Beschwerde wendet sich
die Patentanmelderin gegen den ihr am 15. Oktober 2003 zugestellten Beschluss
des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse G 03 G -, mit
dem die Patentanmeldung 197 09 504.6-51 mit der Begründung zurückgewiesen
wurde, das seinerzeit beanspruchte Verfahren gemäß Patentanspruch 1 beruhe
nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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Zum Stand der Technik hatte die Prüfungsstelle zuvor im Laufe des Prüfungsver-
fahrens die Druckschriften
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nicht vorveröffentlicht sei. Ihren Zurückweisungsbeschluss hat die Prüfungsstelle
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manns gestützt.
Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin mit ihrem Schriftsatz vom
D1 bis
englische Sprache vorgelegt (Bl. 20 ff. d. A.).
Die Beschwerdeführerin legte nach der am 19. November 2007 durchgeführten
mündlichen Verhandlung und einem im nachfolgenden schriftlichen Verfahren er-
gangenen gerichtlichen Hinweis zuletzt neue Patentansprüche 1 bis 10 vor und
beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prü-
fungsstelle für Klasse G 03 G - vom 23. September 2003 aufzuhe-
ben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1-10, eingereicht am 22. April 2008
- Beschreibung Seite 1-9, eingereicht am 22. April 2008,
- Figuren 1-4, eingereicht am 20. Mai 1997
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Gemäß Seite 5 der geltenden Beschreibung soll der Erfindung die Aufgabe
zugrunde liegen, ein verbessertes Verfahren und ein zugehöriges Druckgerät be-
reitzustellen, die die Übertragungsspannung und die Aufschmelztemperatur wäh-
rend einer manuellen Papierzuführung in benutzerfreundlicher Weise einstellen.
Die unabhängigen Patentansprüche 1 (Verfahren) und 8 (elektrophotographisches
Druckgerät) lauten:
„1.
Verfahren zum automatischen Steuern einer
Übertragungsspannung eines elektrophotographischen
Druckgeräts und der Aufschmelztemperatur gemäß dem Pa-
piertyp durch eine automatische Modusänderung während ei-
ner manuellen Papierzuführung, wobei das Verfahren die
Schritte aufweist:
einer manuellen Zuführoption, die ausgewählt wird, folgend
automatisches Ändern
(70) des Normalpapiermodus des
Druckgeräts in einen Papierauswahlmodus, wenn Papier in
das Druckgerät über einen manuellen Zuführschlitz des
Druckgeräts zugeführt wird; und
wenn eine Tasteneingabe vorgenommen wird, die eine Ände-
rung des Papiertyps anzeigt, Einstellen (76, 78) der Übertra-
gungsspannung und der Aufschmelztemperatur gemäß der
Tasteneingabe.“
„8. Elektrophotographisches Druckgerät, das zur automatischen
Steuerung einer Übertragungsspannung und der Auf-
schmelztemperatur gemäß dem Papiertyp durch eine automa-
tische Modusänderung während einer Papierzuführung einge-
richtet ist, umfassend:
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a)
einen
manuellen
Zuführschlitz (MFS); und
b) eine
Abbildungsverarbeitungseinheit (44) zum
b1) automatischen Ändern von einem Normalpapiermo-
dus des Druckgeräts in einen Papierauswahlmodus,
wobei die Änderung der Auswahl einer manuellen
Zuführoption folgt, wenn Papier in das Druckgerät
über den manuellen Zuführschlitz zugeführt wird, und
b2) Einstellen der Übertragungsspannung und der Auf-
schmelztemperatur gemäß einer Tasteneingabe, die
eine Änderung des Papiertyps anzeigt, wenn die
Tasteneingabe vorgenommen worden ist.“
Wegen der direkt oder indirekt auf die Patentansprüche 1 und 8 rückbezogenen
Unteransprüche 2 bis 7 bzw. 9 und 10, der weiteren Einzelheiten und des Vorbrin-
gens der Beschwerdeführerin wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde hat Erfolg. Das Patentbegehren
in der zuletzt verteidigten Fassung erfüllt alle Patentierungsvoraussetzungen.
Der zur Frage der Patentfähigkeit zu berücksichtigende Fachmann ist ein Diplom-
Ingenieur (FH), Bachelor oder Master der Druck- und Medientechnik, der über Be-
rufserfahrungen bei der Entwicklung und dem Betrieb von Druckgeräten, insbe-
sondere von elektrofotografischen Druckgeräten, verfügt.
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1.
Der geltende Anspruch 1 geht aus dem ursprünglichen Anspruch 1 hervor. Dabei
wurden einerseits rein redaktionelle Korrekturen vorgenommen und andererseits
der ursprünglich abschließende Verfahrensschritt „… und der Druckabbildungen
entsprechend Abbildungs-Daten von einem außenseitigen Computersystem auf
dem Papier“ gestrichen. Die Streichung stellt jedoch keine unzulässige Änderung
der Anmeldung dar, da der Fachmann die gesamte, den ursprünglichen Anmelde-
unterlagen zu entnehmende Offenbarung dahingehend versteht, dass der eigentli-
che Druckvorgang nicht Bestandteil der Verfahrens zum automatischen Steuern
einer Übertragungsspannung und der Aufschmelztemperatur, mithin der Einstel-
lung der Druckparameter, ist, sondern ihm unabhängig von den vorgenommenen
Einstellungen folgt und insoweit nur eine Weiterbildung darstellt.
Die Unteransprüche 2 bis 4 und 6 gehen auf die ursprünglichen Patentansprü-
che 2 bis 5 zurück. Unteranspruch 5 beruht auf dem ursprünglichen Patentan-
spruch 1. Unteranspruch 7 findet seine Stütze in der ursprünglichen Beschreibung
(Seite 6, 6. Absatz).
Der Nebenanspruch 8 und die ihm zugeordneten Unteransprüche 9 und 10 gehen
in zulässiger Weise auf die Erfindungsbeschreibung zurück, in der das elektro-
photographische Druckgerät, das zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfah-
rens entsprechend hergerichtet ist, ausführlich beschrieben ist.
2.
mehr beanspruchte Gerät gemäß Patentanspruch 8 sind zur Überzeugung des
Senats offensichtlich gewerblich anwendbar.
3.
mehr beanspruchte Gerät gemäß Patentanspruch 8 gilt auch als neu, da keine der
D1 bis
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D6
da sie erst nach dem für die vorliegende Anmeldung maßgeblichen Tag veröffent-
licht wurde und deshalb nicht zum Stand der Technik gemäß § 3 PatG gehört.
a)
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das mit Druckmedien verschiedener Typen verwendet werden kann, insbesondere
ein Verfahren zur Einstellung von Geräteparametern eines Druckgeräts bekannt,
bei dem im Falle der Benutzung des Einzelblatteinzugs ein Papierauswahlmodus
aktiviert wird, mit dessen Hilfe ein Papiertyp (hier: Papierdicke) vom Benutzer ma-
nuell ausgewählt werden kann. In Abhängigkeit von der Benutzereingabe wird die
für den jeweiligen Papiertyp optimale Übertragungsspannung (Spannung zur
Übertragung des Bildes von der Trommel auf das Papier) eingestellt.
D1
der Patentierbarkeit des Anmeldungsgegenstandes relevanten und mit einer
Nummerierung versehenen - Schritte:
S1 Öffnen des Einzelblatteinzugs
(93), wodurch ein Schal-
ter (101) betätigt wird, mit dessen Hilfe der Zustand des Ein-
zelblatteinzugs bestimmbar ist,
S2 Aktivierung
eines
Papierauswahlmodus infolge der Umschal-
tung des Schalters (101),
S3 manuelle Betätigung von Schaltern zur Eingabe der Dicke
des Druckmediums (27, 29), wobei ein erster Schalter (29)
zur Eingabe einer größeren und ein zweiter Schalter (27) zur
Eingabe einer kleineren Dicke (verglichen mit der Dicke von
Normalpapier) vorgesehen ist, und nachfolgend Einstellung
der Aufschmelztemperatur in Reaktion auf die eingestellte
Mediendicke,
S4 Einlegen des Druckmediums in den Einzelblatteinzug inner-
halb eines bestimmten Zeitraumes nach der Mediendicken-
- 8 -
wahl, wobei das eingelegte Druckmedium durch einen ge-
eigneten Schalter (103) detektiert wird.
Wird innerhalb des bestimmten Zeitraumes (hier: ca. 11 bzw. 15 Sekunden) nach
der Mediendickenauswahl (Schritt S3) kein Druckmedium im Einzelblatteinzug
detektiert (Schalter 103) oder wird der Einzelblatteinzug geschlossen (Schal-
ter 101), wird der Papierauswahlmodus deaktiviert, d. h. in den Normalpapiermo-
dus zurückgekehrt, und die Übertragungsspannung auf den für Normalpapier vor-
gesehenen Wert eingestellt. Die Stellung des Schalters 101 zur Detektion der Öff-
nung des Einzelblatteinzugs wird dabei in einer Endlosschleife abgefragt.
Hiervon unterscheidet sich das anspruchsgemäße Verfahren zumindest dadurch,
dass das automatische Ändern des Normalpapiermodus in den Papierauswahl-
modus in Erwiderung auf die Erkennung des wenigstens einen Druckmediums in
dem manuellen Zuführschlitz erfolgt, statt in Erwiderung auf die Erkennung der
Öffnung des Einzelblatteinzugs (Schritte S1, S2) und neben der Einstellung der
Aufschmelztemperatur auch eine Einstellung der Übertragungsspannung entspre-
chend dem Papiertyp vorgenommen wird.
D2
zelblatteinzug zugeführten und danach detektierten Druckmediums berührungslos
mittels Lasers zu bestimmen und die Aufschmelztemperatur und/oder die Übertra-
gungsspannung des Druckgerätes dementsprechend einzustellen. Die Ermittlung
des Oberflächenzustandes erfolgt automatisch ohne Eingriff eines Benutzers des
Druckgerätes.
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die Einstellung der Geräteparameter in Abhängigkeit von der Biegesteifigkeit des
Druckmediums erfolgt, die mit Hilfe geeigneter Mittel automatisch detektiert wird.
Zur Erreichung optimale Druckergebnisse können gleichfalls sowohl die Übertra-
gungsspannung als auch die Aufschmelztemperatur eingestellt werden.
- 9 -
D4
zelblatteinzugs mindestens einer der für die thermische Fixierung bedeutsamen
Parameter, mithin also z. B. die Aufschmelztemperatur, in Abhängigkeit von de-
tektierten Papiereigenschaften eingestellt wird.
D2 bis
automatisch in einen Papierauswahlmodus zu ändern, wenn Papier in das Druck-
gerät über einen manuellen Zuführschlitz des Druckgeräts zugeführt wird. Ebenso
D2 bis
spannung und der Aufschmelztemperatur gemäß einer Tasteneingabe, vielmehr
erfolgt das Einstellen der Parameter entsprechend der jeweils automatisch detek-
tierten Materialeigenschaft des Druckmediums.
D5
D1
D1
Schalter 27 und 29 eingestellten Geräteparameter nach jedem einzelnen Kopier-
vorgang (jedem Blatt) wieder auf Normalpapierwerte zurückgesetzt.
b)
spruch 1 kann nicht festgestellt werden, dass es dem elektrophotographischen
Druckgerät gemäß Patentanspruch 8, das zur Ausführung des erfindungsgemä-
ßen Verfahrens entsprechend hergerichtet ist und die zu den Verfahrenschritte
korrespondierenden gegenständlichen Merkmale aufweist, an der erforderlichen
Neuheit fehlen würde.
Keiner der Entgegenhaltungen kann ein Gerät entnommen werden, das sämtliche
gegenständlichen Merkmalen des Anspruchs 8 aufweist.
D1
aufweist, die ein automatisches Ändern des Normalpapiermodus in den Papier-
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auswahlmodus erlaubt, wobei die Änderung der Auswahl einer manuellen Zuführ-
option folgt, wenn Papier in das Druckgerät über einen manuellen Zuführschlitz
zugeführt werden würde. Die Änderung in den Papierauswahlmodus erfolgt beim
D1
führschlitzes, nicht der Papierzufuhr selbst, so dass darauf auch die entsprechen-
den gegenständlichen Merkmale abgestimmt sind.
D5
dungsmerkmale gegenüber dem Gegenstand des Patentanspruchs 8 ebenfalls
auf. Die aus dem Zurücksetzen der Geräteparameter nach jedem einzelnen Ko-
piervorgang resultierenden gegenständlichen Merkmale gemäß der Druck-
D5
ein.
D2 bis
Tasteneingabe auf, die eine Änderung des Papiertyps anzeigt, nachdem die ent-
sprechenden Parameter auf der Grundlage der jeweils detektierten Materialeigen-
schaft des Druckmediums automatisch und nicht manuell eingestellt werden.
4.
ebenfalls nicht festgestellt werden.
D1
dem der Erfindung nächstkommenden Stand der Technik, auch unter Berücksich-
D2 bis
genstand der selbständigen Patentansprüche 1 bzw. 8.
a)
Druckschriften
D2 bis
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zustellenden Aufschmelztemperatur auch die Übertragungsspannung entspre-
chend zu wählen. Von einer solchermaßen kombinierten Lehre unterscheidet sich
- 11 -
der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 jedoch noch dadurch, dass das
automatische Ändern des Normalpapiermodus in den Papierauswahlmodus in Er-
widerung auf die Erkennung des wenigstens einen Druckmediums in dem manu-
ellen Zuführschlitz erfolgt. Hierfür liefert der Stand der Technik keine Hinweise.
D2 bis
fuhr erkannt und anschließend die betreffende Druckmedieneigenschaft (Oberflä-
chenzustand, Biegesteifigkeit) quantitativ erfasst, dies führt jedoch nicht zum
Wechsel des Normalpapiermodus in den - dann manuell durch Tasteneingabe zu
bedienenden - Papierauswahlmodus, sondern zu einer automatischen Einstellung
der Betriebsparameter des Druckgerätes.
D5
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nur vorschlägt, die infolge der Betätigung der Schalter 27 und 29 eingestellten Ge-
räteparameter nach jedem einzelnen Kopiervorgang (jedem Blatt) wieder auf
Normalpapierwerte zurückzusetzen.
Dem geltenden Anspruch 1 kann somit das Beruhen auf erfinderischer Tätigkeit
nicht abgesprochen werden.
b)
Nebenanspruch 8. Mit dem auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Verfahren
muss auch das zu seiner Ausführung entsprechend hergerichtete Gerät als auf er-
finderischer Tätigkeit beruhend angesehen werden. Schließlich weist das Gerät
die zu den Verfahrenschritte korrespondierenden gegenständlichen Merkmale auf.
5.
sondere geben die Ansprüche in der vorliegenden Fassung hinreichend klar ver-
ständlich an, was unter Schutz gestellt werden soll; zudem ist die der Anmeldung
zugrunde liegende Lehre so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann
sie ausführen kann.
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6.
selbstverständliche Ausgestaltungen der Erfindung und sind in Verbindung mit den
jeweiligen selbständigen Patentansprüchen ebenfalls gewährbar.
7.
Dr. Bastian
Martens
Höppler
Kleinschmidt
Pr