Urteil des BPatG vom 14.06.2006

BPatG: stand der technik, patentfähige erfindung, messung, patentanspruch, kreis, firma, profil, einspruch, fig, japan

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
7 W (pat) 315/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
14. Juni 2006
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 100 23 172
- 2 -
hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit den Patentan-
sprüchen 1 bis 5 gemäß Patentschrift, neun Seiten Beschreibung
gemäß Hauptantrag vom 6. Juni 2006, Zeichnungen (Fig. 1 bis 4)
gemäß Patentschrift.
G r ü n d e
I.
Die Erteilung des Patents 100 23 172 mit der Bezeichnung "Verfahren und Vor-
richtung zur Messung der Unrundheit von länglichen Werkstücken" ist am
30. Oktober 2003 veröffentlicht worden. Am 30. Januar 2004 ist gegen die Ertei-
lung des Patents Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen ver-
sehen und auf die Behauptung gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht
patentfähig sei und dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig
offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne.
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Zum Stand der Technik hat die Einsprechende folgende Druckschriften genannt:
1.
DE 198 03 938 A1
2.
DE 40 37 383 A1
3.
WO 81/02927 A1
4.
Wullschleger, P. Römer, B, Orpund, CH.: Berührungslose
Laser-Durchmesser-Messung in Warmwalzwerken, STEEL &
METALS Magazine, Vol. 26, No. 10, 1988, S. 928 - 936
5.
a) PATENT ABSTRACTS OF JAPAN Vol. 015, No. 116
(P-1182), 20. März 1991 (1991-03-20)
b)
JP 03 006407 A
6.
US 4 264 208 A
7.
US 5 028 798 A
8.
a)
PATENT ABSTRACTS OF JAPAN Vol. 005, No. 191
(P-092),
5.
Dezember 1981 (1981-12-05)
b)
JP 56 117107 A
c) deutsche
Übersetzung der JP 56 117107 A
9.
GB 2 121 956 A
10.
EP 0 843 156 A2
11. Deutsche Norm ISO 4292 "Verfahren zum Messen von
Rundheitsabweichungen", Entwurf Juni 1984 (ohne Ersatz
zurückgezogen)
12.
Deutsche Norm ISO 6318 "Rundheitsmessung"
13. Deutsche Norm ISO 4291 "Verfahren zur Ermittlung der
Rundheitsabweichung"
14.
Norme française NF E 10-103, Méthodes de mesurage di-
mensionnel, Juin 1988.
Zur Erläuterung ihres Vorbringens hat die Einsprechende schriftsätzlich und in der
mündlichen Verhandlung verschiedene schematische Darstellungen bzw. Skizzen
und Erläuterungsblätter vorgelegt.
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Sie macht außerdem geltend, dass der im Streitpatent beschriebene Berech-
nungsmodus bereits vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit
durch eine Vorgabe der Firma A… mit einem Kommentar von Herrn B…
der Firma A… (Anlage B) und darauf aufbauende Angebote der Einsprechen-
den an die Firma C… GmbH (Anlage A und C) und an die Firma
D… in E… (Anlage D und E) zugänglich gewesen
seien. Hierzu hat sie weiter ein dreiseitiges Prospektblatt, welches das System
ODAC der Einsprechenden beschreibe und dessen Datierung nicht möglich sei
(Anlage F), sowie einen Prospekt "Steelmaster" von Sep. 2005 vorgelegt.
Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 6. Juni 2006 neue Unterlagen zu
einem Haupt- und einem Hilfsantrag vorgelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass
der Gegenstand des Patents in der verteidigten Fassung eine patentfähige Erfin-
dung darstelle.
Die Einsprechende beantragt,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
das Patent aufrechtzuerhalten mit den Patentansprüchen 1 bis 5
gemäß Patentschrift, neun Seiten Beschreibung vom 6. Juni 2006
(Hauptantrag),
hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag
vom 6. Juni 2006, aber unter Ersatz des Anspruchs 2 durch einen
aus den erteilten Patentansprüchen 1 und 4 zusammengefassten
neuen Patentanspruch 2, neun Seiten Beschreibung gemäß Hilfs-
antrag vom 6. Juni 2006,
Zeichnungen jeweils gemäß Patentschrift.
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Der Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents lautet:
"Verfahren zur Messung von Durchmesser und Unrundheit von in
ihrer Längsrichtung vorbewegten Rundprodukten an Walzstraßen,
mit einer Messeinrichtung aus drei oder mehr Laserscannern, die
jeweils einen lichtempfindlichen Sensor und einen Laser aufwei-
sen und das Werkstück durch den Laserstrahl von jedem der
Laserscanner derart beleuchtet wird, dass das Werkstück ein oder
zwei Schattenkarten auf den zugehörigen Sensor wirft, dadurch
gekennzeichnet, dass zu jeder der Schattenkanten eine parallel
zum Laserstrahl verlaufende Gerade berechnet wird, aus je drei
ermittelten Geraden ein Kreis berechnet wird, an dem die Geraden
als Tangenten anliegen, die Berechnung des Kreises wiederholt
wird und die Unrundheit als Differenz von größtem und kleinstem
Durchmesser der Kreise bestimmt wird."
Laut geltender Beschreibung (S. 3 letzter Abs. i. V. m. S. 1 Abs. 1) soll die Auf-
gabe gelöst werden, ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Patentan-
spruchs 1 zur Messung von Durchmesser und Unrundheit zu schaffen, das mit
einfachen Mitteln eine schnelle und zuverlässige Messung der Unrundheit bei
Werkstücken erlaubt.
Die Patentansprüche 2 bis 5 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen das Verfah-
ren nach Patentanspruch 1 weiter ausgebildet werden soll.
Für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
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II.
1.
Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 1 Patentgesetz
durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.
2.
Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig.
3.
Die Erfindung ist im angefochtenen Patent so deutlich und vollständig offen-
bart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Als Fachmann ist hier ein Ingenieur des Maschinenbaus, des Hüttenwesens
oder ähnlicher Fachrichtungen mit Erfahrungen auf dem Gebiet der betriebli-
chen Messtechnik, insbesondere in Walzwerken, anzusehen.
Die patentgemäße Lehre sieht vor, dass das zu vermessende Werkstück von
den Lasern so angeleuchtet wird, dass auf einem jedem Laser zugeordneten
Sensor mindestens eine Schattenkante erzeugt wird. Da ein Laser bekannt-
lich parallele Lichtstrahlen aussendet, ist durch die Anordnung jedes Lasers
die Richtung des von ihm ausgesandten Lichtstrahls bestimmt. Die Schatten-
kante auf dem zugehörigen Sensor stellt die Grenze zwischen dem gerade
noch an dem zu vermessenden Werkstück vorbeigehenden und dem auf das
Werkstück auftreffenden Licht dar. In einer Schnittebene, wie sie z. B. in der
Figur 2 des Patents dargestellt ist, kann somit eine mit der Steigung des
Laserstrahls durch die Schattenkante auf dem zugehörigen Sensor verlau-
fende Gerade konstruiert bzw. berechnet werden, was im Patentanspruch
durch das Merkmal ausgedrückt wird, dass zu jeder Schattenkante eine
parallel zum Laserstrahl verlaufende Gerade berechnet wird.
Für den Fachmann versteht es sich von selbst, dass für die Messungen und
Berechnungen ein Koordinatensystem zugrunde zu legen ist. Wo dessen Ur-
sprung liegt, ist unerheblich, da durch entsprechende Verschiebungen bzw.
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Transformationen die Koordinaten verschiedener Ursprungspunkte ineinan-
der überführt werden können. Daher bedarf es diesbezüglich auch keiner
Angabe im angefochtenen Patent.
Auch die Anweisung, dass aus je drei ermittelten Geraden ein Kreis be-
rechnet wird, an dem die Geraden als Tangenten anliegen, stellt den Fach-
mann nicht vor grundsätzliche Probleme. Dem Fachmann sind nämlich die
Grundlagen der euklidischen Geometrie bekannt, wonach der Mittelpunkt
eines drei Geraden, die nicht alle parallel zueinander sind, berührenden
Kreises durch den Schnittpunkt je zweier Winkelhalbierender der durch sich
schneidende Geraden gegebenen Winkel bestimmt wird.
Schließlich liest der Fachmann bei dem Merkmal, dass die Berechnung des
Kreises wiederholt wird, auch mit, dass diese wiederholte Berechnung für ein
unter einem anderen Drehwinkel am Werkstück anliegendes Tangententripel
durchgeführt wird. Aus dem Gesamtinhalt des Patents ergibt sich, dass
dieses andere Tangententripel entweder durch gleichzeitige Messung mit
mehr als drei Laserscannern oder durch gleichzeitige Erzeugung von je zwei
Schattenkanten mit jedem der drei Laserscanner (Fig. 3) oder durch Drehung
der Messeinrichtung zwischen zwei Messungen (Anspruch 5) gewonnen
werden kann.
Der Fachmann wird am Verständnis der Lehre des Patentanspruchs 1 ent-
gegen der Ansicht der Einsprechenden auch nicht durch die Ausführungen in
Spalte 3, Zeilen 23 bis 34 und Spalte 4, Zeilen 10 bis 12 der Patentschrift
gehindert, wo ein gemeinsamer Nullpunkt für die Messung der Lage der
Schattenkanten angesprochen ist. Die Lage der Schattenkante auf jedem
Sensor kann nämlich ohne weiteres als Abstand zu einer parallel zum be-
treffenden Laserstrahl verlaufenden Bezugsgeraden bestimmt werden, die
sich mit den entsprechenden Bezugsgeraden für die anderen Sensoren in
einem Punkt schneidet. Dies ist der in der Beschreibung (Sp. 4 Z. 12)
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erwähnte Nullpunkt. Für das im Patentanspruch 1 spezifizierte Verfahren ist
eine solche Festlegung, wie der Fachmann ohne weiteres erkennt, jedoch
nicht obligatorisch.
4.
Der Gegenstand des angefochtenen Patents in der Fassung gemäß Haupt-
antrag stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne des Patentgesetzes § 1 bis
§ 5 dar.
4.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten
Stand der Technik neu.
In dem Norm-Entwurf DIN ISO 4292, von dessen öffentlicher Zugänglichkeit
vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Senat ausgeht, ist ein Verfahren
zum Messen von Rundheitsabweichungen mittels Zweipunkt- und Dreipunkt-
messverfahren beschrieben, das eine schnelle und billigere Erfassung der
Rundheitsabweichungen ermöglichen soll, wenn die Prüfung nach ISO 4291
unnötig genau oder wegen der Abmessungen der zu prüfenden Gegen-
stände nicht möglich ist (S. 2 li. Sp. Mitte). Gemäß der ISO 4291 (Entgegen-
haltung 13) wird die Rundheitsabweichung erfasst als Differenz zwischen
dem größten und dem kleinsten Radius des gemessenen Profils (S. 4
Anhang A li. Sp. Abs. 1). Zur Abtastung des Profils rotiert entweder ein
Messwertaufnehmer um ein feststehendes Werkstück, oder ein rotierendes
Werkstück wird von einem feststehenden Messwertaufnehmer angetastet
(S. 2 Abschn. 4.1 a und b). Die ISO 4292 schreibt demgegenüber vor, dass
das Werkstück auf zwei feststehenden Messbolzen oder in einem Prisma
gelagert wird und dass an einer dritten Stelle symmetrisch oder asymme-
trisch zu den beiden festen Auflagepunkten mittels einer Messeinrichtung der
Unterschied zwischen dem größten und dem kleinsten Ausschlag bei
verschiedenen Drehlagern des Werkstücks gemessen wird. Diese Messung
ist für mindestens zwei verschiedenen Winkeln zwischen den festen Mess-
bolzen bzw. zwischen den Schenkeln des Prismas durchzuführen. Die aus
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den Messungen erhaltenen Ergebnisse sind noch mittels aus Tabellen abge-
lesenen Faktoren zu korrigieren (insbes. S. 2 re. Sp. untere Hälfte und Bei-
spiel 1 im Anhang). Die im Anspruch 1 des angefochtenen Patents angege-
benen Merkmale sind weder den vorgenannten Normen bzw. Norment-
würfen, noch der ebenfalls genannten ISO 6318 (Entgegenhaltung 12) oder
der französischen Norm NF E 10-103 (Entgegenhaltung 14) zu entnehmen.
Bei den üblichen Dreipunktmessschiebern gemäß der entsprechenden
Anlage zum Schriftsatz der Einsprechenden vom 5. Mai 2006 handelt es sich
um mechanische Messgeräte, bei denen das Werkstück an zwei Punkten
eines V-förmigen Auflagewinkels anliegt und mit einer auf der Winkelhal-
bierenden des Auflagewinkels verschieblichen Messspitze angetastet wird.
Bei solchen Messschiebern ist die Skala unter Berücksichtigung der geo-
metrischen Verhältnisse so ausgeführt, dass sie unmittelbar den Durchmes-
ser eines durch die beiden Auflagepunkte und den Antastpunkt verlaufenden
Kreises anzeigt. Mit solchen Messschiebern kann selbstverständlich eine
Rundheitsabweichung eines Werkstücks händisch bestimmt werden. Die
Merkmale des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 des angefochtenen Pa-
tents sind jedoch nicht vorhanden.
Aus der JP 62-39681 B2 (= Patentschrift zu Entgegenhaltung 8) ist ein Ver-
fahren zur Messung der Unrundheit von Rundprodukten bekannt, bei dem
mit mindestens drei Laserscannern, die jeweils einen Laser und einen Sen-
sor aufweisen, das zu untersuchende Werkstück von jedem Laserscanner
derart beleuchtet wird, dass das Werkstück ein oder zwei Schattenkanten auf
den zugehörigen Sensor wirft. Aus den drei das Werkstück tangierenden
Strahlen (Geraden) wird der Abstand zwischen dem Schnittpunkt zweier
Strahlen und dem dritten Strahl berechnet (Bezugszeichen H, Fig. 2). Dieser
Abstand H wird für verschiedene Drehwinkel zwischen Werkstück und Mess-
einrichtung berechnet und einer Fourier-Analyse unterzogen. Aus den Glie-
dern der Fourier-Reihe wird das Profil ermittelt (S. 2 Abs. 3 bis 5 und S. 3
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Abs. 3, hier und im Folgenden wird auf die von der Einsprechenden mit
Schriftsatz vom 5. Mai 2006 vorgelegte Übersetzung der Entgegenhaltung 8
Bezug genommen. Die Berechnung des Abstands H geschieht entweder in
einem Polarkoordinatensystem (S.
4) oder in kartesischen Koordinaten
(S. 6). Somit unterscheidet sich das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 des
angefochtenen Patents von dem aus der Entgegenhaltung 8 bekannten Ver-
fahren zumindest dadurch, dass aus je drei ermittelten, das Werkstück tan-
gierenden Geraden ein Kreis berechnet wird, dies für mindestens eine ande-
re Winkelstellung in Bezug auf das Werkstück wiederholt wird und die Un-
rundheit als Differenz von größtem und kleinsten Durchmesser der berech-
neten Kreise bestimmt wird.
In den von der Einsprechenden als Vorbenutzung geltend gemachten
Angeboten an die Firmen C… GmbH (Anlage A und C) und
D… in E… (Anlage D und E) ist zwar von einer
3-Punkt-Messung - im Gegensatz zu einer 2-Punkt-Messung - die Rede, die
Problematik der Unrundheitsmessung an einem Gleichdick wird aber nicht
angesprochen. Die Anlage A vermittelt überdies den Eindruck, dass die
Problematik noch nicht verstanden wurde, und die 3-Punkt-Messung wird
dort als problematisch hinsichtlich der Messgenauigkeit bezeichnet. In der
Anlage C wird für die Messung vor dem Kocks-Block ein System mit
2 Messköpfen und für die Messung nach dem Kocks-Block ein oszillierendes
System mit 3 Messköpfen (3-achsiges System) angeboten. Die Messköpfe
sind in beiden Systemen die gleichen. Das System mit 3 Messköpfen misst
3fach um jeweils 60° versetzt gleichzeitig Durchmesser und Lage der beiden
Objektkanten und zeigt bei Oszillation sämtliche Durchmesser und den
kompletten Querschnitt, auch Polygonform (S. 8 oben). Für die Datenver-
arbeitung ist ein PC vorgesehen. Zusätzliche Software soll u. a. die Aus-
wertung und Anzeige des eingeschriebenen Kreises und des umschriebenen
Kreises des Profils ermöglichen, jedoch durch die gleichzeitige Auswertung
von Durchmesser und Kantenlage und soweit mit der Schattenmessung
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überhaupt erfassbar (S. 9 unten). Die Anlage D betrifft ein System mit 3
Messköpfen, das dem in der Anlage C angebotenen entspricht. Die Anlage E
enthält keine technischen Einzelheiten. Der Inhalt der Anlagen A und C bis E
(Angebote) nimmt somit das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents,
insbesondere die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 nicht
vorweg.
Die Seite 1 der Vorgabe der Firma A… mit einem Kommentar von Herrn
B… (Anlage B) enthält Definitionen zur Form des Profils und der
Walze. Demnach sind DT und GT Durchmesser eingeschriebener Kreise,
nämlich der Kreise, die die inneren bzw. äußeren Seiten eines sechseckigen
Profils berühren. Ein umschreibender, d. h. durch die am weitesten außen
liegenden Profilpunkte laufender Kreis ist nicht erwähnt. Auf Seite 2 wird eine
Dreipunktmessung gefordert, da die Ermittlung der Profilparameter DT und
GT mit einer Zweipunktmessung generell nicht möglich sei. Ein Gleichdick ist
auf den Seiten 1 und 2 nicht erwähnt. Die Handskizze auf Seite 3 könnte ein
Gleichdick zeigen. Hier ist ein Umkreis mit dem Durchmesser GT
angedeutet. Stichwortartig erwähnt sind: 3-Punkt-Messung, Tangenten anle-
gen, Eintauchtiefenmessung. Die Anlage B enthält somit allenfalls eine
Problemstellung bzw. einen Anforderungskatalog für ein Messverfahren. Die
kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 des angefochtenen Pa-
tents gehen somit aus der Anlage B nicht hervor.
Die Neuheit des Verfahrens nach Patentanspruch 1 des angefochtenen Pa-
tents ist auch gegenüber dem Stand der Technik nach den übrigen Entge-
genhaltungen (1 bis 7 sowie 9 und 10) gegeben. Gegenteiliges hat die Ein-
sprechende auch nicht geltend gemacht. Sie hat vielmehr diese Druck-
schriften entweder gar nicht oder nur im Zusammenhang mit der Rekapi-
tulation der Beschreibungseinleitung und des Prüfungsverfahrens des an-
gefochtenen Patents erwähnt.
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Die Prospekte "ODAC" und "Steelmaster" sind nicht vorveröffentlicht. Ihr
Inhalt stellt daher keinen Stand der Technik i. S. d. PatG § 3 Abs. 1 und 2
dar.
4.2 Das Verfahren nach Patentanspruch 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit
nicht in Zweifel steht, ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Erfindung besteht nicht darin, die Unrundheit als Differenz von größtem
und kleinstem Durchmesser von zu einem unrunden Profil bestimmten Krei-
sen (Außenkreis und Innenkreis) zu bestimmen. Sie besteht auch nicht darin,
das Profil mit mindestens drei Laserscannern abzutasten. Sie liegt vielmehr
darin, dass und wie aus den Signalen der Laserscanner (Lage der Schatten-
kanten) und der Geometrie der Anordnung (Winkelstellungen der Laser-
scanner zueinander) Kreise berechnet werden. Am nächsten kommt diesem
Verfahren noch der Stand der Technik nach der JP 62-39681 B2 (Entgegen-
haltung 8). Jedoch erfordert das dortige Verfahren ebenso wie die in der
ISO 4292 (Entgegenhaltung 11) vorgeschlagene Verfahren keine Berech-
nung von bestimmte Geraden tangierenden Kreisen, da unmittelbar der Ab-
stand zwischen dem Schnittpunkt zweier Geraden (Strahlen) und einer
dritten Geraden ausgewertet wird. Auch aus den Ausführungen im dritten
Absatz auf Seite 13 der Entgegenhaltung 8 (deutsche Übersetzung) ent-
nimmt der Fachmann keine Anregung in Richtung des Verfahrens nach dem
angefochtenen Patent, denn die an der genannten Stelle beschriebene Diffe-
renzbildung zwischen dem Profil des Schnittes des zu untersuchenden Werk-
stücks und einem durch Tangenten bestimmten Kreis betrifft den Vergleich
der Fourier-Reihen für das Profil und für einen virtuellen Kreis, der auf
Seite 5 näher erläutert ist. Danach ergibt sich der vorteilhafte Effekt, dass die
Unrundheit durch bestimmte Glieder der Reihenentwicklung ausgedrückt
wird.
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Gemäß der ISO 4292 wird, wie beim Neuheitsvergleich bereits ausgeführt
wurde, nicht einmal die Höhe, sondern nur die maximale Verschiebung des
dem Scheitelpunkt des Auflageprismas gegenüberliegenden Profilpunktes
gemessen und mittels aus Tabellen zu entnehmenden Faktoren in eine
Unrundheit umgerechnet. Auch daraus ergibt sich keine Anregung dafür,
jeweils zu 3 das zu untersuchende Werkstück tangierenden Strahlen (Ge-
raden) diese tangierende Kreise zu berechnen und die Unrundheit aus den
Unterschieden der Durchmesser dieser Kreise herzuleiten.
Noch weiter entfernt liegt das Verfahren zur Ermittlung der Rundheitab-
weichung nach der ISO 42 91, denn dort wird der Umfang des zu untersu-
chenden Profils mit nur einem Messfühler abgetastet.
Schließlich führen auch die als vorbekannt geltend gemachten Angebote der
Einsprechenden (Anl. A und C bis E) und die Vorgabe der Firma A… mit
einem Kommentar von Herrn B… (Anlage B) den Fachmann nicht
zum streitpatentgemäßen Verfahren. Die Angabe, dass Durchmesser und
Kantenlage gleichzeitig ausgewertet werden (z. B. Anl. C, Abschn. 3.2.1 und
Anl. B S. 2 unteres Viertel) schließen eher aus, dass aus der Kantenlage ein
Kreis und damit dessen Durchmesser ermittelt wird. Im Übrigen hat die
Einsprechende in der mündlichen Verhandlung auf Befragen erklärt, dass der
Stand der Technik nach den geltend gemachten Vorbenutzungen nicht über
den Stand der Technik nach den Entgegenhaltungen 8 und 11 hinausgehe.
Daher braucht der Frage, ob der Inhalt der Angebote tatsächlich vor dem
Anmeldetag des angefochtenen Patents einer unbeschränkten Öffentlichkeit
zugänglich war, nicht nachgegangen zu werden.
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Die übrigen im Einspruchsschriftsatz zitierten Druckschriften haben im Einspruchs-
verfahren und in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt. Sie stehen der
Erfindungshöhe des patentgemäßen Verfahrens nicht entgegen.
Nach alledem ist das Verfahren nach Patentanspruch 1 des angefochtenen Pa-
tents patentfähig. Das Gleiche gilt auch für die in den Ansprüchen 2 bis 5 angege-
benen Weiterbildungen dieses Verfahrens.
gez.
Unterschriften