Urteil des BPatG vom 09.08.2000

BPatG: patent, beschwerdefrist, bekanntmachung, wortmarke, nummer, markenregister

BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 164/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 395 12 458.1
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 9. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter Meinhardt sowie die
Richter Baumgärtner und Guth
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Der Beschluß der Rechtspflegerin vom 27. April 2000 wird aufge-
hoben.
G r ü n d e
I.
Die Erinnerungsführerin ist Inhaberin der unter der Nummer 395 12 458 im Jahr
1995 im Markenregister eingetragenen Wortmarke "arte", aus der sie Widerspruch
gegen die Wort-Bild-Marke 397 50 762 "arte lingua" erhoben hat. Mit Beschluß
vom 3. November 1999 der Markenstelle 41 wurde dieser Widerspruch zurückge-
wiesen.
Am 5.2.2000 ging bei Gericht ein Schriftsatz ein, in dem unter dem Betreff „Mar-
kenanmeldung 395
12
458 arte" Beschwerde gegen den „Zurückweisungs-
beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3.11.99“ eingelegt und be-
antragt wurde, den angefochtenen Beschuß aufzuheben und die Bekanntmachung
zu beschließen. Nachdem sie durch die Rechtspflegerin darauf hingewiesen wor-
den war, daß es den angefochtenen Zurückweisungsbeschluß gegen die Marke
"arte" nicht gebe, erklärte die anwaltliche Vertreterin der Beschwerdeführerin in
einem weiteren Schriftsatz vom 14.4.2000, daß im Beschwerdeschriftsatz irrtümli-
cherweise das Aktenzeichen der Marke der Beschwerdeführerin angegeben wor-
den sei, die Beschwerde sich aber "gegen die Markenanmeldung 397 50 762.3/41"
richte.
Mit Beschluß vom 27. April 2000 hat die Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts
festgestellt, "daß die Beschwerde des Markeninhabers gegen den Beschluß der
Markenstelle 38 des Deutschen Patentamts vom 13. Oktober 1999 als nicht einge-
legt gilt", da sowohl die Beschwerdegebühr als auch die Einlegung der Beschwer-
de nicht fristgemäß erfolgt seien. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Be-
schwerdeführerin, die geltend macht, daß sowohl Gebührenzahlung als auch Ein-
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legung der Beschwerde fristgerecht gewesen seien, und es trotz des falschen Ak-
tenzeichens möglich und auch zumutbar gewesen sei, den Beschluß zu identifizie-
ren, der angegriffen werden sollte.
Die Erinnerungsführerin stellt den Antrag,
den Beschluß vom 27.4.2000 aufzuheben und die Beschwer-
de gegen den Beschluß des Deutschen Patent- und Marke-
namts vom 3.11.1999 unter dem Aktenzeichen
397 50 762.3/41 29 W (pat) 164/00 zuzulassen.
II.
Die zulässige Erinnerung ist begründet, da es für die von der Rechtspflegerin ge-
troffene Entscheidung keine Grundlage gibt.
Laut Beschwerdeschriftsatz vom 4. Februar 2000 richtete sich die Beschwerde
gegen einen Zurückweisungsbeschluß einer nicht näher bezeichneten Markenstel-
le des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. November 1999 betreffend die
Markenanmeldung 395 12 458 "arte". Ein diese 1995 eingetragene Marke zurück-
weisender Beschluß existiert nicht. Die Erklärung der Beschwerdeführerin ist daher
nicht eindeutig. Analog § 133 BGB muß die Erklärung ausgelegt und der wirkliche
Wille der Beschwerdeführerin erforscht werden, wie er sich aus der Erklärung und
den erkennbaren Umständen vom Standpunkt des Deutschen Patent- und Marke-
namts als Erklärungsempfänger aus ergibt. Aus der Nichtexistenz des angegriffe-
nen Beschlusses in Verbindung mit dem angegebenen Aktenzeichen der Marke
der Beschwerdeführerin läßt sich ableiten, daß sich das als solches eindeutig be-
zeichnete Rechtsmittel der Beschwerde gegen einen im Zusammenhang mit der
unter dem genannten Aktenzeichen geführten Marke ergangenen Beschluß richten
sollte. Aus dem gesamten Vorbringen der Erinnerungsführerin geht dementspre-
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chend auch hervor, daß sie sich im Az. des angegriffenen Beschlusses (und auch
im Gegenstand, den dieser Beschluß betrifft) geirrt hat und nur der in der Kollisi-
onssache 397
50
762.3/41 ergangene Beschluß der Markenstelle
41 vom
3.11.1999 angefochten werden sollte.
Die hier formell in einem absoluten Beschwerdeverfahren getroffene Feststellung,
die Beschwerde gelte als nicht erhoben, weil die Beschwerdefrist versäumt worden
sei, widerspricht der objektiven Auslegung und dem erklärten Willen der Be-
schwerdeführerin. Mangels Existenz eines derartigen Verfahrens ist nicht erkenn-
bar, welche Frist zu laufen begonnen haben könnte und versäumt hätte werden
können.
Der Beschluß der Rechtspflegerin vom 27. April 2000 im vorliegenden Verfahren
geht daher ins Leere. Er war daher ohne einen weiteren Ausspruch aufzuheben,
da für die noch zu treffende Entscheidung, ob die tatsächlich gewollte Beschwerde
wirksam eingelegt wurde und ob dies fristgerecht erfolgte, der erkennende Senat
nach der Geschäftsverteilung nicht zuständig ist. Hierüber wird der 32. Senat im
Rahmen des bereits anhängigen Verfahrens 32 W (pat) 172/00 zu befinden haben.
Meinhardt
Baumgärtner
Guth
Cl