Urteil des BPatG vom 21.12.2005

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 175/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 300 73 095
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 21. Dezember 2005 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin
Grabrucker, der Richterinnen Fink und Dr. Mittenberger-Huber
beschlossen:
Der Antrag auf Kostenerstattung wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 14. Januar 2005 den Verzicht auf die
angegriffene Marke für die Klassen 9, 16 und 42 erklärt. Da der Widerspruch sich
nur auf diese Klassen bezogen hatte, war das Verfahren damit beendet.
Dieser Schriftsatz wurde per Fax durch die Antragsgegnerin am Montag, den
17. Januar 2005, an das Gericht übersandt und ging ausweislich der Faxkennung
um 15:52 Uhr ein. Die Vorsitzende hat gemäß ihrem Vermerk (Bl. 31 d. A.) am
18. Januar 2005 um 11:30 Uhr Kenntnis von diesem Fax erhalten und darauf hin
den ursprünglich auf Mittwoch, den 19. Januar 2005 um 14:00 Uhr, anberaumten
Termin aufgehoben und abgeladen. Der zuständige Rechtspfleger am Bundespa-
tentgericht hat sodann telefonisch mit der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten
der Antragstellerin Kontakt aufgenommen und am selben Tag um 17:00 Uhr mit-
geteilt, dass der Termin am darauffolgenden Tag wegen der erfolgten Rücknahme
nicht stattfinden werde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Verfahrenbevoll-
mächtigte allerdings schon in München, da sie bereits am Dienstag, den
18. Januar, um 12:40 Uhr von Düsseldorf nach München geflogen war.
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Die Antragstellerin hat Kostenantrag gestellt. Sie macht geltend, die Antragsgeg-
nerin habe noch am 13. Januar 2005 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.
Eine Einigung schien nicht in Sicht. Die Wahrnehmung des Termins für ihre Man-
dantin sei daher zwingend erforderlich gewesen. Im Übrigen habe die Schlecht-
wetterlage berücksichtigt werden müssen, da winterliche Verhältnisse mit Schnee
und Glatteis vorausgesagt waren. Die Antragsgegnerin habe es versäumt, ihr
nach Abfassung des Schriftsatzes am Freitag, den 14. Januar, rechtzeitig die Mit-
teilung über die Rücknahme zukommen zu lassen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Antragsgegnerin auf-
zuerlegen, soweit unnötige Reisekosten für den Flug von Düssel-
dorf nach München entstanden sind.
Die Antragsgegnerin beantragt,
von einer Kostenauferlegung abzusehen.
Sie wendet ein, dass ein Abweichen vom Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2
MarkenG nicht sachgerecht sei, da ihr kein prozessualer Sorgfaltspflichtverstoß
zur Last gelegt werden könne. Eine Übersendung per Fax am 17. Januar 2005 sei
erfolglos geblieben, weshalb der Schriftsatz noch am selben Abend per Kurier
versandt worden sei und am Vormittag des 18. Januar 2005 die Kanzlei der
Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erreicht habe. Dies sei in jedem
Fall rechtzeitig gewesen, da aufgrund der Terminierung am 19. Januar 2005 um
14:00 Uhr eine Anreise aus Düsseldorf am selben Tag hätte erfolgen können.
Nicht erforderlich sei es dagegen gewesen, am Vortag um 12:40 Uhr bereits aus
Düsseldorf abzureisen.
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Eine Anfrage des Senats bei der D… AG hat ergeben, dass we-
der am Vortag Informationen über einen wetterbedingten Ausfall bekannt gegeben
werden, noch am 19. Januar 2005 die Flüge zwischen Düsseldorf und München
aufgrund der Witterung Verspätungen gehabt haben.
II.
Der Kostenantrag ist zulässig, aber in der Sache ohne Erfolg. Im Markenbe-
schwerdeverfahren gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte die ihm entstandenen
Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG). Eine Kostenauferlegung aus Bil-
ligkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG kommt in der Regel nur bei Einle-
gung offensichtlich aussichtsloser, eindeutig bösgläubiger oder rechtsmissbräuch-
licher Beschwerden oder bei Verstößen gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht in
Betracht. Die Sorgfaltspflicht ist verletzt, wenn das Verhalten eines Verfahrensbe-
teiligten nicht mehr mit der bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden pro-
zessualen Sorgfalt vereinbar ist. Bei Beschränkung der Pflichtverletzung auf eine
bestimmte kostenauslösende Maßnahme kann entsprechend auch nur ein Teil der
Kosten auferlegt werden (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 71
Rn 17).
Der durch die Antragsgegnerin per Kurier erst am Vormittag des 18. Januar 2005
der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mitgeteilte teilweise Verzicht
auf die angegriffene Marke war weder kausal noch grob sorgfaltspflichtwidrig für
die nutzlos aufgewendeten Flugkosten, die die Verfahrensbevollmächtigte der An-
tragstellerin geltend gemacht hat. Grundsätzlich hätte die Antragsgegnerin der
Antragstellerin bereits am 14. Januar 2005 Kenntnis von der Rücknahme geben
können. Sie durfte allerdings davon ausgehen, dass diese Nachricht auch am
Montag, den 17. Januar noch ausreichend frühzeitig eingehen würde, da Termin
erst am Nachmittag des 19. Januar 2005 war. Welche Form der Übermittlung eine
Partei wählt, bleibt dabei anheimgestellt. Per Kurier hat die Kanzlei der Verfah-
rensbevollmächtigten unstreitig am Vormittag des 18. Januar 2005 Kenntnis er-
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halten. Die Antragsgegnerin durfte daher davon ausgehen, dass die Nachricht die
gegnerische Verfahrensbevollmächtigte noch rechtzeitig erreicht hat. Auch bei
vorausschauender Planung hinsichtlich der Witterung im Winter war es nicht er-
forderlich, dass die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin bereits am Mit-
tag um 12:40 Uhr des dem Termin vorhergehenden Tages von Düsseldorf nach
München geflogen ist. Zum einen hätte die Verfahrensbevollmächtigte am Abend
des 18. Januar 2005 fliegen können. Dann hätte sie auch noch zumutbar von der
Abladung des Senats Kenntnis nehmen können, die noch zu einer für Patent- und
Rechtsanwaltskanzleien üblichen Bürozeit um 17:00 Uhr erfolgt ist. Zum anderen
hätte es per se ausgereicht, einen frühen Flug am Morgen des 19. Januar 2005 zu
nehmen, da zwischen 7:00
Uhr und 12:40
Uhr fünf Flüge der D…
AG zwischen Düsseldorf und München – ohne Verspätung – geflogen sind. In je-
dem Fall musste die Antragsgegnerin nicht damit rechnen, dass die Verfahrens-
bevollmächtigte der Gegenpartei bereits am 18. Januar 2005 um 12:40 Uhr zum
Zwecke der Wahrnehmung des Termins am 19. Januar 2005 um 14:00 Uhr nach
München fliegt.
Es verbleibt daher beim Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, dass jeder Be-
teiligte seine Kosten selbst trägt.
Grabrucker Fink
Dr.
Mittenberger-Huber
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