Urteil des BPatG vom 09.12.2004

BPatG (unterscheidungskraft, marke, zeichen, werbung, bezeichnung, publikum, beschwerde, klasse, patent, verkehr)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 10/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 26 373.7
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Dr. van Raden und die Richterin
Prietzel-Funk am 29. November 2005
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 9. Dezember 2004 wird aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch
den angegriffenen Beschluss die Anmeldung der Wortmarke
Créateur de Pantoufle
für die Waren
Klasse 25 : Schuhe
gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung
hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke entbehre für die in Anspruch genom-
menen Waren jeglicher Unterscheidungskraft. Selbst wenn es sich bei der ange-
meldeten Marke um eine Wortneubildung aus dem französischen Sprachbereich
handele, sei dennoch von einem weitgehenden Verständnis durch die inländi-
schen Verkehrskreise auszugehen. Die Worte „Créateur“ und „Pantoufle“ fänden
deutsche Entsprechungen in Begriffen, wie „kreativ, Creation/Kreation“ bzw.
„Pantoffeln“ und würden daher vom Publikum unschwer im Sinne von „Schöp-
fer/Erschaffer von Pantoffeln/Hausschuhen“ und damit als ein Hinweis auf den
Hersteller bzw. Kreateur der so bezeichneten Waren verstanden. Mit „Pantoffeln“
verbinde das inländische Publikum regelmäßig „Hausschuhe“. Bei beiden Worten
sei daher entgegen der Ansicht der Anmelderin weder ein altmodisches noch ne-
gatives Image zu erkennen. Folglich bestehe auch keine Widersprüchlichkeit zwi-
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schen einem „Créateur“, der Neues schaffe, und dem Produkt „Pantoffel“ oder
„Hausschuh“. Zu berücksichtigen sei, dass derzeit ein französischer Automobil-
hersteller in Deutschland mit dem Slogan „Créateur d’Automobile“ werbe, was für
die Annahme eines sofortigen und zwanglosen Verständnisses derart einfach ge-
bildeter französischsprachiger Werbeslogans auch im Inland spreche. Der Verkehr
werde in der angemeldeten Wortkombination ausschließlich einen warenbezoge-
nen Sachhinweis auf einen Schöpfer/Erschaffer von Hausschuhen/Pantoffeln se-
hen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die angemeldete Marke zugunsten der
Mitbewerber der Anmelderin einem Freihaltebedürfnis unterliege.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde und begehrt die Auf-
hebung des angefochtenen Beschlusses. Sie hält das angemeldete Zeichen für
schutzfähig, weil es nicht freihaltebedürftig sei und zudem die erforderliche Unter-
scheidungskraft aufweise. Beide Begriffe der angemeldeten Marke seien den
deutschen Verkehrskreisen nicht geläufig. Unter einem „Créateur“ werde eher ein
Designer verstanden. Selbst wenn aber die Begriffe verstanden würden, zeichne
sich die Wortkombination gerade durch einen gewissen humorvollen Pfiff aus, weil
„Pantoffeln“ als eher altmodisches Schuhwerk betrachtet würden und der Begriff
des modischen „Créateur“ damit im Widerspruch stehe. Eine private Meinungs-
umfrage habe ergeben, dass die befragten Verbraucher in dem angemeldeten
Zeichen einen Herstellerhinweis erkennen würden.
Zudem hält die Anmelderin die Rückzahlung der Beschwerdegebühr für gerecht-
fertigt, weil die Markenstelle den substantiierten Vortrag der Anmelderin nicht zur
Kenntnis genommen habe.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die angemeldete Marke entbehrt für die
beanspruchten Waren nicht der Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2
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Nr. 1 MarkenG. Ebenso wenig ist ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG festzustellen.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Zeichen, die keine Unterscheidungs-
kraft aufweisen, nicht als Marke eingetragen werden. Die Unterscheidungskraft
einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die
sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender
Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch nicht um ein Wort der
deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr – etwa
auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als
solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stdg. Rspr. BGH
GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch;
GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice;
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m. w. N.). Bei der Beurteilung
der Unterscheidungskraft ist einerseits auf die in Anspruch genommenen Waren,
andererseits auf die vermutete Wahrnehmung durch einen durchschnittlich infor-
mierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbraucher dieser Waren
abzustellen (EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944
- SAT.2). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden
Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne
Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten
Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungs-
kraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsäch-
lichen Anhalt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl.
BGH GRUR
2001, 1151, 1152 -
marktfrisch; GRUR
2001, 1153 -
antiKALK;
GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).
Nach diesen Grundsätzen kann dem angemeldeten Zeichen die erforderliche Un-
terscheidungskraft für die beanspruchten Waren „Schuhe“ nicht abgesprochen
werden. Es ist schon zweifelhaft, ob die überwiegende Zahl der angesprochenen
Verbraucher die beiden französischen Worte „Créateur“ und „Pantoufle“ überhaupt
kennt und zutreffend übersetzt. Das liegt bei „Créateur“ zwar näher als bei dem
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Wort „Pantoufle“, weil das Wort „Créateur“ in der von der Markenstelle bereits be-
nannten laufenden Werbung eines französischen Automobilherstellers nachhaltig
verwendet wird. Das Wort „pantoufle“ gehört jedoch weder zum französischen
Grundwortschatz, noch kann nach umfangreichen Recherchen im Internet auch
nur ansatzweise festgestellt werden, dass das Wort bei inländischen Verkehrs-
kreisen etwa durch ständigen Gebrauch in der Werbung bekannt ist. Das Wort
findet sich nach der Google-Recherche auf deutschsprachigen Internetseiten nur
ganz vereinzelt, im Zusammenhang mit Schuhen auch nur in Verbindung mit dem
Märchen „La petite pantoufle de verre
“ (
Aschenputtel) bzw. einer Erzählung für
Kinder, in der ein Kaninchen namens „Pantoufle“ eine Rolle spielt. Eine Bekannt-
heit dieses Wortes aufgrund von Werbung für Schuhe liegt auch schon deswegen
fern, weil es sich bei den mit „pantoufle“ bezeichneten „Hausschuhen, Pantoffeln,
Latschen“ um modischen Schwankungen kaum unterliegenden Schuhstandard
handelt, in den von den Unternehmen erfahrungsgemäß keine größeren Summen
für Aufmerksamkeitswerbung investiert werden. Selbst wenn aber Teile des Publi-
kums die Wortkombination in ihrer deutschen Bedeutung (etwa: kreativer Pantof-
felmacher) verstehen, ermangelt das Zeichen dennoch nicht der Unterschei-
dungskraft. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei einer solchen Übersetzung
um einen allgemeinen Hinweis auf einen Schuhhersteller handelt, wird das ange-
sprochene Publikum in erster Linie an ein Identifikationsmittel in Bezug auf den
Hersteller denken, denn die Bezeichnung von Schuhen mit „Créateur des Pan-
toufle“ ist sogar für Pantoffeln und Hausschuhe selbst so ungewöhnlich, dass das
Publikum in der Wortkombination nicht nur die Bezeichnung irgendeines an-
spruchsvoll-kreativen Schuhherstellers, sondern ein Zeichen mit betrieblicher Hin-
weiswirkung erkennen wird (i. E. ebenso: BPatG, Beschl. 26 W (pat) 18/97 vom
8. Oktober 1997 – LE CLUB DES CRÉATEUR DE BEAUTÉ). Danach kommt es
auf die vorgetragene „private Umfrage“ der Anmelderin betreffend das Verständnis
der Verkehrskreise nicht mehr an.
Auch ein Freihaltebedürfnis ist vorliegend nicht feststellbar. Nach den Recherchen
des Senats wird im Bereich der hier beanspruchten Waren die angemeldete Wort-
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kombination allein von der Anmelderin benutzt. Ein Bedürfnis der Mitbewerber,
sich des Markenwortes zu bedienen, ist mangels engen warenspezifischen Be-
zugs oder regelmäßigen Gebrauchs im Zusammenhang mit der Werbung für die
hier beanspruchten Waren nicht feststellbar.
III.
Die Erstattung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG kommt ent-
gegen der Auffassung der Anmelderin nicht in Betracht. Die Rückzahlung ist die
Ausnahme gegenüber dem Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen
Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde. Sie ist nur anzuordnen, wenn die Einbe-
haltung der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und bei
Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers einerseits und der Staatskasse
andererseits unbillig wäre (st. Rspr., BPatG Mitt. 1985, 238 - TIFFANY; Ingerl/
Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71 Rn. 35). Solche besonderen Umstände
liegen insbesondere dann vor, wenn der Beschwerdeführer durch ein fehlerhaftes
oder unzweckmäßiges Verhalten des Deutsches Patent- und Markenamts zu einer
Beschwerde veranlasst wurde, die bei sachgerechter Verfahrensweise mit
gewisser Wahrscheinlichkeit zu vermeiden gewesen wäre. Derartige Umstände
liegen hier jedoch nicht vor. Soweit die Anmelderin einen Verfahrensfehler,
nämlich die Verletzung rechtlichen Gehörs durch angebliche Nichtbeachtung von
eingereichten Unterlagen rügt, vermag dem nicht gefolgt zu werden. Der
angefochtene Beschluss lässt vielmehr erkennen, dass die Eingabe der An-
melderin vom 3. September 2004 nicht nur formal berücksichtigt worden ist,
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sondern dass sich die Markenstelle auch inhaltlich mit dem Vorbringen der An-
melderin auseinandergesetzt hat, selbst wenn sie insoweit zu anderen Ergebnis-
sen als die Anmelderin gekommen ist. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist
somit nicht zu erkennen.
Dr. Albrecht
Dr. van Raden
Prietzel-Funk
WA