Urteil des BPatG vom 13.10.2010

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 158/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 307 58 117.9
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Wortmarke 307 58 117.9
STAY HEALTHY, DRINK NATURAL
unter anderem für die Waren und Dienstleistungen
"Diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, medizinische
Tees, Babykost; Wässer enthaltend Mineralien, Wässer enthal-
tend Vitamine, Wässer enthaltend Spurenelemente, Wässer ent-
haltend Substanzen zur Unterstützung einer Diät, Wässer enthal-
tend L-Carnitin, sämtliche vorgenannte Waren für medizinische
Zwecke; Kaffee, Tee, Kakao, Kaffeeersatzmittel; kohlensäurefreie,
kohlensäurehaltige oder mit Kohlensäure versetzte Wässer, be-
handelte Wässer, Quellwässer, Mineralwässer, aromatisierte
Wässer, Wässer enthaltend Koffein; Fruchtgetränke, Fruchtsäfte,
Nektare, Limonaden, Sodawässer und andere alkoholfreie Ge-
tränke, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Ge-
tränken"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Die Markenstelle für
Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat dieser Anmeldung in zwei
Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Eintra-
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gung für die oben genannten Waren versagt. Zur Begründung hat sie ausgeführt,
der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die beanspruchte Wortfolge lasse sich in ihrer Gesamtheit
im Sinne von "bleibe gesund, trinke natürlich/Natürliches" übersetzen und werde
von den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen auch so verstanden. Im Zu-
sammenhang mit Getränken fordere sie in werbeüblicher Weise dazu auf, durch
den Genuss der betreffenden natürlichen Produkte gesund zu bleiben. Ob das
Wort "natural" hierbei als Adverb oder substantiviertes Adjektiv aufgefasst werde,
könne dahinstehen, da es in beiden Fällen auf die naturbelassene Beschaffenheit
der fraglichen Waren bezogen werde.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, mit der sie sinnge-
mäß beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 16.04.2008 und 25.6.2009 insoweit
aufzuheben, als ihr Antrag auf Eintragung der angemeldeten
Marke zurückgewiesen worden ist.
Die Anmelderin ist der Ansicht, der als Marke angemeldete Werbeslogan stehe
weder in unmittelbarem Bezug zu den beanspruchten waren, noch komme ihm ein
eindeutiger Aussagegehalt zu. Die Mehrdeutigkeit ergebe sich schon durch die
grammatikalisch unzutreffende Verwendung des Wortes "natural". Der Slogan
lasse sich einerseits als Aufforderung, andererseits aber auch als Aneinanderrei-
hung von Infinitiven im Sinne von den "gesund bleiben, natürlich trinken" auffas-
sen. Der durchschnittliche inländische Verbraucher besitze regelmäßig nur rudi-
mentäre Englischkenntnisse und sei mit diesen nicht in der Lage, den angemel-
deten Slogan überhaupt zu verstehen.
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II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der angemeldeten Bezeichnung
fehlt die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung
zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber
solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion der
Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012
[Nr. 27 ff.] - BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850, 854
- FUSSBALL WM 2006). Dabei darf die Prüfung, ob das erforderliche Maß an
Unterscheidungskraft vorhanden ist, nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden,
sondern muss streng und vollständig sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung
von Marken zu vermeiden (EuGH 2003, 604, 607 [Nr. 57 - 59] - Libertel;
GRUR 2004, 674, 680 [Nr. 123 - 125] - Postkantoor; GRUR 2004, 1027, 1030
[Nr. 45] - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Enthält eine Bezeichnung ei-
nen beschreibenden Begriffsinhalt, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintra-
gung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei
derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt
dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001,
1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Diese Erfordernisse
gelten auch für die Beurteilung von sog. Werbeslogans. Auch für diese sind keine
anderen Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen als an sonstige
Wortmarken. Entscheidend ist danach, ob die Wortfolge einen ausschließlich pro-
duktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine wenn auch noch
so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren und Dienstleistun-
gen zukommt. Auch bei Werbeslogans ist aber von mangelnder Unterscheidungs-
kraft auszugehen, wenn sie lediglich beschreibende Angaben oder Anpreisungen
oder Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten (BGH GRUR 2001, 1042 - LOCAL
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PRESENCE; GLOBAL POWER). Nach diesen Grundsätzen ist der angemeldeten
Marke der begehrte Schutz wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu
versagen.
Die Markenstelle hat die Bedeutung des angemeldeten Zeichens "STAY
HEALTHY, DRINK NATURAL" mit "bleibe gesund, trinke natürlich/Natürliches"
zutreffend ermittelt. Seine Bedeutung erschöpft sich für die maßgeblichen inländi-
schen Verkehrskreise erkennbar in Bezug auf die angemeldeten Waren in einer
werbeüblich gebildeten Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe.
Bei den beanspruchten Waren handelt es sich entweder um Getränke oder Präpa-
rate, die der Zubereitung von Getränken dienen, oder es kann sich bei ihnen um
Getränke handeln, denn Getränke stellen einen Teil der unter "Babykost" und "di-
ätische Erzeugnisse" fallenden Produktpalette dar. Den angemeldeten Waren ist
gemein, dass sie sich sämtlich ausschließlich aus natürlichen Inhaltsstoffen her-
stellen und - ggf. nach Zusatz von Wasser - auch trinken lassen. Der zweite Be-
standteil der Wortfolge "DRINK NATURAL" beschreibt damit Beschaffenheits-
merkmale der angemeldeten Waren.
Ob die Wortkombination "DRINK NATURAL" im Englischen üblich ist und ob ge-
gebenenfalls das Verständnis des deutschen Verbrauchers der Bedeutung des
Begriffs in der englischen Sprache entspricht, ist insoweit unerheblich. Denn für
die Frage, ob es sich um eine Bezeichnung handelt, die zur Beschreibung der
fraglichen Ware oder Leistung dienen kann, ist das Verständnis des inländischen
Geschäftsverkehrs maßgeblich (vgl. BGH GRUR 1989, 666, 667 - Sleepover, zu
§ 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG; BPatG MarkenR 2007, 527 - Rapido; Ingerl/Rohnke a. a. O.
§ 8 Rdn. 33). Dieser wird selbst das Wort "DRINK" mit Getränken in Verbindung
bringen und das Wort "NATURAL" wegen seiner Wortverwandtschaft mit dem
deutschen Wort für "Natur, natürlich" zumindest mit etwas, dass natürlichen
Ursprungs ist, ohne weiteres assoziieren. Damit erfasst er bereits den
beschreibenden Begriffsinhalt des angemeldeten Zeichens für Getränke. Der
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Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen
konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in
einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Solche Neubildungen orientieren
sich häufig weder an grammatikalischen Regeln noch an einem korrekten Sprach-
stil. Der Durchschnittsverbraucher, der erfahrungsgemäß Kennzeichen so auf-
nimmt, wie sie ihm entgegentreten, wird auch grammatikalisch fehlerhafte, aber
ihm gleichwohl verständliche Sachaussagen wie den hier verwendeten Bestandteil
des angemeldeten Slogans "DRINK NATURAL" durchaus als solche und nicht als
betriebliche Herkunftshinweise auffassen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152
- marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 URLAUB DIREKT; BPatG GRUR 1996, 489
- Hautactiv; BPatGE 40, 57 TeleOrder; vgl. auch EuG GRUR Int. 2006, 44, 46
(Nr. 84) - LIVE RICHLY; Ströbele/Hacker, 9. Aufl. Rn. 89 zu § 8 m. w. N).
Unter Einbeziehung ihres weiteren Bestandteils "STAY HEALTHY" kann die an-
gemeldeten Wortfolge "STAY HEALTHY" als Bestimmungsangabe für die bean-
spruchten Waren dienen, denn der Verbraucher soll die bezeichneten, aus natürli-
chen Inhaltsstoffen bestehenden Getränke mit dem Ziel konsumieren, gesund zu
bleiben. Die Anmelderin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Wort-
folge, vor allem der Begriff "STAY HEALTHY", vom inländischen Verkehr nicht
verstanden werde und dementsprechend der Bedeutungsgehalt der Wortverbin-
dung "STAY HEALTHY, DRINK NATURAL" vage bleibe. Bei der Frage, ob die
beteiligten Verkehrskreise im Stande sind, den Sinngehalt einer fremdsprachigen
Bezeichnung zu erfassen, darf nach der Rechtsprechung des Europäischen Ge-
richtshofs nicht nur auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abgestellt
werden. Vielmehr ist eine fremdsprachige Bezeichnung auch dann von der Eintra-
gung als Marke ausgeschlossen, wenn die beschreibende Bedeutung des fremd-
sprachigen Begriffs nur für die am Handel mit den betroffenen Waren, insbeson-
dere für die am entsprechenden zwischenstaatlichen Handelsverkehr beteiligten
Fachverkehrskreise, erkennbar ist und deshalb im Inland als Sachbeschreibung
geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 [Nr. 24] - Matratzen Concord/Hukla;
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BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 47/06 - healthy living). Davon kann hier in je-
dem Fall ausgegangen werden. So listet der von der Anmelderin als Anlage zur
Beschwerdebegründung eingereichte Prospekt als Abnehmer des von ihr vertrie-
benen, mit Aromastoffen versetzten Quellwassers "GANIC WATER" u. a. das Un-
ternehmen "Steigenberger Hotels" sowie weitere Betriebe der Hotel- und Restau-
rantbranche auf, die zu den gehobenen ihrer Klasse zählen. Gute Kenntnisse der
englischen Sprache, die es erlauben, den Sinngehalt der angemeldeten Wort-
marke ohne Schwierigkeiten zu erfassen, gehören dort zu den Einstellungsvor-
aussetzungen. Der Sinngehalt der hier aus Wörtern des englischen Grundwort-
schatzes gebildeten Wortfolge erschließt sich auch weiteren, dem Getränkegroß-
handel zugehörigen Fachkreisen, die den angemeldeten Slogan als werbeübliche,
anpreisende Sachaussage, aber nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffas-
sen werden. Abgesehen davon dürfen die Kenntnisse der englischen Sprache
auch bei Endverbrauchern nicht unterschätzt werden, so dass auch insoweit eine
Eignung zur Verwendung als Sachbezeichnung gegeben ist.
Aus diesen Gründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Dr. Fuchs-Wissemann
Reker
Dr. Schnurr
Bb