Urteil des BPatG vom 12.03.2002

BPatG: beschreibende angabe, unternehmen, unterscheidungskraft, verkehr, einverständnis, herkunft, patent, kakao, werbung, futtermittel

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 212/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 08 873.6
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 12. März 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler,
des Richters v. Zglinitzki und der Richterin Dr. Hock
BPatG 152
10.99
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 11. August 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 7. Februar 2000
die Wortmarke
FRANZ BECKENBAUER
für die Waren und Dienstleistungen
"Klasse 29:
Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte;
konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst
und Gemüse; Fleisch-, Fisch-, Obst- und Gemüse-
gallerten; Konfitüren; Eier, Milch; Milchprodukte,
nämlich Butter, Käse, Sahne, Joghurt, Milchpulver
für Nahrungszwecke; Speiseöle und -fette; Salat-
saucen; Fleisch-, Fisch-, Obst-, Gemüsekonserven;
Weich- und Schalentiere (auch lebend); Milch-
mischgetränke mit überwiegendem Milchanteil;
Desserts aus Joghurt, Quark und Sahne;
Klasse 30:
Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago,
Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate
(ausgenommen Futtermittel); Brot, feine Backwaren
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und Konditorwaren, Schokolade und Schokolade-
waren; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver;
Speisesalz; Senf; Essig, Saucen; Gewürze; Kühl-
eis; Kaffee-, Tee-, Kakao- oder Schokoladenge-
tränke; Kaffee- oder Kakaopräparate für die Her-
stellung von alkoholischen oder alkoholfreien Ge-
tränken; für die menschliche Ernährung zubereitete
Getreide, insbesondere Haferflocken oder andere
Getreideflocken; Aromastoffe für Nahrungsmittel;
Salz zum Frischhalten und Haltbarmachen von Le-
bensmitteln;
Klasse 31:
land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse
sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten;
lebende Tiere; frisches Obst und Gemüse; Säme-
reien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen;
Futtermittel, Malz;
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwal-
tung; Büroarbeiten; Veranstaltung von Messen und
Ausstellungen, soweit in Klasse 35 enthalten; Ar-
beitnehmerüberlassung auf Zeit; Aufstellung von
Statistiken; Buchführung; Durchführung von Auktio-
nen und Versteigerungen; Ermittlung in Geschäfts-
angelegenheiten; Marketing; Marktforschung und
Marktanalyse; Meinungsforschung; Schaufenster-
dekoration; Unternehmensberatung; Organisations-
beratung; betriebswirtschaftliche Beratung; Per-
sonalberatung; Vermietung von Büromaschinen
und -einrichtungen; Vermittlung und Abschluß von
Handelsgeschäften für andere; Vermittlung von
Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von
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Waren; Verteilung von Waren zu Werbezwecken;
Vervielfältigung von Dokumenten; Werbemittlung;
Werbung; Rundfunk- und Fernsehwerbung; Kino-
werbung"
zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied
des Patentamts erlassenen Beschluß vom 11. August 2000 gemäß §§ 8 Abs 2
Nr 1, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begrün-
dung zurückgewiesen, die angesprochenen Verkehrskreise sähen in der ange-
meldeten Marke, bei der es sich um einen berühmten und bekannten Namen ei-
nes ehemaligen deutschen Fußballers und jetzigen Fußballfunktionärs handle,
bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein betriebliches
Kennzeichen, sondern lediglich den Personennamen.
Die Anmelderin hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde ein-
gelegt. Sie beantragt,
den Beschluß der Markenstelle für Klasse
35 vom 11.
Au-
gust 2000 aufzuheben,
und trägt im wesentlichen vor, gerade Eigennamen seien geeignet, die bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Un-
ternehmen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei komme
es nicht darauf an, ob es sich bei dem Markennamen um den eigenen oder einen
fremden Namen handele. Das Einverständnis des Herrn B… zur Anmel-
dung und Verwendung der Marke sei eingeholt worden. Nach der Rechtsprechung
des Bundespatentgerichts (BPatGE 29, 89 - BORIS) liege auch keine Täu-
schungsgefahr iSd § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG vor. Im übrigen sei kein Freihaltungs-
bedürfnis gegeben.
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II
Die Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete Marke "FRANZ BECKENBAUER" im Zusammen-
hang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen entgegen der Auffas-
sung der Markenstelle des Patentamts für unterscheidungskräftig; im übrigen ist
sie auch nicht freihaltungsbedürftig beschreibend oder ersichtlich zur Täuschung
geeignet, so daß absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 Mar-
kenG sowie gemäß § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG iVm § 37 Abs 3 MarkenG ihrer Ein-
tragung nach §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG nicht entgegenstehen.
Bei der Anmeldemarke "FRANZ BECKENBAUER" handelt es sich um den aus
den Medien seit längerer Zeit jedenfalls in Deutschland allgemein bekannten Per-
sonennamen eines ehemaligen Fußballspielers, der heute noch wichtige Funk-
tionen im Fußballsport innehat. Dieser Personenname stellt offensichtlich keine
beschreibende Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar, die im Verkehr zur Be-
zeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale
der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann. Dies hat die Mar-
kenstelle auch nicht angenommen.
Dem als Marke angemeldeten Personennamen "FRANZ BECKENBAUER" kann
auch nicht die nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft
abgesprochen werden. Personennamen besitzen normalerweise schon von Hause
aus einen individualisierenden Charakter, so daß sie grundsätzlich geeignet sind,
Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Un-
ternehmen zu unterscheiden (vgl § 3 Abs 1 MarkenG, Art. 2 der Richtlinie
Nr 89/104/EWG). Jegliche Unterscheidungskraft fehlt einem Personennamen vor
allem dann, wenn er eine Eigenschaft der Waren oder Dienstleistungen bezeich-
net, wie es beispielsweise bei "Diesel", "Otto" oder "Wankel" für Motoren der Fall
wäre. Ansonsten können fremde Personennamen in der Regel ebenso wie die
Namen der Hersteller, Anbieter oder Markeninhaber als Unterscheidungsmittel
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dienen. Der Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes, insbe-
sondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten (vgl zehnter Erwä-
gungsgrund der Richtlinie Nr. 89/104/EWG, BlPMZ 1994, Sonderheft, S 146), wird
durch die Verwendung eines fremden Namens zumeist nicht beeinträchtigt. Denn
der Verkehr ist daran gewöhnt, daß ein Personenname häufig nicht die Herkunft
der betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus einem gleichnamigen Unter-
nehmen bezeichnet. Aus zahlreichen Werbekampagnen kennt die Öffentlichkeit
insbesondere die Übung von Unternehmen, bekannte Spitzensportler und deren
Namen wegen ihrer Medienwirksamkeit als Werbeträger und Werbebotschaft ein-
zusetzen (vgl BPatGE 29, 89, 91 - BORIS). Eine solche Werbefunktion schließt
jedoch eine markenmäßige Unterscheidungseignung nicht aus.
Außerdem besteht bei einer Kennzeichnung der beanspruchten Waren und
Dienstleistungen mit dem Namen "FRANZ BECKENBAUER" der Anmeldemarke
keine ersichtliche Täuschungsgefahr gemäß § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG iVm § 37
Abs 3 MarkenG.
Ersichtlich ist eine Täuschungsgefahr, wenn sich schon aus dem Inhalt des Zei-
chens selbst ohne weiteres erkennbar ergibt, daß es nur in täuschender Weise
benutzt werden kann (vgl BPatG BlPMZ 1989, 286, 287 - Molino). Dagegen ist im
registerrechtlichen Eintragungsverfahren nicht zu prüfen, ob ein inhaltlich nicht
offenkundig und in jedem Fall unrichtiges Zeichen bei seiner Verwendung im ge-
schäftlichen Verkehr möglicherweise Anlaß zu Irreführungen geben könnte (vgl
BPatG aaO - Molino).
Bei der werbeüblichen Vermarktung eines bekannten Sportlernamens werden die
angesprochenen Verkehrskreise im allgemeinen nur ein entgeltliches Einver-
ständnis der Namensverwendung für Webezwecke erwarten können, aber keine
weitergehenden sachlichen Beziehungen des Namensträgers zu den einzelnen
Produkten oder Dienstleistungen (vgl BPatGE 29, 89, 91 - BORIS). Im vorliegen-
den Fall kommt es daher nicht entscheidend darauf an, ob B… als
Gesellschafter der Anmelderin, durch Beraterverträge oder sonstige Mitwirkung
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tatsächlich einen sachlichen Einfluß auf Eigenschaften der beanspruchten Waren
und Dienstleistungen ausüben wird.
Winkler
Dr. Hock
v. Zglinitzki
Cl