Urteil des BPatG vom 14.03.2002

BPatG: verkehrsdurchsetzung, unterscheidungskraft, bildmarke, gestaltung, arzneimittel, gericht erster instanz, anschlussbeschwerde, wiedergabe, beachtliche gründe, unternehmen

BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 149/01
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
- 2 -
betreffend die Marke 397 20 885
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Kliems sowie der Richter Brandt und Engels
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin II wird verworfen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
- 3 -
G r ü n d e
I.
Die Antragstellerinnen I-IV begehren Löschung der am 7. Mai 1997 zur farbigen
Eintragung in den Farben "grün, creme" angemeldeten Bildmarke
siehe Abb. 1 am Ende
welche am 13. Oktober 1997 für die Waren "Antidepressiva enthaltende pharma-
zeutische Zubereitungen" in das Markenregister unter der Nr 397 20 885 eingetra-
gen worden ist. Die Antragsgegnerin hat während des Löschungsverfahrens vor
dem Deutschen Patent- und Markenamt das Warenverzeichnis der angegriffenen
Marke auf "rezeptpflichtige Antidepressiva enthaltende pharmazeutische Zuberei-
tungen, nämlich solche mit dem Wirkstoff Fluoxetinhydrochlorid" beschränkt und
gleichzeitig mit Schriftsatz vom 9. November 1998 folgende "Beschreibung zum
Schutzumfang der angegriffenen Marke" abgegeben:
"Der beanspruchte Markenschutz beschränkt sich auf die Darstel-
lung der abgebildeten zweifarbigen Medikamentenkapsel in der
aus der eingereichten Anmeldung ersichtlichen Farbkombination
unter Ausschluss anderer Farben und von Grauwerten. Der Hin-
tergrund der eingereichten photographischen Wiedergabe der
Kapsel ist nicht Bestandteil der Marke."
- 4 -
Mit weiterem Schriftsatz vom 3. Dezember 1999 hat die Antragsgegnerin hilfswei-
se eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke gemäß § 8 Abs 3 Mar-
kenG für die beanspruchten Waren (Fluoxetinhydrochlorid enthaltende Antidepres-
siva) geltend gemacht und Unterlagen (Umsatzzahlen, Vermarktungskosten, Wer-
beaufwendungen) im Zusammenhang mit dem im Inland unter "FLUCTIN" ge-
kennzeichneten Antidepressivum vorgelegt. Ferner hat sie hierzu sowie zu dem im
europäischen Ausland und in den USA unter der Bezeichnung "Prozac" im Handel
befindlichen Antidepressivum Presseberichte vorgelegt und eine ergänzende Be-
fragung des DIHT zur Feststellung der Verkehrsbekanntheit der mit der angegriffe-
nen Marke abgebildeten farbigen Arzneimittelkapsel angeboten.
Die Markenabteilung 3.4 hat durch Beschluss vom 14. November 2000 die Lö-
schung der eingetragenen Marke 397 20 885 angeordnet. Ziffer 3 des Tenors ent-
hält ferner die Feststellung, dass die Bestimmung des § 8 Abs 3 MarkenG im Lö-
schungsverfahren anwendbar sei. Die unter Ziffer 4 des Tenors enthaltene Zu-
rückweisung des Antrags der Antragsgegnerin auf amtliche Verkehrsbefragung
zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke wird in dem
angegriffenen Beschluss damit begründet, dass die Schriftsatz vom 3. Dezem-
ber 1999 abgegebene Erklärung der Anmelderin zum Schutzumfang ein unzuläs-
siger, im übrigen auch nicht entscheidungserheblicher Disclaimer sei.
Die angegriffene Bildmarke sei zwar markenfähig im Sinne von § 3 MarkenG, ihr
fehle als naturgetreue Abbildung einer in den Farben grün und creme gehaltenen
Arzneimittelkapsel in bezug auf die geschützten Waren aber jegliche Unterschei-
dungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Der Verkehr begegne einer
bunten Vielfalt zweifarbiger, hälftig unterschiedlich gefärbter Fertigarzneimittel in
Kapselform. Diese Produkte würden in Verpackungen gehandelt, die eine wörtli-
che Produktkennzeichnung tragen (müssten), ergänzt durch Dachmarken oder fir-
menspezifische Aufmachungen. Nach der hierdurch geprägten Verkehrsanschau-
ung stelle deshalb die auf der Verpackung angebrachte Bildmarke in naheliegen-
der Weise nur die Beschreibung des Inhalts dar, an dessen Farbigkeit der Verkehr
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gewöhnt sei, nicht jedoch einen betrieblichen Herkunftshinweis. Dem stehe auch
nicht entgegen, dass es möglich sei, mittels spezieller Nachschlagewerke (zB die
"Gelbe Liste identa") eine sachliche Identifizierung des Arzneimittels anhand der
Form und Farbgestaltung vornehmen zu können, zumal derartige Recherchemittel
dem allgemeinen Publikum gewöhnlich nicht zur Verfügung stünden.
Auch bestehe ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, da das
Freihaltebedürfnis der Mitbewerber auch an Zeichen bestehe, welche der Vermitt-
lung von sonstigen, für den Gebrauchswert der Ware wesentlichen Eigenschaften
dienen könnten und Farben bei Arzneimitteln neben einer generell absatzfördern-
den Wirkung aus der wahrnehmungspsychologischen Hinsicht der Patienten ein
Compliancekriterium aufwiesen und zudem der Unterscheidung im Hinblick auf die
Arzneimittelsicherheit dienten. Es erscheine deshalb geboten, Arzneimittelherstel-
ler nicht in der Auswahl einer ihnen optimal erscheinenden Farbkombination zu
beschränken, wobei auch der spezielle Charakter der eingetragenen Waren keine
abweichende Beurteilung rechtfertige. Diese wiesen weitgehend in der Produktge-
staltung bzw den zum Wesen der Produkte gehörenden Merkmalen Gemeinsam-
keiten mit sonstigen Arzneimitteln abweichender Indikation auf und lägen hierzu
im Ähnlichkeitsbereich. Dass danach bei indikationsgleichen Medikamentenkap-
seln verschiedener Anbieter Übereinstimmungen nicht auszuschließen seien, be-
rühre die allein in normativer Hinsicht maßgebliche Frage funktionswidriger Mono-
polisierung nicht und sei unbeachtlich.
Die hilfsweise beantragte Ermittlung einer Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8
Abs 3 MarkenG sei zwar zulässig, aber nicht veranlasst, da es an der notwendi-
gen Anfangsglaubhaftmachung, insbesondere auch unter Berücksichtigung der di-
versen Presseberichte an hinreichenden Belegen für die markenmäßige Verwen-
dung der eingetragenen Bildmarke einer Kapselabbildung als Herkunftshinweis
fehle und es gerade besonderer Anstrengungen bedürfe, eine Kapselabbildung als
Marke zu etablieren, obwohl diese während der jahrzehntelangen Vertriebstradi-
tion niemals die Rolle eines Kennzeichnungsmittels gespielt habe. Auch die darge-
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legten Werbeaufwendungen und die Umsatzentwicklung bezögen sich eindeutig
nur auf die Marke "FLUCTIN"– ohne dass Angaben zu Marktanteilen für Psycho-
pharmaka vorgelegt und ein Einsatz der angemeldeten Bildmarke - sei es auch
nur als Zweitkennzeichnung - ersichtlich sei. Es sei nicht zu erwarten, dass mit
dem Aussehen eines im Verkehr befindlichen, branchenüblich verpackten und ge-
kennzeichneten Arzneimittels eine markenmäßige Wirkung assoziiert werde und
aufgrund der - nur während der Applikation (!) - stattfindenden Produktkontakte die
Grundform und Farbgebung das charakteristische, den herkunftsbestimmenden
Gesamteindruck der "Marke" prägende Element gegenüber dem aufgedruckten
Firmenschlagwort Lilly darstellen könne.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin mit dem Antrag,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
14. November 2000 aufzuheben und die Löschungsanträge zu-
rückzuweisen.
Der Bundesgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung im Lichte europäischer
Vorgaben herausgestellt, dass der Verkehr auch in einer die Ware selbst darstel-
lenden Form- bzw Bildmarke einen Herkunftshinweis erblicken könne und derarti-
ge Zeichen Unterscheidungskraft aufwiesen, wenn sie sich nicht in der Darstellung
von Warenmerkmalen oder von Elementen erschöpfen, welche die bloße techni-
sche Gestaltung betreffen. Darüber hinaus könnten weder Originalität noch Eigen-
tümlichkeit zum selbständigen Prüfungsmaßstab erhoben werden. Lege man die-
se Kriterien auf die vorliegende zweifarbige Bildmarke an, so werde deutlich, dass
die Löschungsabteilung rechtsfehlerhaft entschieden habe. Die angemeldete Bild-
marke beanspruche nur Schutz für eine Spezialware, nämlich ein rezeptpflichtiges
Arzneimittel zur Behandlung von Depressionen mit dem Wirkstoff Fluoxetinhydo-
chlorid. Wie bereits im Löschungsverfahren vor dem DPMA umfangreich vorgetra-
gen und anhand ua von Leserumfragen, Presseberichten und ärztlichen Stellung-
nahmen belegt worden sei, rufe die Farbigkeit des Produkts die Aufmerksamkeit
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der angesprochenen Verkehrskreise hervor, diene insbesondere auch der Wieder-
erkennung, stelle ein erhebliches Compliancekriterium für den Patienten dar und
entfalte deshalb auch Herkunftshinweiswirkung. In der Pharmabranche bestünden
entsprechende Kennzeichengepflogenheiten wie bei Webkanten, Schläuchen oder
Glasstäben, wonach die Farbigkeit neben der Form eine Bezeichnungsgepflogen-
heit darstelle und der Identifizierung diene. Schon aus Gründen der Arzneimittelsi-
cherheit werde von den Herstellern und den Apotheken Wert auf eine eindeutige
farbige Ausstattung einzelner Präparate gelegt. Dies belege auch die vorgelegte
"Gelbe Liste identa", die gerade dem Zweck diene, eine Identifikation der Arznei-
mittel anhand der Kapselfarben zu ermöglichen. Es sei deshalb auch undenkbar,
dass der Hersteller eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels nach Belieben
die Farbigkeit seiner Kapseln ändere. Diese werde auch dem Bundesamt für Arz-
neimittelsicherheit angezeigt und sei deshalb Teil der Zulassung.
Auch bestehe kein Freihaltebedürfnis, da den Arzneimittelherstellern in einem Indi-
kationssektor eine fast unbegrenzte Zahl von Farbkombinationen zur Auswahl zur
Verfügung stehe und diese - wie die "Gelbe Liste identa" belege auch genutzt wer-
de, zumal eine identische Färbung im Bereich übereinstimmender Indikationen
auch aus Gründen der Arzneimittelsicherheit strikt abzulehnen sei. Auch wiesen
die Farben grün/creme, in Bezug auf ein fluoxetinhaltiges Arzneimittel oder in Be-
zug auf ein Antidepressivum nichts beschreibendes auf. Wenn - wovon der ange-
griffene Beschluss ausgegangen sei - die Farbigkeit der Kapsel dazu dienen kön-
ne, eine für den Gebrauchswert der Ware wesentliche, Eigenschaft zu vermitteln,
dann beweise diese These doch nur, dass die Verkehrskreise die Produkte an-
hand der charakteristischen Farbgebung grün/creme der Inhaberin der angegriffe-
nen Marke zuordnen würden und die registrierte Bildmarke verkehrsdurchgesetzt
sei, da bisher nur die Inhaberin der angegriffenen Marke im Inland Antidepressiva
in den Farben grün/creme als Kapseln vertrieben habe. Hierzu seien auch ärztli-
che Stellungnahmen vorgelegt worden, die zeigten, dass die Verkehrskreise an-
hand der charakteristischen Färbung der Kapseln die Produkte erkennen und zu-
- 8 -
ordnen. Damit sei erwiesen, dass der Verkehr diese Farbigkeit der Kapseln für be-
deutsam und herkunftshinweisend halte.
Die Antragsgegnerin hat ferner in der mündlichen Verhandlung zu der farbigen
Gestaltung der Arzneimittelkapsel erklärt, dass es sich um die Farben "grün (Shio-
nogi 220)" und "creme (Shionogi 83)" handele.
Die Antragstellerinnen I, II, III, IV beantragen jeweils,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerin I führt aus, in dem angefochtenen Beschluss sei rechtsfehler-
frei festgestellt worden, dass die hier allein maßgebliche Verkehrsauffassung
durch die auf dem Warengebiet herrschenden Gewohnheiten der Produktgestal-
tung einerseits und die Kennzeichnungsgepflogenheiten andererseits geprägt wür-
den. Die Farbgebung grün/creme stelle eine übliche Farbgestaltung für Arzneimit-
telkapseln dar und werde als auf der Verpackung aufgebrachte Bildmarke neben
der wörtlichen Produktkennzeichnung nur als Beschreibung des Inhalts verstan-
den. Dies stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs, da die angegriffene Bildmarke nichts anderes als die naturgetreue Abbildung
einer üblichen Arzneimittelkapsel in üblicherweise verwendeten Farben sei. Auch
die Beschränkung des Warenverzeichnisses auf "rezeptpflichtige Antidepressiva
enthaltende pharmazeutische Zubereitungen, nämlich solche mit dem Wirkstoff
Fluoxetinhydrochlorid" rechtfertige keine andere Bewertung, da bei der Beurteilung
der Unterscheidungskraft auf die übliche Praxis des in Frage stehenden Warenge-
biets abzustellen sei. Die Beschränkung des Warenverzeichnisses könne deshalb
keine Schutzfähigkeit für die beanspruchte Bildmarke begründen, ebenso wenig
wie dies bei einer angemeldeten naturgetreuen Abbildung eines Zahnpastastrangs
durch eine Beschränkung des Warenverzeichnisses auf fluorhaltige Zahnpasta
möglich sei. Die Bedeutung der Farbigkeit als Compliancekriterium und für die
Arzneimittelsicherheit, insbesondere die Tatsache, dass Fachkreisen unter Zuhil-
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fenahme der "Gelben Liste identa" eine Identifizierung ermöglicht werde, sei für
die Beurteilung der Unterscheidungskraft unerheblich, zumal gleiche Farben von
unterschiedlichen Herstellern verwendet würden.
Ein Freihaltebedürfnis ergebe sich bereits aus dem Gebot, Arzneimittelhersteller
nicht in der Auswahl einer ihnen optimal erscheinenden Farbkombination zu be-
schränken, aber auch gerade unter dem Aspekt der Arzneimittelsicherheit. Denn
es sei sicherlich wünschenswert, Arzneimittel mit gleichem Inhaltsstoff farblich
identisch oder zumindest ähnlich zu gestalten und eine Monopolisierung zu ver-
meiden. Auch fehle es der notwendigen Anfangsglaubhaftmachung für die Aufnah-
me amtlicher Ermittlungen zur Feststellung einer Verkehrsdurchsetzung.
Die Antragstellerin II fügt ergänzend aus, dass die Löschung der angegriffenen
Marke zu Recht wegen des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft
erfolgt sei. Denn die Verwendung von Kapseln in den Farben grün/creme sei - wie
die Verwendung gleich aussehender Kapseln für andere Indikationen von anderen
Herstellern belege - branchenüblich. Der Verkehr sei an eine bunte Vielfalt zwei-
farbiger, hälftig unterschiedlich gefärbter Kapseln gewöhnt. Hierunter befinde sich
auch die mit dem Aufdruck "Lilly 3105" gekennzeichnete Kapsel der Inhaberin der
angegriffenen Marke, die ebenso wie auch kein einziges sonstiges Medikament
bzw keine einzige Kapsel sonstiger Arzneimittelhersteller durch die Farbigkeit des
Präparats gekennzeichnet sei. Die Farbigkeit weise ausschließlich eine psycholo-
gische Bedeutung als Compliancekriterium auf. Die betriebliche Zuordnung eines
Präparats ausschließlich aufgrund der Farbgebung sei im übrigen weder im Hin-
blick auf die Art des Arzneimittels als Spezialware noch im Hinblick auf Hersteller
möglich, wie die unterschiedlich gefärbten Präparate der Inhaberin der angegriffe-
nen Marke und die von sonstigen Arzneimittelherstellern angebotenen weiteren
grün/creme gefärbten Arzneimittelkapseln belegten.
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Die Antragstellerinnen III und IV machen geltend, dass die Löschung der angegrif-
fenen Marke aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zu
Recht erfolgt sei. Die farbige Gestaltung von Arzneimitteln sei seit Jahrzehnten
handelsüblich. Der Kaufentschluss werde hierdurch nicht beeinflusst. Sie schlie-
ßen sich im übrigen den Ausführungen der weiteren Antragstellerinnen an.
Die Antragstellerin II hat darüber hinaus mit dem bei Gericht am 21. Februar 2002
eingegangenen Schriftsatz vom 18. Februar 2002 Anschlussbeschwerde eingelegt
und beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
14. November 2000 insoweit aufzuheben, als zu Ziffer 3 des Be-
schlusstenors festgestellt wurde, dass die Bestimmung des § 8
Abs 3 MarkenG im Löschungsverfahren anwendbar ist.
Entgegen der Ansicht des DPMA sei § 8 Abs 3 MarkenG im vorliegenden Lö-
schungsverfahren nicht anwendbar, da die Berücksichtigung des erstmalig auf Er-
mittlung einer Verkehrsdurchsetzung der eingetragenen Marke gerichteten Hilfs-
antrags neue, erstmalige Tatsachenfeststellung erfordern und einen Missbrauch
des Löschungsverfahrens bedeuten würde.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin II mangels Beschwer
zurückzuweisen.
Sie hält die Anschlussbeschwerde für unzulässig, da die Antragstellerin II durch
den angegriffenen Beschlusstenor nicht beschwert sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den Inhalt der Verfahrens-
akten Bezug genommen.
II.
Beschwerde der Antragsgegnerin
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie
form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG). Sie hat je-
doch in der Sache keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats die Lö-
schung der Eintragung auf Antrag der Antragstellerinnen wegen des schon ur-
sprünglich bestehenden absoluten Schutzhindernisses fehlender Unterschei-
dungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zu Recht erfolgt ist und dieses
Schutzhindernis auch noch im Entscheidungszeitpunkt fortbestehen, §§ 50 Abs 1
Nr 3, Abs 2 MarkenG, 54 Abs 1 MarkenG.
A)
Gegenstand der Markeneintragung
1)
helliger Auffassung der Beteiligten und des Senats aus der fotografischen Abbil-
dung einer Arzneimittelkapsel (Medikamentenkapsel) besteht. Diese ist jeweils
hälftig grün- und cremefarbig gehalten, wobei zwischen dem cremefarbenen Teil
und dem Hintergrund hinsichtlich Farbe und Helligkeit nur ein geringer Kontrast
besteht. Beansprucht ist ausweislich der Anmeldung unzweifelhaft nicht eine der
Warenform entsprechende dreidimensionale Marke, sondern eine zweidimensio-
nale Warenabbildung als Bildmarke, wenngleich die Markeninhaberin nach dem
Warenverzeichnis nicht auf diese oder eine ähnliche Gestaltung ihrer Antidepres-
siva festgelegt ist. Markenrechtlich - aber wohl nicht arzneimittelrechtlich - zulässig
wäre eine Verwendung auch für völlig anders gestaltete Produkte - (zB rotfarbene
Tropfen), was allerdings schon im Hinblick auf die Erwartungshaltung der Abneh-
- 12 -
mer ganz unrealistisch sein dürfte. Dieser Gesichtspunkt hat dementsprechend
- soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung bisher auch keine Rolle gespielt. In
Frage steht dagegen der Schutzgegenstand der angegriffenen Marke, nachdem
die Markenabteilung des DPMA die nachträglich abgegebene Erklärung der Mar-
keninhaberin, wonach sich der Markenschutz auf die Medikamentenkapsel in der
abgebildeten Farbigkeit unter Ausschluss anderer Farben und Grauwerte sowie
des Hintergrundes beschränken soll, als unzulässigen Disclaimer beurteilt hat.
2)
men, dass im neuen deutschen Markenrecht - wie auch nach dem früheren WZG -
schutzeinschränkende oder schutzausschließende Erklärungen nur zum Verzeich-
nis der Waren und Dienstleistungen Wirkung entfalten, hinsichtlich der Marke
selbst aber unbeachtlich sind. Für eine solche bewusste und gewollte Entschei-
dung des Gesetzgebers spricht insbesondere das Fehlen einer dem § 39 Abs 1
MarkenG entsprechende Regelung für die Gestaltung der Marken trotz vorange-
gangener Diskussion des Themas und der Schaffung weitergehender Möglichkei-
ten eines Disclaimers bei Gemeinschaftsmarken in Art 38 Abs 2 GMV (vgl näher
Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl, § 8 Rdn 160 mwH; BPatGE 36, 29, 32 – Co-
lor COLLECTION; Fezer MarkenR 3. Aufl, § 39 Rdn 6, jedoch eine normative An-
gleichung an die internationalen Markenentwicklungen fordernd). Davon ausge-
hend kann es nach dem Wortlaut der hier zu beurteilenden Erklärung zunächst
fraglich sein, ob diese als unzulässiger Disclaimer oder als sachdienliche Marken-
beschreibung im Sinne der Markenverordnung zu verstehen ist. Solche Beschrei-
bungen, wie sie zB in § 8 Abs 5 MarkenV für Bildmarken vorgesehen sind, dienen
nach Wortsinn und Zweck der Vorschriften primär der Klarstellung des Schutzge-
genstandes angemeldeter Marken (zB durch exakte Benennung der Farben eines
eingereichten Bildes), nicht aber der Herausnahme einzelner Markenbestandteile
(hier: Hintergrundgestaltung) aus dem markenrechtlichen Schutz oder dem Ver-
zicht auf Rechte, die sich aus der Eintragung selbst an sich ergeben (hier: Erstrek-
kung des Markenschutzes auf andere Farbgestaltungen).
- 13 -
3)
der Arzneimittelkapsel durch eine nachträgliche Erklärung betrifft, so hält der Se-
nat diese Frage letztlich nicht für entscheidungserheblich, weil die Löschungsan-
tragsgegnerin ihre Marke bereits durch die der Anmeldung beigefügte farbliche
Abbildung der Marke und die Angaben im Anmeldeformular konkret auf diese Far-
ben festgelegt hatte. Diese Wirkung ergibt sich allerdings zwingend weder aus den
markenrechtlichen Vorschriften selbst noch aus der Rechtsprechung und bedarf
daher näherer Begründung.
a)
zunächst auch zum MarkenG praktisch einhellig die Auffassung vertreten, dass
nicht nur eine schwarz-weiß, sondern auch eine farbig gestaltete Markeneintra-
gung regelmäßig - die Ausnahmen bedürfen hier keiner Erörterung - die Wieder-
gabe in jeder anderen Farbe deckt und somit solche Marken grundsätzlich für alle
Farben geschützt sind (vgl v. Gamm, WZG, § 2 Rdn 15, 17; Baumbach/Hefermehl,
Warenzeichenrecht, 12. Aufl, § 2 Rdn 23, § 31 Rdn 59, 60; Althammer, WZG,
3. Aufl, § 31 Rdn 23; Busse/Starck, WZG, 6. Aufl, § 3 Rdn 9; Althammer/Ströbele,
MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 78; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl, § 32 Rdn 23; jeweils
mit Rechtsprechungsnachweisen). Danach besteht zwischen einer schwarz-wei-
ßen und einer farbigen Eintragung kein grundlegender Unterschied, sondern nur
der, dass zusätzlich das durch die Farbe bestimmte (besondere) Zeichenbild ge-
schützt wird (s. dazu grundlegend BGH GRUR 1957, 553, 556 - Tintenkuli). Die
genannten Fundstellen einschließlich der Rechtsprechung lassen allerdings nach
ihrem Wortlaut oder wegen des Sachzusammenhangs im Rahmen der Erörterung
des Schutzumfangs im Kollisionsfall oder möglicher Benutzungsformen nicht
durchgängig erkennen, ob dabei stets die erforderliche Differenzierung zwischen
Schutzgegenstand und Schutzumfang (vgl dazu Schulze zur Wiesche,
GRUR 1969, 15, 16 re Sp) bzw zulässiger Benutzungsform berücksichtigt wurde.
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b)
durch eine der Zeichendarstellung beigefügte Beschreibung der durch die Eintra-
gung begründete Schutz in zulässiger Weise auf eine bestimmte Farbgestaltung
beschränkt werden kann (GRUR 1957, 553, 556 li Sp). Wenngleich eine solche,
nicht nur klarstellende oder erläuternde Bedeutung einer Beschreibung gerade im
Hinblick auf den nach der Rechtsprechung durch die Anmeldung bzw Eintragung
regelmäßig noch nicht beschränkten Farbenschutz wohl auch Wesensmerkmale
eines (nicht zulässigen) "Disclaimers" aufweist, ist nicht nur die Praxis, sondern
auch die Literatur dieser Auffassung gefolgt (vgl zum aktuellen Stand Fezer,
3.
Aufl, §
32 MarkenG Rdn
25; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6.
Aufl, §
9
Rdn 78).
c)
Farbgestaltung ist die "TAX FREE" - Entscheidung des BPatG (GRUR 1997, 283)
insoweit gegangen, als dort eine solche - überhaupt erst eintragungsbegründen-
de - Wirkung bereits der Anmeldung einer farbigen Bildmarke auch ohne Beschrei-
bung zugemessen worden ist, weil die gewählte Farbgestaltung den Schutz der
Marke bestimme und beschränke. Der Senat schließt sich dieser Wertung einer
farbigen Anmeldung und ausdrücklich so gewünschten Eintragung im Ergebnis an,
wenngleich die Begründung der Entscheidung durchaus problematisch erscheint
(vgl hierzu BPatG GRUR 1997, 530, 531 - Rohrreiniger; zudem kann aus der nach
BGH GRUR 1991, 136 schutzbegründenden besonderen Schriftgestaltung von
"NEW MAN" kaum auf die Bedeutung einer üblichen Farbgestaltung geschlossen
werden).
4)
nen Rechtslage überwiegende Gründe für die Auffassung, eine so gewollte farbige
Markeneintragung werde auch ohne ausdrückliche Beschreibung auf die konkrete
Farbgestaltung festgelegt.
- 15 -
a)
fähigkeit) sogenannter abstrakter oder konturloser Farbmarken (vgl zuletzt BGH
GRUR 2002, 427 - Farbmarke gelb/grün) eine neue Situation entstanden. Denn
bei dieser Markenform, der von vornherein keine schutzbegründende grafische
Gestaltung zugrunde liegt, ist der Schutzgegenstand zwingend auf den Farbton
des eingereichten Farbmusters bzw der Benennung nach einem Farbklassifizie-
rungssystem festgelegt. Außerdem werden sogenannte Aufmachungsfarbmarken
aufgrund ihrer farblichen Gestaltung für eintragungsfähig angesehen (vgl BGH
GRUR 2002, 538 - grün eingefärbte Prozessorengehäuse), so dass auch insoweit
eine Festlegung auf die konkret gewählte Farbe zwingend vorgegeben ist. Für ei-
ne abweichende Behandlung von Bildmarken besteht angesichts dieser Entwick-
lung weder ein rechtlicher Grund noch ein Bedürfnis.
b)
gung anderer Farbgestaltungen als der angemeldeten im Prüfungsverfahren den
Prinzipien der neueren Rechtsprechung, wonach das Vorliegen von Schutzhinder-
nissen im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen und
nach dem konkret angemeldeten Zeichen zu beurteilen ist. So darf eine Eintra-
gungsversagung zB nicht darauf gestützt werden, dass für ähnliche Waren oder
Dienstleistungen ein Schutzhindernis besteht (vgl BGH GRUR 1997, 634, - Tur-
bo II). Dies gilt ebenso, wenn nur an ähnlichen, aber nicht an dem angemeldeten
Zeichen selbst ein Schutzhindernis besteht (zum Stand der Rechtsprechung vgl
insoweit BGH MarkenR 2002, 127 - OMEPRAZOK; BPatG PAVIS PROMA
25 W (pat) 101/00 - UNIPRASOL). In beiden Fällen darf natürlich auch eine positi-
ve Eintragungsentscheidung nicht auf Überlegungen zu Abwandlungen des Zei-
chens selbst oder des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen gestützt
werden. Dementsprechend wäre es systemwidrig, eine gedachte andere als die
konkret angemeldete Farbgestaltung zur Begründung der Eintragungsfähigkeit
oder eines Schutzhindernisses heranzuziehen. Die Rechtsprechung, nach der
auch andere Farben mit umfasst sein sollen, lässt nicht erkennen, ob solche Fälle
in die Überlegungen einbezogen worden sind und ob - wie oben ausgeführt - klar
- 16 -
zwischen Schutzgegenstand und Schutzumfang unterschieden worden ist. Letzte-
res bedurfte es seit der "Tintenkuli"-Entscheidung in der Praxis auch weniger, weil
diese Fragen regelmäßig durch Markenbeschreibungen ausgeräumt wurden. Die
Annahme einer Festlegung auf die konkret angemeldete und als Grundlage der
Eintragung beantragte farbige Gestaltung steht auch im Einklang mit der Recht-
sprechung, wonach selbst bei Wortmarken die Einbeziehung anderer Schrifttypen
und ein Wechsel von Groß- und Kleinschreibung nicht pauschal, sondern nur im
Rahmen desselben Schutzgegenstands erfolgen darf (vgl dazu BPatG Mar-
kenR 2000, 280, 284 – CC 1000 / Cec).
c)
tung, welche das Erfordernis der Bezeichnung der Farben in der Anmeldung durch
die §§ 8, 9 und 12 MarkenV erhalten hat, wenn die Eintragung in Farbe erfolgen
soll. Denn die Genauigkeit der Farbangabe hat relativ geringe Bedeutung, wenn
sich der Schutz ohnehin auch auf andere Farben erstreckt, aber große Bedeutung,
wenn dadurch der Markenschutz bestimmt und beschränkt wird. Zu berücksichti-
gen ist auch, dass weder das MarkenG noch die MarkenV Vorschriften enthalten,
die auch nur andeutungsweise eine gewollte Schutzerstreckung auf andere als die
zur Eintragung angemeldete Farbgestaltung erkennen lassen. Demgegenüber
kommt der Richtlinie für die Prüfung von Markenanmeldungen unter III. 3. c (Form
und Wiedergabe der Marke) ihrer internen markenamtlichen Natur nach keine
rechtsverbindliche Bedeutung zu, wenn dort erläutert wird, dass die wörtliche Be-
zeichnung der Farben nur deklaratorische Bedeutung hat und weder die Wieder-
gabe noch den Schutzbereich der Marke bestimmt sowie auch nicht die Farbigkeit
der Wiedergabe ersetzt. Schließlich lässt sich den Kommentierungen der zeichen-
rechtlichen Vorschriften auch nach der oa "Tintenkuli"-Entscheidung nicht immer
eine in sich einheitliche Auffassung entnehmen. So finden sich im unmittelbaren
Zusammenhang mit Hinweisen zur Erstreckung des Schutzes auf alle Farben und
Bemerkungen zur freien Verwendung verschiedener Farben sowie zum Schutz-
umfang auch ausdrücklich Feststellungen, dass ein Anmelder, der den Schutz
mehrerer Färbungen eines Zeichens erstrebt, für jede beanspruchte Färbung eine
- 17 -
gesonderte Anmeldung einreichen muss (vgl Baumbach/Hefermehl, Warenzei-
chenrecht, 12. Aufl, § 2 Rdn 22 aE; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl, § 32 Rdn 22).
5)
den Sachen "TAX FREE" (aaO) und "VISA Streifenbild" (GRUR 1997, 285) folgen-
den Entscheidungen des BPatG (vgl zB GRUR 2002, 166 - grüne Kartusche), in
denen ganz selbstverständlich - ohne dieses Thema zu problematisieren - der
Schutzfähigkeitsprüfung nur die konkret angemeldete Farbgestaltung zugrundege-
legt wird, geht der Senat davon aus, dass der Schutzgegenstand der angegriffe-
nen Marke auch ohne Berücksichtigung der in ihrer Bedeutung umstrittenen "Be-
schreibung" auf die angemeldete konkrete farbliche Gestaltung in grün/creme fest-
gelegt ist. Damit ist auch der Widerspruch zwischen der Zulassung schutzbe-
schränkender Beschreibungen und dem Ausschluss von Disclaimern zur Marke
ausgeräumt. Denn die Markenbeschreibung hat dann tatsächlich nur eine be-
schreibende und klarstellende Bedeutung.
a)
scheidung "Zahnpastastrang" (GRUR 2001, 239) zur Begründung der Aufhebung
des angefochtenen Beschlusses unter anderem auf die spezielle grüne Färbung
der Streifen abgestellt, demgegenüber nur eine entsprechende Gestaltung mit ro-
ten Streifen belegt worden sei. Ein solches Argument käme nicht zum Tragen,
wenn der Schutzgegenstand der angemeldeten Marke alle Farben umfassen wür-
de. Schließlich ist auch zu bemerken, dass vom BGH auch bei der Beurteilung der
Verwechslungsgefahr farbiger Kombinationszeichen die besondere Bedeutung der
jeweiligen Farbgestaltung immer mehr in den Vordergrund gerückt wird (vgl BGH
GRUR 2002, 171, 175 - Marlboro-Dach).
b)
fahren nicht um die Bemessung des Schutzumfangs (Verteidigungsbereich) der
angemeldeten Marke geht und auch nicht um die Frage, welche von der Eintra-
gung abweichenden Verwendungsformen als rechtserhaltende Benutzung im Sin-
- 18 -
ne von § 26 Abs 3 MarkenG anerkannt werden können. Es geht vielmehr um den
Kern des Schutzrechts selbst, von dem aus die Verwechslungsgefahr und Benut-
zungsformen beurteilt werden. Dieser Schutzgegenstand ist wohl im Sinne der
Identität nach § 9 Abs 1 Nr 1 MarkenG zu begrenzen, was etwa bei Wortmarken
wegen ihres besonderen Charakters nicht zwingend eine formale Identität mit der
grafischen Darstellung der Marke bedeutet (vgl BPatG GRUR 2000, 897, 899
re Sp u, 900 - CC 1000/Cec), bei farbigen Bildmarken aus den obigen Gründen
aber allenfalls ganz geringfügige Abweichungen umfasst.
c)
Bildmarken ist im vorliegenden Verfahren nicht veranlasst. Allerdings stellt sich im
Hinblick auf die oben ausgeführte Auffassung des Senats zu farbigen Bildmarken
die Frage, ob unberührt bzw abweichend davon bei schwarz-weißen Marken nach
wie vor beliebige farbige Gestaltungen (ausgenommen dadurch entstehende be-
sondere neue Bildwirkungen) bereits von der Eintragung umfasst sein sollen, oder
ob die aus der Registrierung nicht ersichtliche Farbigkeit erst eine Frage der
rechtserhaltenden Benutzung und der Verwechslungsgefahr ist. Selbst eine Fest-
legung auf schwarz-weiß würde nicht bedeuten, dass farbige Benutzungsformen
nicht anerkannt werden könnten - wenn der kennzeichnende Charakter nicht we-
sentlich verändert wird - und dass farbige Verletzungsformen nicht im Verteidi-
gungsbereich (Schutzumfang) lägen, wenn die Gefahr von Verwechslungen be-
steht. Andererseits hat eine schwarz-weiße Darstellung nicht unbedingt eine ent-
sprechende Bedeutung wie eine Darstellung in bestimmten Farben, da der Ver-
zicht auf Farbigkeit auch im Sinne eines Offenhaltens unterschiedlicher farblicher
Darstellungen verstanden werden kann, was allerdings als markenrechtliche
"Sammelanmeldung" nicht zwingend akzeptiert werden muss. Als vermittelnde Lö-
sung käme es schließlich in Betracht, den Schutzgegenstand von schwarz-weiß
eingetragenen Marken nur auf eine den Grauwerten entsprechende einfarbig ab-
gestufte Tönung zu erstrecken, nicht aber auf die Kombination beliebiger Farben.
Denn anders als die Verwendung verschiedener Farben in einem Bild, wahrt eine
monochrom abgestufte Gestaltung eher den Charakter der Schwarz-Weiß-Darstel-
- 19 -
lung, auch wenn die jeweils gewählte Farbe davon deutlich abweichen kann. Inso-
weit besteht wohl auch ein Bedürfnis im Hinblick auf die Verwendung der Marke
auf verschiedenen Untergründen.
B)
liegend dem angegriffenen Bildzeichen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne
von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abzusprechen ist.
1)
Hauptfunktion der Marke, den betrieblichen Ursprung der gekennzeichneten Wa-
ren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (kon-
krete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke er-
fassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen an-
derer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st BGH GRUR 2002, 64 – INDI-
VIDUELLE; BGH WRP 2002, 455 – OMEPRAZOK; EuGH GRUR 2001, 1148,
1149 Tz 22 – Bravo). Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unter-
scheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder
Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (EuGH
GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22, 29 – Bravo).
a)
terschiedlichen Anforderungen gegenüber anderen Markenformen zu stellen (vgl
zB BGH MarkenR 2001, 365, 367 - Farbmarke violettfarben), wobei grundsätzlich
von einem großzügigen Maßstab auszugehen ist und es insbesondere auch kei-
ner eigentümlichen oder originellen Zeichenbildung oder eines Phantasieüber-
schusses bedarf, um Unterscheidungskraft zu begründen (vgl BGH WRP 2000,
741, 742 – LOGO; BGH MarkenR 2000, 414, 416 – Likörflasche; EuG GRUR
Int. 2001, 756, 759 Tz 39 - EASYBANK - zu Art 7 Abs 1 Buchst b und c GMV).
- 20 -
b)
Unterscheidungskraft auf, wenn sie sich in der bloßen Abbildung der Ware selbst
erschöpfen und die zeichnerischen Elemente bzw Farben sich lediglich auf die
Wiedergabe der typischen Merkmale reduzieren, ohne dass das Zeichen über die
technische Gestaltung der Ware bzw Dienstleistung hinausgehende Elemente auf-
weist (vgl zur ständigen Rspr des BGH MarkenR 2001, 34, 36 – Zahnpastastrang;
MarkenR 2001, 207, 209 – Jeanshosentasche; MarkenR 1999, 133, 134 – Etiket-
ten). Ebenso vermögen einfache geometrische Formen oder sonstige einfache
graphische Gestaltungselemente und Verzierungen, die in der Werbung sowie
auch auf Warenverpackungen oder sogar Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß
ornamentaler, schmückender Form verwendet werden keine Unterscheidungskraft
zu begründen (vgl zur st Rspr BGH MarkenR 2001, 407, 408 – anti KalK; vgl auch
BGH GRUR 2001, 413, 415 – SWATCH - zur dreidimensionalen Marke; BGH
GRUR 2002, 171, 173 – Marlboro-Dach). Anders liegt der Fall, wenn sich die Bild-
marke nicht in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die Art der Ware
typisch oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, sondern
darüber hinausgehende charakteristische Merkmale aufweist, in denen der Ver-
kehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht (BGH MarkenR 2001, 34, 36
– Zahnpastastrang; MarkenR 2001, 207, 209 – Jeanshosentasche).
c)
auch, dass der Anwendungsbereich des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht auf die
Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG reduziert werden darf (zur Bedeu-
tung des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als Auffangtatbestand vgl auch Althammer/Strö-
bele MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 27; Ströbele, GRUR 2001, 658, 662 ff; Hacker
GRUR 2001, 630 ff), ebenso wie es wegen der Selbständigkeit beider Schutzhin-
dernisse systemfremd und abzulehnen ist, nach dem Grad des Freihaltungsbe-
dürfnisses zu differenzieren (vgl hierzu EuGH GRUR 1999, 723, 727, Tz 48 –
Chiemsee; BGH MarkenR 2001, 365, 367 – Farbmarke violettfarben; Altham-
mer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 8 Rdn 27). So hat auch das Gericht Erster In-
stanz der Europäischen Gemeinschaften (EuG) in einer vergleichbaren Fallgestal-
- 21 -
tung (MarkenR 2001, 481 – Waschmitteltablette als Bildmarke) zu einer Bildmar-
ke, welche die naturgetreue bildliche Darstellung einer zweifarbigen (rot-weißen)
Waschmitteltablette betraf, ausgeführt, dass auch farbigen Elementen, welche
zwar keine beschreibenden Angaben im Sinne von Art 7 Abs 1 Buchst. c GMV
darstellten, in denen der Verkehr aber eine Andeutung von Eigenschaften der Wa-
re sehe, Unterscheidungskraft fehle und allein die mögliche Gewohnheit der Ver-
braucher, die Waren an ihren Farben zu erkennen, nicht genüge, um das Eintra-
gungshindernis fehlender Unterscheidungskraft aus dem Weg zu räumen.
2)
getreuen Abbildung einer üblichen Arzneimittelkapsel, mithin der Ware selbst, wel-
che in Form und Farbgebung der auf dem gesamten Arzneimittelsektor einschließ-
lich der beanspruchten Antidepressiva der üblichen Produktgestaltung entspricht.
Insbesondere Gelatinekapseln stellen seit langem eine übliche Darreichungsform
für Arzneimittel dar, die ebenso wie Dragees und Tabletten dem Verbraucher in ei-
ner von verschiedenen Herstellern ohne Abgrenzung nach "Hausfarben" verwen-
deten enormen Farbenvielfalt begegnen. Der Verkehr wird deshalb in einer natur-
getreuen Abbildung einer farbigen Arzneimittelkapsel die Abbildung der Ware
selbst und keinen Hinweis auf deren betrieblichen Ursprung sehen, zumal derarti-
ge Abbildungen der Ware selbst zB auf Warenverpackungen, Packungsbeilagen
oder in der Werbung üblich sind.
a)
auffassung auf die bei Arzneimitteln herrschenden Gewohnheiten der Produktge-
staltung und die Kennzeichnungsgepflogenheiten bei Arzneimittelkapseln für Anti-
depressiva sowie bei Arzneimittelkapseln bzw Arzneimitteln überhaupt abgestellt
und berücksichtigt, dass ein Bildzeichen, das ausschließlich die Ware selbst natur-
getreu abbildet, nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird, wenn wie
hier die abgebildete farbige Arzneimittelkapsel auf diesem Warengebiet der übli-
chen farblichen Gestaltung und Form und den seit langer Zeit bestehenden Ge-
staltungsgepflogenheiten entspricht.
- 22 -
aa)
sowie eine etwaige Verkehrsgewöhnung an die Verwendung entsprechend gebil-
deter Zeichen auf den konkret beanspruchten Warenbereich abzustellen (so aus-
drücklich BGH MarkenR 2001, 365, 368 - Farbmarke violettfarben). Denn nur ein
Vergleich mit den tatsächlich vorhandenen, für die Art der Ware typischen Gestal-
tungsformen (vgl BGH MarkenR 2001, 67, 68 - Gabelstapler) lässt einen Schluss
darauf zu, ob der Verkehr dem Zeichen einen Hinweis auf die betriebliche Her-
kunft beimisst (so BGH MarkenR 2001, 121, 124 - SWATCH unter Hinweis auf
BGH GRUR 1997, 527, 529-Autofelge).
bb)
nicht auch die Verkehrsgepflogenheiten im Warenumfeld zu berücksichtigen sind
und vorliegend ausschließlich der von der Markeninhaberin beanspruchte Indika-
tionsbereich der Antidepressiva für die Beurteilung der Verkehrsauffassung maß-
gebend sei oder - wie die Markeninhaberin sogar meint - nur auf Antidepressiva
mit dem Wirkstoff Fluoxetinhydrochlorid und damit die für diese Ware bestehende
Einmaligkeit der hier gewählten konkreten Farbgebung abstellen sei.
Denn es ist zu berücksichtigen, dass die farbige Gestaltung von Arzneimitteln sich
nicht nach Indikationsgebieten unterscheidet und sowohl für Antidepressiva wie
auch alle sonstigen Indikationsbereiche insbesondere Kapselpräparate, aber auch
andere Darreichungsformen in einer bunten Vielfalt von unterschiedlichen Herstel-
lern angeboten werden, so dass aus der Sicht der Fachkreise wie auch der Ver-
braucher keine unterschiedlichen Gestaltungsgepflogenheiten vorhanden sind.
Anders als der Bundesgerichtshof es im Verhältnis der Waren Vogelfutter zu Kat-
zenfutter angenommen hat (BGH MarkenR 2001, 365, 368 - Farbmarke violettfar-
ben), kann deshalb aus den Kennzeichnungsgepflogenheiten bei Humanarznei-
mitteln allgemein auch auf die Verkehrsauffassung bei Antidepressiva geschlos-
sen werden. Weist aber ein Warensektor - wie Arzneimittel - insbesondere in der
hier maßgebenden Darreichungsform einer Kapsel - eine nahezu unübersehbare
Gestaltungs- bzw Farbenvielfalt auf, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob
- 23 -
es sich um eine erstmalige und/oder einmalige Kombination üblicher Gestaltungs-
elemente handelt, da auch die beliebige - wenn auch eventuell erstmalige - Kom-
bination üblicher Gestaltungselemente in ihrer Gesamtheit für den Verkehr in der
Regel keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft begründet (vgl hierzu BGH
MarkenR 2001, 124, 126 - OMEGA). Es steht deshalb auch vorliegend der Annah-
me fehlender Unterscheidungskraft nicht entgegen, dass die Farbkombination des
beanspruchten Zeichens bei Antidepressiva nur von der Antragsgegnerin für das
Arzneimittel "Fluctin" verwendet wird.
cc)
Katzenfutter angenommen hat (BGH MarkenR 2001, 365, 368 - Farbmarke violett-
farben), kann deshalb aus den Kennzeichnungsgepflogenheiten bei Humanarznei-
mitteln allgemein auch auf die Verkehrsauffassung bei Antidepressiva geschlos-
sen werden. Eine Beschränkung der Betrachtung auf Produkte derselben Indika-
tion mit denselben speziellen Merkmalen würde vielmehr spezielle analytische
Überlegungen voraussetzen und nicht berücksichtigen, dass sich auf eher als ein-
heitlich empfundenen Warengebieten wie dem der typischen Arzneimittel, in wel-
chem zudem einheitliche Kennzeichengepflogenheiten festzustellen sind, insoweit
auch eher eine pauschale Verkehrsauffassung bildet. Was zB für Kreislaufmittel
oder Magenmittel als übliche Gestaltung angesehen wird, kann in der Regel auch
für eine andere Gruppe wie Antidepressiva nicht als Marke dienen.
dd)
metönen, wie zB die Präparate "Afonilium retard Retardkapseln" der Firma Abbott,
"Mucopront Kapseln" der Firma Mack, Illert, "Orfiril long 300 mg Retardkapseln der
Firma Desitin Arzneimittel usw.
Insoweit haben die Antragsstellerinnen und die Markenabteilung unter Vorlage
entsprechender Arzneimittelverzeichnisse wie der "Gelben Liste identa" zutreffend
- 24 -
ausgeführt, dass Arzneimittel - wie auch die Mitglieder des Senat aus eigener
Sachkunde und als Verbraucher wissen - eine erhebliche Formen- und nahezu un-
übersehbare Farbenvielfalt aufweisen und - anders als zB in bestimmten Produkt-
bereichen, in denen der Verkehr an bestimmte Hausfarben der Unternehmen ge-
wöhnt ist, wie zB bei Mineralölgesellschaften (vgl hierzu auch BGH Mar-
kenR 2001, 459, 463, 464 - Marlboro-Dach), oder bei Waren, die regelmäßig nicht
in dekorativer Art farbig gestaltet werden (vgl hierzu BGH MarkenR 2002, 121, 123
- grün eingefärbtes Prozessorgehäuse) - weder eine generelle betriebliche Zuord-
nung bestimmter Farben oder Farbkombinationen möglich ist noch bestimmte Indi-
kationsbereiche mit bestimmten Farben oder Farbkombinationen der vertriebenen
Arzneimittel belegt sind.
ee)
hersteller kann deshalb nur der Erfahrungssatz bestehen, dass im üblichen Rah-
men liegende farbliche Gestaltungen von Arzneimitteln keine markenmäßige
Funktion ausüben. Es kommt hinzu, dass nach den bereits in dem angegriffenen
Beschluss erwähnten Fundstellen (ua Stegemann, Pharmazeutische Zei-
tung 1998, 54, 55) und den Ausführungen der Beteiligten zur Bedeutung von Far-
ben als Compliancekriterium viel dafür spricht, dass Farben eine wahrnehmungs-
psychologische Funktion als Sachangabe ausüben, in dem sie für einen erhebli-
chen Anteil von Verbrauchern indikationsabhängig eine vermeintliche Wirkweise
bzw einen bestimmten Wirkstoff verkörpern. So wurde im Hinblick auf die erwarte-
te psychische Wirkung der roten Farbe eine beflügelnde Stimmung, den Farben
weiß, orange, rosa, dunkelblau, braun und violett eine eher besänftigende Wirkung
zugeordnet, während in Bezug auf das Herz zB 88 Prozent der Befragten mit einer
roten Kapsel eine blutdrucksteigernde Wirkeigenschaft des Arzneimittels, mit den
Farben weiß, rosa und braun eine beruhigende Wirkung auf das Herz verbanden.
b)
mittel durch bestimmte Merkmale, wie Form und Farbgestaltung mittels bestimm-
ter Verzeichnisse wie "Gelbe Liste identa" trotz der enormen Anzahl und Gestal-
- 25 -
tungsvielfalt in vielen Fällen eindeutig identifiziert und auf diese Weise einem Un-
ternehmen zugeordnet werden können. Denn die betriebliche Zuordnung ist ledig-
lich eine zwangsläufige Folge der - mit einer völlig anderen Zielrichtung - erzielten
Identifikation (wie zB die Ursache einer Medikamentenvergiftung herauszufinden)
und stellt zudem aus der Sicht des Fachverkehrs oder Verbrauchers insbesondere
auch nicht die bezweckte Funktion dieser unter anderem auf der Farbgebung ba-
sierenden Identifikationshilfe dar. Vielmehr verhält es sich mit Arzneimitteln so wie
zB in der Automobilbranche (aber auch anderen Branchen, etwa Bekleidung, Tep-
pichfußböden, Handys usw), wo die Produktfarbe bei analytischem Vorgehen die
Ermittlung des Herstellers ermöglichen kann, gleichwohl aber in der farblichen Ge-
staltung regelmäßig keine Marke gesehen wird.
c)
der arzneimittelrechtlich zwingend erforderlichen - zudem auch sichersten - wörtli-
chen Kennzeichnungspflicht und der hiermit verbundenen Kennzeichnungsgepflo-
genheiten daran gewöhnt ist, in der wörtlichen Bezeichnung das eigentliche be-
triebliche und auch produktbezogene Unterscheidungsmittel zu sehen.
d)
Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr ist - ist dieser schon im Ansatz nicht als
Indiz für das Bestehen markenrechtlicher Unterscheidungskraft geeignet. Insoweit
geht es nämlich um die Vermeidung einer Gefährdung des Patienten durch verse-
hentliche Einnahme eines Medikaments mit anderer Indikation, anderen Wirkstof-
fen, anderen Nebenwirkungen usw. Dem kann zwar durch Kennzeichnungsmittel
(in der Praxis insbesondere durch Wortmarken), aber ebenso durch Sachinforma-
tionen wie Angabe des Wirkstoffs, Nebenwirkungen, Kontraindikationen usw ent-
gegen gewirkt werden. Dagegen kann die Arzneimittelsicherheit durch die farbli-
che Gestaltung von Arzneimittelkapseln nach den Marktgegebenheiten gerade
nicht gewährleistet werden, weil es - was unter den Beteiligten unstreitig ist - eben
keine allgemein verbindliche Festlegung bestimmter Farben auf bestimmte Unter-
nehmen, bestimmte Indikationen, bestimmte Wirkstoffe usw gibt. Folglich kann die
- 26 -
gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Farbgestaltung von anderen Unterneh-
men für Arzneimittel mit ganz anderen, für den Patienten bei der konkret zu be-
handelnden Erkrankung schädlichen Wirkstoffen und Nebenwirkungen verwendet
werden und deshalb einen Gefahrentatbestand begründen, während gerade die
Verwendung für ein gleiches Arzneimittel eines anderen Unternehmens ungefähr-
lich wäre. Auch deshalb kann der eingereichten ärztlichen Stellungnahme und
dem Leserbrief zum Wiedererkennen unter anderen Antidepressiva keine wesent-
liche Bedeutung zukommen. Interessant ist auch, dass dort die Farben einmal mit
grün/beige und einmal mit grün/weiß bezeichnet sind, während es sich nach Anga-
be der Markeninhaberin um grün/creme handelt.
e)
nen Rezeptpflicht vornehmlich Fachkreise, wie Ärzte und Apotheker angespro-
chen sind (BGH GRUR 1995, 50, 52 - Indorektal / Indohexal; BGH MarkenR 2000,
138, 139 - Ketof / ETOP; BPatG Pharma Recht 2000, 217, 219 - Taxanil;
BPatGE 44, 33, 36-37 - ORBENIN), die im Umgang mit Arzneimitteln erfahren
sind und die Kennzeichnungsgepflogenheiten von Arzneimitteln sowie die Vielfalt
der Farbgebungen und deren Beliebigkeit genau kennen. Insbesondere Fachleute
wissen auch, dass Farben, wenn ihrer Auswahl nicht ausschließlich ästhetische
oder produktionsbedingte Gesichtspunkte zugrunde liegen, nach Kriterien der Arz-
neimittelsicherheit und als wahrnehmungspsychologisches Compliancekriterium
ausgewählt werden. Für diese, aber auch für die in gewissem Umfang mit einzu-
beziehenden Endverbraucher steht erfahrungsgemäß die farbige Gestaltung eines
Antidepressivums in der Darreichungsform einer Arzneimittelkapsel - ebenso we-
nig wie die Farbgebung sonstiger Humanarzneimittel in anderen Indikationsberei-
chen - nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts.
f)
ausgeführt, dass die Wahrnehmung durch die angesprochenen Verkehrskreise
nicht notwendig die gleiche sei wie bei einer Wortmarke oder Bild- oder dreidimen-
sionalen Marke, die nicht die Ware naturgetreu wiedergebe und welche gewöhn-
- 27 -
lich unmittelbar als herkunftshinweisende Zeichen verstanden würden. Es hat klar-
stellend hinzugefügt, dass allein die mögliche Gewohnheit der Verbraucher, die
Waren an ihren Farben zu erkennen, nicht genüge, um das Eintragungshindernis
fehlender Unterscheidungskraft aus dem Weg zu räumen. Eine solche Entwick-
lung der Wahrnehmung des Verkehrs, sofern sie feststehe, könne nur im Rahmen
der Verkehrsdurchsetzung Berücksichtigung finden. Das EuG hat es hierbei sogar
als unerheblich angesehen, dass die Markeninhaberin als einziges Unternehmen
entsprechend eingefärbte Tabletten verwendete, deren Farbbestandteil Rot nicht
zu den bei Reinigungsmitteln üblichen oder sogar typischen Aufmachungen zählte
(MarkenR 2001, 481, 486 Tz 54).
3)
zeichen als Gemeinschaftsmarke sowie in den USA und in Großbritannien einge-
tragen worden, rechtfertigt dies keine andere Bewertung.
a)
gung in den USA um eine gänzlich andere grafische Darstellung handelt. Aber
auch die weiteren Registrierungen, welche gleichfalls für "Antidepressiva in Kap-
selform mit Fluoxetinhydrochlorid" und in den Farben "grün" (Shionogi 220) und
"cremefarben" (Shionogi 83) erfolgt sind, betreffen nicht photographische, naturge-
treue Abbildungen einer farbigen Gelatinekapsel, sondern jeweils eine zeichneri-
sche, farbige Wiedergabe einer schwarz umrandeten zweidimensionalen Fläche.
Diese Art der Darstellung entspricht nicht der naturgetreuen Abbildung der Ware
selbst (vgl auch BGH MarkenR 2001, 34, 36 – Zahnpastastrang) und lässt zudem
- anders als eine photographische Wiedergabe einer Kapsel - unterschiedliche
Deutungen zu. Sie ist deshalb nicht mit dem angemeldeten Zeichen vergleichbar.
b)
urteilung der Schutzfähigkeit eines Zeichens insbesondere bezüglich der Unter-
scheidungskraft nicht durch andere Eintragungen präjudiziert ist (vgl BGH
BlPMZ 1998, 248, 249 – Today; vgl auch insbesondere zu dem unzutreffenden Ar-
- 28 -
gument einer Selbstbindung: Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 85-
87) und nationale wie auch internationale Eintragungen oder gerichtliche Entschei-
dungen nur Umstände darstellen, die für die Beurteilung der Schutzfähigkeit be-
rücksichtigt werden können, ohne jedoch entscheidend zu sein (EuG Mar-
kenR 2001, 320, 322 Tz 29 - EuroHealth; EuG MarkenR 2001, 418, 423, Tz 65 -
Waschmitteltablette - mwH). Dies bedeutet nicht, dass diesen nicht auch eine indi-
zielle Bedeutung im Einzelfall zukommen kann, so etwa im Rahmen der Prüfung
eines Freihaltungsbedürfnisses an fremdsprachigen ausländischen Bezeichnun-
gen (vgl hierzu BGH MarkenR 2000, 420, 422 - RATIONAL SOFTWARE CORPO-
RATION mwH; BGH MarkenR 2001, 304, 305-306 - GENESCAN). Insoweit be-
steht vorliegend jedoch keine Veranlassung, aus der bloßen Tatsache, dass ein
nur ähnliches Zeichen als EU-Marke eingetragen worden ist, auf eine derartige In-
dizwirkung zu schließen.
C) Freihaltungsbedürfnis
Ob auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG im Zeitpunkt der
Anmeldung vorlag und noch im Entscheidungszeitpunkt fortbesteht, wofür die Mar-
kenabteilung durchaus beachtliche Gründe angeführt hat, kann letztlich dahinste-
hen, da die Löschung des angegriffenen Zeichen bereits zu Recht wegen des
Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft angeordnet worden ist.
D) Verkehrsdurchsetzung
Auch soweit die Antragsgegnerin hilfsweise eine Verkehrsdurchsetzung der ange-
griffenen Marke gemäß § 8 Abs 3 MarkenG geltend macht, führt dies zu keinem
anderen Ergebnis.
1)
der Markeninhaberin hilfsweise gestellte Antrag auf Ermittlung der Verkehrsdurch-
setzung auch im Rahmen des vorliegenden Löschungsverfahrens zulässig ist und
- 29 -
wegen des nach § 50 Abs 2 Satz 1 MarkenG maßgeblichen Zeitpunktes des Be-
stehens eines Schutzhindernisses auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den
Löschungsantrag die Geltendmachung einer nachträglichen Verkehrsdurchset-
zung im Sinne von § 8 Abs 3 MarkenG ermöglicht (vgl Althammer/Ströbele/Klaka
MarkenG, 6. Aufl, § 50 Rdn 15; Fezer MarkenR, 3. Aufl, § 50 Rdn 31). So heißt es
auch in der Begründung zum Gesetzesentwurf (BlfPMZ 1994, Sonderheft S 84) zu
§ 37 und Prüfung absoluter Schutzhindernisse:
"In diesem Zusammenhang ist weiter darauf hinzuweisen, dass
nach § 50 Abs 2 eine Löschung nicht in Betracht kommt, wenn die
Eintragung an sich nicht hätte gewährt werden dürfen, die Ver-
kehrsdurchsetzung aber nach der Eintragung erreicht worden ist.
Allerdings findet in diesen Konstellationen keine Prioritätsverschie-
bung statt, die zu einem Vorrang von 'Zwischenrechten' führen
würde. Die 'Zwischenrechte' können aber ihrerseits nicht gelöscht
werden (§ 51 Abs 4 Nr 2); ihre Benutzung kann nicht untersagt
werden (§ 22 Abs 1 Nr 2)."
Der Gesetzgeber hat danach mit der Regelung des § 50 Abs 2 Satz 1 MarkenG,
wonach eine Löschungsreife noch im Entscheidungszeitpunkt fortbestehen muss -
- abweichend von § 10 Abs 2 Satz 1 Nr 2 WZG - die Möglichkeit der Geltendma-
chung einer nachträglichen Verkehrsdurchsetzung in das Löschungsverfahren oh-
ne Prioritätsverschiebung einbeziehen wollen (vgl Begründung zum Gesetzesent-
wurf, BlfPMZ aaO S 90). Er hat deshalb auch in § 51 Abs 4 Nr 2 MarkenG bzw im
markenrechtlichen Verletzungsstreitverfahren mit § 22 Abs 1 Nr 2 ein Korrektiv ge-
schaffen, wonach die Zwischenrechte ihrerseits nicht aufgrund des Rechts mit äl-
terem Zeitrang gelöscht werden können oder ihre Benutzung untersagt werden
kann, sondern ein Recht auf Koexistenz besitzen (vgl auch Begründung zum Ge-
setzesentwurf BlfPMZ aaO S 84 und S 90 sowie Althammer/Ströbele/Klaka Mar-
kenG, 6. Aufl, § 50 Rdn 15 und § 22 Rdn 9 und 12 MarkenG, aA Fezer, MarkenR,
3. Aufl, § 50 Rdn 33 - für die Priorität gegenüber dem Zwischenrecht auf den Zeit-
- 30 -
punkt des Wegfalls des Schutzhindernisses abstellend). Bereits aus diesem Grund
sind entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin II die von der Markeninha-
berin vorgelegten Unterlagen zur Darlegung einer Verkehrsdurchsetzung auch in-
soweit beachtlich, als sie sich auf einen Zeitraum nach der Anmeldung
(7. Mai 1997) der angegriffenen Marke beziehen.
2)
einen Anspruch auf Ermittlung der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 Mar-
kenG an der hierzu erforderlichen Glaubhaftmachung hinreichender Anfangstatsa-
chen fehlt, die eine Verkehrsdurchsetzung als möglich erscheinen lassen. Die
Markeninhaberin hat auch im Beschwerdeverfahren keine weiteren Umstände gel-
tend gemacht, welche eine hiervon abweichende Beurteilung rechtfertigen könn-
ten.
a)
durch Verkehrsdurchsetzung muss schlüssig dargelegt und durch entsprechendes
Tatsachenmaterial belegt werden (vgl etwa BPatGE 7, 154; Althammer/Ströbele,
MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 210 f; BPatG GRUR 2000, 428, 431 – Farbmarke
gelb/schwarz). Diese Grundlagen hat die Markeninhaberin nicht geschaffen und
insbesondere nicht glaubhaft gemacht, dass der für eine Verkehrsdurchsetzung
erforderliche Bekanntheitsgrad gegeben sein könnte. Somit fehlt es schon an den
erforderlichen Anfangstatsachen und einem Grad an Erfolgsaussicht, der den er-
heblichen Ermittlungsaufwand hinsichtlich der Feststellung eines ausreichenden
Bekanntheitsgrades in den beteiligten Verkehrskreisen rechtfertigen könnte (vgl zu
diesen Voraussetzungen: Berlit, Der Begriff der Verkehrsdurchsetzung,
WRP 2002, 636, 638).
b)
geführt, dass für den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung nicht nur auf generelle
und abstrakte Angaben wie zB bestimmte Prozentsätze abgestellt werden dürfe.
Vielmehr sind im Einzelfall in einer Gesamtschau die maßgeblichen Gesichtspunk-
- 31 -
te zu prüfen und die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen, wenn zumindest ein
erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Ware aufgrund der Marke als
von bestimmten Unternehmen stammend erkennt, wobei auch der EuGH durch-
aus eine Differenzierung nach dem Bekanntheitsgrad der beschreibenden Angabe
vornimmt (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 201). Zwischenzeit-
lich hat der Bundesgerichtshof seine frühere Auffassung bekräftigt, dass der Be-
kanntheitsgrad im Regelfall nicht unterhalb von 50 % liegen dürfe (MarkenR 2001,
363, 365 - Reich und Schön).
c)
im Ausland, vornehmlich in den USA und in anderen europäischen Staaten unter
der Bezeichnung "Prozac" erhältliches Antidepressivum betreffen, lassen diese
bereits deshalb keine Rückschlüsse auf eine Verkehrsdurchsetzung im Sinne von
§ 8 Abs 3 MarkenG zu, weil es hierfür allein auf die Bekanntheit im Inland an-
kommt, zumal die Antragsgegnerin insoweit auch kein weiteres geeignetes Tatsa-
chenmaterial wie Umsatzzahlen, Marktanalysen, Werbeaufwendungen usw vorge-
legt hat. Hinreichende Indizien dafür, dass das angegriffene Zeichen bei den inlän-
dischen Verkehrskreisen dennoch durch die Benutzung im Ausland eine hinrei-
chende Bekanntheit erlangt hat, bestehen auch im Hinblick auf die einzelnen Be-
richterstattungen in der Presse nicht.
d)
der Bezeichnung "Fluctin" erhältlichen Antidepressivums beruft, dessen abgebilde-
te grün/creme-farbige Kapsel
deutlich erkennbar die Firmenaufschrift "Lilly" und zudem die Nummer 3105 auf-
weist, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Denn selbst wenn man unterstellt,
dass der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung des angegriffenen Bildzeichens
durch die Verwendung einer entsprechenden farbigen Arzneimittelkapsel grund-
- 32 -
sätzlich geführt werden kann, so lassen die hierzu eingereichten Unterlagen den-
noch keine hinreichenden Rückschlüsse darauf zu, dass eine Verkehrsdurchset-
zung im Sinne von § 8 Abs 3 MarkenG vorliegen könnte. Wird nämlich die Erwar-
tung der beteiligten Verkehrskreise bezüglich der Kennzeichnung eines Arzneimit-
tels an sich schon durch die auf der Verpackung angebrachte übliche Wortmarke
erfüllt und trägt dann die Arzneimittelkapsel selbst noch ein ebenfalls kennzeich-
nungskräftiges Wort, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass auch in der unauffäl-
ligen und für Arzneimittel allgemein nicht unüblichen farblichen Gestaltung ein wei-
teres selbständiges Kennzeichen gesehen wird.
aa)
ärztlichen Stellungnahmen, die Aufstellung von Markteinführungs- sowie Markt-
pflegekosten könnten somit zwar als Glaubhaftmachungsmaterial für eine Ver-
kehrsdurchsetzung der Produktmarke "Fluctin" oder auch der Unternehmensmar-
ke "Lilly", nicht aber der farbigen Gestaltung der Ware dienen. Insoweit stützt sich
der Senat allerdings nicht auf den Gesichtspunkt der Antragstellerin I, dass Um-
stände, die erst nach dem Erwerbsvorgang und hier sogar erst nach Öffnung der
Blisterpackungen sichtbar werden, nicht herangezogen werden dürfen. Auch wenn
solche Umstände generell geeignet erscheinen können, den Bekanntheitsgrad ei-
ner Kennzeichnung zu fördern und deshalb im Rahmen der Prüfung der Verkehrs-
durchsetzung beachtlich sind, trifft dies hier nicht zu, weil dann immer noch der
Wortbestandteil "Lilly" deutlich gegenüber der farbigen Warengestaltung dominiert.
bb)
zung des Bestandteils eines aus mehreren Elementen bestehenden Gesamtzei-
chens (zB Wort-Bildmarke) heranzuziehen. Danach ist der Nachweis für jeden Be-
standteil zu führen, sofern nicht der Gesamteindruck der Kombination durch den
fraglichen Markenteil beherrscht wird und die weiteren Elemente daneben keine
betriebliche Hinweiswirkung entfalten. Als beherrschender Bestandteil beim An-
blick der Kapseln - wenn man also von der Hauptmarke "Fluctin" sogar einmal ab-
sieht - kommt vorliegend nur "Lilly" in Betracht, aber nicht die Aufmachung der
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Ware selbst (vgl hierzu Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 182; Berlit
WRP 2002, 636).
cc)
sionssachen ein erkennbares Unternehmenskennzeichen branchenbedingt in der
Bedeutung für den Gesamteindruck häufig zurücktritt (vgl BGH - GRUR 1998, 815,
817 - Nitrangin / Nitrangin Isis; BGH GRUR 1996, 404, 405 - Blendax Pep). Denn
dieser Erfahrungssatz schließt nicht aus, dass sich der Verkehr im Einzelfall - ins-
besondere bei schutzunfähigen oder kennzeichnungsschwachen sonstigen Ele-
menten - doch an diesem Unternehmenskennzeichen orientiert (vgl BGH Mar-
kenR 2002, 49 – ASTRA/ESTRA-PUREN mwN; vgl auch BPatG GRUR 1998,
821, 823 - Tumarol / DURADOL Mundipharma). Bei einem Vergleich der hier ver-
wendeten Bestandteile hat der Senat keinen Zweifel, dass die angesprochenen
Verkehrskreise bei der Begegnung mit dem von der Markeninhaberin vertriebenen
Produkt nur den oder die Wortbestandteil(e), nicht aber die Farbgestaltung als
Marke(n) ansehen.
dd)
scheidung (BGH GRUR 2002, 171) entgegen, wo die Möglichkeit einer Verwechs-
lungsgefahr aufgrund von Bildelementen trotz der auf den Zigarettenschachteln
angebrachten Wortmarken im Hinblick auf den Erfahrungssatz erörtert wird, dass
Raucher daran gewöhnt seien, dass bildliche Gestaltungselemente einschließlich
geometrischer Formen und Farben auf Zigarettenpackungen bewusst zur Unter-
scheidung von Zigaretten anderer Herkunft eingesetzt werden. Bei Arzneimitteln
gibt es erfahrungsgemäß - was auch die Mitglieder des Senats beurteilen können -
eine solche Übung nicht. Vielmehr verwenden Arzneimittelhersteller jeweils eine
ganze Palette unterschiedlicher Farbgebungen und Formen, die sich bei anderen
Herstellern in gleicher oder ganz ähnlicher Weise wiederholen. Die äußere Pro-
duktgestaltung wird zudem nicht selten geändert. Auch im Hinblick auf ein eng be-
grenztes Spezialgebiet (hier Antidepressiva mit einem bestimmten Wirkstoff) liegt
es fern, darin eine Marke zu sehen, weil der Verkehr entsprechende Gestaltungen
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auf anderen Gebieten anderen Unternehmen zuordnen müssten. Was bei weit
entfernten Waren möglich ist, verstößt aber auf dem eher homogenen Gebiet der
Arzneimittel gegen die Erwartungshaltung der angesprochenen Verkehrskreise.
Die Markeninhaberin hat auch keinerlei Material vorgelegt, welches eine besonde-
re Herausstellung und Bewerbung des angegriffenen Bildzeichens oder der ge-
wählten Farbgestaltung erkennen ließe und deshalb dennoch für eine Verkehrs-
durchsetzung als eigenständige Kennzeichnung sprechen könnte.
e)
scheidungskraft einer Kapsel, die der beanspruchten Darstellung entspricht, wäre
es aber erfahrungswidrig anzunehmen, dass der Verkehr der farbig angemeldeten
Bildmarke eine eigenständige kennzeichnende Wirkung bzw Unterscheidungskraft
beimisst.
Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin II
Die von der Antragstellerin II erst nach Ablauf der Beschwerdefrist am 18. Fe-
bruar 2002 beim Bundespatentgericht eingelegte Anschlussbeschwerde ist gemäß
der nach § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG entsprechend anzuwendenden Vorschrift
des 577 a Satz 1 und Satz 2 ZPO aF als unselbständige Anschlussbeschwerde zu
behandeln und wirksam erhoben (ebenso § 567 Abs 3 Satz 2 ZPO nF für die nach
§ 26 Nr 10 EGZPO hier nicht maßgeblichen Beschwerdeverfahren über Entschei-
dungen, die seit dem 1. Januar 2002 ergangen sind). Sie ist jedoch unzulässig
und deshalb zu verwerfen (§ 70 Abs 2 MarkenG).
Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die unselbständige Anschlussbeschwerde
keine eigenständige Beschwer des Anschlussbeschwerdeführers als Zulässig-
keitsvoraussetzung voraussetzt (so die herrschende Auffassung vgl zB Altham-
mer/Ströbele MarkenG 6. Aufl, § 66 Rdn 45; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl, § 577a
Rdn 6; Zöller ZPO 21. Aufl, § 577a Rdn 3 und 5, 23. Aufl, § 567 ZPO nF). Denn
die unter Ziffer 3 des Beschlusstenors des angegriffenen Beschlusses getroffene
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Feststellung, dass die Bestimmung des § 8 Abs 3 MarkenG im Löschungsverfah-
ren anwendbar sei, stellt lediglich die Wiedergabe einer Rechtsmeinung der Mar-
kenabteilung dar und enthält keine Entscheidung über den Streitgegenstand des
Löschungsverfahrens, welche die Anschlussbeschwerdeführerin beschweren
könnte. Es fehlt deshalb an einem auch für die Zulässigkeit der unselbständigen
Anschlussbeschwerde erforderlichen Rechtsschutzinteresse der Anschlussbe-
schwerdeführerin (vgl hierzu auch Fezer, Markenrecht, 3. Aufl, § 66 Rdn 6 mwN;
Zöller ZPO, 23. Aufl, Vor § 511 Rdn 11). Ebenso wie sich die Frage einer Be-
schwer nach dem rechtskraftfähigen Inhalt einer Entscheidung, also der Urteilsfor-
mel, und den eventuell zur Auslegung heranzuziehen Gründen bestimmt (vgl hier-
zu Zöller ZPO, 23. Aufl, Vor § 511 Rdn 10), richtet sich auch die Frage eines erfor-
derlichen Rechtsschutzbedürfnisses danach, ob die Beschwerdeführerin an der
Aufhebung des angegriffenen Beschlusstenors ein Rechtsschutzinteresse besitzt.
Die aus einer bloßen Wiedergabe einer Rechtsauffassung bestehende Urteilsfor-
mel kann deshalb - auch wenn Rechtsauffassungen zutreffender Weise nicht Ge-
genstand einer Urteilsformel sind, sondern der Gründe - kein Rechtsschutzbedürf-
nis für eine Anschlussbeschwerde begründen. Die Anschlussbeschwerde der An-
tragsstellerin II erweist sich deshalb als unzulässig und war zu verwerfen.
Der Senat hat der Anregung der Antragsgegnerin folgend die Rechtsbeschwerde
gemäß § 83 Abs 2 MarkenG unbeschränkt zugelassen.
Kliems Brandt Engels
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Abb. 1