Urteil des BPatG vom 06.12.2006

BPatG (beschreibende angabe, sport, marke, alkoholisches getränk, beschwerde, bier, ware, unterscheidungskraft, patent, verwendung)

BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 99/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 17 912.0
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung …
in der Sitzung vom 6. Dezember 2006
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts
BPatG 152
08.05
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vom 29. Januar 2004 insoweit aufgehoben, als die angemeldete
Marke für die Ware „Fleischextrakte“ zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 8. April 2003 für Waren der Klassen 29, 30 und 32 angemeldete Wort-
marke
SPORT
ist von der mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzten Markenstelle
für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom
29. Januar 2004 teilweise, nämlich für die Waren
„Fleischextrakte, Milch und Milchprodukte, Biere, Mineralwässer
und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke,
Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für
die Zubereitung von Getränken“
zurückgewiesen worden. Bezüglich dieser Waren (bis auf Biere) sei die Angabe
„SPORT“ als Bestimmungsangabe anzusehen. Der Verbraucher werde darüber
informiert, dass die so gekennzeichneten Waren als Nahrungsergänzungsmittel
bzw. als Sportlernahrung dienten. Der Marke fehle als Bestimmungsangabe jegli-
che Unterscheidungskraft und es bestehe insoweit auch ein Freihaltungsbedürfnis
zugunsten der Mitbewerber. Bezüglich der Ware „Biere“ greife das Eintragungs-
verbot der offensichtlichen Täuschungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG
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ein, da Bier als alkoholisches Getränk nicht als Nahrungsergänzungsmittel für
Sportler bzw. als Sportlernahrung geeignet sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Unter Be-
zugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt sie die Auffassung,
„SPORT“ sei keine unmittelbar beschreibende Angabe. Bei „Sport“ handele es
sich um einen sowohl im Deutschen als auch im Englischen mehrdeutigen Begriff.
Ihr Eintragungsbegehren stützt die Anmelderin weiterhin auf die Eintragungspraxis
des Deutschen Patent- und Markenamts und die Rechtsprechung des Bundespa-
tentgerichts und des Bundesgerichtshofs. Das Deutsche Patent- und Markenamt
habe Marken eingetragen, bei denen viel eher ein Bestimmungshinweis gegeben
sei als bei der Marke „SPORT“.
In einem Zwischenbescheid des Vorsitzenden vom 5. Mai 2006 ist die Anmelderin
darauf hingewiesen worden, dass ein Erfolg der Beschwerde nur hinsichtlich der
Ware „Fleischextrakte“ in Aussicht gestellt werden könne. Dem Bescheid beige-
fügt waren diverse Internetausdrucke, die eine Verwendung des Wortes „SPORT“
im Zusammenhang mit der Ware Bier belegen.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist, da sie vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt
wurde, ohne vorherige Erinnerung statthaft und auch sonst zulässig (§ 66, § 165
Abs. 4 MarkenG a. F.). Des weiteren ist nach der Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofes davon auszugehen, dass die im Rubrum genannte ursprüngliche An-
melderin auch nach der im Laufe des Beschwerdeverfahrens vorgenommenen
Teilübertragung der Anmeldung u. a. für - soweit im vorliegenden Verfahren von
Interesse - die Ware „Fleischextrakte“ in vollem Umfang verfahrensführungsbefugt
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ist, nachdem sich die Erwerberin (A… GmbH & Co. KG)
nicht
am
Beschwerdeverfahren beteiligt hat (vgl. BGH GRUR 2000, 892 - MTS). In der Sa-
che hat die Beschwerde aber nur zu einem geringen Teil Erfolg, nämlich soweit
die angemeldete Marke für „Fleischextrakte“ beansprucht wird; im Übrigen ist ihr
der Erfolg zu versagen.
1. Bezüglich der Waren „Milch und Milchprodukte, Biere, Mineralwässer und koh-
lensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und
Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ fehlt
der Marke jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke inne-
wohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die be-
anspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unterneh-
men aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 - Linde, Winward
und Rado). Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der so
gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Prüfung, ob
das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der
Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, einge-
hend und umfassend sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 - Libertel, Nr. 59; GRUR
2004, 674 - Postkantoor, Nr. 123). Kann einer Marke ein für die beanspruchten
Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet
werden und/oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen
Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches
und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so entbehrt sie jeglicher
Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - Cityservice).
Das Wort „SPORT“ wird der Verkehr für die vorgenannten Waren als eine im Vor-
dergrund des Verständnisses stehende beschreibende Angabe ansehen. Die von
diesen Waren angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise werden die
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Marke in der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung verstehen, nämlich
dass die so gekennzeichneten Waren insbesondere zur Ernährung von Sportlern
bestimmt sind. Milch und Milchprodukte, alkoholfreie Getränke und Fruchtgetränke
werden im Inland häufig in Verbindung mit Sport verwendet. Dem Verbraucher soll
das Gefühl vermittelt werden, dass diese Produkte sich an Personen richten, die
Sport treiben. Für Milchschnitten als Milchprodukt werben beispielsweise in
Deutschland erfolgreiche Tennisspielerinnen. Auch bei zahlreichen Fitnessgeträn-
ken wird vielfach ein Bezug zu sportlichen Aktivitäten hergestellt.
Dies gilt auch für die Ware Bier. Das zeigen die vom Senat ermittelten Internet-
ausdrucke. So heißt es z.
B. in dem Internet-Ausdruck www.hr-online.de-
/website/rubrik, Bier sei ein optimales Sportlergetränk. Wer nach dem Sport
alkoholfreies Bier in Maßen trinke, verbessere seine Leistung. Auch die der An-
melderin übermittelten Suchlisten von B… belegen eine vielfache Verwendung
des Wortes „Sport“ im Zusammenhang mit Bier.
Aus der Schutzgewährung für andere Marken vermag die Anmelderin nichts zu
ihren Gunsten herzuleiten. Inländische Voreintragungen selbst identischer Marken
führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundge-
setzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen Stellen, wel-
che über die Eintragung zu befinden haben. Denn die Entscheidung über die
Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage
dar (vgl. z. B. BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatG 32,5 - CREATION GROSS).
Ob Sport für die vorstehend genannten Waren zusätzlich auch als Produktmerk-
malsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausge-
schlossen ist, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
2. Eine andere Beurteilung ist jedoch für die von der Markenstelle ebenfalls ver-
sagten Waren „Fleischextrakte“ angezeigt. Für diese Waren entbehrt „SPORT“
nicht des notwendigen Mindestmaßes an betriebskennzeichnender Hinweiskraft.
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Insoweit erscheint die Entscheidung der Markenstelle zudem nicht frei von Wider-
sprüchen, wenn sie einerseits „Fleischextrakte“ nicht einträgt, andererseits aber
Waren wie z. B „Fleisch, Fisch, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst
und Gemüse“ für eintragsfähig hält. Bezüglich der Waren „Fleischextrakte“ stellt
„SPORT“ auch keine Produktmerkmalsbezeichnung dar.
gez.
Unterschriften