Urteil des BPatG vom 16.12.2003

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BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 429/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 397 00 508
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hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 16. Dezember 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Winkler, des Richters Baumgärtner und der Richterin Dr. Hock
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die am 30. Juli 1997 veröffentlichte Eintragung der Marke 397 00 508
siehe Abb. 1 am Ende
mit dem Warenverzeichnis
18:
Taschen, Beutel, Reise- und Handkoffer, Geldbeutel, Schlüs-
seltaschen, Brieftaschen, Rucksäcke, Sport- und Reiseta-
schen, Sonnen- und Regenschirme aus Leder und/oder Le-
derimitationen;
24:
Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Textilstoffe für
Tisch- und Bettwäsche; Rollos und Gardinen aus textilen
Materialien:
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25:
T-Shirts, Sweat-Shirts, Polo-Shirts (langarmig, kurzarmig),
Sport- und Freizeitbekleidung, Kappen, Hüte, Mützen, Tü-
cher, Hemden, Shorts, Unterwäsche, Strumpfwaren, Schuhe,
Jacken, Mäntel, Westen; Schuhe aus Leder und/oder Le-
derimitationen“
ist am 19. September 1997 Widerspruch erhoben worden, aufgrund der für die
Waren
„Miederwaren, nämlich Mieder, Korsetts, Korseletts, Hüfthalter und
Hüftformer, soweit in Klasse 25 enthalten, Strumpfhaltegürtel,
Tanzgürtel, Büstenhalter“
am 29. Mai 1961 eingetragenen Marke 749 286
Rondy.
Der Widerspruch richtet sich gegen folgende Waren der angegriffenen Marke
„Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; T-Shirts, Sweat-Shirts,
Polo-Shirts (langarmig, kurzarmig), Sport- und Freizeitbekleidung,
Tücher, Hemden, Shorts, Unterwäsche, Strumpfwaren, Jacken,
Mäntel, Westen“.
Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 21. Januar 1998 die Benutzung der
Widerspruchsmarke gemäß „§ 43 (1) MarkenG“ bestritten. Daraufhin hat die Wi-
dersprechende unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung die Benutzung
der Marke geltend gemacht. Sie hat ausgeführt, daß die Marke „Rondy“ zur Kenn-
zeichnung von Damenunterbekleidung verwendet werde und Ausführungen zu
den Stückzahlen für „Slips“ und „Hemdchen“ gemacht.
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Die Markenstelle für Klasse 18 hat den Widerspruch durch Beschluß vom
29. Dezember 1999 zurückgewiesen und diese Entscheidung mit Erinnerungs-
beschluß vom 10. Oktober 2002 bestätigt. Sie hat ausgeführt, daß die von der Wi-
dersprechenden vorgelegte eidesstattliche Versicherung lediglich Absatzzahlen für
die Waren „Hemdchen“ und „Slips“ angebe. Aus den beigefügten Etiketten ergebe
sich, daß die unter der Marke „Rondy“ vertriebenen Slips aus Baumwolle bestün-
den. Unter den Begriff der Miederwaren ließen sich aber allenfalls aus dehnbaren
Kunstfaserstoff bestehende Waren subsumieren. Die Marke müsse gemäß § 26
Abs 1 MarkenG für die Waren benutzt werden, für die sie eingetragen sei. Mie-
derwaren umfaßten weder in der Fachsprache noch nach dem allgemeinen
Sprachgebrauch Baumwollslips und Hemdchen. Auch „Hüftslips“ ließen sich je-
denfalls, wenn sie aus Baumwolle gefertigt seien und somit gerade über keine
formende Funktion verfügten, nicht unter die Ware „Hüftformer“ subsumieren.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie
hat eine eidesstattliche Versicherung vom 6. März 2003 vorgelegt und für den
Zeitraum vom 10. Oktober 1997 bis zum 10. Oktober 2002 ausgeführt, daß in der
Bundesrepublik Deutschland unter der streitgegenständlichen Marke 192 413
Stück Damenunterbekleidung verkauft worden seien. Die Marke werde u.a. für
„Hüftslips“ benutzt. Diese seien unter die Begriffe „Miederwaren“ bzw „Hüftformer“
zu subsumieren. Die Kundin von heute suche leicht und unsichtbar formende Mie-
derwaren im Gegensatz zum früher gebräuchlichen klassischen Korsett bzw zur
klassischen Miederhose, deren Formkraft sich in erster Linie aus den verwendeten
Materialien (in der Regel Elastan) ergebe. Aus diesem Grunde werde zunehmend
versucht, durch besondere Schnittführung, Nähtechnik und doppellagige Verar-
beitung Formkraft auch bei der Verarbeitung klassischer Baumwolle ohne
Elastanbeimischungen zu erzielen. Der Hüftslip „Rondy“ gehöre dieser neuen Ge-
neration von „Softformern“ an.
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Sie beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der
streitgegenständlichen Marke im Umfang des eingelegten Wider-
spruchs im Markenregister zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat sich im Verfahren vor dem Bundespatentgericht zur Sache nicht geäußert.
Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie ausgeführt, daß „Slips“ und „Hemdchen“
aus 100% Baumwolle weich und völlig ungeeignet seien, formende Kräfte auf den
Körper der Trägerin auszuüben. Es handle sich somit um keine Miederwaren.
Auch seien die in der eidesstattlichen Versicherung genannten Waren keinem der
weiteren im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten Begriffe zu-
zuordnen. Damit sei eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für
die Waren, für welche sie eingetragen sei, nicht glaubhaft gemacht.
Der Senat hat den Parteien mit einem Zwischenbescheid Ermittlungsunterlagen
zugesandt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle für Klasse 18 hat
den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen, weil die Widersprechende die zuläs-
sig bestrittene Benutzung ihrer Marke nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat
(§§ 43 Abs 1, 26 MarkenG).
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Mit dem bei Gericht am 22. Januar 1998 eingegangenen Schriftsatz hat die Mar-
keninhaberin gemäß § 43 (1) MarkenG die Benutzung der Widerspruchsmarke
bestritten, mangels entsprechender Einschränkung ist daher davon auszugehen,
daß die Benutzung sowohl gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 als auch Satz 2 MarkenG in
Frage gestellt wird. Es wäre daher Aufgabe der Widersprechenden gewesen,
glaubhaft zu machen, daß die Widerspruchsmarke innerhalb der letzten 5 Jahre
vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke sowie innerhalb
der letzten 5 Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch rechtserhaltend
benutzt worden ist.
Glaubhaft zu machen ist die Verwendung der Marke nach Art, Zeit, Ort und Um-
fang; diese Erfordernisse müssen insgesamt erfüllt sein. Dabei muß die Marke für
die Waren benutzt werden, für die sie eingetragen ist, eine Benutzung für lediglich
ähnliche Waren reicht nicht aus (vgl OLG Hamburg GRUR 1997, 843
- MATADOR). Bei der Frage, ob die tatsächlich mit der Marke gekennzeichneten
Waren unter entsprechende Begriffe im Dienstleistungsverzeichnis fallen, darf da-
bei nicht ohne weiteres nur von dem allgemeinen Sprachgebrauch ausgegangen
werden, vielmehr ist die auch im Zusammenhang mit der Klasseneinteilung und
der Frage der Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen verwendete Fachter-
minologie heranzuziehen (Ströbele/Hacker, 7. Aufl, § 26 Rz 199).
Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende geltend gemacht, daß die Marke
„Rondy“ für „Hemdchen“ und „Slips“ insbesondere auch „Hüftslips“ - aus Baum-
wolle ohne Elastanbeimischungen - verwendet werde. Dies ergibt sich aus den
von der Widersprechenden vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nebst
Anlagen, zuletzt der eidesstattlichen Versicherung vom 6. März 2003.
Eingetragen ist die Widerspruchsmarke für „Miederwaren, nämlich Mieder, Kor-
setts, Korseletts, Hüfthalter und Hüftformer, soweit in Klasse 25 enthalten,
Strumpfhaltergürtel, Tanzgürtel, Büstenhalter“. Die von der Widersprechenden
vertriebene Damenunterwäsche, insbesondere auch die Hüftslips lassen sich auf-
- 7 -
grund der verwendeten Materialien nicht unter dem Begriff der “Miederwaren“
subsumieren. „Miederwaren“ ist ein Sammelbegriff für alle hauteng geformten,
elastischen oder teilelastischen Unterbekleidungsstücke für Damen mit stützender
oder formender, zum Teil mit nur figurkosmetischer Wirkung. Gefordert wird dabei
im Sinne einer korrekten Paßform ein hohes Maß an Bewegungsfreiheit, die we-
gen des weichen und gleichzeitig straffen Zugverhaltens zur Einarbeitung von
Elastan möglich ist (vgl Textil- und Modelexikon, 1997, S 568, 569). Auch in einer
„Mode, Markt und Marketing“ betitelten Schrift, 1994 in Zusammenarbeit mit der
hier Widersprechenden entstanden, wird unter dem Begriff „Miederhosen“ ausge-
führt, daß diese „je nach Zugkraft des Elastikstoffes und je nach Schnitt stärker
oder leichter formend“ seien. Ebenso hat eine vom Senat durchgeführte Internet-
recherche ergeben, daß die als Miederwaren bezeichneten Produkte grundsätzlich
einen Elastan- bzw Polyesteranteil enthalten und niemals aus reiner Baumwolle
gefertigt sind (vgl zB www.neckermann-katalog.de/miederwaren; www.korsagen-
shop.de; www.produkthimmel.de).
Das ursprüngliche Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthielt im übrigen
auch die Begriffe „Leibwäsche“ und „Schlüpfer“, worauf der Senat in einem Zwi-
schenbescheid unter Hinweis auf die Historie des Warenverzeichnisses Bezug
genommen hat. Zwar hat die Widersprechende daraufhin vorgetragen, daß aus
Sicht der Widersprechenden keine Notwendigkeit bestanden habe, in der jüngeren
Vergangenheit eine deutsche Zusatzanmeldung „Rondy“ für die 1961 zurückgezo-
genen Waren „Leibwäsche, Schlüpfer“ zu tätigen. Zu berücksichtigen ist in diesem
Zusammenhang allerdings, daß die Beschränkung des Warenverzeichnisses im
Jahr 1961 im Zusammenhang mit einem anderweitigen Widerspruchsverfahren
erfolgt ist und nicht deshalb, weil die Begriffe „Leibwäsche“ und „Schlüpfer“ bereits
unter dem Oberbegriff „Miederwaren“ und damit quasi doppelt im Warenverzeich-
nis enthalten waren. Der Begriff „Miederwaren“ ist auch aus diesem Grunde eng
auszulegen, so daß eine rechtserhaltende Benutzung zu verneinen ist.
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Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß aus Gründen der
Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens
gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.
Winkler Baumgärtner Dr.
Hock
Cl
Abb. 1