Urteil des BPatG vom 13.03.2017

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BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 206/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 07 241.9
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 12. Februar 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
08.05
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G r ü n d e
I.
Angemeldet für die Waren
„Datenverarbeitungsgeräte und Computer; elektronische Über-
setzer/elektronisches Wörterbuch“
ist die Wortmarke
„Electronic Dictionary“
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die An-
meldung wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke und eines bestehen-
den Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen, da die beanspruchte Wortfolge in
ihrer deutschen Bedeutung „elektronisches Wörterbuch“ rein beschreibend sei und
lediglich darauf hinweise, dass die Waren derartige Wörterbücher enthielten oder
dafür bestimmt bzw. geeignet seien.
Gegen diese Entscheidung eines Prüfers des gehobenen Dienstes richtet sich die
Beschwerde der Anmelderin, die sie damit begründet, dass die Marke nicht als be-
schreibend angesehen werden könne, da im betroffenen Warenbereich eine sol-
che Wortfolge nicht gebräuchlich sei. Auch die vom Senat vorab übermittelten Ver-
wendungsbeispiele aus dem Internet gingen teilweise auf Veröffentlichungen der
Anmelderin zurück, die die Wortfolge selbstverständlich benutze und ihre Produkte
entsprechend bewerbe; im Übrigen richteten sich die Fundstellen an einen speziell
informierten Benutzerkreis oder stammten aus dem englischen Sprachraum. Da
die Wortfolge weder in ihrer Gesamtheit noch in ihren Einzelbestandteilen in
deutschen Wörterbüchern aufgeführt sei, könne sie nicht der deutschen Umgangs-
sprache zugerechnet werden; die Verwendung in der Fachliteratur reiche dafür je-
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denfalls nicht aus, zumal die Wortfolge nicht ohne weiteres verständlich sei. Nach-
dem Mitbewerber auf andere Begriffsbildungen zur Beschreibung ihrer Produkte
zurückgriffen, bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die nach § 165 Abs. 4 a. F. MarkenG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Der angemeldeten Wortfolge steht zum einen das Eintragungshindernis des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, denn die Bezeichnung „Electronic Dictionary“ ist
für die beanspruchten Waren eine freihaltebedürftige Sachangabe. Zudem fehlt
der angemeldeten Marke aber auch die erforderliche Unterscheidungskraft nach
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Nach der Vorschrift des § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung sol-
che Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr
(u. a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonsti-
ger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist im
Hinblick auf die beanspruchten Waren davon auszugehen, dass die Marke compu-
terinteressierten Laien genauso wie Interessenten von Übersetzungshilfen gegen-
übertritt, also Personenkreisen, die leichteren Zugang zur englischen Sprache als
etwa Verbraucher allgemeiner Konsumgüter haben.
Wie bereits im Beschluss der Markenstelle ausführlich und unter Hinweis auf zahl-
reiche lexikalische Nachweise erläutert worden ist, handelt es sich bei „electronic
Dictionary“ um einen Fachbegriff für „elektronisches Wörterbuch“, das auch End-
verbrauchern mit geringen Englischkenntnissen ohne weiteres verständlich ist, da
es sich um einfachste Worte des Grundwortschatzes handelt, wobei „electronic“
schon wegen seiner fast buchstabengleichen Übereinstimmung mit der deutschen
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Übersetzung erkannt wird. Nach den Feststellungen des Senats wird aber auch
die beanspruchte geschlossene Wortfolge selbst im Fließtext von deutschsprachi-
gen Seiten im Sinne von „elektronisches Wörterbuch“ verwendet, wie sich aus den
der Anmelderin übermittelten Internet-Fundstellen ergibt (vgl. u.
a.
www.chinaboard.de/viewtopic.php?p=5223;). So findet man dort Sachaussagen
wie: „Wer heute im Trend liegen will, nimmt lieber ein kompaktes Electronic
Dictionary mit intuitiver Menüführung und edlem Design - so wie das PW-E410
von Sharp“ (www.payback.de/pb/id/22678/index.html) oder: „Sonstige Web-
Publikationen und -Projekte …Abbreviationes. Electronic Dictionary of Medieval
Latin Abbreviations (Olaf Pluta)“ (www.ruhr-uni-bochum.de/philosophy/publ.htm)
oder „The electronic dictionary from CASIO provides nine reference books for
nearly all situations“ (www.langenscheidt.de/english/products/elecmedia/ca-
sio.html) oder „Yishen 888 English/Chinese Electronic Dictionary: Whole Sentence
Translation von Goldic … Kurzbeschreibung Being the world`s only electronic
dictionary which offers English-Chinese and Chinese-English translation…“
(www.amazon.de/Yishen-English-Chines-Electronic-Dictionary/dp/ B00097JOA).
Zwei Publikationen führen das Markenwort bzw. die deutsche Übersetzung im
Titel: „Langer, Stefan u. a. (1996). CISLEX - An Electronic Dictionary for German.
Its Structure and a Lexicographic Application.“ und „Langer, Stefan (1996).
Selektionsklassen und Hyponymie im Lexikon. Semantische Klassifizierung von
Nomina für das elektronische Wörterbuch CISLEX. Dissertation Universität
München“ (vgl. www.cis.uni-münchen.de/people/langer/publikationen.html).
Diese Verwendungsbeispiele belegen anschaulich, dass die beanspruchte Wort-
folge als eingeführter Fachbegriff für elektronische Wörterbücher gebräuchlich ist.
Ob dies auf englischsprachigen Seiten geschieht oder sich möglicherweise an ein
Fachpublikum richtet, spielt für die Frage des Freihaltungsbedürfnisses keine
Rolle. Hierfür ist lediglich entscheidend, ob sich die fragliche Marke als beschrei-
bende Angabe eignet (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 f. - DOUBLEMINT; BGH
GRUR 2001, 1151 f. - marktfrisch; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 8
Rdn. 199 m. w. N.), was angesichts der aufgeführten Verwendungen offensichtlich
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ist. Deshalb greift auch der Einwand der Anmelderin nicht durch, von den eng-
lischsprachigen Seiten etwa des Langenscheidt Verlages könne nicht auf die Ge-
bräuchlichkeit in Deutschland geschlossen werden, abgesehen davon, dass es
sich um eine Internet-Seite mit der Top-Level „de“ handelt, die sich durchaus an
den hiesigen Nutzer wendet. Mit ihrer Argumentation, die auf die Sprachüblichkeit
in Deutschland abhebt, übersieht die Anmelderin, dass diese in erster Linie die
Frage der Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG betrifft, aber nicht
die nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG maßgebliche Eignung einer Wortfolge zur Be-
schreibung entscheidend beeinflusst. Letztendlich wird auch nur die sprachüblich
gebildete wörtliche Übersetzung der deutschen Wortfolge „elektronisches Wörter-
buch“ verwendet, was gegen die Eintragungsfähigkeit als Marke spricht; denn eine
fremdsprachige Wortbildung - insbesondere aus der Welthandelssprache Eng-
lisch - ist der beschreibenden deutschen Übersetzung gleichzustellen, wenn ent-
weder der fremdsprachige Ausdruck vom deutschen Verkehr in seiner beschrei-
benden Bedeutung ohne weiteres erfasst wird oder die Wortfolge im Allgemein-
interesse zur ungehinderten Verwendung beim Im- und Export der einschlägigen
Waren freigehalten werden muss (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. Rdn. 452 ff. mit
zahlreichen Nachweisen auf die Rspr.), wobei im vorliegenden Fall sogar beide
Alternativen zu bejahen sind. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Verwen-
dung der Wortfolge durch die Anmelderin auf ihrer eigenen Homepage, wo näm-
lich „Electronic Dictionary“ rein beschreibend im Fließtext erscheint, um einen
ganz bestimmten technischen Sachverhalt zu erläutern, und zudem diese fremd-
sprachige Version abwechselnd mit „elektronisches Wörterbuch“ vorkommt. Im
Abschnitt „Lehrer-Service“ heißt es: „Um den Einsatz der Electronic Dictionaries
im Unterricht effizient zu gestalten, haben wie einen speziellen Lehrer-Service
aufgebaut… Kostenloses Training für Lehrer zur Einführung in die Benutzung der
Kostenloses Lehrmaterial
bücher als einführende Literatur in die Bedienung und die besonderen Merkmale
der Electronic Dictionaries. Lehrerhandbuch - Einsatz elektronischer Wörterbücher
Schul-Promotion-Aktion
elektronische Wörterbücher können Schulen direkt bei sharp kostenlose Zugaben
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des gleichen Modells anfordern“ (vgl. http://sharp.de/produkte/schulinfo/ed_lehrer-
service.php? site=lehrerservice). An anderer Stelle der Homepage ist vermerkt:
Produktneuigkeiten Electronic Dictionary 2007
Einführung in die elektronischen Wörterbücher sowie Übersetzungsmaterial zum
Einsatz im Unterricht können Sie als Lehrer/in in gedruckter Form jetzt bei uns
bestellen oder sich kostenlos hier downloaden … Probieren Sie hier aus, wie
einfach und schnell die Stichwortsuche und -übersetzung mit elektronischen
Wörterbüchern ist“ (vgl. http://sharp.de/produkte/teaser_schulinfo_ed.php). Selbst
die „Pressemitteilung zu Electronic Dictionary“ der Anmelderin vom
4. September 2006 (vgl. http://sharp.de/presse/ presse.php) enthält die bean-
spruchte Marke (in der Überschrift) und die deutsche Übersetzung in gleicher-
maßen beschreibender Form: „Kompakt und mobil vereint das neue elektronische
Wörterbuch PW-E410 … drei der meist genutzten Nachschlagewerke: …“). Mit
diesen rein beschreibenden Verwendungen ohne jegliche Hervorhebung gibt die
Anmelderin unmissverständlich zu erkennen, dass sie einen (technischen) Fach-
begriff im Zusammenhang mit Übersetzungshilfen bzw. für diese Zwecke be-
stimmte Computer einsetzt. Mit ihrem Schutzgesuch will sie letztlich einen Begriff
monopolisieren, der auf dem unmittelbar einschlägigen Warengebiet eine gängige
Fachwortkombination darstellt, die ihr als Marke ersichtlich nicht zusteht. Ihr
Einwand, dass der Begriff bisher von Wettbewerbern in Deutschland nicht aufge-
griffen worden sei, sondern diese alternative Umschreibungen gewählt hätten,
erscheint angesichts der angeführten Fundstellen zumindest zweifelhaft und recht-
fertigt nicht den Ausschluss eines Freihaltungsbedürfnisses. Denn die Verwen-
dung der Wortfolge in den zitierten Fundstellen zeigt die grundsätzliche Eignung
zur Beschreibung, was dazu führt, dass ihr von Markenrechten unbehinderter Ein-
satz gewährleistet werden muss (vgl. EuGH a. a. O. - DOUBLEMINT).
Die Auffassung der Anmelderin, die Feststellungen des Senats seien schon des-
halb nicht entscheidungsrelevant, da die gefundene Verwendung im Internet letzt-
lich nur auf ihre eigene Homepage zurückzuführen sei, die ihr nicht entgegenge-
halten werden könne, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu, sondern gilt nur für
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markenmäßige Verwendungen. Soweit die Anmelderin jedoch die als Marke bean-
spruchte Wortfolge im Fließtext nur wie eine Gattungsbezeichnung einsetzt, deren
Sachbezug sich angesichts der leichten Verständlichkeit geradezu aufdrängt, so
muss sie sich diese Art der fraglos beschreibenden Verwendung entgegenhalten
lassen und kann nicht Mitbewerber von der ungehinderten Nutzung der einschlä-
gigen Fachbezeichnung ausschließen.
Mit Rücksicht auf die festgestellte vielfältige Verwendung der beanspruchten Wort-
folge als Fachbegriff durch verschiedene Internet-Nutzer und auch der Anmelderin
selbst muss daher markenregisterrechtlich von einem aktuellen Freihaltungsbe-
dürfnis ausgegangen werden.
Darüber hinaus ist auch das Eintragungshindernis der fehlenden Unterschei-
dungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zu bejahen. Angesichts der mitbeteiligten
Fachkreise, für die Englisch Fachsprache ist, und der leicht verständlichen Wörter
des englischen Grundwortschatzes steht im Kontext der Waren der beschreibende
Gehalt der Marke so deutlich im Vordergrund, dass ihr der angesprochene Ver-
kehr keinen betriebskennzeichnenden Charakter zumessen wird.
Aus den von der Anmelderin geltend gemachten Voreintragungen mit dem Be-
standteil „electronic“ lässt sich ebenfalls kein Eintragungsanspruch herleiten, da
sie - abgesehen von ihrer grundsätzlichen Unbeachtlichkeit - durchgehend mehr-
teilige Marken betreffen und die Begriffsbildungen mit dem vorliegenden Fall nicht
ohne weiteres vergleichbar sind.
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Nach alledem war der angemeldeten Marke die Eintragung zu versagen und die
Beschwerde zurückzuweisen.
gez.
Unterschriften