Urteil des BPatG vom 14.08.2001

BPatG: datenverarbeitung, verwechslungsgefahr, eugh, vergleich, wortmarke, kennzeichnungskraft, datenträger, gesamteindruck, verkehr, steigerung

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 161/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
10.99
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betreffend die eingetragene Marke 398 14 454.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 14. August 2001 unter Mitwirkung des Richters Albert als Vorsitzen-
den, der Richterin Friehe-Wich und des Richters Schwarz
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke
comdis
für "Datenverarbeitungsgeräte und –programme, insbesondere für Datenbanken;
Marktforschung und Marktanalyse; Unternehmensberatung; Programmerstellung
für die Datenverarbeitung und Netzwerke" ist Widerspruch eingelegt aus der unter
der Nr 1 182 956 für "Geräte für die Fernübertragung und die zugehörige Verarbei-
tung von Daten, elektronische Überwachungs- und Regelgeräte, auf Datenträger
aufgezeichnete Computerprogramme; Erstellen von Computerprogrammen und
von Systemanalysen" eingetragenen prioritätsälteren Wortmarke
comtes
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Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den
Widerspruch die teilweise Löschung der angegriffenen Marke bezüglich der Waren
und Dienstleistungen "Datenverarbeitungsgeräte und –programme, insbesondere
für Datenbanken; Programmerstellung für die Datenverarbeitung und Netzwerke"
angeordnet und den Widerspruch im übrigen zurückgewiesen. Die vorgenannten
Waren und Dienstleistungen seien mit solchen aus dem Waren- und Dienstlei-
stungsverzeichnis der Widerspruchsmarke identisch; die einander gegenüberste-
henden Marken seien in klanglicher Hinsicht aufgrund nahezu identischer Vokal-
und wesensgleicher Konsonantenfolge einander so ähnlich, daß in Anbetracht
identischer Waren und Dienstleistungen erhebliche Verwechslungsgefahr bestehe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Die Beschwerde wur-
de nicht begründet.
Über das Vermögen der Widersprechenden wurde das Insolvenzverfahren eröff-
net. Der Insolvenzverwalter hat erklärt, das Beschwerdeverfahren aufzunehmen.
II.
Die Beschwerde gegen die Anordnung der teilweisen Löschung der jüngeren Mar-
ke ist zulässig, jedoch nicht begründet. Denn die Markenstelle hat, soweit sie die
Löschung der angegriffenen Marke angeordnet hat, zutreffend die Gefahr von Ver-
wechslungen gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG bejaht, so daß ihre Entscheidung
der Sach- und Rechtslage entspricht.
Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren miteinander in Wechselbezie-
hung stehenden Komponenten abhängig, und zwar insbesondere von der Ähnlich-
keit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfaßten
Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998,
922, 923 – Canon; MarkenR 1999, 236, 239 – Lloyd/Loints). Die Verwechslungs-
gefahr zwischen zwei einander gegenüberstehenden Marken kann auf klanglicher,
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(schrift-)bildlicher oder begrifflicher Ähnlichkeit beruhen, wobei in der Regel bereits
die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht ausreicht, um eine Verwechs-
lungsgefahr zu bejahen (EuGH MarkenR aaO; BGH GRUR 1999, 241, 243 –
Lions). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist von der Gefahr von Ver-
wechslungen im von der Markenstelle festgestellten Umfang auszugehen.
Die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der jüngeren Marke enthaltenen
"Datenverarbeitungsgeräte" sind identisch mit "Geräten für die Verarbeitung von
Daten", für die die Widerspruchsmarke bestimmt ist. Gleiches gilt für "Datenverar-
beitungsprogramme" im Vergleich zu "auf Datenträger aufgezeichneten Computer-
programmen" sowie für "Programmerstellung für die Datenverarbeitung und Netz-
werke" im Vergleich zu "Erstellen von Computerprogrammen".
Die Widerspruchsmarke weist von Haus aus normale Kennzeichnungskraft auf;
Anhaltspunkte für eine Steigerung oder Schwächung sind nicht ersichtlich.
Jedenfalls in klanglicher Hinsicht sind die einander gegenüberstehenden Marken
so ähnlich, daß mit der Gefahr von Verwechslungen in rechtlich erheblichem Um-
fang zu rechnen ist. Die Markenwörter weisen jeweils zwei Silben und insgesamt
sechs Buchstaben auf, sind analog aufgebaut und unterscheiden sich lediglich in
den beiden Buchstaben –di- bzw –te- in der zweiten Silbe. Auch wenn man be-
rücksichtigt, daß auf dem fraglichen Waren- und Dienstleistungssektor die (jeweils
erste) Silbe com- recht häufig und damit verbraucht ist, so weichen gerade die
Laute –d- und –t- sowie –i- und –e- so gering voneinander ab, daß im klanglichen
Gesamteindruck die einander gegenüberstehenden Markenwörter "comdis" bzw
"comtes" hochgradige Ähnlichkeit aufweisen, zumal beide auch noch mit demsel-
ben starken Konsonanten –s- enden. Auch ist zusätzlich einerseits zu berücksich-
tigen, daß selten beide Marken nebeneinander auftreten werden, so daß der Ver-
kehr in der Regel die Ähnlichkeit aus der Erinnerung beurteilen muß, und anderer-
seits, daß bei mündlicher, insbesondere telefonischer Benennung der Marken
nicht immer optimale Verständigungsbedingungen zu unterstellen sind.
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Im Hinblick auf die Identität der einander gegenüberstehenden Waren und Dienst-
leistungen reicht der minimale Abstand der Marken in klanglicher Hinsicht daher
keinesfalls aus, die Gefahr von Verwechslungen in markenrechtlichem Umfang zu
verhindern.
Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.
Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs 1 S 2 MarkenG.
Gründe; hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Albert Schwarz Friehe-Wich