Urteil des BPatG vom 05.07.2006

BPatG: unterscheidungskraft, eugh, brot, begriff, patent, betreiber, zusammensetzung, wurst, herkunft, verkehr

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 149/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
5. Juli 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 58 894.2
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung …
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2006
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beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 12. November 2003 angemeldete Wortmarke
Bake Off
ist für folgende Waren bestimmt:
Mehle und Getreidepräparate, Müsli, Brot, feine Back- und Kondi-
torwaren; Backwaren insbesondere zum Toasten und Fertig-
backen auch gefüllt und/oder belegt mit Butter, Wurst, Geflügel,
Fisch, Käse, Gemüse, süßen Brotaufstrichen; Zwieback, Knäcke-
brot, Croutons, Paniermehl, Kuchenteige, Waffelteige, Getreide-
teige, Brotteige; Brot-Chips, Riegel aus Brot; Teigwaren; alle vor-
genannten Backwaren auch gekühlt und diätetisch.
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klas-
se 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach voran-
gegangener Beanstandung mit Beschluss vom 19. Mai 2004 wegen Freihalte-
bedürftigkeit und fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Einem Frei-
haltebedürfnis unterlägen auch lexikalisch (noch) nicht nachweisbare Wortschöp-
fungen, sofern diese sprachüblich gebildet seien und für die beteiligten Verkehrs-
kreise eine erkennbar beschreibende Aussage vermittelten. Dies sei hier der Fall,
da „Bake Off“ im Sinne von „aufbacken“ (insbesondere von tiefgekühlt angelie-
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ferten Teiglingen in sog. Bake-Off-Stationen oder auch Bäckereigeschäften) ver-
standen werde. Eine entsprechende Verwendung hat die Markenstelle durch
mehrere Internetausdrucke belegt. Wegen des für die beteiligten Verkehrskreise
verständlichen beschreibenden Sinngehalts fehle es der Marke auch an der er-
forderlichen Unterscheidungskraft.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Be-
gründung führt sie aus, das Kunstwort „Bake Off“ könne entgegen der Auffassung
der Markenstelle nicht mit „aufbacken“ übersetzt werden, da aufbacken auf Eng-
lisch „to warm up“ oder „to crisp up“ heiße. Die Marke sei unterscheidungskräftig,
da es sich weder um einen üblichen fremdsprachigen Ausdruck noch um eine
ohne weiteres verständliche, in sprachüblicher Weise gebildete Wortzusammen-
setzung handele. Die englische Sprache kenne eine Zusammensetzung aus dem
Verb „to bake“ und dem Wort „off“ nicht. Dem stünden die von der Markenstelle
ermittelten Internetausdrucke nicht entgegen. Die Internetseite der Suchmaschine
Google nehme allein auf die in den Vereinigten Staaten geschützte Marke „Bake
Off“ Bezug. Der Internetausdruck der A… AG verwende den Begriff „Bake Off“
offenbar im Sinne von „Backstation“, wie sich aus der dort wiedergegebenen Über-
setzung ergebe.
Die Bezeichnung sei auch nicht freihaltebedürftig, da es diesen Begriff im Engli-
schen oder Deutschen nicht gebe. Die ungewöhnliche Zusammensetzung lasse
eine Fülle von möglichen Bedeutungen zu. Für den deutschen Verkehrsteilnehmer
handele es sich bei „Bake Off“ nicht um einen sprachüblichen oder leichtver-
ständlichen Ausdruck. Wie eine Studie der Werbeagentur „Endmark“ belege, ver-
stehe ein Großteil der deutschen Verbraucher selbst denkbar einfache englisch-
sprachige Werbeslogans falsch. Dies habe dazu geführt, dass die meisten der
untersuchten Unternehmen häufig ausschließlich deutsche Wörter verwendeten.
Dritte seien im Übrigen hinreichend durch die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG
geschützt. Die Anmelderin stützt ihr Eintragungsbegehren schließlich auch auf die
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Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts, das vergleichbare
Marken eingetragen habe.
Der Senat hat der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wei-
tere Internetausdrucke zum Beleg einer Verwendung der Bezeichnung „Bake Off“
durch Dritte zur Kenntnis gegeben.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Be-
zug genommnen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, weil einer Eintragung der angemel-
deten Marke die Schutzhindernisse des Freihaltungsbedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG) und der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)
entgegenstehen.
1. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG können Marken nicht re-
gistriert werden, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben be-
stehen, die im Verkehr zur Bezeichnung u. a. der Art, der Beschaffenheit, der
Bestimmung, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der bean-
spruchten Waren dienen können. Eine derartige unmittelbar warenbeschrei-
bende Angabe stellt „Bake Off“ gerade in der Zusammenfassung der Einzel-
wörter (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD) dar.
Die Wortkombination „Bake Off“ setzt sich aus dem zum Grundwortschatz der
englischen Sprache gehörenden Worte „Bake“ (= backen) und dem Adverb
„Off“ (= fort..., weg…) zusammen. Für die Frage der Schutzfähigkeit kommt es
auf die Gesamtbedeutung der angemeldeten Wortfolge in Bezug auf die be-
anspruchten Waren und nicht etwa auf den Sinngehalt der Einzelwörter an
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(EuGH GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor Rdn. 100; GRUR 2004, 680
- Biomild). Nicht entscheidend ist entgegen der Auffassung der Anmelderin, ob
es die Wortfolge im englischen Sprachraum gibt. Abzustellen ist vielmehr auf
das Verständnis der von den Waren angesprochenen inländischen Verkehrs-
kreise. Diese werden die Wortfolge „Bake Off“ in Bezug auf die beanspruchten
Waren ohne weiteres mit dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinngehalt
- also im Sinne von „aufbacken“ - verstehen. Bei sämtlichen Waren handelt es
sich um Backwaren, die dazu geeignet sind, „aufgebacken“ zu werden. In
diesem Sinn wird der Begriff „Bake Off“ im Inland auch bereits vielfach ver-
wendet, wie die von der Markenstelle und dem Senat ermittelten Internet-
Fundstellen belegen. Ob die von der Markenstelle ermittelte Suchliste von
Google sich allein mit der gleichnamigen amerikanischen Marke befasst, wie
die Anmelderin meint, kann dahingestellt bleiben, da die vom Senat am
10. März 2006 ermittelte Suchliste in Deutschland ca. 15.300 Treffer für die
Wortfolge „Bake Off“ ergeben hat. Aus dem der Anmelderin ebenfalls über-
mittelten Internetausdruck der Universität Tübingen ergibt sich, dass die Wort-
folge „Bake Off“ als „neues Wort“ in Deutschland seit dem 12. April 2001
registriert ist. Auch der Internetausdruck www.delifrance.de belegt eine ent-
sprechende Verwendung von Bake-Off im In-land.
2. Einer Eintragung steht weiterhin das Schutzhindernis der fehlenden Unter-
scheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, weil es sich - wie
oben ausgeführt
- um eine warenbeschreibende Wortkombination einer
bekannten Fremdsprache handelt, die nur als solche und nicht als Mittel zur
Herkunftsunterscheidung verstanden wird (vgl. BGH BlPMZ 2004, 30 - City-
service). Abzustellen ist insoweit nicht etwa nur auf das Verständnis der End-
verbraucher, sondern auch auf das Verständnis gewerblicher Betreiber von
Backstationen, an die sich die beanspruchten Waren ebenfalls richten. Die
Betreiber der sog. Bake Off-Shops werden der Marke ohne weiteres den von
der Markenstelle aufgezeigten Bedeutungsgehalt entnehmen. Auf die insoweit
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zutreffenden Ausführungen der Markenstelle wird zur Vermeidung von Wie-
derholungen Bezug genommen.
3. Der Hinweis der Anmelderin auf die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG vermag
der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. In der höchstrichterlichen
Rechtsprechung ist abschließend geklärt, dass diese Bestimmung keinen
Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der absoluten Schutzhindernisse
hat (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee; GRUR 2004, 946, 947
- Nichols).
4. Aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht der Anmelderin vergleich-
bare (deutsche und ausländische) Marken vermag die Anmelderin keinen
Anspruch auf Registrierung abzuleiten. Voreintragungen führen weder für sich
noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer
Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden
haben. Denn die Eintragung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt kein
Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z. B. BPatGE 32,28 - CREA-
TION GROSS; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; EuGH, Postkantoor, a. a. O.,
Rdn. 43, 44; GRUR 2004, 428 - Henkel, Rdn. 63).
gez.
Unterschriften