Urteil des BPatG vom 09.01.2006

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
6 W (pat) 5/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 001 542.2-22
hat der 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 23. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Guth, Dipl.-Ing. Schneider und Dipl.-Ing.
Ganzenmüller
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beschlossen:
Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 05 B des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 9. Januar 2006 wird aufge-
hoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:
-
Patentanspruch 1 per Fax eingegangen am 11. März 2010
-
Patentansprüche 2 bis 6 vom Anmeldetag
-
Beschreibung und Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift.
G r ü n d e
I .
Die Beschwerde ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 05 B
des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Januar 2006 gerichtet, mit dem
die vorliegende Patentanmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden ist,
das Verfahren nach Patentanspruch 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätig-
keit. Im Einzelnen wird dazu ausgeführt, eine (Wieder-)Verriegelung müsse aus
der Sicherheitsüberlegung heraus immer stattfinden, da ansonsten das Fahrzeug
unabgesperrt stehen bliebe. D. h. wenn ein Passagier aus dem zuvor verriegelten
Fahrzeug aussteigt, müsse deshalb eine (Wieder-)Verriegelung stattfinden, wes-
halb die Forderung in der DE 199 12 319 C1 (E1), die Türe dürfe in der Zwischen-
zeit nicht geöffnet werden, nebensächlich sei. Insgesamt offenbare der entgegen-
gehaltene Stand der Technik in Form der DE 199 12 319 C1 (E1) damit bereits ein
vergleichbares Verfahren, aus dem die wesentlichen Anspruchsmerkmale hervor-
gingen. Die verbleibenden Unterschiede spielten für das Wiederverriegelungsver-
fahren keine Rolle.
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Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der
Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:
E1
DE 199 12 319 C1
E2
DE 44 09 167 C1.
Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 13. März 2006
Beschwerde eingelegt, zu der mit Schriftsatz vom 5. Februar 2010 die Begrün-
dung einging. Mit Schriftsatz vom 11. März 2010 hat die Anmelderin einen neuen
Patentanspruch 1 eingereicht.
Die Patentanmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent mit fol-
genden Unterlagen zu erteilen:
-
Patentanspruch 1, per Fax eingegangen am 11. März 2010
-
Patentansprüche 2 bis 6 vom Anmeldetag
-
Beschreibung und Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift.
Der geltende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
Verfahren zur Wiederverriegelung eines Fahrzeugs (2), das mit
einem berührungslosen Zugangssystem ausgestattet ist, welches
einen Badge (4) und Mittel zur Kommunikation durch elektromag-
netische Signale zwischen dem Fahrzeug (2) und dem Badge (4)
zum Zwecke von dessen Lokalisierung durch das Fahrzeug (2)
aufweist, wobei das berührungslose Zugangssystem eine Verrie-
gelung der Türen ausführt, wenn die letzte Türe des Fahrzeugs (2)
geschlossen worden ist und wenn der Badge (4) eine erste um
das Fahrzeug (2) herum definierte Zone (Z1) verlässt,
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dadurch gekennzeichnet, dass
eine zweite Zone (Z2), die eine größere Ausdehnung besitzt als
die erste Zone (Z1), um das Fahrzeug herum eingegrenzt wird;
und
eine Wiederverriegelung angeordnet wird, wenn nach einer von
dem berührungslosen Zugangssystem angeordneten Verriegelung
der Türen eine Türe geöffnet und wieder verschlossen wird, ohne
dass eine Aktion des berührungslosen Zugangssystems stattfand
mit der Vorgabe, dass der Badge (4) in der zweiten Zone (Z2) lo-
kalisiert wird und
eine Wiederverriegelung vermieden wird, mit der Vorgabe, dass
ein Badge (4) weder im Fahrzeuginneren noch in einer der beiden
Zonen (Z1, Z2) lokalisiert wird.
An diesen Anspruch 1 sollen sich die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6 vom
10. Januar 2004 anschließen. Hierfür und zu weiteren Einzelheiten wird auf den
Akteninhalt verwiesen.
II.
Die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick
auf die geltenden Unterlagen auch begründet.
1.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 enthält zusätzlich zu den
Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs noch Merkmale, die der Beschrei-
bung, S. 11, 2. Abs., respektive aus Absatz [0034] der Offenlegungsschrift
entnommen wurden. Die Ansprüche 2 bis 6 sind unverändert.
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2.
Das anspruchsgemäße Verfahren zur Wiederverriegelung ist gegenüber dem
als bekannt nachgewiesenen Stand der Technik jeweils neu. Dies wurde im
Verfahren vor dem DPMA auch nicht in Frage gestellt und wird aus den
nachfolgenden Ausführungen auch deutlich.
3.
Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist unstreitig gewerb-
lich anwendbar und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Unbestritten geht das Verfahren vom nächstkommenden Stand der Technik,
der durch die DE 199 12 319 C1 (E1) nachgewiesen ist, aus. Daraus ist be-
kannt, ein
Verfahren zur Wiederverriegelung (Sp. 7, Z. 10 bis 20) eines
Fahrzeugs 1, das mit einem berührungslosen Zugangssystem
(Sp. 2, Z. 23) ausgestattet ist, welches einen Badge (Sp. 4, Z. 47)
und Mittel zur Kommunikation durch elektromagnetische Signale
zwischen dem Fahrzeug 1 und dem Badge (Chipkarte) zum
Zwecke von dessen Lokalisierung durch das Fahrzeug 1 aufweist,
wobei das berührungslose Zugangssystem eine Verriegelung der
Türen ausführt, wenn die letzte Türe des Fahrzeugs 1 geschlos-
sen worden ist und wenn der Badge eine um das Fahrzeug 1
herum definierte Zone 7b bis 11b (Sp. 6, Z. 24 bis 34) verlässt,
dadurch gekennzeichnet, dass
eine Wiederverriegelung angeordnet wird, wenn nach einer von
dem berührungslosen Zugangssystem angeordneten Verriegelung
der Türen eine Türe geöffnet und wieder verschlossen wird, ohne
dass eine Aktion des berührungslosen Zugangssystems stattfand
mit der Vorgabe, dass der Badge in der Zone 7b bis 11b lokalisiert
wird.
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Bei diesem bekannten Verfahren sind ebenfalls bereits zwei Zonen
um das Fahrzeug herum definiert, wobei die zweite Zone eine
größere Ausdehnung besitzt als die erste Zone. Ein Verriegeln für ein
Verschließen der Türen findet dabei statt, wenn der Badge die zweite
Zone verlässt (E1, Sp. 7, Z. 3 bis 8). Die beschriebene weitere Funk-
tionalität (Wiederverriegelung) sieht vor, dass eine zuvor aufgrund
der Erkennung eines berechtigenden Badge-Signals in einer inneren
Entfernungszone 7a bis 11a in ihren entriegelten Zustand gesetzte
Schließeinheit automatisch nach einer vorgebbaren Wartezeit wieder
in ihren verriegelten Zustand geschaltet wird, wenn dann kein be-
rechtigender Badge mehr in der inneren Entfernungszone vorliegt
und während der Wartezeit kein Öffnen des betreffenden Zutrittsele-
mentes erfolgt ist.
Dementsprechend unterscheidet sich das Verfahren nach dem geltenden
Anspruch 1 von diesem Stand der Technik dadurch, dass
eine Verriegelung ausgeführt wird, wenn der Badge eine
erste (innere) Zone verlässt,
eine Wiederverriegelung angeordnet wird, wenn eine verrie-
gelte Türe geöffnet und wieder geschlossen wird und der
Badge in der zweiten Zone lokalisiert wird und
eine Wiederverriegelung vermieden wird, wenn ein Badge
weder im Fahrzeuginneren noch in einer der beiden Zonen
(Z1, Z2) lokalisiert wird.
Das anmeldungsgemäßen Verfahren definiert demnach Bedingungen, die
alle erfüllt sein müssen, bevor entschieden wird, ob eine Wiederverriegelung
der Türen stattfindet oder nicht.
Zwar ist es trivial, das Fahrzeug nicht (wieder-) zu verriegeln, wenn sich der
Badge darin befindet, was bei beiden Schließsystemen auch nicht eintritt.
Auch werden nach beiden Verfahren die Türen wieder verriegelt, wenn sich
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der Badge außerhalb des ursprünglich verriegelten und durch manuelle Tür-
öffnung wieder entriegelten Fahrzeugs und in der Zone 2 befindet, wobei das
Verfahren nach der E1 dafür eine Wartezeit vorschreibt.
Befindet sich jedoch unter den o. g. Bedingungen (die Türen sind ursprüng-
lich verriegelt und durch manuelle Türöffnung wieder entriegelt) der Badge
außerhalb des Innenraums und außerhalb der Zonen 1 und 2, so geschieht
beim anmeldungsgemäßen Verfahren nichts, während das System nach der
E1 nach Ablauf einer festgesetzten Wartezeit erneut verriegelt. Das bedeutet,
eine gewollte Nicht-Wiederverriegelung (z. B. für den Fall eines wartenden
Passagiers) ist bei einem Verfahren nach der E1 nicht möglich.
Dieses Merkmal wird in der E1 auch nicht angesprochen oder durch die darin
behandelten Verfahrensmerkmale nahegelegt. Vielmehr lehrt die E1, das
Fahrzeug nach einer gewissen Wartezeit auf jeden Fall wieder zu versperren.
Weitergehende Schutzfunktionen für Passagiere ohne eigenen Badge sind in
der E1 nicht vorgesehen.
Die DE 44 09 167 C1 (E2) liegt demgegenüber weiter ab und kann weder für
sich noch zusammen mit der E1 ein Verfahren nach dem geltenden An-
spruch 1 nahelegen.
Der geltende Patentanspruch 1 ist damit gewährbar.
Die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 erfüllen die an Unteransprüche
zu stellenden Anforderungen und sind damit ebenfalls gewährbar.
Lischke
Guth
Schneider
Ganzenmüller
Cl