Urteil des BPatG vom 28.02.2007

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BUNDESPATENTGERICHT
7 W (pat) 54/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
28. Februar 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 199 21 542
BPatG 154
08.05
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hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Beschwerde der Einsprechenden ist gegen den Beschluss der Patentab-
teilung 12 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Juli 2004 gerichtet,
mit dem das am 11. Mai 1999 angemeldete und am 28. Juni 2001 veröffentlichte
Patent 199 21 542 mit der Bezeichnung „Befestigungsschraube“ nach Prüfung des
gegen das Patent erhobenen Einspruchs in vollem Umfang aufrechterhalten
worden ist.
Die Einsprechende stützt ihre Beschwerde auf den Stand der Technik nach der
Patentschrift US 2 321 379. Sie vertritt die Auffassung, der Gegenstand des Streit-
patents sei durch diesen Stand der Technik neuheitsschädlich vorweggenommen,
beruhe diesem gegenüber zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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Sie stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu wi-
derrufen.
Die Patentinhaberin, die mit Schreiben vom 7. Februar 2007 mitgeteilt hat, dass
sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, hat der Ansicht der
Einsprechenden schriftsätzlich insofern widersprochen als sie sich auf die Aus-
führungen im Aufrechterhaltungs-Beschluss der Patentabteilung berufen und sich
die Beschlussbegründung zu eigen gemacht hat.
Sie stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Patentanspruch 1 lautet:
„Befestigungsschraube mit einem ein Gewinde tragenden und an
einem Schraubenkopf grenzenden Schaftabschnitt und mit einem
dem Schaftabschnitt zugeordneten Halteabschnitt zum Anordnen
eines flachen, sich an dem Gewinde des Schaftabschnittes
dadurch gekennzeichnet
Halteabschnitt in Richtung der Schraubenspitze hin durch einen
durch eine untere Einspringöffnung unterbrochenen unteren Ge-
windegang begrenzt ist, welche untere Einspringöffnung an ihrer
bezogen auf die Steigung des Gewindes zur Schraubenspitze hin
unteren Begrenzung durch einen an dem unteren Gewindegang
angeformten, von der vorderen Gewindeflanke abragenden zur
Schraubenspitze gerichteten unteren Ganganschlag begrenzt ist.“
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Weiterbildungen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 sind in nachgeord-
neten Patentansprüchen 2 bis 7, eine besondere Verwendung der beanspruchten
Befestigungsschraube im Patentanspruch 8 angegeben.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht
begründet.
Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt, wie die Patentabteilung zu-
treffend festgestellt hat, eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.
Die Patentansprüche sind zulässig. Ihre Merkmale sind ursprünglich offenbart.
Das hat auch die Einsprechende nicht in Abrede gestellt.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu und beruht auch auf einer erfinde-
rischen Tätigkeit.
Der Patentanspruch 1 betrifft gemäß seinem Oberbegriff eine Befestigungsschrau-
be bestehend aus einem Schraubenkopf und einem Schraubenschaft, mit einem
Schaftabschnitt, der an dem Schraubenkopf angrenzt und einen Halteabschnitt
zum Anordnen eines flachen Gegenstandes umfasst, wobei sich dieser flache
Gegenstand an einem Gewinde des Schaftabschnittes abstützt.
Eine derartige Befestigungsschraube zeigt beispielsweise die Patentschrift
DE 34 20 863 C2 (u. a. Fig. 6), die in der Streitpatentschrift als gattungsbildend
gewürdigt ist. Als flacher Gegenstand sei dort ein Unterlegteller vorgesehen, der
sich unterseitig an dem oberen, auf dem dem gewindefreien Schaftabschnitt bzw.
Halsabschnitt folgenden Ende des Gewindeabschnittes abstützt (StrPS Sp. 2
Z. 11 bis 15). Bei Verwendung als Dachbauschraube zum Befestigungen von
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Dämmstoffschichten könne es aufgrund von windbedingten Bewegungen des
Unterlegtellers dazu kommen, dass dieser Unterlegteller mit seiner Öffnung tiefer
in den Gewindebereich eindringe und der Schraubenkopf somit aus der im Un-
terlegteller vorgesehenen Vertiefung heraustrete bzw. der Unterlegteller sich aus
dem Gewindebereich ausschraube. Hierdurch bestehe u. a. die Gefahr, dass eine
über der befestigten Isolationsschicht angeordnete Schutzfolie durch den nun
hervortretenden Schraubenkopf beschädigt werde (StrPS Sp. 2 Z. 16 bis 34).
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zu-
grunde, eine Befestigungsschraube dergestalt weiterzubilden, dass bei dieser die
Gefahr eines unbeabsichtigten Ausschraubens des Unterlegtellers vermieden ist
(DE 199 21 542 C1 Sp. 2 Z. 35 bis 40).
Gelöst wird diese Aufgabe mit den kennzeichnenden Merkmalen des Patentan-
spruchs 1 durch
1.
einen unteren Gewindegang (am Schraubenschaft),
1.1
der den Halteabschnitt in Richtung zur Schraubenspitze
hin begrenzt und
1.2
der durch eine untere Einspringöffnung unterbrochen
ist,
1.2.1
die untere Einspringöffnung ist durch einen Gangan-
schlag begrenzt,
1.2.1.1
der Ganganschlag liegt bezogen auf die Steigung des
Gewindes zur Schraubenspitze hin an der unteren Be-
grenzung der Einspringöffnung,
1.2.1.2
der Ganganschlag ist an dem unteren Gewindegang
angeformt,
1.2.1.3
der Ganganschlag ragt von der vorderen Gewinde-
flanke ab und ist zur Schraubenspitze hin gerichtet.
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Die Merkmale 1. und 1.1 sind zweifellos auch bei der gattungsgemäßen Befesti-
gungsschraube nach Patentschrift DE 34 20 863 C2 vorhanden. Nicht jedoch die
weiteren Merkmale 1.2 bis 1.2.1.3.
Hinsichtlich Merkmal 1.2 erläutert die Streitpatentschrift, dass der den Halteab-
schnitt begrenzende Gewindegang durch eine den Gewindegang lückende Ein-
springöffnung gekennzeichnet sei (Sp. 2 Z. 54 bis 57). Der Fachmann, hier ein
Maschinenbau-Ingenieur mit breiter Anwendungserfahrung auf dem Gebiet der
Befestigungstechnik, versteht dies so, dass der Gewindegang vor und nach der
Lücke fortgeführt ist, er also nicht – wie die Beschwerdeführerin meint – auch an
der Lücke endet. Der flache Gegenstand oder Unterlegteller bleibt folglich bei
seiner z. B. windbedingten Ausdrehbewegung gegen den Ganganschlag (Merkmal
1.2.1) im Gewindegang geführt und wird mit Erreichen des Anschlags durch die
Gewindelücke in den Halteabschnitt zurückgebracht (StrPS Sp. 3 Z. 2 bis 4). Die
Merkmale 1.2.1.1 bis 1.2.1.3 definieren den Ganganschlag näher nach Lage und
Ausrichtung.
Die aus der Patentschrift DE 34 20 863 C2 bekannte Befestigungsschraube weist
keinen Ganganschlag auf und kann somit die Lehre des Patentanspruchs 1 nicht
nahe legen.
Auch die Befestigungsschraube nach der Patentschrift US 2 321 379 vermag die
Patentfähigkeit des Patentgegenstandes nicht in Frage zu stellen.
Diese die Oberbegriffsmerkmale des angefochtenen Patentanspruchs 1 aufwei-
sende Schraube (Fig. 1 und 3) besitzt ein ein- oder zweigängiges Gewinde (17,18,
23) am Schraubenschaft (13), das den Halteabschnitt für einen flachen Gegen-
stand, hier ein aneinanderliegendes Paar von Platten (11,12), in Richtung zur
Schraubenspitze hin begrenzt, entsprechend dem o.
g. kennzeichnenden
Merkmal 1.1 des angefochtenen Patentanspruchs 1. Die Gewinde laufen an ihren
Enden zum Haltebereich hin in sog. Schultern (20,26) aus, die einen ersten Teil
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(20a), der die Gewindesteigung auf Null bringt, und einen daran anschließenden
zweiten Teil (20b), der eine umgekehrte Gewindesteigung hat, also von der
Unterseite des Plattenpaares zur Schraubenspitze hin weggebogen ist, aufweisen.
Der Abschnitt (20a) der Schulter soll zum eingespannten Halten der Platten an der
Schraubenkopfunterseite (16, 23) dienen und der Abschnitt (20b) einen Wieder-
eintritt der Platten in die Gewinde verhindern für den Fall, dass die Schraube in
ihre Ausschraubrichtung gedreht wird (S. 1 re. Sp. Z. 42 bis S. 2 li. Sp. Z. 3 bzw.
li. Sp. Z. 43 bis 50).
Damit wird die streitpatentgemäße Aufgabe zwar auch mit dieser bekannten
Schraube gelöst, jedoch mit ersichtlich anderen Mitteln. Vom Gebrauch einer
Gewindelücke im Schraubenschaftgewinde, an deren der Schraubenspitze näher
liegendem Ende ein Ganganschlag ausgebildet ist, der ein in einem Gewinde
geführtes flaches Bauteil am weiteren Ausschrauben aus dem Gewindebereich
hindert, kann nämlich bei der Schraube nach US 2 321 379 keine Rede sein. Auch
dass das Ausschrauben der Schraube dort zusätzlich noch dadurch erschwert
werden kann, dass das beim gewindeschneidenden Eindrehen der Schraube in
die Plattenöffnung aus den Platten verdrängte Material zum Teil durch fort-
gesetztes Drehen der Schraube nach erfolgter Anlage des Schraubenkopfes auf
der Plattenoberseite aufgrund der am Gewindeende ausgebildeten Schultern
teilweise wieder in die Öffnung der Platten zurückgedrängt wird (S. 2 li. Sp. Z. 25
bis 43) und so eine Art Anschlag für die Schultern bildet, kann offensichtlich die
Ausbildung einer Einspringöffnung bzw. einer Lücke mit Ganganschlag in einem
Gewindegang des Schaftgewindes nicht nahe legen. Die bekannte Schraube
konnte dem Fachmann daher keine Anregungen in Richtung der Lehre des ange-
fochtenen Patentanspruchs 1 geben.
Die übrigen im Einspruchs- und Prüfungsverfahren genannten, im Beschwerde-
verfahren nicht mehr aufgegriffenen Druckschriften kommen dem angefochtenen
Patentgegenstand nicht näher als die vorstehend gewürdigten Druckschriften. Sie
haben in der mündlichen Verhandlung auch keine Rolle mehr gespielt.
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Mit der Rechtsbeständigkeit des Patentanspruchs 1 haben auch die auf ihn
rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 Bestand.
gez.
Unterschriften