Urteil des BPatG vom 11.02.2008, 20 W (pat) 17/04
BPatG (stand der technik, patentfähige erfindung, signal, last, patent, druckschrift, gabe, patg, beginn, anordnung)
- Entschieden
- 11.02.2008
- Schlagworte
- Stand der technik, Patentfähige erfindung, Signal, Last, Patent, Druckschrift, Gabe, Patg, Beginn, Anordnung
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 17/04 Verkündet am _______________ 11. Februar 2008
(Aktenzeichen) …
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 100 48 593.6-31
…
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl.-Phys. Dr. Bastian sowie die Richter Dipl.-Phys. Dr. Hartung, Dr. van Raden
und Dipl.-Ing. Kleinschmidt
BPatG 154
08.05
beschlossen:
Der Beschluss vom 26. November 2003 wird aufgehoben;
das Verfahren wird zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an
das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die am 30. September 2000 eingereichte Patentanmeldung betrifft eine Schaltungsanordnung zum Schalten einer Last. Der ursprüngliche Patentanspruch 1
lautet:
1. Schaltungsanordnung zum Schalten einer Last, die folgende
Merkmale aufweist:
- wenigstens zwei Schalteranordnungen (S1, S2; SIC1, SIC2,
SIC3; SIC4, SIC5, SIC6; S), mit Anschlussklemmen (LA11,
LA12, LA21, LA22; LA31, LA32; LA41, LA4n; LA1, LA2) zum
Anschließen der Last (L1, L2; L3; L4; L) und mit wenigstens
einer Ansteuerklemme (IN1, IN2; SI1, SI2, SI3; SI4, SI5, SI6;
IN) (AS1, AS2; AS3), wobei die Schalteranordnung (S1, S2;
SIC1, SIC2, SIC3; SIC4, SIC5, SIC6; S) wenigstens einen
Halbleiterschalter (T1, T2; T31, T32; T41, T4n, T) aufweist,
der nach Maßgabe eines Ansteuersignals (AS1, AS2; AS3)
angesteuert ist;
- wenigstens eine Pulsweitenmodulator-Anordnungen (PWM1,
PWM2; PWM3; PWM41, PWM4n; PWM) mit einer Ausgangsklemme (AP1, AP2; AP3; AP) zur Bereitstellung eines Ansteu-
ersignals (AS1, AS2; AS3; AS) für den wenigstens einen
Schalter (T1, T2; T31, T32; T41, T4n, T) nach Maßgabe eines
Frequenzsignals (FS1, FS2; FS3; FS41, FS4n; FS) und eines
Duty-Cycle-Signals (DS1, DS2; DS3; DS41, DS4n; DS);
- eine Ansteuerschaltung (MC1; MC2; MC3; SMA), die das Frequenzsignal (FS1, FS2; FS3; FS41, FS4n; FS) und das Duty-
Cycle-Signal (DS1, DS2; DS3; DS41, DS4n; DS) für die Pulsweitenmodulator-Anordnung (PWM1, PWM2; PWM3; PWM41,
PWM4n; PWM) bereitstellt.
Hieran schließen sich auf den Anspruch 1 rückbezogene Unteransprüche 2 bis 8
an, zu deren Wortlaut im Einzelnen auf die beigezogene Amtsakte verwiesen wird.
Die Anmeldung ist vom Deutschen Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für
Klasse H 03 K - durch Beschluss vom 26. November 2003 aus den Gründen des
Bescheids vom 7. August 2001 zurückgewiesen worden. Die Prüfungsstelle war
zu dem Ergebnis gelangt, dass eine nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähige Erfindung nicht vorliegen würde, der beanspruchten Lehre insbesondere die erforderliche Neuheit fehle. Dieses Ergebnis war der Anmelderin von der Prüfungsstelle im
Prüfungsbescheid vom 7. August 2001 mitgeteilt und begründet worden. Die Anmelderin hatte es trotz Aufforderung und mehrmaliger Verlängerung der Äußerungsfrist unterlassen, sich zu der im Prüfungsbescheid begründeten Auffassung
der Prüfungsstelle zu äußern oder das Anspruchsbegehren zu ändern.
Zum Stand der Technik hatte die Prüfungsstelle in dem Bescheid vom
7. August 2001 die Druckschriften
D1 D2 DE 197 09 768 C1
EP 0 349 732 A1
genannt, wobei bezüglich der fehlenden Neuheit insbesondere die Druckschrift D1
einschlägig sei.
Die am 2. Januar 2004 eingelegte Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der Anmeldung. Die Beschwerdeführerin legte mit der Beschwerde einen
geänderten Patentanspruch 1 sowie eine Änderung der Erfindungsbeschreibung
vor, mit der der im Prüfungsverfahren entgegengehaltene Stand der Technik dargelegt wird. Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des geänderten Patentanspruchs 1 neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Beschwerdeführerin hat ihre Anmeldung in der mündlichen Verhandlung zuletzt mit einen abermals geänderten Patentanspruche 1 verteidigt, der wie folgt
lautet:
1. Schaltungsanordnung zum Schalten von Lasten, die folgende
Merkmale aufweist:
- wenigstens zwei Schalteranordnungen (S1, S2; SIC1,
SIC2, SIC3; SIC4, SIC5, SIC6), die jeweils wenigstens
eine Anschlussklemme (LA11, LA12, LA21, LA22; LA31,
LA32; LA41, LA4n; LA1, LA2) zum Anschließen je einer
Last (L1, L2; L3; L4) und jeweils wenigstens eine Ansteuerklemme (IN1, IN2; SI1, SI2, SI3; SI4, SI5, SI6) (AS1,
AS2; AS3) aufweisen, wobei die Schalteranordnungen
(S1, S2; SIC1, SIC2, SIC3; SIC4, SIC5, SIC6) jeweils wenigstens einen Halbleiterschalter (T1, T2; T31, T32;
T41, T4n) aufweisen, der an die wenigstens eine Ansteuerklemme angeschlossen ist und der nach Maßgabe eines
Ansteuersignals (AS1, AS2; AS3) angesteuert ist;
- wenigstens zwei Pulsweitenmodulator-Anordnungen
(PWM1, PWM2; PWM3; PWM41, PWM4n; PWM), von
denen jede jeweils einer der Schalteranordnungen zugeordnet ist und die jeweils eine Ausgangsklemme (AP1,
AP2; AP3; AP) aufweisen zur Bereitstellung eines pulsweitenmodulierten Ansteuersignals (AS1, AS2; AS3; AS)
für einen der Schalter (T1, T2; T31, T32; T41, T4n, T) der
jeweiligen Schalteranordnung nach Maßgabe eines Frequenzsignals (FS1, FS2; FS3; FS41, FS4n; FS)‚ das die
Frequenz des pulsweitenmodulierten Signals bestimmt,
und eines Duty-Cycle-Signals (DS1, DS2; DS3; DS41,
DS4n; DS), das den Duty-Cycle des pulsweitenmodulierten Signals bestimmt;
- eine als Mikrocontroller ausgebildete Ansteuerschaltung
(MC1; MC2; MC3; SMA), die die Frequenzsignale (FS1, FS2; FS3; FS41, FS4n; FS) und die Duty-Cycle-
Signale (DS1, DS2; DS3; DS41, DS4n; DS) für die wenigstens zwei Pulsweitenmodulator-Anordnungen (PWM1, PWM2; PWM3; PWM41, PWM4n; PWM) bereitstellt, und der dazu ausgebildet ist, das Frequenzsignal
und das Duty-Cycle-Signal nur zu Beginn einer pulswietenmodulierten Ansteuerung des Halbleiterschalters der
jeweiligen Schalteranordnung an die Pulsweitenmodulator-Anordnungen zu übermitteln.
Der Senat hat im Beschwerdeverfahren ergänzend die Druckschrift
D3 DE 43 00 981 A1
in Betracht gezogen.
Die Beschwerdeführerin beantragt zuletzt sinngemäß:
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse H 03 K - vom 26. November 2003 aufzuheben und das Patent im Umfang
- des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentanspruchs 1 und der ursprünglichen Ansprüche 2 bis 8
- der ursprünglichen Beschreibungsseiten 1 und 2, der dem
Beschwerdeschriftsatz vom 2. Januar 2004 beigefügten geänderten Beschreibungsseiten 3 und 3a sowie der ursprünglichen Beschreibungsseiten 4 bis 22 und
- der mit Eingabe vom 18. Januar 2001 eingereichten Figuren 1 bis 7
zu erteilen.
II.
1.Die Beschwerde ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Patentamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 und 3 PatG.
Der zur Frage der Patentfähigkeit zu berücksichtigende Fachmann ist ein Diplom-
Ingenieur der Elektrotechnik, der über umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der
Schaltungstechnik verfügt.
2.Der Inhalt des Patentanspruchs 1 geht in zulässiger Weise auf den ursprünglichen Anspruch 1 und die ursprüngliche Beschreibung zurück. Der geltende An-
spruch 1 ist gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1 dadurch enger gefasst,
dass
- die Schaltungsanordnung zum Schalten von (wenigstens
zwei) Lasten bestimmt ist;
- jede der wenigstens zwei Schalteranordnungen jeweils
wenigstens eine Anschlussklemme zum Anschließen je einer
Last und jeweils wenigstens eine Ansteuerklemme aufweisen;
- wenigstens zwei Pulsweitenmodulator-Anordnungen vorgesehen sind, von denen jede jeweils einer der Schalteranordnungen zugeordnet ist und die jeweils eine Ausgangsklemme
aufweisen;
- pulsweitenmodulierte Ansteuersignale bereitgestellt werden;
- das Frequenzsignal die Frequenz des pulsweitenmodulierten
Signals bestimmt;
- das Duty-Cycle-Signal den Duty-Cycle des pulsweitenmodulierten Signals bestimmt und
- der Mikrocontroller dazu ausgebildet ist, das Frequenzsignal
und das Duty-Cycle-Signal nur zu Beginn einer pulsweitenmodulierten Ansteuerung des Halbleiterschalters der jeweiligen
Schalteranordnung an die Pulsweitenmodulator-Anordnungen
zu übermitteln.
Diese Merkmale gehen aus den ursprünglichen Figuren 1 und 4 bis 6, der ursprünglichen Beschreibung Seite 4 Zeile 17 bis 20 sowie Seite 10 Zeile 21 bis
Seite 11 Zeile 2 hervor.
3.Aus der Druckschrift D1 ist eine Ansteuereinrichtung für eine Schaltendstufe
bekannt, bei der eine Last mit Hilfe von vier als Vollbrücke zusammen geschalteter
Schalter, die insbesondere auch Halbleiterschalter sein können, in verschiedene
Betriebszustände versetzt werden kann. Die Ansteuereinrichtung weist folgende
Merkmale auf:
- vier (mithin wenigstens zwei) Schalteranordnungen (42, 44,
46, 48), die jeweils eine Anschlussklemme zum Anschließen
(Verbindungsleitungen 52, 54) einer Last (50) und jeweils eine
Ansteuerklemme aufweisen, wobei die Schalteranordnungen
jeweils einen Halbleiterschalter aufweisen, der an die wenigstens eine Anschlussklemme angeschlossen ist (Verbindungsleitungen 32, 34, 36, 38) und der nach Maßgabe eines Ansteuersignals angesteuert wird (Figur 1; Spalte 3, Zeile 35-46);
- eine Pulsweitenmodulator-Anordnung (20) mit Ausgangsklemmen (Leitungen 22, 24, 26, 28) zur Bereitstellung pulsweitenmodulierter Ansteuersignale für die Schalteranordnungen
nach Maßgabe eines Frequenzsignals, das die Frequenz des
pulsweitenmodulierten Signals bestimmt und eines Duty-
Cycle-Signals, das den Duty-Cycle des pulsweitenmodulierten
Signals bestimmt (Figur 1; Spalte 3, Zeile 17-34);
- einen zur Pulsweitenmodulator-Anordnung gehörenden
Oszillator, der ein durch einen Schalttakt vorgegebenes Frequenzsignal für die Pulsweitenmodulator-Anordnung bereitstellt (Spalte 3, Zeile 23-26);
- eine Ansteuerschaltung in Form einer Regeleinrichtung (10),
die einen bereitgestellten Sollwert mit einem ermittelten Istwert
vergleicht und daraus ein als Duty-Cycle-Signal wirkendes
Regelsignal für die Pulsweitenmodulator-Anordnung bereitstellt (Spalte 3, Zeile 9-16).
Aus der Druckschrift D2 ist ein Leistungsverstärker bekannt, bei dem mehrere
ausgangsseitig in Reihe geschaltete Schaltverstärker (V1, V2, ... VN) jeweils durch
separate Pulsweitenmodulatoren (PDM1, PDM2, ... PDMN) angesteuert werden,
die wiederum durch einen Vormodulator VM und einen Referenzoszillator ROS
eingestellt werden (Spalte 6, Zeile 46 bis Spalte 7, Zeile 18; Figur 2 i. V. m. Fig. 1).
Aus der Druckschrift D3 ist bekannt, entweder einen als Pulsweitenmodulator
ausgebildeten Mikrocontroller oder eine Kombination aus einem Pulsweitenmodulator und einem Mikrocontroller zur pulsweitenmodulierten Ansteuerung von
Halbleiterschaltern zu verwenden (Spalte 1, Zeile 15-19; Spalte 6, Zeile 53 bis
Spalte 7, Zeile 34). Der Druckschrift kann somit auch entnommen werden, dass
als Mikrocontroller ausgebildete Ansteuerschaltung für Pulsweitenmodulatoren an
sich bekannt sind.
4.Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu gegenüber den Druckschriften D1 bis D3 und beruht gegenüber diesen Druckschriften auch auf erfinderischer Tätigkeit. Keine Entgegenhaltung offenbart sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1, insbesondere ist das Merkmal, das der Mikrocontroller dazu ausgebildet ist, das Frequenzsignal und das Duty-Cycle-Signal nur zu Beginn einer
pulsweitenmodulierten Ansteuerung des Halbleiterschalters der jeweiligen Schalteranordnung an die Pulsweitenmodulator-Anordnungen zu übermitteln, in keiner
der genannten Schriften beschrieben.
Dieses Unterscheidungsmerkmal wird durch die Druckschriften D1 bis D3 auch
nicht für den Fachmann nahegelegt, da jeglicher Hinweis darauf in den Druck-
schriften fehlt, das Frequenzsignal und das Duty-Cycle-Signal nur zu Beginn einer
pulsweitenmodulierten Ansteuerung des Halbleiterschalters der jeweiligen Schalteranordnung an die Pulsweitenmodulator-Anordnungen zu übermitteln.
5.Der Senat hat jedoch davon abgesehen, antragsgemäß in der Sache selbst zu
entscheiden und das Patent zu erteilen.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat im Verfahren nach § 44 PatG bislang
nur das ursprüngliche Patentbegehren geprüft und auch die Recherche darauf begrenzt. Durch die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Änderung des Anspruchs 1 enthält dieser nunmehr jedoch Merkmale, die bei der Prüfung bislang
unberücksichtigt blieben und augenscheinlich auch bei der Recherche keine Rollen gespielt haben. Dies gilt in besonderem Maße für das nunmehr im geltenden
Patentanspruch 1 enthaltene Merkmal, das der Mikrocontroller dazu ausgebildet
ist, das Frequenzsignal und das Duty-Cycle-Signal nur zu Beginn einer pulsweitenmodulierten Ansteuerung des Halbleiterschalters der jeweiligen Schalteranordnung an die Pulsweitenmodulator-Anordnungen zu übermitteln.
Nachdem nicht ausgeschlossen werden kann, dass insbesondere unter dem Gesichtspunkt des § 4 PatG ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert und eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten Standes der Technik ergehen
kann, wofür in erster Linie die Prüfungsstellen des Patentamts berufen sind, war
die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und
Markenamt zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 PatG).
Dr. Bastian Dr. Hartung Dr. van Raden Kleinschmidt
Pr