Urteil des BGH vom 19.06.2000

BGH (antragsteller, vermögensverfall, zulassung, rechtsanwaltschaft, zeitpunkt, haftbefehl, württemberg, verhandlung, beschwerde, baden)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (B) 90/98
vom
19. Juni 2000
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Deppert, die Richter Dr. Fischer, Basdorf und Dr. Ganter, die
Rechtsanwälte Dr. von Hase und Dr. Müller sowie die Rechtsanwältin
Dr. Christian am 19. Juni 2000
nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß
des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom
19. September 1998 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstande-
nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
100.000 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist seit 1974 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Seine
Zulassung ist mit Verfügung des bisherigen Antragsgegners, des Justizministe-
riums Baden-Württemberg, vom 15. April 1998 gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO
a.F. wegen Vermögensverfalls widerrufen worden. Den Antrag auf gerichtliche
Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Hiergegen richtet
sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
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II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO), bleibt jedoch in
der Sache ohne Erfolg.
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-
schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist,
es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet
sind. Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete,
schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann,
geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Er wird
vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führen-
de Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist.
Diese Voraussetzung war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufs-
verfügung erfüllt. Im Schuldnerverzeichnis war wegen Forderungen der B.-W.
Bank AG in Höhe von insgesamt mehr als 500.000 DM ein Haftbefehl vom
9. April 1998 - 81 M 88/98 - gegen den Antragsteller nach § 901 ZPO eingetra-
gen. Der Anwaltsgerichtshof hat zutreffend ausgeführt, daß der Antragsteller
die Vermutung nicht etwa widerlegt hat. Daß der Antragsteller, wie er vorbringt,
unverschuldet in Vermögensverfall geraten ist, ist ohne Bedeutung.
Im angefochtenen Beschluß ist ferner zutreffend begründet, weshalb
durch den Vermögensverfall hier auch nicht - ausnahmsweise - die Interessen
der Rechtsuchenden nicht gefährdet wären.
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2. Der Antragsteller hat - auch im Beschwerdeverfahren und auch nach
einjährigem Zuwarten des Senats mit der Entscheidung wegen beträchtlicher
Anhaltspunkte für eine mögliche Konsolidierung - weiterhin nicht hinreichend
darzutun vermocht, daß der Grund für den Widerruf der Zulassung nachträglich
zweifelsfrei weggefallen wäre (vgl. BGHZ 84, 149, 150).
Zwar hat der Antragsteller, bei dem zum Zeitpunkt des Widerrufs über
die dem Haftbefehl zugrunde liegende Forderung hinaus weitere offene Forde-
rungen und Vollstreckungsmaßnahmen in großem Umfang vorlagen, die Erle-
digung eines beträchtlichen Anteils dieser Schulden vorgetragen und weitge-
hend belegt. Unter Einsatz von Immobilienvermögen hat er sich hierum auch
während des laufenden Beschwerdeverfahrens weiter bemüht. Indes reichte all
dies letztlich nicht aus. Wie der Antragsteller in der letzten mündlichen Ver-
handlung selbst eingeräumt hat, ist es ihm nicht gelungen, seine Vermögens-
verhältnisse zu ordnen. Nach wie vor sind drei Haftbefehle gegen ihn im
Schuldnerverzeichnis eingetragen.
Deppert
Fischer
Basdorf
Ganter
Hase
Müller
Christian