Urteil des BGH vom 14.07.2003
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
NotZ 1/03
Verkündet am:
14. Juli 2003
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Verfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BNotO § 6 Abs. 3 Satz 3
Bei der Auswahl der Bewerber für das Amt des (Anwalts-)Notars ist die Zeit
der Beschäftigung als sog. Syndikusanwalt nicht als Tätigkeit "als Rechts-
anwalt" zu berücksichtigen.
BGH, Beschluß vom 14. Juli 2003 - NotZ 1/03 - KG Berlin
wegen Bestellung zum Notar
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 14. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne, die Richter
Streck und Seiffert sowie die Notare Dr. Lintz und Justizrat Dr. Bauer
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß
des Senats für Notarsachen des Kammergerichts in Berlin vom
11. Dezember 2002 wird in der Hauptsache zurückgewiesen. So-
weit der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde auch die Ab-
lehnung seines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung
angreift, wird das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfah-
rens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerde-
rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000
festgesetzt.
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Gründe
I.
Der 1958 geborene Antragsteller wurde im August 1986 zur Rechtsan-
waltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Amts- und Landgericht H. zu-
gelassen. Im August 1988 erhielt er die anderweitige Zulassung beim Amts-
und Landgericht K. . Seit März 1996 ist er beim Landgericht Berlin und beim
Kammergericht zugelassen. Von Anfang Januar 1988 bis Ende April 1989 war
der Antragsteller beim Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. in Köln tä-
tig. Ausweislich einer Erklärung seines Arbeitgebers vom 11. Januar 1988 ob-
lag ihm im Rahmen der verbandspolitischen und organisatorischen Zielsetzung
des BDI die Bearbeitung rechtspolitischer Fragen in den Bereichen Haftungs-
recht (Produzentenhaftung, Umwelthaftung), öffentliches Recht, Verfahrens-
recht, Schiedsgerichtsbarkeit, Datenschutz und internationale Rechtsprobleme,
nicht jedoch die Einzelrechtsberatung, auch nicht von Mitgliedsverbänden. Zu-
gleich war der Antragsteller nach dieser Erklärung - in Ergänzung zum Anstel-
lungsvertrag, wonach dem Antragsteller die Übernahme einer "Nebentätigkeit"
nur mit Zustimmung der Leitung des BDI und nur unter der Voraussetzung ge-
stattet wurde, daß sie die Erfüllung der Pflichten gegenüber dem BDI nicht be-
einträchtigte - berechtigt, als freier Anwalt für andere Personen tätig zu werden
und vor Gericht aufzutreten. Von Anfang Mai 1989 bis Ende April 1991 hatte
der Antragsteller eine Anstellung als Leiter des Präsidialbüros im Deutschen
Bundestag; während dieser Zeit übte er den Beruf als Rechtsanwalt nicht aus.
Der Antragsteller bewarb sich um eine der im Amtsblatt für Berlin vom
31. März 2000 - mit am 2. Mai 2000 ablaufender Bewerbungsfrist - ausge-
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schriebenen 60 Notarstellen. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2001 teilte die An-
tragsgegnerin dem Antragsteller mit, daß beabsichtigt sei, die zu besetzenden
Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. Seine fachliche Eignung sei
mit 100,25 Punkten zu bewerten, wobei die Tätigkeit als Syndikusanwalt bei
dem Bundesverband der Deutschen Industrie bzw. die Tätigkeit als Leiter des
Präsidialbüros des Deutschen Bundestages nicht als hauptberufliche Anwalts-
tätigkeit angerechnet worden sei. Die in der Besetzungsliste auf den Plätzen 1
bis 60 geführten Bewerberinnen und Bewerber hätten Punktzahlen von 123,45
(Rang 1) bis 100,35 (Rang 60) erreicht. Mit seinem hiergegen gerichteten, mit
dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung verbundenen, Antrag auf
gerichtliche Entscheidung hat der Antragsteller geltend gemacht, seine Tätig-
keit für den Bundesverband der Deutschen Industrie müsse im Notarauswahl-
verfahren berücksichtigt werden, zumal er - wie er behauptet hat - neben dieser
Tätigkeit als Referent beim BDI in erheblichem Umfang freiberuflich als Rechts-
anwalt tätig gewesen sei.
Das Kammergericht (Notarsenat) hat den Antrag des Antragstellers, die
Antragsgegnerin unter Aufhebung ihres ablehnenden Bescheides zu verpflich-
ten, bei der Entscheidung über die Bewerbung um eine der ausgeschriebenen
Notarstellen die Zeitspanne vom 1. Januar 1988 bis zum 30. April 1989 als
Zeitraum einer hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt zu berücksichtigen,
zurückgewiesen und den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ab-
gelehnt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers,
der seinen Antrag weiterverfolgt und um Erlaß einer einstweiligen Anordnung
im Beschwerdeverfahren bittet.
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II.
Die gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässige so-
fortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Kammergericht hat mit
Recht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, denn der an-
gefochtene, den Antragsteller als Notarbewerber ablehnende Bescheid der
Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2001 ist rechtmäßig.
1.
a) Es ist entgegen der Beschwerde nicht zu beanstanden, daß die An-
tragsgegnerin dem Antragsteller seine Tätigkeit für den Bundesverband der
Deutschen Industrie nicht als hauptberufliche Tätigkeit "als Rechtsanwalt" im
Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO bzw. der Ziffer III 12. b) der Berliner Allge-
meinen Verfügung über Angelegenheiten der Notare (AVNot) vom 22. April
1996 angerechnet hat. Dies hat auch das Kammergericht dem Antrag auf ge-
richtliche Entscheidung zutreffend entgegengehalten.
aa) Als beim BDI gegen Entgelt fest angestellter Rechtsanwalt war der
Antragsteller in dem maßgeblichen Zeitraum Januar 1988 bis April 1989 ein
Syndikusanwalt (vgl. § 46 BRAO). Unter einem solchen versteht man einen
zugelassenen Rechtsanwalt, der gleichzeitig aufgrund Dienstvertrags gegen
feste Vergütung bei einem Unternehmen oder Verband als ständiger Rechtsbe-
rater tätig ist (vgl. BGHZ 141, 69, 71; BT-Drucks. III/120 S. 77). Der Syndikus-
anwalt hat zwei Arbeitsbereiche: einen als Arbeitnehmer, der keine Unabhän-
gigkeit besitzt, sondern dem Prinzip der Über- und Unterordnung unterliegt
(BGHZ 33, 276, 279; 141, 69, 71), und einen als freier, unabhängiger Anwalt.
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Im vorliegenden Zusammenhang ist entscheidend, daß der Syndikusan-
walt bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn - gleich ob es sich
bei diesem um einen privaten oder um einen öffentlich-rechtlich korporierten
Arbeitgeber handelt - nicht dem anwaltlichen Berufsbild entspricht, wie es in
der Vorstellung der Allgemeinheit besteht, nämlich dem des unabhängigen
freiberuflich tätigen Rechtsanwalts (BGHZ 33, 276, 280; 141, 69, 76 f; BGH,
Beschlüsse vom 13. März 2000 - AnwZ [B] 25/99 - NJW 2000, 1645 und
18. Juni 2001 - AnwZ [B] 41/00 - NJW 2001, 3130; vgl. auch BVerfGE 87, 287,
295, 327). Dies hat auch der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs
ausdrücklich im Hinblick aus das Erfordernis der örtlichen Wartezeit im Sinne
einer hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt als Voraussetzung für den
Notarberuf (vgl. jetzt: § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO) ausgesprochen (Beschluß vom
20. Januar 1969 - NotZ 7/68 - DNotZ 1969, 310).
bb) Nichts anderes gilt, soweit die hauptberufliche Tätigkeit als Rechts-
anwalt bei der Auswahl mehrerer geeigneter Bewerber für den Notarberuf an-
gemessen zu berücksichtigen ist (§ 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO). Das Gesetz be-
nützt in diesem Zusammenhang dieselben Begriffe ("hauptberuflich als
Rechtsanwalt tätig ...") wie in § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO. Es gibt auch keinen
sachlichen Grund, in dem einen oder dem anderen Zusammenhang dieselben
Begriffe mit ihrem eindeutigen überkommenen Inhalt unterschiedlich zu verste-
hen. Es wird das einemal wie das anderemal angeknüpft an das Bild des unab-
hängigen, freiberuflich tätigen Rechtsanwalts. Dabei wird eben diese Art der
Tätigkeit bei beiden Tatbeständen hauptberuflich vorausgesetzt. Das Regeler-
fordernis des Nachweises einer bestimmten Dauer hauptberuflicher Tätigkeit
als freier, unabhängiger Anwalt als Voraussetzung für die Bestellung des An-
waltsnotars (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO) soll nach der Vorstellung des Gesetzge-
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bers sicherstellen, daß der Bewerber um das (Anwalts-)Notariat die organisato-
rischen Voraussetzungen für die Geschäftsstelle geschaffen und daß er um-
fangreiche Erfahrungen mit einer Vielzahl von Rechtsuchenden und Vertraut-
heit mit den örtlichen Verhältnissen erlangt hat (BT-Drucks. 11/600 S. 10).
Gleichermaßen erschien dem Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Dauer
der Rechtsanwaltstätigkeit als Auswahlkriterium (§ 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO) die
Berücksichtigung nur einer als Hauptberuf ausgeübten anwaltlichen Tätigkeit
gerechtfertigt, wobei allerdings in der Begründung zum Gesetz das Abstellen
auf die "hauptberufliche" Tätigkeit als Rechtsanwalt auch damit erklärt wurde,
daß die Verbindung der Berufe des Rechtsanwalts und Notars auch dazu be-
stimmt sei, die wirtschaftliche Stellung der freiberuflichen Anwaltschaft zu stüt-
zen (BT-Drucks. 11/6007 S. 11).
Auch der Umstand, daß erfahrungsgemäß nicht alle niedergelassenen
Rechtsanwälte unter Bedingungen arbeiten, die eine selbständige und unab-
hängige Aufgabenerfüllung gewährleisten (vgl. Henssler/Prütting BRAO § 46
Rn. 8), ändert nichts daran, daß bei der gebotenen generalisierenden Be-
trachtung der freiberufliche Rechtsanwalt vom Syndikusanwalt abzugrenzen ist
und nur die (hauptberufliche) Tätigkeit des ersteren im Rahmen des § 6 Abs. 3
Satz 3 BNotO Berücksichtigung finden kann. An diesem Verständnis des § 6
Abs. 3 Satz 3 BNotO wie des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO hat sich bis heute nichts
geändert. Der Versuch bestimmter standespolitischer Kreise, durch eine Text-
änderung des § 46 BRAO "klarzustellen", daß Syndikusanwälte auch bei ihrer
Tätigkeit für den Arbeitgeber rechtsanwaltlich tätig werden, fand im Parlament
keine Mehrheit (vgl. BGHZ 141, 69, 76 f; BT-Drucks. 12/7656 S. 49).
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Schließlich geben auch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom
18. Juni 2001 (aaO) und 13. Januar 2003 (AnwZ [B] 25/02 - NJW 2003, 883)
keinen Anhalt für eine andere Sicht. In der erstgenannten Entscheidung wird
der Grundsatz bekräftigt, daß der Syndikusanwalt innerhalb seines festen Ge-
schäftsverhältnisses nicht anwaltlich tätig wird. Im Blick auf die Fachanwalts-
zulassung hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung ausgesprochen,
daß bei der Gewichtung der Fälle, die der Bewerber um eine Fachanwaltsbe-
zeichnung für den Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen nach § 5 FAO
nachweisen muß, dann, wenn er schon eine erhebliche Zahl nicht unbedeuten-
der Mandate im Rahmen selbständiger Tätigkeit wahrgenommen hat, die weite-
ren Erfahrungen als Syndikusanwalt auf dem betreffenden Fachgebiet berück-
sichtigt werden. In dem Beschluß vom 13. Januar 2003 hat der Anwaltssenat
ausgesprochen, daß bei der Prüfung des für die Verleihung für das Arbeits-
recht erforderlichen Nachweises besonderer praktischer Erfahrungen im Ar-
beitsrecht (§ 5 FAO) neben den in freier anwaltlicher Tätigkeit bearbeiteten
Fällen auch solche Fälle zu berücksichtigen sind, in denen der Rechtsanwalt
als Syndikus eines Arbeitgeber- oder Unternehmerverbandes die arbeitsrecht-
liche Beratung und Prozeßvertretung (§11 ArbGG) von Mitgliedern des Ver-
bandes weisungsunabhängig durchgeführt hat. Die diese beiden Entscheidun-
gen des Bundesgerichtshofs zur Verleihung von Fachanwaltsbezeichnungen
begründenden Erwägungen lassen sich auf den Fragenkreis der Anrechnung
von Rechtsanwaltstätigkeit bei der Auswahl von Notarbewerbern gemäß § 6
Abs. 3 Satz 3 BNotO nicht übertragen.
b) Es kann entgegen der Beschwerde auch nicht davon ausgegangen
werden, daß der Antragsteller in dem maßgeblichen Zeitraum außerhalb seiner
Beschäftigung als Syndikusanwalt - mit 39 bzw. 40 wöchentlichen Pflichtstun-
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den - beim Bundesverband der Deutschen Industrie in einem solchen Umfang
als unabhängiger Rechtsanwalt tätig geworden wäre, daß insoweit von einer
"hauptberuflichen" Rechtsanwaltstätigkeit gesprochen werden könnte. Ohne
daß hier ein für alle Fälle verbindlicher Abgrenzungsmaßstab gefunden werden
kann und muß, erfordert hauptberufliche Rechtsanwaltstätigkeit begrifflich und
insbesondere nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung - auch unter Berück-
sichtigung der Tragweite des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12
Abs. 1 GG) - eine anwaltliche Berufsausübung mit einem Arbeitsanfall jeden-
falls in einer Größenordnung, die zumindest annähernd mit demjenigen eines
freiberuflich tätigen oder bei einem Kollegen ganztags angestellten Rechtsan-
walts verglichen werden kann. Daran fehlt es hier.
Der Antragsteller war in der Zeit vom 1. Januar bis zum 15. Mai 1988
nach eigenen Angaben "nur in geringerem Umfang" als Rechtswalt (in H. )
tätig. Hinsichtlich der anschließenden Zeit der Tätigkeit als freier Mitarbeiter in
seiner heutigen Sozität in B. , läßt sich den durchweg eher pauschalie-
renden Angaben des Antragstellers hinreichend nachvollziehbar entnehmen,
daß er nach dem üblichen Satz für eine 20-Stunden-Tätigkeit (2.500 DM) hono-
riert und dementsprechend auch tätig wurde; für einen wesentlich umfangrei-
cheren Einsatz fehlt es an nachprüfbaren Belegen. Eine derartige "halbe" Mit-
arbeit in einer Rechtsanwaltspraxis hält - bei einer in diesem Zusammenhang
notwendigerweise typisierenden Betrachtungsweise [, ohne die der Justizver-
waltung eine einigermaßen gerechte und gleichmäßige Auswahl der Anwalts-
notare praktisch unmöglich wäre,] - den Vergleich mit einer üblichen Rechts-
anwaltstätigkeit in keiner Weise aus.
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c) Der Senat folgt dem Kammergericht auch darin, daß die in Rede ste-
hende gesetzliche Regelung (§ 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO) und ihre Handhabung
durch die Justizverwaltung (AVNot Ziff. III. 12. b) weder im Blick auf Art. 12
Abs. 1 GG noch auf Art. 3 Abs. 1 GG durchgreifenden Bedenken unterliegt.
Wie das Kammergericht zutreffend ausführt, liegt § 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO die
berechtigte Annahme zugrunde, daß ein Bewerber typischerweise um so mehr
praktische Erfahrung in der eigenverantwortlichen Rechtsberatung und
Rechtsbesorgung, seiner Sicherheit im Umgang mit rechtsuchenden Bürgern
und dem Verständnis für ihre Anliegen sowie der Fähigkeit zur reibungslosen
Organisation seiner Kanzlei gesammelt haben wird, und deshalb um so geeig-
neter für das Amt des Notars erscheint, je länger er hauptberuflich als selb-
ständiger Anwalt tätig gewesen ist. Zugleich durfte der Gesetzgeber, wie das
Kammergericht ebenfalls hervorhebt, davon ausgehen, daß freiberuflich tätige
Rechtsanwälte im Vergleich zu Syndikusanwälten regelmäßig über eine deut-
lich größere Bandbreite an Erfahrungen im Umgang mit dem rechtsuchenden
Publikum verfügen, und daß eine längere Dauer der durch Unabhängigkeit und
Eigenverantwortlichkeit geprägten Ausübung des Anwaltsberufs zusätzlich für
das Amt eines Notars qualifiziert.
2.
Die Beschwerde beanstandet auch zu Unrecht, daß das Kammergericht
den ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin auch in bezug auf die fehlen-
de Zuerkennung von Sonderpunkten als rechtsfehlerfrei angesehen hat.
Das Auswahlermessen der Antragsgegnerin wird durch Ziffer III. 12. f)
AVNot dahin beeinflußt, daß im Rahmen der Gesamtentscheidung in Ausnah-
mefällen bis zu zehn weitere Punkte hinzugerechnet werden können, wenn zu-
sätzliche Umstände, die den Bewerber für das Amt des Notars in ganz beson-
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derer Weise qualifizieren, dies erfordern, um die fachliche Eignung des Bewer-
bers besser zu kennzeichnen. Indessen fehlt es seitens des Antragstellers an
der Darlegung besonderer Leistungen, die in einer Sonderbeziehung zum No-
tarberuf stehen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. März 1997 - NotZ 21/96 -,
14. Juli 1997 - NotZ 31/96 - DNotZ 1997, 902 und vom 16. März 1998 - NotZ
25/97 - BGHR BNotO § 6 Abs. 3 Satz 2 Auswahlverfahren 4) und für das Amt
des Notars in besonderer Weise qualifizieren. Entgegen der Beschwerde zählt
dazu nicht die nach dem ersten Staatsexamen gefertigte Dissertation zu dem
Thema "Der Rechtsanwalt und der Anwaltsnotar in der DDR - ihre Stellung und
Funktion im sozialistischen Rechtssystem", Göttingen 1984, und es reicht auch
nicht die Aufzählung von Publikationen in der Notarbewerbung, von denen eine
"Änderungen des Beurkundungsgesetzes" betrifft.
III.
Soweit der Antragsteller sich mit seiner sofortigen Beschwerde aus-
drücklich auch gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Erlaß einer einst-
weiligen Anordnung wendet, ist das Rechtsmittel unstatthaft (Senatsbeschluß
vom 19. Oktober 1992 - NotZ 42/92 - BGHR BNotO § 111 n.F. Abs. 4 Satz 2
Anordnung, einstweilige - st. Rspr.).
IV.
Da mit dem vorliegenden Beschluß über das Rechtschutzbegehren des
Antragstellers in der Hauptsache endgültig entschieden wird, ist der Antrag auf
vorläufigen Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren gegenstandslos.
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Rinne
Streck
Seiffert
Lintz
Bauer