Urteil des BGH vom 28.02.2001

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 483/00
vom
28. Februar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwer-
deführers und des Generalbundesanwalts - zu Ziffer 2. auf dessen Antrag - am
28. Februar 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Kleve vom 31. Juli 2000 im Strafausspruch mit den zu-
gehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechts-
mittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zu-
rückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum uner-
laubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt, das sichergestellte Betäubungsmit-
tel, 99 kg Haschisch, eingezogen, 370 DM Bargeld für verfallen erklärt und den
Pkw VW-Golf des Angeklagten eingezogen.
Die Revision des Angeklagten, mit der er das Verfahren beanstandet
und die Sachrüge erhebt, ist zum Schuldspruch und zum Ausspruch über die
Einziehung und den Verfall unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, da
die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung insoweit kei-
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nen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Strafaus-
spruch hat jedoch keinen Bestand.
Anfang des Jahres 2000 führte die niederländische Polizei in Zusam-
menarbeit mit der deutschen Polizei gegen eine in den Niederlanden und der
Bundesrepublik Deutschland tätige Gruppe von Betäubungsmittelhändlern Er-
mittlungen, in deren Zusammenhang auch der Angeklagte bei seiner Kurier-
fahrt am 21. Januar 2000 observiert und schließlich festgenommen wurde. Bei
seiner polizeilichen Vernehmung räumte der Angeklagte seine Kuriertätigkeit
ein und nannte eine Handy-Nummer seines Abnehmers in Berlin. Wenige Tage
nach dem Angeklagten wurden fünf Personen in Berlin bei der Übergabe von
100 kg Haschisch gestellt. Das Landgericht hat dem Angeklagten bei der Straf-
zumessung zwar seine Aufklärungsbereitschaft zugute gehalten, von einer
Strafmilderung nach § 31 BtMG aber deshalb abgesehen, weil diese Festnah-
me der fünf Personen in Berlin nicht auf den Angaben des Angeklagten, son-
dern auf den Ermittlungen der niederländischen Polizei beruht habe. Durch die
Offenbarung der Handy-Nummer habe der Angeklagte lediglich die niederlän-
dischen Ermittlungsergebnisse bekräftigt und die Beteiligung einer von der Po-
lizei bereits ermittelten Person bestätigt.
Die Ablehnung einer Strafmilderung nach § 31 BtMG mit dieser Begrün-
dung ist fehlerhaft; denn nach der ständigen Rechtsprechung liegt ein Aufklä-
rungserfolg im Sinne des § 31 Nr. 1 BtMG nicht nur dann vor, wenn der Täter
den Ermittlungsbehörden völlig neue Erkenntnisse liefert. Vielmehr schafft in
der Regel auch derjenige, der Angaben zu Hintermännern, Auftraggebern oder
Abnehmern macht, die bereits vorhandenes Wissen der Strafverfolgungsbe-
hörden bestätigen, eine sicherere Grundlage für den Nachweis der von diesen
Personen begangenen Taten und verbessert damit die Möglichkeit der Straf-
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verfolgung (vgl. BGH StV 1991, 66, 67; BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 18,
19, 25; Senatsurteil vom 9. August 2000 - 3 StR 133/00). Der Strafausspruch
kann deshalb keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen, daß
das Landgericht, wenn es bei seiner Strafzumessung nicht nur von einer Auf-
klärungsbereitschaft des Angeklagten, sondern von einem tatsächlich einge-
tretenen Aufklärungserfolg ausgegangen wäre, auf eine geringere Strafe er-
kannt hätte. Hinzu kommt, daß in den Strafzumessungsgründen der Umstand
der Einziehung des Pkws des Angeklagten keine Erwähnung findet, obwohl
dies nach der Rechtsprechung geboten war (vgl. BGH StV 1995, 301; BGHR
StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 6, 12 und 16).
Kutzer Rissing-van Saan Pfister
von Lienen Becker