Urteil des BGH vom 05.12.2000
BGH (stpo, abgabe, rechtsmittelbelehrung, rechtsmittel, durchführung, erklärung, wert, wirksamkeit, unwirksamkeit, annahme)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 490/00
vom
5. Dezember 2000
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln
an Minderjährige u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Dezember 2000 gemäß
§ 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 30. Mai 2000 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-
gen.
Gründe:
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift ausgeführt:
"Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter gewerbsmä-
ßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit
unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten ver-
urteilt. Mit undatiertem Schreiben, das am 4. August 2000 beim Landge-
richt Mannheim einging, hat der Angeklagte 'Berufung' eingelegt, die als
Revisionseinlegung anzusehen ist (§ 300 StPO).
Die Revision ist unzulässig, weil der Angeklagte nach Verkündung des
angefochtenen Urteils wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302
Abs. 1 Satz 1 StPO).
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Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls wurde dem Angeklagten
nach der Urteilsverkündung die vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung
erteilt. Nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin erklärte er, er nehme
das Urteil an und verzichte auf Rechtsmittel. Die Verzichtserklärung
wurde vorgelesen und vom Angeklagten genehmigt. Während der ge-
samten Hauptverhandlung war ein Dolmetscher für die englische Spra-
che anwesend. Der Angeklagte trägt nicht vor, ihm sei die Rechtsmittel-
belehrung nicht übersetzt worden. Mit seinem Vorbringen, er habe nicht
gewusst, dass er die Möglichkeit gehabt habe, dem Urteil 'zu widerspre-
chen', die Strafe sei unangemessen hoch, kann der Angeklagte nicht
gehört werden. Weshalb der Angeklagte die Bedeutung des Rechtsmit-
telverzichts verkannt haben sollte, legt er im Übrigen nicht dar.
Der wirksam erklärte Rechtsmittelverzicht kann nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs als Prozesshandlung weder wider-
rufen noch wegen Irrtums angefochten oder sonst zurückgenommen
werden (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 1
m.w.N.; BGH NStZ 1999, 526).
Dass der Angeklagte nach Erklärung des Rechtsmittelverzichts offen-
sichtlich anderen Sinnes geworden ist, nunmehr Wert auf die Durchfüh-
rung der Revision legt und die Abgabe der Verzichtserklärung nachträg-
lich bereut, vermag an ihrer Wirksamkeit nichts zu ändern. Auch eine
möglicherweise unüberlegte und zu voreilige Annahme des Urteils durch
den Angeklagten steht dem nicht entgegen (BGH, Beschluss vom
9. September 1997 - 4 StR 422/97 -; BGH NStZ-RR 1997, 173). Gründe,
die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts führen
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könnten (vgl. Ruß in KK-StPO, 4. Aufl. § 302 Rdn. 13), sind nicht er-
sichtlich."
Dem schließt sich der Senat an.
Schäfer Nack Schluckebier
Kolz Schaal