Urteil des BGH vom 09.10.2013
BGH: nötigung, beihilfe, beifahrer, einwirkung, einfluss, sperre, anhörung, einheit
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 344/13
vom
9. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und der Beschwerdeführer am 9. Oktober 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Saarbrücken vom 25. Februar 2013 im Schuld-
spruch dahin abgeändert, dass
a) der Angeklagte T. der gefährlichen Körperverletzung
in Tateinheit mit Nötigung und mit unerlaubtem Entfernen
vom Unfallort und
b) der Angeklagte N. der gefährlichen Körperverlet-
zung in Tateinheit mit Nötigung und mit Beihilfe zum un-
erlaubten Entfernen vom Unfallort schuldig sind.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden
verworfen.
3. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten die Kosten und
Auslagen ihrer Rechtsmittel aufzuerlegen; jedoch haben sie
die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen "gemeinschaftlicher"
gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Nötigung und unerlaubtem
Entfernen vom Unfallort und den Angeklagten N. wegen "gemeinschaft-
licher" gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Nötigung und Beihilfe
zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort jeweils zu Jugendstrafen von zwei
Jahren und sechs Monaten verurteilt; dem Angeklagten T. hat es zudem die
Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für deren Erteilung von zwei Jahren
angeordnet. Gegen das Urteil richten sich die jeweils auf die Sachrüge gestütz-
ten Revisionen der Angeklagten; der Angeklagte T. beanstandet zudem das
Verfahren. Die Rechtsmittel führen lediglich zur Änderung der Schuldsprüche.
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen stehen die von
den Angeklagten verwirklichten Straftatbestände zueinander im Verhältnis der
Tateinheit.
Der Angeklagte T. hat sich - ohne gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB die
Feststellung seiner Person zu ermöglichen - durch das Losfahren mit "erheb-
licher Beschleunigung" und in Schlangenlinien von der Unfallstelle entfernt und
dabei durch dieselbe Handlung die Nötigungs- und die zur Körperverletzung
führende Handlung zum Nachteil des am Beifahrerfenster des Pkws mitge-
schleiften Beifahrers des von ihm zuvor beschädigten Lkw begangen. Dass die
schweren Verletzungen des R. und damit der Körperverletzungs-
erfolg erst bei dessen Sturz von dem Pkw nach mehr als 400 Metern Fahr-
strecke eingetreten sind, hat auf die durch dieselbe Handlung begründete Tat-
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einheit keinen Einfluss. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Angeklagten
N. , dem Beifahrer im Pkw des Angeklagten T. , bei dem mit dem
Bemühen, den Haltegriff des R. zu lösen, ohnehin nur eine Hand-
lung vorliegt.
2. Im Übrigen weist das Urteil aus den vom Generalbundesanwalt in der
Antragsschrift vom 13. August 2013 dargelegten Gründen keinen die Angeklag-
ten belastenden Rechtsfehler auf.
3. Der Senat kann die Schuldspruchänderung selbst vornehmen, da aus-
zuschließen ist, dass die Angeklagten sich gegen den Vorwurf tateinheitlicher
Begehung erfolgreicher als geschehen hätten verteidigen können. Zugleich
lässt der Senat die Bezeichnung der gefährlichen Körperverletzung als "ge-
meinschaftlich" begangen entfallen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 260
Rn. 24 mwN).
4. Der Senat kann ebenfalls ausschließen, dass die Angeklagten vom
Tatgericht bei richtiger Beurteilung der Konkurrenzen zu einer geringeren
Jugendstrafe verurteilt worden wären. Weder die Dauer der notwendigen erzie-
herischen Einwirkung auf die Angeklagten, noch der Schuldgehalt wird vom
zwischen den Straftatbeständen bestehenden Konkurrenzverhältnis berührt
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(vgl. zu Letzterem: BVerfG, EuGRZ 2006, 603, 604; weitere Nachweise bei
Meyer-Goßner, aaO, § 354 Rn. 22).
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke
Mutzbauer
Quentin