Urteil des BGH vom 11.02.2010

BGH (fonds, anleger, beschwerde, aufklärung, anlage, zulassung, anhörung, prospekt, werbung, verhalten)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
III ZR 325/08
vom
11. Februar 2010
in dem Rechtsstreit
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2010 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr, Dr. Herrmann, Hucke und
Tombrink
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revi-
sion in dem Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
München vom 22. September 2008 - 21 U 1595/08 - wird zurück-
gewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 75.911,51 € festgesetzt.
Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen im Streitfall
nicht vor.
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1.
Die Beschwerde rügt allerdings mit Recht, dass die Würdigung der Aus-
sagen der Zeugen K. und O. revisionsrechtlich zu beanstanden ist.
Denn das Berufungsgericht hat sich nicht hinreichend mit den vom Kläger vor-
gelegten Unterlagen auseinandergesetzt, nach denen - entgegen den Aussa-
gen der vernommenen Zeugen - in der Rechnungsstellung gerade keine sehr
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genaue Unterscheidung zwischen der Eigenkapitalvermittlung von Gesell-
schaftsanteilen, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG nicht der Umsatzsteuerpflicht
unterliegt, und Werbemaßnahmen, für die diese Befreiung nicht gilt, vorge-
nommen wurde. Es hat sich ferner nicht die nach dem Streitstoff erhebliche
Frage vorgelegt, wie im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan und die
ergänzenden Ausführungen zum Inhalt der Leistungsverträge Werbemaßnah-
men im Rahmen der Konzeption des Fonds von einer Werbung abzugrenzen
sind, die die IT GmbH als großes Vertriebsunternehmen zur Bewerbung der
insgesamt von ihr vertriebenen Produkte betrieben hat. Wie der Senat - nach
Erlass des hier angefochtenen Urteils - für den Fonds III entschieden hat, kann
im Hinblick auf die Regelungen im Investitionsplan nicht jegliche Werbetätigkeit
nach der Budgetposition "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" abge-
rechnet werden, sondern es sind übliche Werbemaßnahmen, die der Eigenkapi-
talvermittlung dienen, hiervon auszunehmen (vgl. eingehend hierzu Senatsurteil
vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - NJW-RR 2009, 613, 614 f Rn. 11-14). Für
die Budgetposition "Konzeptions-, Prospekt-, Gründungskosten" beim hier be-
troffenen Fonds IV, die nur nach längerer Lektüre an anderen Stellen des Pros-
pekts einen Hinweis auf Werbemaßnahmen gibt, gilt nichts anderes. Schließlich
rügt die Beschwerde auch mit Recht, dass sich das Berufungsgericht jeglicher
Feststellungen dazu enthalten hat, welche Werbemaßnahmen für den hier be-
troffenen Fonds vorgenommen worden sind.
2.
Die angefochtene Entscheidung wird jedoch durch die Erwägung getra-
gen, das Berufungsgericht sei nicht davon überzeugt, dass die genannten Um-
stände für die Anlageentscheidung des Klägers bestimmend gewesen seien.
Dabei hat das Berufungsgericht durchaus gesehen, dass dem Anleger, der sich
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auf die Verletzung einer Aufklärungspflicht beruft, die auf einer unzulänglichen
oder irreführenden Darstellung im Emissionsprospekt beruht, eine gewisse
Kausalitätsvermutung zugute kommt (vgl. Senatsurteile vom 6. November 2008
- III ZR 290/07 - juris und BeckRS 2008, 23805 Rn. 19; vom 12. Februar 2009
aaO S. 617 Rn. 27; vom 23. Juli 2009 - III ZR 306/07 - juris und BeckRS 2009,
22376 Rn. 17). Diese Vermutung hindert den Tatrichter indes nicht daran, den
Anleger zu den Motiven, die ihn zur Zeichnung der Anlage veranlasst haben, im
Rahmen einer persönlichen Anhörung zu befragen. Mag auch die hier im Mit-
telpunkt stehende Frage, wie sich der Anleger im Falle der pflichtgemäßen Auf-
klärung verhalten hätte, nicht unmittelbar mit den Überlegungen im Zusammen-
hang stehen, die den Anleger - ohne die geschuldete Aufklärung - tatsächlich
zu seiner Anlageentscheidung bewogen haben, ist es doch rechtlich nicht aus-
geschlossen, dass sich für den Tatrichter aus dem Inbegriff der im Rahmen der
Anhörung gewonnenen Eindrücke die Überzeugung ergibt, ungeachtet der
Kausalitätsvermutung hätte auch die unterbliebene Aufklärung nicht zu einem
Verzicht auf die Anlage geführt.
Ob die tatrichterliche Würdigung in dieser Hinsicht in jeder Beziehung
überzeugt, mag offen bleiben. Sie ist jedenfalls nicht willkürlich, verstößt nicht
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gegen das rechtliche Gehör des Klägers und gibt auch im Übrigen keinen An-
lass zu einer Zulassung der Revision.
Schlick
Dörr
Herrmann
Hucke
Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.11.2007 - 3 O 20437/06 -
OLG München, Entscheidung vom 22.09.2008 - 21 U 1595/08 -