Urteil des BGH vom 12.03.2013
BGH: bande, marihuana, gewinnstreben, betäubungsmittelhandel, urlaub, beteiligter, anhörung, bargeld, paket, rüge
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 16/13
vom
12. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen  bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts  und  des  Beschwerdeführers  am  12.  März  2013  gemäß  §  349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Aachen vom 29. August 2012, soweit es ihn betrifft, mit
den Feststellungen aufgehoben.
2.  Die  Sache  wird  zu  neuer  Verhandlung  und  Entscheidung,
auch  über  die  Kosten  des  Rechtsmittels,  an  eine  andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaub-
ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen
zu  einer  Gesamtfreiheitsstrafe  von  sieben Jahren und zehn Monaten verurteilt
und eine Verfallsanordnung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung formel-
len  und  materiellen  Rechts  gestützte  Revision  des  Angeklagten  hat  mit  der
Sachrüge  in  vollem  Umfang  Erfolg,  ohne  dass  es  auf  die  geltend  gemachten
Verfahrensverletzungen ankommt.
1.  Nach  den  Feststellungen  des  Landgerichts  war  der  Angeklagte  seit
Mai  2010  Teil  einer  größeren  Gruppierung,  der  zu  jeder  Zeit  mindestens  drei
Personen angehörten und die sich zusammengeschlossen hatte, um auf Dauer
angelegt  größere  Mengen  Marihuana  in  den  Niederlanden  zu  beschaffen  und
an mehrere Abnehmer in ganz Deutschland gewinnbringend zu verkaufen. Da-
bei  bediente  sie  sich  verschiedener  Kuriere,  versandte  die  Betäubungsmittel
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aber  auch,  unter  anderem  mit  Hilfe  des  ehemaligen  Mitangeklagten  W.      ,
über den Paketversandbetrieb G.  .
Dem Mitangeklagten Mo.      fiel die Aufgabe zu, die Betäubungsmittel in
den Niederlanden zu besorgen und an den jeweiligen Auftraggeber weiterzuge-
ben.  Dagegen  war  der  Angeklagte  M.         in  der  Gruppierung  in  die  Verein-
nahmung  des  Kaufpreises  eingebunden.  Er  nahm  im  Auftrag  des  gesondert
verfolgten         R.          im  Wege  der  Postversendung  an  ihn  übersandtes  Bar-
geld für verschickte Betäubungsmittelpäckchen entgegen und leitete es an die-
sen  weiter.  Dies  geschah  in  19  Fällen  zwischen  dem  20.  Mai  2010  und  dem
6. Juli  2011,  wobei  die  Zahlungen  jeweils  mindestens  15.000,-
€  betrugen.  In
einem weiteren Fall war eine entsprechende Kaufpreiszahlung für ein versand-
tes  Paket  mit  ca.  6  Kilogramm  Marihuana  mit  einem  Wirkstoffgehalt  von  8,5
bzw.  9,5 % vereinbart; hierzu kam es jedoch nicht mehr, nachdem das Betäu-
bungsmittelpaket  am  15.  Juli  2011  unter  polizeilicher  Aufsicht  entgegenge-
nommen worden war.
2. Das Landgericht hat in der Entgegennahme und Weiterleitung von Er-
lösen  aus  dem  Drogenverkauf  eine  täterschaftliche  Beteiligung  des  Angeklag-
ten  am  gewinnbringenden  Handeltreiben  mit  Betäubungsmitteln  in  20  Fällen
gesehen, wobei er als Mitglied einer Bande gehandelt habe, die sich zur fortge-
setzten  Begehung  solcher  Taten  verbunden  hatte  (§  30a  Abs.  1  BtMG).  Dies
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Eine  Verurteilung  wegen  täterschaftlichen  unerlaubten  Handeltreibens
von Betäubungsmitteln  kommt  - auch bei einer Einbindung in eine bandenmä-
ßige Struktur - nur in Betracht, wenn der Handelnde selbst eigennützige Bemü-
hungen entfaltet, die  darauf gerichtet  sind,  den Umsatz mit Betäubungsmitteln
zu  ermöglichen  oder  zu  fördern.  Nicht  ausreichend  ist  es  hingegen,  wenn  ein
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Täter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will
(BGHSt  34,  124,  125  f.;  BGH  StV  2012,  414). Ein  eigennütziges Handeln  des
Angeklagten  aber  ist  den  Urteilsgründen  nicht  hinreichend  zu  entnehmen.  Ob
er  bei  seinen  Taten  vom  Streben  nach  Gewinn  geleitet  worden  ist  oder  sich
wenigstens  irgendeinen  anderen  persönlichen  Vorteil  versprochen  hat,  lässt
sich  den  Urteilsgründen,  die  Feststellungen  zu  den  Motiven  des  Angeklagten
nicht enthalten,  nicht entnehmen.  Es ist auch nicht ohne Weiteres davon aus-
zugehen,  dass  Betäubungsmittelgeschäfte  einer  gewissen  Größenordnung  re-
gelmäßig nicht uneigennützig gemacht zu werden pflegen (vgl. BGH StV 1992,
469).  Vielmehr  sind  auch  in  diesen  Fällen  konkrete  Feststellungen  zur  Eigen-
nützigkeit  des  Handelns  vonnöten.  Soweit  das  Landgericht  im  Übrigen  allge-
mein darauf verweist, dass sich infolge der in den Niederlanden deutlich gerin-
geren Einkaufspreise ein "für die gesamte Gruppierung gewinnbringender Wei-
terverkauf"  ergeben  habe,  ist  dies  nicht  geeignet,  die  Eigennützigkeit  des  An-
geklagten  zu  belegen.  Der  Umstand,  dass  die  "Bande"  bei  ihren  Geschäften
Gewinn gemacht hat, besagt für sich genommen noch nichts darüber, ob und in
welcher Weise ein am Betäubungsmittelgeschäft Beteiligter eigennützig gehan-
delt hat. Insoweit kann der Hinweis auf das Gewinnstreben der Bande Ausfüh-
rungen zur Eigennützigkeit des einzelnen Täters nicht ohne Weiteres ersetzen.
Nähere Feststellungen hierzu sind zudem als Gradmesser für das Tatinteresse
des Angeklagten im Rahmen der Frage von Bedeutung, ob er - sein Tatbeitrag
bestand allein in der Entgegennahme und Weiterleitung von Geldzahlungen für
Betäubungsmittelgeschäfte  -  als  Mittäter  oder  Beihilfeleistender  zu  bestrafen
ist.
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3. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung (wobei
der  neue  Tatrichter  genauere  Feststellungen  zur  Annahme  einer  auf  Betäu-
bungsmittelhandel  gerichteten  Bande  und  einer  Einbindung  des  Angeklagten
hierin zu treffen haben wird).
Becker                                                  Fischer                                              Appl
RiBGH Dr. Berger befindet
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.
Becker                                                       Krehl
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