Urteil des BGH vom 04.03.2014
BGH: arglistige täuschung, erwerb, beschränkung, anlageberatung, aufklärungspflicht, übertragung, anleger, zusammenwirken, erlass, kauf
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 178/12
Verkündet am:
4. März 2014
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im
schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 10. Januar 2014 eingereicht
werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richter
Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und die Richterin Dr. Derstadt
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des
Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom
26. März 2012 wird insoweit zurückgewiesen, als das Berufungs-
gericht über einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen
unterbliebener Aufklärung bezüglich einer vom Mitarbeiter B.
der A. AG im Zusammenhang mit dem Erwerb von Ge-
nussscheinen der P. AG begangenen arglistigen Täu-
schung zum Nachteil des Klägers erkannt hat. Im Übrigen wird die
Revision als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der beklagten Direktbank Schadensersatz wegen
unterlassener Aufklärung über eine behauptete arglistige Täuschung und Fehl-
beratung durch den Mitarbeiter B. der inzwischen insolventen A.
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AG (nachfolgend: A. AG) im Zusammenhang mit dem
Erwerb von Genussscheinen der P. AG sowie wegen weiterer Auf-
klärungspflichtverletzungen und sittenwidriger vorsätzlicher Schädigungen.
Der Kläger beantragte am 27. Dezember 2006 über das Wertpapierhan-
delshaus D. AG, der Rechtsvorgängerin der A. AG (nachfolgend
einheitlich: A. AG), bei der Beklagten die Eröffnung eines "Depotkontos" "unter
Einschluss" der A. AG (sog. Zins-Plus-Konto). Am selben Tag unterzeichnete
der Kläger eine Transaktionsvollmacht zugunsten der A. AG. Bei dem Zins-
Plus-Konto handelte es sich um ein Tagesgeldkonto mit einer jährlichen Verzin-
sung der Einlage von 4,5%, das zwingend mit einem Depotvertrag zur etwaigen
Einbuchung von Wertpapieren verbunden war ("Depotkonto"). Der Vertragszins
von 4,5% lag über dem Marktzins. Zwischen der A. AG und der Beklagten war
vereinbart, dass in ihrem Verhältnis die Beklagte lediglich den Marktzins zu zah-
len hatte und die A. AG die Differenz zu den an die Kunden zu zahlenden 4,5%
an die Beklagte zahlen musste.
Im Kontoeröffnungsantrag vom 27. Dezember 2006 heißt es auszugs-
weise:
"V. Ausschluß der Anlageberatung
Die
… bank erfüllt lediglich ihre gesetzlichen Aufklärungs- und Er-
kundigungspflichten und führt Aufträge aus. Die
… bank spricht
weder Empfehlungen für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren aus
noch bietet die Bank Beratungsleistungen."
In der der A. AG eingeräumten Transaktionsvollmacht vom gleichen Tag
heißt es weiter:
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"1. Ausschluss der Anlageberatung durch die
… bank; keine Prüfung
von Transaktionen des/der Bevollmächtigten
… Auf Beratungsleistungen und Anlageentscheidungen des/der Bevoll-
mächtigten hat die
… bank keinen Einfluss; die im Rahmen der
Rechtsbeziehung Kunde - Bevollmächtigte/r gemachten Angaben und
Vorgaben kennt die
… regelmäßig nicht. Die … bank kontrolliert da-
her nicht die Einhaltung von Anlagevorgaben des/der Kunden gegenüber
der/dem Bevollmächtigten. Die
… bank ist an Anlageentscheidun-
gen und Vermögensdispositionen nicht beteiligt; sie kann die Einhaltung
von Vereinbarungen zur Art und Weise der Vermögensanlage nicht
überprüfen.
…
3. Rechtsstellung des/der Bevollmächtigten
Der/die Bevollmächtigte ist nicht zur Abgabe von Erklärungen im Namen
der
… bank berechtigt, er/sie wird nicht im Auftrag der … bank tä-
tig."
Auf telefonische Beratung durch den Mitarbeiter B. der A. AG tätigte
der Kläger folgenden Kauf:
Genussscheine der P. AG im Nominalwert von 10.200
€ und
einem Kurswert von 9.945
€ am 1. August 2008 für 10.002,19 €.
Der Kläger verlangt von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes
Zahlung von 10.002,19
€ nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der er-
worbenen Genussscheine und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskos-
ten. Hierbei beruft er sich auf Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen
der A. AG, für die die Beklagte seiner Ansicht nach aus verschiedenen Rechts-
gründen einzustehen habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das
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Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revisi-
on "im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Rechtsprechung zum institutionali-
sierten Zusammenwirken zum Zwecke der Rechtsfortbildung" zugelassen. Mit
seiner Revision verfolgt der Kläger seine Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, soweit
der Kläger sich gegen die Verneinung einer Schadensersatzpflicht der Beklag-
ten wegen unterbliebener Aufklärung über eine ihm gegenüber begangene arg-
listige Täuschung durch den Mitarbeiter B. der A. AG im Zusammenhang mit
dem Erwerb von Genussscheinen der P. AG wendet. Soweit die
Revision das Berufungsurteil auch darüber hinaus angreift, ist sie nicht statthaft
(§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und daher gemäß § 552 ZPO als unzulässig zu ver-
werfen.
A.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit
für die Revisionsinstanz von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch im
Zusammenhang mit der durch die A. AG erfolgten Anlageberatung. Da die
A. AG nicht im Pflichtenkreis der Beklagten tätig geworden sei, scheide eine
Zurechnung etwaiger Beratungsfehler der A. AG nach § 278 BGB aus. Der Klä-
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ger habe ausdrücklich klargestellt, dass er sein Begehren nicht auf eine Anla-
geberatung stütze.
Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 280 Abs. 1
BGB wegen Verletzung vertraglicher Warn- oder Hinweispflichten. Die Beklagte
hafte dem Kläger nicht wegen einer Verletzung von Aufklärungspflichten hin-
sichtlich einer systematischen Falschberatung der Anleger durch die A. AG.
Insoweit könne dahingestellt bleiben, ob auf Seiten der A. AG ein sittenwidriges
Geschäftsmodell vorgelegen habe, demzufolge konservative Anleger gezielt in
riskante, ihren Anlagezielen nicht entsprechenden Finanzprodukte aus einem
Beteiligungsnetzwerk hineinbewegt worden seien. Jedenfalls fehle es am
Nachweis einer entsprechenden Kenntnis der Beklagten von einem solchen
Geschäftsmodell.
Die Beklagte hafte dem Kläger des Weiteren auch nicht wegen einer Ver-
letzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit einer arglistigen Täu-
schung und Falschberatung des Klägers im Einzelfall. Insoweit könne dahinge-
stellt bleiben, ob der Kläger durch Mitarbeiter der A. AG in dem von ihm be-
haupteten Sinne arglistig getäuscht und fehlberaten worden sei. Jedenfalls ha-
be der Kläger einen entsprechenden aufklärungspflichtigen Wissensvorsprung
nicht nachzuweisen vermocht. Eine positive Kenntnis der Beklagten vom Ver-
lauf des mit dem Kläger geführten Beratungsgesprächs sei nicht dargetan. Der
Kläger könne sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf eine Beweiser-
leichterung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Banken-
haftung bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteili-
gungen im Falle institutionalisierten Zusammenwirkens stützen. Eine Übertra-
gung dieser Rechtsprechung auf Fälle der vorliegenden Art scheide wegen feh-
lender Vergleichbarkeit der Fallkonstellationen aus.
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Die Beklagte hafte dem Kläger auch nicht wegen der Verletzung einer
Aufklärungspflicht hinsichtlich einer erkanntermaßen tiefgreifenden allgemeinen
Unseriösität der A. AG. Dahingestellt bleiben könne, ob Erkenntnisse über Auf-
fälligkeiten, die im Rahmen der Compliance-Tätigkeit der Beklagten für die
A. AG gewonnen worden seien, der Beklagten kenntnismäßig zugerechnet
werden könnten. Allein diese Auffälligkeiten begründeten nicht die Annahme
unseriösen Geschäftsgebarens. Auch der Umstand, dass Mitarbeiter der Be-
klagten im Verwaltungsrat des Fonds gesessen hätten, vermittele
keine konkreten Kenntnisse über ein umfassendes unseriöses Geschäftsmodell
zu Lasten der Anleger. Soweit der Kläger geltend mache, ein Mitarbeiter der
Beklagten habe bei der internen Revision der A. AG Kenntnis von einer unzu-
treffenden Risikoeinstufung nachrangiger Anleihen gehabt, so sei nach den zu
den Akten gereichten Angaben dieses Mitarbeiters dieser Mangel seines Wis-
sens nach bereits im Jahr 2006 abgestellt worden. Dahingestellt bleiben könne,
ob und gegebenenfalls wann die Beklagte Kenntnis von der Einleitung auf-
sichtsbehördlicher Ermittlungen erhalten habe. Denn die Beklagte habe vor Ab-
schluss der Ermittlungen der BaFin und der sich daran anschließenden verwal-
tungsgerichtlichen Auseinandersetzung die Depotkunden nicht warnen müssen.
Auch die Gesamtschau der festgestellten und dahingestellten Umstände trage
nicht die Feststellung, der Beklagten sei eine tiefgreifende allgemeine Unseriö-
sität der A. AG bekannt gewesen.
Die Beklagte hafte dem Kläger auch nicht wegen unterbliebener Aufklä-
rung über eine an die A. AG geflossene Rückvergütung. Unzutreffend berufe
sich der Kläger insofern auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Den
Anforderungen des hier einschlägigen § 31d WpHG habe die Beklagte zudem
genügt.
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Die Beklagte hafte auch nicht nach §§ 826, 830 Abs. 2 BGB aus einer
Beteiligung an einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung des Klägers durch
die A. AG. Es sei nicht festzustellen, dass sich die Beklagte eine sittenwidrige
vorsätzliche Schädigung des Klägers als möglich vorgestellt habe. Soweit sich
der Kläger auf eine Übervorteilung im Zusammenhang mit einem Nettopreisge-
schäft berufe, sei dieser Vortrag als verspätet nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu
berücksichtigen. Dessen ungeachtet fehle es an der substantiierten Darlegung
eines Nettopreisgeschäftes im konkreten Einzelfall. Die Wertpapierabrechnung
vom 1. August 2008 streite gegen ein Nettopreisgeschäft.
B.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die
Schadensersatzforderung des Klägers wegen unterbliebener Aufklärung über
eine ihm gegenüber begangene arglistige Täuschung durch den Mitarbeiter
B. der A. AG im Zusammenhang mit dem Erwerb der Genussscheine der
P. AG beschränkt.
1. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält zwar keinen
Zusatz, der die dort zugelassene Revision entsprechend einschränkt. Die Be-
schränkung ergibt sich aber durch Auslegung der Urteilsgründe.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich
die Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Entscheidungsgrün-
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den des Berufungsurteils ergeben. Hat das Berufungsgericht die Revision we-
gen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren
Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Ent-
scheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil
des Streitstoffs beschränkt ist (Senatsurteile vom 20. März 2012 - XI ZR 340/10,
juris Rn. 9 und vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, juris Rn. 14; jeweils
mwN). So verhält es sich hier.
b) Das Berufungsgericht hat die Revision ausweislich der Entschei-
dungsgründe "im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Rechtsprechung zum insti-
tutionalisierten Zusammenwirken zum Zwecke der Rechtsfortbildung" zugelas-
sen. Es hat damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es dem Kläger nicht
die vollumfängliche Überprüfung seiner Entscheidung ermöglichen wollte. Denn
die angesprochene Rechtsfrage ist allein für einen Schadensersatzanspruch
des Klägers wegen der vermeintlichen Aufklärungspflichtverletzung in Bezug
auf die unterstellte arglistige Täuschung durch den Mitarbeiter B. der A. AG
beim Erwerb der Genussscheine der P. AG erheblich. Nur in die-
sem Zusammenhang hat sich das Berufungsgericht mit den Grundsätzen des
institutionalisierten Zusammenwirkens befasst (vgl. dazu grundlegend Senats-
urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 51 ff.). Schadensersatz-
ansprüche wegen der übrigen gerügten Pflichtverletzungen hat das Berufungs-
gericht dagegen aus verschiedenen, das Urteil insoweit selbständig tragenden
anderweitigen Gründen abgelehnt, die zudem durchweg nur den Bereich tat-
richterlicher Würdigung (§ 286 ZPO) der tatsächlichen Umstände des Streitfalls
betreffen. Dass das Berufungsgericht insoweit gemäß § 543 Abs. 2 ZPO klä-
rungsbedürftige Rechtsfragen angenommen hat, ist nicht ersichtlich. Aus einer
Gesamtschau der Urteilsgründe ergibt sich daher der eindeutige Wille des Be-
rufungsgerichts, die Revision nur hinsichtlich eines vermeintlichen Schadenser-
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satzanspruchs wegen Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten über die
arglistige Täuschung im konkreten Einzelfall zuzulassen.
2. Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam.
a) Zwar ist eine Beschränkung der Revision auf einzelne Rechtsfragen
oder Anspruchselemente unzulässig. Anerkanntermaßen hat das Berufungsge-
richt aber die Möglichkeit, die Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und
rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulas-
sen, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (st. Rspr.;
s. nur Senatsurteil vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, juris Rn. 18; BGH,
Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; je-
weils mwN). Voraussetzung hierfür ist eine Selbständigkeit des von der Zulas-
sungsbeschränkung erfassten Teils des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser
in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozess-
stoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Wider-
spruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (s. Senatsur-
teil vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, juris Rn. 18; BGH, Beschluss vom
16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; jeweils mwN). Aller-
dings muss es sich hierbei weder um einen eigenen Streitgegenstand handeln,
noch muss der betroffene Teil des Streitstoffs auf der Ebene der Berufungs-
instanz teilurteilsfähig sein (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR
127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 mwN).
b) Auf die abstrakte Rechtsfrage der Anwendbarkeit der Rechtsprechung
zum institutionalisierten Zusammenwirkens hätte die Revision deshalb zwar
nicht wirksam beschränkt werden können (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober
2012 - XI ZR 368/11, juris Rn. 19 und Senatsbeschluss vom 8. Mai 2012
- XI ZR 261/10, WM 2012, 1211 Rn. 7). Nach der Rechtsprechung des Bundes-
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gerichtshofs ist aber eine Beschränkung auf eine von mehreren zur Begrün-
dung eines Schadensersatzanspruchs vorgetragenen Pflichtverletzungen mög-
lich (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119
Rn. 8 und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 8, vom 16. Oktober 2012 - XI ZR
368/11, juris Rn. 19 und vom 14. Mai 2013 - XI ZR 431/10, BKR 2013, 386
Rn. 8 sowie BGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, WM 2012, 1574
Rn. 8 und vom 12. Dezember 2013 - III ZR 404/12, WM 2014, 118 Rn. 8; Be-
schluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 6). So liegt
der Fall auch hier. Der Vorwurf der unterbliebenen Aufklärung über die durch
den Mitarbeiter B. der A. AG begangene arglistige Täuschung des Klägers
im Zusammenhang mit dem Erwerb der Genussscheine der P. AG
kann eindeutig von den übrigen geltend gemachten Pflichtverstößen und Haf-
tungsgründen abgegrenzt und in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht selb-
ständig beurteilt werden. Dementsprechend hätte der Kläger seine Revision
selbst auf den Anspruch wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht über die
durch den Mitarbeiter B. der A. AG begangene arglistige Täuschung des
Klägers beschränken können. Nachdem die Klage in den Vorinstanzen mangels
Pflichtverletzung der Beklagten insgesamt erfolglos geblieben ist, besteht inso-
weit auch nicht die Gefahr widersprechender Entscheidungen (vgl. Senatsurteil
vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, juris Rn. 19; BGH, Beschluss vom
16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 6).
II.
Soweit die Revision zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Zu
Recht hat das Berufungsgericht eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über
eine - unterstellte - arglistige Täuschung des Klägers durch den Mitarbeiter B.
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der A. AG im Zusammenhang mit dem Erwerb der Genussscheine der
P. AG verneint.
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils entschie-
den, dass bei gestaffelter Einschaltung mehrerer Wertpapierdienstleistungsun-
ternehmen eine Warnpflicht als Nebenplicht (§ 241 Abs. 2 BGB) nur dann be-
steht, wenn der Discount-Broker die tatsächliche Fehlberatung des Kunden bei
dem in Auftrag gegebenen Wertpapiergeschäft entweder positiv kennt oder
wenn diese Fehlberatung aufgrund massiver Verdachtsmomente objektiv evi-
dent ist (Senatsurteil vom 19. März 2013 - XI ZR 431/11, BGHZ 196, 370
Rn. 27 mwN; zustimmend Balzer, EWiR 2013, 365, 366; Thume/Schenck zu
Schweinsberg-Zügel, WuB I G 1. - 11.13). Das gilt auch im vorliegenden Fall, in
dem wegen der beschränkten Revisionszulassung nur eine arglistige Täu-
schung des Mitarbeiters B. der A. AG zur Entscheidung steht. Danach war
die Beklagte nur dann zur Aufklärung über diese arglistige Täuschung verpflich-
tet, wenn sie diese positiv kannte oder sie aufgrund massiver Verdachtsmo-
mente objektiv evident war.
2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu
Recht eine Aufklärungspflicht der Beklagten verneint.
a) Das Berufungsgericht hat dahinstehenlassen, ob der Mitarbeiter B.
der A. AG den Kläger im konkreten Beratungsgespräch arglistig getäuscht hat.
Revisionsrechtlich ist daher eine solche arglistige Täuschung zugunsten des
Klägers zu unterstellen.
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine Kenntnis der Beklagten
von der unterstellten arglistigen Täuschung verneint.
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aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit der
nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Senatsrechtsprechung (Senats-
urteil vom 19. März 2013 - XI ZR 431/11, BGHZ 196, 370 Rn. 31 ff.) - die Über-
tragung der vom Senat im Rahmen der Haftung der kreditgebenden Bank infol-
ge eines konkreten Wissensvorsprungs entwickelten Beweiserleichterung bei
institutionalisiertem Zusammenwirken auf Fälle der vorliegenden Art abgelehnt.
Nach allgemeinen Grundsätzen verbleibt damit die Darlegungs- und Beweislast
für die Kenntnis beim Kläger.
bb) Der ihn danach treffenden Darlegungslast für eine Kenntnis der Be-
klagten von einer arglistigen Täuschung des Mitarbeiters B. der A. AG ist der
Kläger nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision nicht beanstandeten
Feststellungen des Berufungsgerichts nicht nachgekommen.
c) Auf eine objektive Evidenz der - unterstellten - arglistigen Täuschung
des Mitarbeiters B. der A. AG beruft sich die Revision nicht. Umstände, aus
denen sich evident die behauptete arglistige Täuschung im konkreten Bera-
tungsgespräch betreffend die Genussscheine der P. AG ergab,
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zeigt die Revision nicht auf. Solche sind auch weder vom Land- noch vom Beru-
fungsgericht festgestellt worden.
Wiechers
Ellenberger
Maihold
Matthias
Derstadt
Vorinstanzen:
LG Itzehoe, Entscheidung vom 14.10.2010 - 7 O 282/10 -
OLG Schleswig, Entscheidung vom 26.03.2012 - 5 U 25/11 -