Urteil des BGH vom 02.02.2000

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 449/00
vom
23. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts am 23. März 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Wiesbaden vom 2. Februar 2000 aufgehoben; jedoch blei-
ben die Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum Wirkstoff-
gehalt der sichergestellten Betäubungsmittel aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren
und sechs Monaten verurteilt, einen Geldbetrag von 6.350 DM für verfallen er-
klärt und das bei dem Angeklagten sichergestellte Rauschgift eingezogen.
Die hiergegen eingelegte Revision hat mit einer Verfahrensrüge in dem
aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbe-
gründet i.S. von § 349 Abs. 2 StPO.
Zur Rüge der Verletzung des § 261 StPO hat der Generalbundesanwalt
in seiner Zuschrift an den Senat ausgeführt:
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"Das Landgericht hat seine Überzeugung von dem Wirkstoffgehalt der
sichergestellten Betäubungsmittel (UA S. 10) nicht aus dem Inbegriff der
Hauptverhandlung geschöpft (BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 10,
19). Die Revision beanstandet zu Recht, dass in der Hauptverhandlung weder
die Gutachten des Hessischen Landeskriminalamts vom 1. Februar und
7. Dezember 1999 über die Wirkstoffanteile der Betäubungsmittel gemäß § 256
Abs. 1 StPO verlesen noch deren Verfasser oder ein sonstiger Angehöriger der
genannten Behörde als Sachverständiger gehört wurde. Die Gutachten sind
auch nicht auf eine andere zulässige Weise in die Hauptverhandlung einge-
führt worden. Zwar wurden ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des
Berichterstatters (Band IV Blatt 515 d.A.) mit dem Kriminalbeamten Sch. auch
die Position des Gutachtens des Hessischen Landeskriminalamtes vom
1. Februar 1999 erörtert. Ausweislich dieser dienstlichen Erklärung wurden
dem Polizeibeamten jedoch die festgestellten einzelnen Wirkstoffanteile nicht
vorgehalten. Unbeschadet dessen können die Wirkstoffanteile als Befundtat-
sachen in zulässiger Weise nur im Wege der Gutachtenerstattung durch den
Sachverständigen in der Hauptverhandlung oder durch Verlesung nach § 256
Abs. 1 StPO ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt werden (KK-
Engelhardt StPO 4. Auflage § 261 Rdn. 26 m.w.N.; BGHR aaO Inbegriff der
Verhandlung 10). Der Zeuge Sch. konnte hingegen zu den Befundtatsachen
keine Angaben machen.
Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils nicht nur im Straf-, sondern
auch im Schuldspruch, weil die Höhe des - im Falle der Heroinzubereitung zu-
dem vom Landgericht unzutreffend berechneten (UA S. 10) - Wirkstoffanteils
für die Frage von Bedeutung ist, ob der Tatbestand des unerlaubten Handel-
treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1
BtMG erfüllt ist.
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Die Feststellungen können jedoch mit Ausnahme derjenigen zum Wirkstoffge-
halt der sichergestellten Betäubungsmittel aufrecht erhalten werden, weil nur
die Letztgenannten von dem Verfahrensfehler berührt sind. Die Feststellungen,
dass es sich um Heroin- und Kokainzubereitung gehandelt hat, beruhen, wie
sich aus den Urteilsgründen und der dienstlichen Erklärung des Berichterstat-
ters ergibt, auf den Aussagen der Kriminalbeamten St., H., R. und Sch."
Dem tritt der Senat bei.
Jähnke
Detter
Bode
Rothfuß
Fischer