Urteil des BGH vom 17.01.2008
BGH (schuldner, zpo, stundung, verfahrenskosten, vorbereitung, ausdehnung, vorschrift, verbindung, fürsorge, mitwirkung)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 184/06
vom
17. Januar 2008
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr.
Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und
Prof. Dr. Gehrlein
am 17. Januar 2008
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer
des Landgerichts Chemnitz vom 28. September 2006 wird auf
Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der in den Vorinstanzen durch einen Rechtsbeistand vertretene Schuld-
ner beantragte die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens, Rest-
schuldbefreiung sowie Stundung der Verfahrenskosten. Mit der Begründung,
den Vordruck für den Insolvenzantrag nicht allein ausfüllen zu können, hat er
insoweit um die Gewährung von Prozesskostenhilfe nachgesucht. Das Amtsge-
richt hat diesen Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Be-
schwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Gegen diese Entscheidung
wendet sich der Schuldner mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde.
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II.
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist
auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Für die begehrte Bewilli-
gung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Mitwir-
kung an den das Verbraucherinsolvenzverfahren einleitenden Anträgen (§ 4a
Abs. 2, § 305 InsO; §§ 119, 121 ZPO) besteht keine rechtliche Grundlage.
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1. Die von dem Schuldner begehrte Ausdehnung der Anwaltsbeiordnung
gemäß § 4a Abs. 2 InsO - entgegen dem Wortlaut der Vorschrift - auf die An-
tragstellung selbst kommt nicht in Betracht. Der Bundesgerichtshof hat bereits
wiederholt entschieden, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 4a
Abs. 2 InsO die Stundung der Verfahrenskosten voraussetzt, vor einer Stun-
dung also nicht möglich ist (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZA 12/03, NZI
2003, 647, 648; v. 22. März 2007 - IX ZB 94/06, WM 2007, 1035). Hieran hält
der Senat fest.
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2. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe nebst Anwaltsbeiordnung
nach § 4 InsO in Verbindung mit § 114 ff ZPO scheidet ebenfalls aus. Für das
Stundungsverfahren selbst kann der Schuldner grundsätzlich nicht die Beiord-
nung eines Rechtsanwalts verlangen (BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB
539/02, NJW 2003, 2910, 2911 [insoweit in BGHZ 156, 92 nicht abgedruckt]);
die Stundungsregelung des § 4a InsO ist in diesem Verfahrensabschnitt vor-
rangig und abschließend (BGH, Beschl. v. 22. März 2007 aaO). Entgegen der
Auffassung des Schuldners ist es ihm durchaus zuzumuten, bei Fragen und
Unklarheiten im Zusammenhang mit den von ihm geforderten Angaben beim
Insolvenzgericht vorstellig zu werden. Kann der Schuldner die Vordrucke trotz
der ihm zuteil werdenden gerichtlichen Fürsorge nicht ohne eine weitergehende
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rechtliche Hilfe ausfüllen, betreffen diese Schwierigkeiten das Vorfeld eines In-
solvenzeröffnungsverfahrens und nicht das gerichtliche Verfahren selbst. Bei
Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen ist dem Schuldner deshalb zur
Vorbereitung eines Eigenantrags Beratungshilfe zu gewähren. Weitergehender
Bedarf nach einer kostenfreien Hilfe bei der Einreichung eines Insolvenzantra-
ges besteht nicht (BGH, Beschl. v. 22. März 2007 aaO).
Fischer Ganter Raebel
Kayser
Gehrlein
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 28.09.2006 - 3 T 881/06 -
AG Chemnitz, Entscheidung vom 18.07.2006 - 1316 IK 2163/06 -