Urteil des BGH vom 19.02.2008

BGH (stpo, rechtsmittel, wirksamkeit, zweifel, behauptung, irrtum, begründung, teil, einfluss, erklärung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 23/08
vom
19. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen Bankrotts
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Februar 2008 ge-
mäß § 346 Abs. 2, § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts Stade vom 10. Dezember
2007 wird aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Stade vom 16. Oktober 2006 wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
Zum Rechtsmittel des Angeklagten und zum Beschluss des Landgerichts
Stade vom 10. Dezember 2007 hat der Generalbundesanwalt folgendes ausge-
führt:
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"Die Revision des Angeklagten ist unzulässig, weil er nach der Urteils-
verkündung wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1
StPO). Im Hauptverhandlungsprotokoll ist beurkundet, dass der Angeklagte und
sein Verteidiger im Anschluss an die Urteilsverkündung und nach qualifizierter
Belehrung (vgl. BGH NJW 2005, 1440, 1446) erklärt haben, dass sie auf
Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten (vgl. Bd. IV BI. 115R, 116). Diese Er-
klärung wurde gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt; sie nimmt
deshalb an der Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO teil. Damit ist der
Rechtsmittelverzicht wirksam zustande gekommen; er kann als Prozesshand-
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lung grundsätzlich nicht widerrufen, wegen Irrtums angefochten oder sonst zu-
rückgenommen werden (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1999, 2449, 2451; BGH
NStZ-RR 2002, 114; jeweils m. w. N.; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1
Rechtsmittelverzicht 1, 4, 8, 12). Umstände, die Zweifel an der Wirksamkeit des
Verzichts begründen können, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Diese ergeben sich auch nicht aus der Behauptung des Angeklagten, er sei
nicht über die strafrechtliche Nebenfolge eines Berufsverbots aufgeklärt wor-
den. Der bloße Irrtum über die Auswirkungen eines Urteils hat keinen Einfluss
auf die Rechtswirksamkeit eines erklärten Rechtsmittelverzichts (vgl. KK-Ruß,
StPO, 5. Aufl., § 302 Rdnr. 15 m. w .N.). Das Urteil ist daher rechtskräftig.
Die Unzulässigkeit der Revision infolge wirksam erklärten Rechtsmittel-
verzichts kann allerdings nur das Revisionsgericht feststellen (§ 349 Abs. 1
StPO). Zu dieser Entscheidung war das Landgericht nicht befugt, weil dessen
Befugnis zur Verwerfung der Revision auf diejenigen Fälle beschränkt ist, in
denen der Beschwerdeführer die für die Einlegung und Begründung des
Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen und Fristen nicht gewahrt hat (§ 346
Abs. 1 StPO). Kann sich die Unzulässigkeit der Revision aus einem anderen
Grunde ergeben, so hat allein das Revisionsgericht zu entscheiden, das sich
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nach § 349 Abs. 1 StPO mit dem Gesamtkomplex der Zulässigkeit befassen
muss (vgl. BGH NJW 2007, 165). Der Beschluss des Landgerichts, durch den
die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen wurde, muss daher auf-
gehoben werden (st. Rspr.; vgl. BGHSt 16, 115, 118)."
Dem schließt sich der Senat an.
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Becker Pfister von Lienen
Hubert Schäfer