Urteil des BGH vom 07.02.2001

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5 StR 533/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 7. Februar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2001
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hamburg vom 6. Dezember 1999 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit
der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen,
daß der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jah-
ren und drei Monaten verurteilt wird.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen schwerer räuberi-
scher Erpressung eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und ihn ge-
mäß § 55 StGB unter Einbeziehung einer anderweits rechtskräftig verhäng-
ten Freiheitsstrafe von einem Jahr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist
aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegrün-
det im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, führt jedoch wegen einer vom Verteidi-
ger zutreffend beanstandeten Verfahrensverzögerung im Revisionsverfahren
zur Reduzierung des Strafausspruchs.
Die vom Landgericht verhängte Strafe wie die ausgesprochene Ge-
samtfreiheitsstrafe sind aus Rechtsgründen an sich nicht zu beanstanden,
so daß die Revision insgesamt zu verwerfen gewesen wäre. Der Senat hat
jedoch bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, daß das Verfahren nach
Erlaß des tatrichterlichen Urteils in einer gegen Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 MRK
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verstoßenden Weise verzögert worden ist (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1
– Strafausspruch 4 und 8; BGH wistra 1998, 101; BGH, Beschlüsse vom
23. April 1998 – 5 StR 95/98 – und vom 14. Juni 2000 – 2 StR 39/00 –).
Das Verfahren ist nach Abgabe der Revisionsgegenerklärung der
Staatsanwaltschaft und vor Zuleitung der Akten an den Bundesgerichtshof
zwischen Ende Februar und Ende Oktober 2000 nahezu acht Monate ohne
erkennbaren Grund nicht weiter bearbeitet worden. Hierin liegt – zumal im
Blick auf die Inhaftierung des Angeklagten (vgl. dazu UA S. 25) – eine gra-
vierende Verletzung des Beschleunigungsgebots, der bei der Strafzumes-
sung zugunsten des Angeklagten Rechnung zu tragen ist (BGH aaO).
Wegen der Verfahrensverzögerung erscheinen Reduzierungen der
verhängten Strafe und der Gesamtstrafe um jeweils drei Monate – auf
zwei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe bzw. auf die aus dem Be-
schlußtenor ersichtliche Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Mo-
naten – angemessen. Diese abschließende Sachentscheidung hat der Senat
selbst zu treffen (BGH aaO). Der aus der Verletzung von Artikel 6 Abs. 1
Satz 1 MRK herzuleitende eigenständige Strafmilderungsgrund kann und
muß hier vom Senat selbst angewandt werden, weil jede weitere Verfah-
rensverzögerung
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unvertretbar wäre; bei einer Zurückverweisung hätte der Tatrichter nicht an-
dere Umstände heranzuziehen als die, die der Senat zu berücksichtigen hat.
Harms Basdorf Gerhardt
Raum Brause