Urteil des BGH vom 26.04.2000

BGH (hamburg, bezirk, staatsanwaltschaft, anklage, abgabe, aufenthalt, sache, wohnsitz, interesse, fahnenflucht)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 ARs 60/00
2 AR 35/00
vom
26. April 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
Az.: 311 Js 789/00 Staatsanwaltschaft Lüneburg
Az.: 8 Ds 311 Js 789/00 Amtsgericht Winsen/Luhe
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts am 26. April 2000 gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG beschlossen:
Für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist das Amts-
gericht Hamburg zuständig.
Gründe:
1. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg hat gegen den jetzt 20jährigen An-
geklagten am 23. Oktober 1998 eine Anklage zum Jugendrichter des Amtsge-
richts Winsen/Luhe erhoben wegen eines in diesem Gerichtsbezirk begange-
nen Diebstahls. Am 10. Dezember 1998 hat das Amtsgericht das Hauptverfah-
ren eröffnet. Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Lüneburg hat das Amtsge-
richt mit Beschluß vom 12. Januar 2000 das Verfahren an das Amtsgericht
Hamburg abgegeben, da der Angeklagte inzwischen in dessen Bezirk wieder
einen festen Wohnsitz hat. Das Amtsgericht Hamburg hat die Übernahme wie-
derholt abgelehnt. Es hält die Voraussetzungen des § 42 Abs. 3 JGG nicht für
gegeben. Das Amtsgericht Winsen hat die Sache dem Bundesgerichtshof vor-
gelegt, der als gemeinschaftliches oberes Gericht zu entscheiden hat (§ 42
Abs. 3 Satz 2 JGG).
2. Die Abgabe der Sache an das Amtsgericht Hamburg ist gerechtfertigt.
a) Die Voraussetzungen des § 42 Abs. 3 JGG liegen vor. Das Haupt-
verfahren ist eröffnet. Der Angeklagte hat auch seinen Aufenthalt gewechselt.
Zwar liegt der erste Aufenthaltswechsel vor der Erhebung der Anklage am
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23. Oktober 1998. Bereits seit dem 17. Juni 1998 war der Angeklagte nämlich
nicht mehr an der in der Anklage genannten Anschrift in Hamburg gemeldet
und hielt sich dort auch nicht auf. Das steht aber der Abgabe hier nicht entge-
gen, weil der Angeklagte nach der Anklageerhebung seinen Aufenthalt erneut
gewechselt hat. Zunächst leistete er zeitweise Wehrdienst in Kellinghusen im
Bezirk des Amtsgerichts Itzehoe, von wo er sich wiederholt unerlaubt entfernte.
Im übrigen war er ohne festen Wohnsitz und unbekannten Aufenthalts. Als er
am 23. Dezember 1999 aufgrund von Haftbefehlen der Amtsgerichte Winsen
und Itzehoe vorübergehend festgenommen wurde, ergab sich, daß er jetzt eine
eigene amtlich gemeldete Wohnung in Hamburg, Zur Seehafenbrücke 9 be-
wohnt. Aufgrund dieses weiteren Aufenthaltswechsels nach der Anklageerhe-
bung sind die Voraussetzungen des § 42 Abs. 3 JGG erfüllt; denn diese Vor-
schrift verlangt nicht, daß der Angeklagte bei der Anklageerhebung seinen
Aufenthalt noch im Bezirk des abgebenden Gerichts, das hier als Tatortgericht
zuständig war, hatte (Senatsbeschluß vom 10. September 1991 - 2 ARs 374/91
- m.w.N.).
b) Die Abgabe ist auch sachlich begründet. Gegen den Angeklagten
sind neben dem vorliegenden noch zwei weitere Verfahren anhängig: Ein Ver-
fahren der Staatsanwaltschaft Itzehoe wegen Fahnenflucht/unerlaubten Entfer-
nens von der Truppe wurde bereits zur Übernahme an das Amtsgericht Ham-
burg abgegeben. Dort ist bereits ein weiteres Verfahren 127a - 192/99 (dazu
verbunden 202 und 253/99) anhängig. Dieses Verfahren wurde zwar am
24. Januar 2000 ausgesetzt und soll nach drei Arbeitsweisungen, die bisher
jedoch nicht erfüllt wurden, eingestellt werden. Unter diesen Umständen ist die
vom Amtsgericht Winsen angestrebte Zusammenführung der gegen den Ange-
klagten geführten Verfahren beim Amtsgericht Hamburg im Interesse einer ein-
heitlichen Beurteilung und Ahndung sinnvoll. Zeugen aus dem Bezirk des Tat-
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ortgerichts werden voraussichtlich nicht benötigt, da der Angeklagte bei der
polizeilichen Vernehmung vom 24. August 1998 geständig war. Zudem ist eine
Vorführung des Angeklagten, der am 25. Januar 1999 nicht zur Hauptver-
handlung erschienen war, in Hamburg gegebenenfalls weniger aufwendig.
Jähnke Niemöller Detter
Bode Otten