Urteil des BGH vom 23.11.1999
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 21/06 Verkündet
am:
5. Dezember 2006
Herrwerth,
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB § 667, § 676a Abs. 4 Satz 1, § 676d Abs. 2 Satz 1, § 676f Satz 1;
EGBGB Art. 228 Abs. 2
a) Auch bei einem rechtlich erloschenen Girovertrag ist eine Bank in dessen
Nachwirkung noch befugt, auf den Namen des früheren Kunden unter Angabe
der bisherigen Kontonummer eingehende Zahlungen weiterhin für ihn entge-
genzunehmen, muss sie dann aber auf dem bisherigen - intern weitergeführ-
ten - Konto entsprechend § 676f Satz 1 BGB verbuchen bzw. nach § 667 BGB
herausgeben.
b) Aus § 676a Abs. 4 Satz 1, § 676d Abs. 2 Satz 1 BGB ergibt sich, dass eine
Kündigung des Überweisungsvertrages durch den Überweisenden bzw. ein
Überweisungsrückruf durch die Überweisungsbank nur möglich und von der
Empfängerbank zu beachten ist, wenn ihr die entsprechende Mitteilung zugeht,
bevor ihr der Überweisungsbetrag endgültig zur Gutschrift auf dem Konto des
Begünstigten zur Verfügung gestellt wird. Damit ist die Möglichkeit zum Rückruf
der Überweisung gegenüber der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden
Rechtslage (vgl. Art. 228 Abs. 2 EGBGB), nach der ein Rückruf noch bis zur
vorbehaltlosen Gutschrift auf dem Konto des Begünstigten möglich war (vgl.
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Senatsbeschluss vom 23. November 1999 - XI ZR 98/99, WM 2000, 25), einge-
schränkt worden.
c) Der Ausschluss des Kündigungs-/Rückrufsrechts gemäß § 676a Abs. 4 Satz 1,
§ 676d Abs. 2 Satz 1 BGB gilt entsprechend für den Fall, dass ein Girovertrag
zwischen der Empfängerbank und dem Empfänger nicht mehr besteht, die
Bank die Überweisung aber in Nachwirkung des früheren Vertrages für ihren
ehemaligen Kunden entgegengenommen und ihm derart zugeordnet hat, dass
für diesen jedenfalls ein Herausgabeanspruch nach § 667 BGB besteht.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - XI ZR 21/06 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
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Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 5. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr.
Müller, Dr.
Ellenberger, Prof.
Dr.
Schmitt und
Dr. Grüneberg
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des
6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesge-
richts in Brandenburg vom 13. Dezember 2005 wird
auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus eigenem und aus abgetre-
tenem Recht seiner Hausbank auf Rückzahlung eines Überweisungsbe-
trages in Anspruch.
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Der Kläger überwies am 2. Juli 2003 einen Betrag von 21.336,79 €
auf ein Konto der H. GmbH (im Folgenden: GmbH)
bei der Beklagten, die den bei ihr am 8. Juli 2003 eingegangenen Betrag
am selben Tag auf dem angegebenen Konto verbuchte. Dieses Konto
hatte die Beklagte bereits im Juli 2001 wegen eines Insolvenzeröff-
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nungsantrages der GmbH gekündigt, intern aber weitergeführt, auch
nachdem im Juni 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.
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Am 8. August 2003 bat die Hausbank des Klägers die Beklagte um
Rückerstattung des Überweisungsbetrages, weil dieser an einen falschen
Empfänger gerichtet worden sei. Statt der GmbH habe eine H. Service
GmbH Empfängerin des Überweisungsbetrages sein
sollen. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, dass angegebe-
ner Zahlungsempfänger und Kontoinhaber übereinstimmten. Sie unter-
richtete den Insolvenzverwalter der GmbH über die eingegangene Zah-
lung und überwies den Betrag im September 2003 auf eine entsprechen-
de Aufforderung des Insolvenzverwalters der GmbH vom 15. August
2003 auf dessen Sonderkonto. Die Hausbank hat ihre Ansprüche gegen
die Beklagte an den Kläger abgetreten.
Das Landgericht hat der Klage auf Rückzahlung des Überwei-
sungsbetrages von 21.336,79 € nebst Zinsen stattgegeben, das Ober-
landesgericht hat sie abgewiesen und die Revision zugelassen. Der Klä-
ger begehrt die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.
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I.
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Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Kläger habe keinen Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfer-
tigter Bereicherung gegen die Beklagte, weil diese die Überweisung er-
kennbar nur als Zahlstelle der GmbH entgegengenommen habe und da-
durch nicht bereichert worden sei. Zur Entgegennahme als Zahlstelle sei
die Beklagte in Nachwirkung des erloschenen Girovertrages zeitlich un-
begrenzt befugt gewesen. Dem stehe auch der Rückruf des Überwei-
sungsauftrages am 8. August 2003 nicht entgegen, weil er der Beklagten
nicht vor dem Eingang des Überweisungsbetrages mitgeteilt worden sei
(§ 676a Abs. 4 Satz 1 BGB). Bereits mit der Entgegennahme des Betra-
ges durch die Beklagte habe der Insolvenzverwalter der GmbH einen
Herausgabeanspruch aus § 667 BGB gegen die Beklagte erlangt. Die
Kündigung des Überweisungsvertrages durch den Kläger habe daran
nichts mehr ändern können.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
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1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsge-
richt die Beklagte als bloße Zahlstelle angesehen und deshalb einen Be-
reicherungsanspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB
gegen sie verneint hat.
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a) Die Bank des Überweisungsempfängers handelt im mehrgliedri-
gen Überweisungsverkehr regelmäßig nur als bloße Leistungsmittlerin,
d.h. als Zahlstelle des Überweisungsempfängers. Als solche steht sie in
keinerlei Leistungsverhältnis zu dem Überweisenden, so dass sie grund-
sätzlich auch nicht in die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung einer
Fehlüberweisung eingebunden ist (vgl. BGHZ 69, 186, 189; 128, 135,
137; 144, 245, 247). Diese Rückabwicklung vollzieht sich vielmehr inner-
halb der jeweiligen Leistungsbeziehungen, mithin zum einen zwischen
dem Überweisenden und der von ihm beauftragten Überweisungsbank im
so genannten Deckungsverhältnis, zum anderen zwischen dem Überwei-
senden und dem Überweisungsempfänger im so genannten Valutaver-
hältnis (vgl. BGHZ 147, 269, 273 m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 21. Juni
2005 - XI ZR 152/04, WM 2005, 1564, 1565). Wenn der Empfänger vom
Überweisenden irrtümlich falsch bezeichnet wird, liegt ein Fehler im Va-
lutaverhältnis vor, der grundsätzlich auch in diesem bereicherungsrecht-
lich abzuwickeln ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1987 - II ZR 238/86,
WM 1987, 530 f.).
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b) Zu Recht hat das Berufungsgericht trotz des Umstandes, dass
der Girovertrag zwischen der Beklagten und der GmbH bei Eingang des
Überweisungsbetrages bereits seit längerem durch die Vertragskündi-
gung und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 115 Abs. 1, § 116
Satz 1 InsO) erloschen war, keinen Anlass gesehen, von diesen
Grundsätzen abzuweichen.
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aa) Mit dem Erlöschen des Girovertrages verliert das laufende
Konto allerdings seine Eigenschaft als Zahlungsverkehrskonto. Die kon-
toführende Bank ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, nachträglich
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eingehende Beträge auf dem Konto zu verbuchen (vgl. Schimansky, in:
Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch
2. Aufl.
§ 47
Rdn. 19). Daraus folgt jedoch entgegen der Ansicht der Revision und ei-
nes Teils der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Nürnberg
ZIP 2002, 1762 f.; OLG Rostock ZIP 2006, 1812, 1813) nicht, dass die
Bank des Begünstigten nach Erlöschen des Girovertrages nicht mehr als
dessen Zahlstelle fungieren kann. Vielmehr ist sie - wie das Berufungs-
gericht zu Recht angenommen hat - auch bei einem erloschenen Giro-
vertrag in dessen Nachwirkung noch befugt, im Interesse ihres früheren
Kunden eingehende Zahlungen weiterhin für ihn entgegenzunehmen,
muss sie dann aber auf dem bisherigen Konto entsprechend § 676f
Satz 1 BGB verbuchen bzw. nach § 667 BGB herausgeben (vgl. Senats-
beschluss vom 21.
März 1995 -
XI
ZR 189/94, WM
1995, 745
m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 15. November 2005 - XI ZR 265/04,
WM 2006, 28, 30), was die Beklagte getan hat.
Entgegen der Ansicht der Revision ist diese nachwirkende Befug-
nis im vorliegenden Fall nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Kündi-
gung des Girovertrages bei Eingang des Überweisungsbetrages bereits
etwa zwei Jahre zurücklag. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob die
nachvertragliche Befugnis zur weiteren Zahlungsentgegennahme zeitlich
unbegrenzt besteht, oder aber - ebenso wie nachvertragliche Pflichten
der Bank - nur für einen angemessenen Zeitraum nach Erlöschen des
Girovertrages (Schimansky aaO Rdn. 19). Denn auch der nach den Um-
ständen angemessene Zeitraum war hier im Juli 2003 noch nicht verstri-
chen. Da die Ursache für das Erlöschen des Girovertrages in der Bean-
tragung bzw. der Eröffnung des Insolvenzverfahrens lag, war die Beklag-
te jedenfalls so lange noch zur Entgegennahme eingehender Zahlungen
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befugt, bis der Insolvenzverwalter ihr seine Entscheidung mitgeteilt hat-
te, wie mit dem ihm bekannten weitergeführten Konto und darauf einge-
gangenen Beträgen verfahren werden solle.
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bb) Rechtlich ebenfalls nicht zu bestanden ist, dass das Beru-
fungsgericht das Vorgehen der Beklagten als bloße Zahlstellentätigkeit
gewertet hat. Soweit die Revision meint, die interne Verbuchung des
Zahlungseingangs ohne Benachrichtigung des Insolvenzverwalters sei
hierfür nicht ausreichend, weil dadurch kein einer Gutschrift gleichzuset-
zendes Verfügungsrecht der GmbH begründet worden sei, trifft das nicht
zu.
Entgegen der Ansicht der Revision kann bereits nicht davon aus-
gegangen werden, die Beklagte habe den Insolvenzverwalter über den
eingegangenen Überweisungsbetrag nicht unterrichtet. Im Tatbestand
des Urteils des Landgerichts, auf den das Berufungsurteil Bezug nimmt,
ist nämlich das Gegenteil bindend festgestellt worden (§ 559 ZPO). Da-
nach hat der Insolvenzverwalter "auf eine Mitteilung der Beklagten über
Zahlungseingänge" um die Erstattung des streitigen Überweisungsbetra-
ges auf sein Sonderkonto gebeten. Da eine Tatbestandsberichtigung
nicht beantragt worden ist, hat der Senat davon auszugehen, dass die
Beklagte dem Insolvenzverwalter den Eingang des streitigen Überwei-
sungsbetrages mitgeteilt hat.
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Eine Gutschrift nach girovertraglichen Grundsätzen setzt zwar re-
gelmäßig einen bestehenden Girovertrag voraus (BGHZ 161, 273, 278 f.;
Schimansky aaO Rdn. 30). Das schließt es aber zum einen nicht aus,
dass ein abstraktes Schuldversprechen bzw. -anerkenntnis gemäß
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§§ 780 f. BGB auch durch die Buchung auf einem nachvertraglich fortge-
führten Konto nach allgemeinen Grundsätzen zustande kommen kann
(siehe dazu Senatsurteil vom 15. November 2005 - XI ZR 265/04,
WM 2006, 28, 30; a.A. OLG Nürnberg ZIP 2002, 1762, 1763; OLG
Rostock ZIP 2006, 1812, 1813). Zum anderen ist auch ohne Zustande-
kommen eines solchen abstrakten Schuldversprechens oder -anerkennt-
nisses jedenfalls ein Anspruch des früheren Kontoinhabers gegen die
Bank aus § 667 BGB auf Herausgabe des Betrages gegeben, den sie für
ihn entgegengenommen hat. Das würde nach §§ 667, 681 Satz 2, 677
BGB sogar dann gelten, wenn eine Nachwirkung des Girovertrages nicht
anzunehmen wäre.
Dass die Beklagte bei der Entgegennahme des streitigen Überwei-
sungsbetrages und dessen Verbuchung auf dem intern weitergeführten
Konto für die frühere Kontoinhaberin gehandelt und die Überweisung
nicht etwa als Zahlung an sich angesehen hat, steht außer Zweifel. Sie
hat den Betrag wie eine Zahlstelle der früheren Kontoinhaberin vorbe-
haltlos zugeordnet (vgl. auch FG Hannover WM 1995, 1020, 1021 f.).
Anders kann die von ihr zunächst vorgenommene, freilich unzulässige
Verrechnung des eingegangenen Überweisungsbetrages mit dem Debet
auf dem Konto der GmbH sowie die anschließende Herausgabe an den
Insolvenzverwalter nicht verstanden werden. Bereicherungsschuldnerin
ist daher nicht die Beklagte, sondern die GmbH. Der Kläger muss sich
daher an den Insolvenzverwalter halten. Dies ist auch interessen- und
sachgerecht, da der Kläger durch die irrtümlich falsche Empfängeranga-
be die Ursache für die notwendige bereicherungsrechtliche Rückabwick-
lung gesetzt hat.
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2. Auch aus abgetretenem Recht der Hausbank des Klägers ist die
Klage nicht begründet. Der von der Revision insoweit allein geltend ge-
machte, vom Berufungsgericht nicht geprüfte Erstattungsanspruch we-
gen weisungswidriger Verwendung des Überweisungsbetrages gemäß
§§ 675, 667, 398 BGB besteht nicht.
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a) Die Empfängerbank ist allerdings gegenüber ihrer unmittelbaren
Auftraggeberin verpflichtet, mit dem empfangenen Überweisungsbetrag
weisungsgemäß zu verfahren und hat ihn bei weisungswidriger Verwen-
dung gemäß § 667 BGB ohne Rücksicht auf ein Verschulden herauszu-
geben (Senatsurteile vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 207/90, WM 1991,
1912, 1913, vom 12. Oktober 1999 - XI ZR 294/98, WM 1999, 2255 und
vom 14. Januar 2003 - XI ZR 154/02, WM 2003, 340, 341). Die Beklagte
ist mit dem bei ihr eingegangenen Betrag aber nicht weisungswidrig ver-
fahren, sondern hat ihn auftragsgemäß bereits am 8. Juli 2003 unter
Verbuchung auf dem intern weitergeführten Konto der ihr angegebenen
Überweisungsempfängerin gutgebracht.
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b) Die ihr erst einen Monat später zugegangene Rückforderung
des Betrages war verspätet und musste daher von ihr nicht mehr befolgt
werden (§ 676a Abs. 4 Satz 1 BGB, § 676d Abs. 2 Satz 1 BGB analog).
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Aus § 676a Abs. 4 Satz 1, § 676d Abs. 2 Satz 1 BGB ergibt sich,
dass eine Kündigung des Überweisungsvertrages durch den Überwei-
senden bzw. ein Überweisungsrückruf durch die Überweisungsbank nur
möglich und von der Empfängerbank zu beachten ist, wenn ihr die ent-
sprechende Mitteilung zugeht, bevor ihr der Überweisungsbetrag endgül-
tig zur Gutschrift auf dem Konto des Begünstigten zur Verfügung gestellt
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wird. Damit ist die Möglichkeit zum Rückruf der Überweisung gegenüber
der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtslage (vgl. Art. 228
Abs. 2 EGBGB), nach der ein Rückruf noch bis zur vorbehaltlosen Gut-
schrift auf dem Konto des Begünstigten möglich war (vgl. Senatsbe-
schluss vom 23. November 1999 - XI ZR 98/99, WM 2000, 25), einge-
schränkt worden (vgl. Escher-Weingart, in: BuB Rdn. 6/186).
c) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Ausschluss des Rück-
rufsrechts auch im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, in dem zwar ein
Girovertrag zwischen der Beklagten und der GmbH nicht mehr besteht,
die Beklagte die Überweisung aber in Nachwirkung des Vertrages für ih-
re ehemalige Kundin entgegengenommen und ihr derart zugeordnet hat,
dass für diese jedenfalls ein Herausgabeanspruch nach § 667 BGB be-
steht.
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Nach dem Wortlaut des § 676a Abs. 4 Satz 1 BGB kommt es nur
darauf an, dass der Empfängerbank der Überweisungsbetrag "zur Gut-
schrift auf dem Konto des Begünstigten zur Verfügung gestellt wird",
nicht darauf, dass eine wirksame Gutschrift erfolgt. Danach ist es nicht
ausgeschlossen, dass die Empfängerbank dem Begünstigten auf andere
Weise als durch eine wirksame Gutschrift ein Verfügungsrecht über den
Überweisungsbetrag einräumt.
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Auch die Gesetzesmaterialien zum Überweisungsgesetz (vgl. BT-
Drucks. 14/745 S. 13 Nr. 4a, S. 26 zu Abt. 4) gehen davon aus, dass die
§§ 676a ff. BGB auch dann anwendbar sind, wenn der Überweisungsbe-
günstigte bei der Empfängerbank kein Girokonto unterhält und deshalb
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eine girovertragliche Gutschrift nicht erfolgen kann. In diesem Fall sehen
die Gesetzesmaterialien ausdrücklich eine Barauszahlung vor.
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Auch die Begründung des Gesetzgebers für die Beschränkung der
Kündigungsmöglichkeit lässt sich auf den Fall der Entgegennahme des
Überweisungsbetrages in Nachwirkung eines erloschenen Girovertrages
übertragen. Grund der Beschränkung war nicht nur der Schutz des Be-
günstigten, sondern insbesondere der Empfängerbank, die sich bereits
mit dem Zahlungseingang einem Anspruch des Begünstigten auf Her-
ausgabe bzw. auf Gutschrift ausgesetzt sieht (Staudinger/Martinek, BGB
Neubearb. 2006 § 676a Rdn. 20). Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser
Herausgabeanspruch aus § 676f Satz 1 BGB oder aus § 667 BGB folgt,
da § 676f Abs. 1 BGB lediglich eine Konkretisierung des aus § 667 BGB
abgeleiteten Herausgabeanspruchs darstellt (BGHZ
93, 315, 322;
Bamberger/Roth/Schmalenbach, BGB § 676f Rdn. 12; Gößmann/Weber,
Recht des Zahlungsverkehrs 4. Aufl. S. 33). Daher ist der Empfänger-
bank nach der Wertung des Gesetzgebers auch in diesem Fall ein ent-
sprechender Schutz durch Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit für
den Überweisenden zuzugestehen.
Entgegen
der
Ansicht der Revision wird der Empfängerbank da-
durch kein eigenmächtiges, nachhaltig weisungswidriges Verhalten er-
möglicht. Voraussetzung für das Erlöschen des Kündigungsrechts des
Überweisenden bleibt, dass die Empfängerbank durch Verbuchung des
Überweisungsbetrages einen Herausgabeanspruch des früheren Konto-
inhabers nach § 667 BGB begründet. Ist das nicht der Fall, weil sie den
Zahlungseingang etwa auf ein Conto pro Diverse verbucht und damit
nicht erkennbar dem früheren Kontoinhaber zuweist, ist ein Rückruf
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durch den Überweisenden noch möglich und von der Empfängerbank zu
beachten (MünchKommHGB/Häuser, ZahlungsV B 212).
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d) Da die Beklagte hier bereits am 8. Juli 2003 mit der Verbuchung
des Überweisungsbetrages auf dem intern weitergeführten Konto der
GmbH einen Anspruch des Insolvenzverwalters auf Herausgabe gemäß
§ 667 BGB begründet hat, war der einen Monat später erfolgte Überwei-
sungsrückruf verspätet und von ihr nicht mehr zu befolgen.
III.
Die Revision des Klägers war nach alledem zurückzuweisen.
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Nobbe Müller Ellenberger
Schmitt Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 08.03.2005 - 2 O 316/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 13.12.2005 - 6 U 67/05 -