Urteil des BGH vom 07.06.2005
BGH (zpo, streuung, unfall, begründung, streitwert, bestand, verletzung, fortbildung, sicherung, beweislast)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VI ZR 220/04
vom
7. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juni 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr
beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
15. Juli 2004 wird zurückgewiesen, weil sie nicht aufzeigt, daß die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde hat das Berufungsgericht
die Beweislast nicht verkannt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung muß der
Verletzte in solchen Fällen alle Umstände beweisen, aus denen eine Streupflicht
erwächst und sich eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht ergibt. Er muß deshalb
bei einem Streit darüber, ob die zeitlichen Grenzen der Streupflicht beachtet sind,
den Sachverhalt dartun, der ergibt, daß zur Zeit des Unfalls bereits oder noch eine
Streupflicht bestand (vgl. Senatsurteile vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69 -
VersR 1970, 1130; vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83 - VersR 1985, 243, 245;
BGH, Urteil vom 22. November 1965 - III ZR 32/65 - VersR 1966, 90, 92). Anders
liegt der Fall jedoch, wenn der Kläger - wie hier - eine die Streupflicht auslösende
Glätte und sein Stürzen infolge dieser Glätte nachgewiesen hat, aber der Beklagte
behauptet, es hätten Umstände vorgelegen, die ein Streuen zwecklos machten. In
diesen Fällen beruft sich der Beklagte auf eine Ausnahmesituation. Er muß daher
beweisen, daß die besonderen Umstände vorlagen und bis kurz vor dem Unfall
angedauert haben, so daß eine Streuung zwecklos gewesen wäre (vgl. Senatsurteile
vom 27. November 1984 - VI ZR 49/83 - aaO; BGH, Urteil vom 22. November 1965
- III ZR 32/65 - aaO). In diesem Fall betrifft die Frage, ob der Streupflichtige auf die
Glätte rechtzeitig reagiert hat, noch das Vorliegen einer Ausnahmesituation, die das
Streuen unzumutbar machte, so daß auch dafür der Beklagte nach den Grundsätzen
der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung beweispflichtig ist (vgl. auch OLG
Celle NZV 2004, 643, 644 und NZV 2001, 78).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 S. 2, 2. Halbs. ZPO
abgesehen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 62.627,43 €
Müller
Greiner
Wellner
Pauge
Stöhr