Urteil des BGH vom 15.05.2003
BGH (mitteilung, 1995, schaden, gefahr, aufgabe, verhalten, versehen, entzug, verfügung, nachweis)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZR 340/99
vom
15. Mai 2003
in dem Rechtsstreit
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann
am 15. Mai 2003
beschlossen:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats
des Kammergerichts vom 13. September 1999 wird nicht ange-
nommen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird für die Revisionsinstanz auf 53.743,17
(= 105.112,50 DM) festgesetzt.
Gründe:
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat
im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 554b ZPO a.F.).
Der zwischen den Parteien geschlossene Anwaltsvertrag begründete die
allgemeine Vertragspflicht des Beklagten, die Klägerinnen als seine Auftragge-
berinnen vor Schäden zu bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeid-
bar waren (vgl. nur Senatsurt. v. 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996,
1832, 1834). Die Auffassung des Berufungsgerichts, aufgrund der ihm be-
kannten erheblichen Bedenken bezüglich der sorgerechtlichen Zuverlässigkeit
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des Kindesvaters und der sich daraus ergebenden Gefährdungslage hätte der
Beklagte die Weiterleitung der Versicherungsleistungen erst nach einer institu-
tionalisierten Sicherung gegen unbefugte Verwendung oder nach Bestätigung
der sorgerechtlichen Zuverlässigkeit des Kindesvaters durch das Vormund-
schaftsgericht veranlassen dürfen, ist daher aus Rechtsgründen nicht zu bean-
standen. Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerfrei festgestellt, daß eine
Gefährdungslage bestand, bei der pflichtwidrige Verfügungen des Kindesvaters
über die Kontenguthaben zum Nachteil der Klägerinnen drohten. Dem Beklag-
ten war aus der Vertretung des Kindesvaters im familienrechtlichen Verfahren
im November 1993 bekannt, daß das Einkommen des Kindesvaters von ca.
1.300 DM monatlich zum damaligen Zeitpunkt bei weitem nicht ausreichte, ne-
ben der Monatsmiete von 1.240 DM Unterhaltsleistungen an die Klägerinnen
und Tilgungsleistungen auf den Schuldenbetrag in Höhe von ca. 20.000 DM zu
erbringen. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den Parteivortrag dahin
gewürdigt, daß Anhaltspunkte für veränderte Einkommensverhältnisse des
Kindesvaters bis Ende Dezember 1994 nicht zu ersehen sind. Der Beklagte hat
selbst nicht behauptet, daß sich die Vermögensverhältnisse des Kindesvaters
zwischen November 1993 und Dezember 1994 wesentlich verbessert hätten,
sondern hat die Auffassung vertreten, es sei nicht seine Aufgabe gewesen, die
Vermögensverhältnisse des Kindesvaters zu erforschen. Soweit die Einkom-
mensverhältnisse des Kindesvaters dem Beklagten bekannt waren, begründe-
ten sie aber, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, die
Gefahr, daß der Kindesvater die den Klägerinnen zustehenden Versiche-
rungsleistungen unter Verstoß gegen § 1642 BGB für eigene Zwecke verwen-
dete.
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Bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten wäre der geltend ge-
machte Schaden nicht eingetreten. Das Vormundschaftsgericht hat nach der
mit Schreiben des Beklagten vom 3. April 1995 erfolgten Mitteilung über den
Eingang der Versicherungsleistungen den Kindesvater aufgefordert, die Konten
mit einem Mündelsperrvermerk zu versehen (Beiakte Bl. 42 Rückseite), und hat
ihm, nachdem er dieser Aufforderung nicht nachkam, die Vermögenssorge ent-
zogen. Hätte der Beklagte von der Weiterleitung der Gelder vor der Mitteilung
an das Vormundschaftsgericht abgesehen und damit nach der Mitteilung bis
zum Nachweis des vom Vormundschaftsgericht geforderten Mündelsperrver-
merkes oder - bei Nichtbefolgen der entsprechenden vormundschaftsgerichtli-
chen Verfügung durch den Kindesvater - bis zum Entzug der Vermögenssorge
zugewartet, wozu er zur Schadensverhütung den Klägerinnen gegenüber ver-
traglich verpflichtet war, hätte der Kindesvater die nachteiligen Kontoverfügun-
gen nicht vornehmen können.
Kreft
Ganter
Raebel
Kayser
Bergmann