Urteil des BGH vom 06.02.2014
BGH: rechtliches gehör, abnahme, beweisverfahren, beweisantrag, pause, estrich, vogel, verantwortlichkeit, geschäftsbedingung, vertragsabschluss
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR 160/12
vom
6. Februar 2014
in dem Rechtsstreit
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, die Richterin Safari Chabestari, die
Richter Dr. Eick und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Graßnack
beschlossen:
Der Beschwerde der Beklagten wird insgesamt, der Beschwerde der
Klägerin wird teilweise stattgegeben.
Das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 15. Mai 2012
wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgeho-
ben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist und als
zum Nachteil der Klägerin Vorschuss- und Schadensersatzansprüche
wegen eines unzureichenden Schallschutzes in den Böden der Maiso-
nettewohnungen vom 9. ins 8. OG, in den Böden der Büros im 1. OG
und im Boden des Büros Nr. 2540 im 2. OG abgewiesen worden sind.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde-
verfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten
Kosten, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens
insgesamt: 1.639.509,95 €;
des stattgebenden Teils:
1.631.121,33 €
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Gründe:
I.
Die Klägerin verfolgt als Bauherrin gegenüber der Beklagten als General-
unternehmerin auf der Grundlage des Generalunternehmervertrages vom
29. April/12. Juni 1997 Kostenvorschussansprüche zur Beseitigung von Schall-
schutzmängeln im Bauteil B des Neubauvorhabens P. Platz/B. Straße in Be. -
Mitte.
Im Bauteil B befinden sich im 3. bis 8. Obergeschoss 30 Wohneinheiten,
pro Etage fünf, wobei es sich bei den Wohnungen im 8. und 9. Obergeschoss
um Maisonettewohnungen handelt. Erreichbar sind die Wohnungen über Lau-
bengänge, von den Beteiligten als "Catwalks" bezeichnet, und gläserne Aufzü-
ge. Im 1. und 2. Obergeschoss befinden sich zehn Büroeinheiten.
Im Frühjahr/Sommer 1999 begann die Klägerin mit der Übergabe der
Wohnungen an die einzelnen Erwerber. In den Übergabeprotokollen wurden
etliche Mängel, u.a. in den Bädern und am Parkettboden, festgehalten. Am
30. September 1999 und 18. November 1999 sprach die Klägerin gegenüber
der Beklagten insgesamt 29 Kündigungen wegen Teilleistungen aus, die die
Beklagte als Generalunternehmerin ursprünglich zu erbringen hatte. Unter den
gekündigten Teilleistungen befanden sich u.a. Parkett-, Tischler- und Wintergar-
tenarbeiten. Im August 2002 trafen die Parteien im Nachhinein eine Vereinba-
rung, dass der Abnahmezeitpunkt auf den 1. August 2000 festgelegt wird.
In der Folgezeit beanstandeten die Erwerber Schallschutzmängel, wegen
derer die Klägerin die Beklagte vergeblich zur Mängelbeseitigung aufforderte.
Die Beklagte lehnte eine Mängelbeseitigung u.a. mit dem Hinweis ab, wegen
der erfolgten Teilkündigungen für die Ausführung jener Arbeiten nicht mehr ver-
antwortlich zu sein.
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Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung eines Kosten-
vorschusses zur Mängelbeseitigung sowie auf Feststellung der Einstandspflicht
der Beklagten für etwaige Mehrkosten und Ersatz von weiteren Folgeschäden
im Zuge der Mängelbeseitigung in Anspruch.
Das Landgericht hat die Klageansprüche nur hinsichtlich eines Teils der
Bäder und WC Räume im 3. bis 8./9. OG für begründet erachtet und insoweit
einen Kostenvorschuss in Höhe von 57.830
€ nebst Zinsen sowie die Feststel-
lung der Ersatzpflicht der Beklagten für etwaige, diesen Betrag übersteigende
Mängelbeseitigungskosten ausgeurteilt. Die Berufung der Klägerin hatte teilwei-
se Erfolg. Das Berufungsgericht hat der Beklagten die Pflicht zur Kostenerstat-
tung auch wegen unzureichender Trittschalldämmung der "Catwalks" und des
Großteils der Wohn- und Büroräume auferlegt. Es hat die Beklagte zur Zahlung
von 422.908,31
€ nebst Zinsen verurteilt und die im Tenor des Berufungsurteils
angeführte Feststellung getroffen. Die weitergehende Berufung hat das Beru-
fungsgericht zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
Hiergegen richten sich die Nichtzulassungsbeschwerden beider Parteien.
Die Beklagte begehrt die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.
Die Klägerin will den abgewiesenen Teil ihrer Klageansprüche weiterverfolgen.
Dass das Berufungsgericht bei der Höhe des Kostenvorschusses der Berech-
nung des gerichtlich bestellten Sachverständigen S. und nicht dem von ihr er-
gänzend eingeholten Privatgutachten gefolgt ist, nimmt die Klägerin für die Re-
visionsinstanz hin. Sie verfolgt jedoch eine klarstellende Korrektur im Hinblick
auf die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Umsatzsteuer.
II.
1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision
hat Erfolg. Das Berufungsurteil ist aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklag-
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ten entschieden worden ist, weil es insoweit auf einer Verletzung des An-
spruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör beruht.
a) Das Berufungsgericht führt, soweit für die Beschwerde von Bedeutung,
aus, mangels Feststellung des Gegenteils sei grundsätzlich die Beklagte als
Generalunternehmerin für nachgewiesene Mängel im Bereich des Trittschall-
schutzes verantwortlich. In dem Gutachten des Sachverständigen D. vom
18. Dezember 2006 habe dieser punktuell zu den Ursachen Stellung genom-
men und nicht fachgerechte Körperschallbrücken in Estrichrandbereichen und
auch Brücken durch in die Randfugen zwischen Estrich und angrenzenden
Wänden eingedrungenen Kleber festgestellt. Ergänzend habe die Klägerin das
Privatgutachten des Sachverständigen St. eingeholt, nach dessen Aussage die
meisten der in den untersuchten Randfugen festgestellten Schallbrücken ver-
mutlich durch Parkettkleber verursacht worden seien.
Das Landgericht sei zu dem Ergebnis gekommen, es könne die Verant-
wortlichkeit der Beklagten für diese Schallbrücken nicht feststellen. Das begeg-
ne durchgreifenden Bedenken. Es sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund die
Klägerin und nicht die Beklagte für die Arbeiten in den Bereichen, in denen die
Sachverständigen direkte Kontakte zwischen dem schwimmenden Estrich und
den angrenzenden Bauteilen dokumentiert hätten, verantwortlich sein könnte.
Soweit die Beklagte unter Beweisantritt in der Berufungserwiderung und in
ihrem Schriftsatz vom 25. April 2012 den großflächigen Parkettaustausch durch
die Klägerin behaupte, sei dies nach wie vor unsubstantiiert, zumal sie nicht
darlege, wann und wo konkret dies geschehen sein solle.
b) Diese Würdigung verletzt den Anspruch der Beklagten auf rechtliches
Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Die Beschwerde rügt zu Recht, dass die Überge-
hung des Vortrags und der Beweisangebote der Beklagten in der Berufungser-
widerung im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BGH, Beschlüsse vom
31. Juli 2013 - VII ZR 59/12, NZBau 2013, 632 Rn. 10 f.; vom 29. April 2013
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- VII ZR 37/12, juris Rn. 9; BVerfG, WM 2012, 492, 493). Das Berufungsgericht
hat die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch
versäumt, den Sachvortrag der Beklagten in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebo-
tenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erhe-
ben. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsachen
vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend
gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Wird das
Parteivorbringen diesen Anforderungen gerecht, so kann der Vortrag weiterer
Einzeltatsachen nicht verlangt werden (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013
- VII ZR 59/12, aaO Rn. 11). Es ist dann Sache des Tatrichters, in die Beweis-
aufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder
die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem
Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (BGH,
Beschluss vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6
m.w.N.). Ausgehend hiervon war der in der Berufungserwiderung unter Beweis
der Zeugen B., S. und D. gestellte Vortrag, in den Wohnungen sei ein großflä-
chiger Parkettaustausch durch die Klägerin erfolgt, einer Beweisaufnahme zu-
gänglich. Die Beklagte musste keine näheren Details zum Zeitpunkt, zum ge-
nauen Ort und zum Umfang der durchgeführten Arbeiten vortragen. Eine Zu-
ordnung etwaiger von den Zeugen bestätigter Parkettaustauscharbeiten zu den
einzelnen Wohnungen wäre durch eine Angabe der Lage der Wohnung ohne
weiteres möglich gewesen.
c) Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Es ist nicht von vorne-
herein auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des
Vorbringens der Beklagten und Erhebung der dafür angebotenen Beweise zu
einer anderen, für die Beklagte günstigeren Beurteilung der Verursachung der
Schallschutzmängel gelangt wäre.
d) Das Berufungsurteil war daher aufzuheben, soweit zum Nachteil der
Beklagten entschieden worden ist, und die Sache an das Berufungsgericht zu-
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rückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO. Die Zurückverweisung gibt dem Beru-
fungsgericht Gelegenheit, sich mit den weiteren Rügen der Beklagten im Nicht-
zulassungsbeschwerdeverfahren auseinanderzusetzen. In diesem Zusammen-
hang weist der Senat auf folgendes hin:
aa) In der wiedereröffneten Berufungsverhandlung wird das Berufungsge-
richt die Frage, ob die Beklagte für die von den Sachverständigen festgestellten
Schallschutzmängel (erhöhte Trittschallpegel) verantwortlich ist, neu zu beurtei-
len haben. Allein der Umstand, dass die Beklagte als Generalunternehmerin auf
der Baustelle tätig war, rechtfertigt es nicht, diese für nachgewiesene Mängel im
Bereich des Trittschallschutzes als grundsätzlich verantwortlich anzusehen. Die
Beklagte hat durchgehend eingewandt, nicht sie als Generalunternehmerin,
sondern die Klägerin als Auftraggeberin habe durch nachträglich - nach den
erklärten Teilkündigungen bzw. nach Abnahme - vorgenommene (Rest- und
Mängelbeseitigungs-)Arbeiten die Schallschutzmängel selbst verursacht. Mit
Blick hierauf erscheinen die bisherigen Feststellungen zur Verursachung der
Schallschutzmängel unzureichend. Die ersten von der Klägerin im Jahr 2002
eingeholten Privatgutachten der M. GmbH, auf die auch im Berufungsurteil Be-
zug genommen wird, verhalten sich hierzu nicht. Der im selbständigen Beweis-
verfahren mit der Ursachenermittlung beauftragte Sachverständige D. hat nur
eine punktuelle Untersuchung durchgeführt. In dem vom Berufungsgericht in
Bezug genommenen Gutachten Nr. 135_6 aus 12/2006 hat er in zwei von drei-
ßig Wohnungen (B.5.580 und B.7.580) einzelne konkrete Körperschallbrücken
in den Anschlussbereichen der schwimmenden Estriche identifiziert. Die Frage,
wem die vorgefundenen Körperschallbrücken zuzuordnen bzw. auf wessen Ar-
beiten sie zurückzuführen sind, konnte er ohne weitere Informationen und Un-
tersuchungen nicht beantworten. Eine weitere Aufklärung zu dieser Frage ist
nicht mehr erfolgt, ebenso nicht dazu, ob - was die Beklagte in Abrede gestellt
hat - die in (fast) allen Wohnungen und Büros festgestellten erhöhten Tritt-
schallpegel überall auf dieselben Ursachen respektive Ausführungsfehler zu-
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rückzuführen sind. Auch Feststellungen zum Stand des Bauvorhabens zum
Zeitpunkt der Teilkündigungen bzw. der Abnahme sind nicht getroffen. Ausge-
hend hiervon fehlt es der im Berufungsurteil mehrfach anklingenden Schlussfol-
gerung, dass dort, wo keine schallschutzrelevanten Eigenleistungen der Kläge-
rin vorgetragen sind, von einer Verantwortlichkeit der Beklagten für die Schall-
schutzmängel auszugehen ist, an einer tragfähigen Grundlage. Das Berufungs-
gericht wird daher über die Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeu-
gen B., S. und D. hinaus unter Umständen noch weitere Feststellungen zur
Frage der Verursachung der Schallschutzmängel zu treffen haben. Die bereits
in erster Instanz gestellten, bisher noch unerledigten Beweisantritte der Partei-
en sind hierbei zu berücksichtigen, denn sie sind in der Berufungsinstanz ange-
fallen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - XII ZR 86/10, NJW-RR 2011,
1009 Rn. 18 m.w.N.). Im Zuge einer weiteren Beweiserhebung wird unter Um-
ständen auch der erstinstanzlich gehörte Zeuge F. erneut zu vernehmen sein,
§ 398 ZPO.
bb) Das Berufungsgericht wird des Weiteren die von ihm angenommene
Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zu überprüfen haben.
Das Berufungsgericht hat, ohne dies mit den Parteien zu erörtern und oh-
ne dass dies im Verlaufe des Verfahrens in den gewechselten Schriftsätzen der
Parteien problematisiert worden wäre, gemeint, dass der Beklagten gemäß
§ 13.1 des Generalunternehmervertrages (GU) auch für die Zeit nach der Ab-
nahme die Darlegungs- und Beweislast für eine mangelfreie Leistung im Be-
reich des Trittschallschutzes obliege. Damit hat das Berufungsgericht seiner
Beurteilung eine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Beweislast-
verteilung zugrunde gelegt. Nach diesen trägt der Auftragnehmer die Beweis-
last für die Mangelfreiheit der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nur bis
zur Abnahme (Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl.,
9. Teil, Rn. 44 speziell zum gekündigten Bauvertrag; Pause/Vogel in Kniffka,
ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand: 29. September 2013, § 640
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Rn. 16; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07, BauR 2009, 237
Rn. 14 = NZBau 2009, 117). Mit der Abnahme kehrt sich die Beweislast für be-
hauptete Mängel um (Kniffka in: Kniffka/Koeble, aaO, 4. Teil, Rn. 14 m.w.N.;
Pause/Vogel, aaO, § 640 Rn. 16). Die Leistungen der Beklagten sind im August
2000 abgenommen worden und die streitgegenständlichen Schallschutzmängel
wurden erstmals nach der Abnahme gerügt. Da sich die Darlegungs- und Be-
weislast auch auf die Ursächlichkeit der Leistungen des Unternehmers für einen
Mangel erstreckt (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - VII ZR 383/99, BauR
2002, 85, 86 = NZBau 2002, 34), obliegt es grundsätzlich der Klägerin als Auf-
traggeberin nachzuweisen, dass die von den Sachverständigen festgestellten
überhöhten Trittschallpegel auf Arbeiten zurückzuführen sind, die die Beklagte
bzw. deren Subunternehmer ausgeführt haben.
Das Berufungsgericht wird den Parteien Gelegenheit geben müssen, zu
dieser Problematik ergänzend Stellung zu nehmen, insbesondere auch dazu,
welches Verständnis von § 13.1 GU die Parteien bei Vertragsabschluss für den
Fall der nur teilweisen Fertigstellung des Bauwerkes infolge Kündigung zugrun-
de gelegt haben.
Wenn es sich bei § 13.1 GU um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine
Geschäftsbedingung handelt, wie die Beklagte in der Beschwerde geltend
macht, und wenn die Regelung den Inhalt haben sollte, den ihr das Berufungs-
gericht beigemessen hat, dann dürfte die Klausel wegen Verstoßes gegen § 9
Abs. 2 Nr. 1 AGBG, § 24 AGBG a.F. in Verbindung mit dem Rechtsgedanken
von § 11 Nr. 15a AGBG a.F. unwirksam sein. Klauseln, die dem Vertrags-
partner des Verwenders entgegen § 309 Nr. 12a BGB n.F. bzw. dem hier noch
anwendbaren § 11 Nr. 15a AGBG a.F. die Beweislast für einen Umstand aufer-
legen, der dem Verantwortungsbereich des Verwenders zuzurechnen ist, wer-
den vom Bundesgerichtshof auch im unternehmerischen Verkehr in der Regel
als unangemessen und deshalb unwirksam angesehen (vgl. BGH, Urteile vom
5. Oktober 2005 - VIII ZR 16/05, BGHZ 164, 196, 207 und vom 24. Juni 1987
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- I ZR 127/85, BGHZ 101, 172, 184). Das Berufungsgericht hat § 13.1 GU so
ausgelegt, dass der Beklagten auch der Nachweis dafür obliege, dass in die
von ihr fachgerecht erbrachten Maßnahmen zum Erreichen des vertraglich ver-
einbarten Trittschallschutzes nachträglich eingegriffen worden ist. Auf der
Grundlage dieses Verständnisses ist die Klausel unwirksam, denn nachträgli-
che, von der Klägerin nach Kündigung und Abnahme vorgenommene (Rest-
und Mängelbeseitigungs-)Arbeiten im Bereich des Bodenaufbaus sind nicht
dem Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern demjenigen der Klägerin
zuzurechnen.
2. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision
hat teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil ist aufzuheben, soweit zum Nachteil
der Klägerin Vorschuss- und Schadensersatzansprüche wegen eines unzu-
reichenden Schallschutzes in den Böden der Maisonettewohnungen vom 9. ins
8. OG, in den Böden der Büros im 1. OG und im Boden des Büros Nr. 2540 im
2. OG abgewiesen worden sind, weil es insoweit auf einer Verletzung des An-
spruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör beruht, Art. 103 Abs. 1 GG.
a) Das Berufungsgericht hat gemeint, Vorschussansprüche der Klägerin
wegen eines unzureichenden Schallschutzes innerhalb der Maisonettewohnun-
gen vom 9. ins 8. OG bestünden nicht. Der Sachverständige D. habe innerhalb
der Wohnungen des 9. OG keine Schallschutzmängel untersucht, was nach
dem Beweisantrag und dem Beweisbeschluss im selbständigen Beweisverfah-
ren auch nicht sein Auftrag gewesen sei. Insoweit seien Schallschutzmängel
nicht belegt, so dass für den Fußboden des 9. OG auch kein Vorschuss zuge-
sprochen werden könne.
Hinsichtlich der Büros im 1. und 2. OG ergebe sich aus dem Urteil des
Landgerichts nicht klar, dass auch diese Etagen streitgegenständlich seien. Das
rüge die Klägerin mit Recht. Gemäß Antrag und Beweisbeschluss im selbstän-
digen Beweisverfahren und den als Anlage beigefügten Grundrissen seien im
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1. OG vier Büros und im 2. OG sechs Büros vorhanden. Der Sachverständige
D. habe aber nur zu 9 Büros Mängelfeststellungen getroffen und das Büro
Nr. 2540 ausgelassen, vermutlich, weil sich darunter kein weiteres Büro, son-
dern ein "Luftraum, Lobby" befinde. Dies habe auch die Klägerin im Schriftsatz
vom 8. Oktober 2009 bestätigt, wo sie unter Bezugnahme auf den Bauablauf-
plan vorgetragen habe, dass für das 1. OG keine Maßnahmen geplant und die-
se Flächen in den Anspruch nicht einberechnet seien. Aus dem Bauablaufplan
ergebe sich, dass für das nichtbeurteilte Büro Nr. 2540 keine Maßnahmen ge-
plant seien. Das entspreche auch den vom Sachverständigen S. ermittelten
Kosten für die Mängelbeseitigung, die sich auf das 2. OG beschränkten. Das
1. OG sei vom Sachverständigen D. dem Antrag der Klägerin entsprechend nur
insoweit einbezogen worden, als es um den Trittschallschutz aus den darüber
liegenden Wohnungen im 2. OG gehe. Dass auch der vom 1. OG ausgehende
Schallschutz nicht gewährleistet sei, habe der Sachverständige D. nicht festge-
stellt.
b) Diese Erwägungen verletzen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches
Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Die Beschwerde beanstandet mit Erfolg, dass das
Berufungsgericht entscheidungserheblichen und unter Beweis gestellten zentra-
len Vortrag der Klägerin unberücksichtigt gelassen hat.
Die Klägerin hat jedenfalls im Berufungsverfahren klargestellt, dass sie
Gewährleistungsansprüche inhaltlich und räumlich für alle Etagen vom
1. - 9. OG geltend macht. Sie hat zudem in der Berufungsbegründung unter
Sachverständigenbeweis gestellt, dass in allen Räumen und Gebäudeteilen
Körperschallbrücken im Randbereich der Estrichplatte vorhanden sind, die nur
im Rahmen der Ersterstellung des Gebäudes durch die Beklagte verursacht
worden sein können. Dieser Beweisantrag ist zwar im Zusammenhang mit den
Berufungsangriffen der Klägerin gegen den vom Landgericht in weitem Umfang
verneinten Ursachenzusammenhang zwischen den festgestellten überhöhten
Trittschallwerten und den Leistungen der Beklagten gestellt worden. Durch die
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gewählte Formulierung hat die Klägerin aber auch das Vorliegen von Schall-
schutzmängeln in allen Räumlichkeiten unter ergänzenden Sachverständigen-
beweis gestellt.
Mit Blick hierauf durfte das Berufungsgericht Gewährleistungsansprüche
der Klägerin für Schallschutzmängel in den Fußböden innerhalb der
Maisonettewohnungen vom 9. ins 8. OG, in den Fußböden der Büros im 1. OG
und im Fußboden des im 2. OG gelegenen Büros Nr. 2540 nicht mit der Be-
gründung abweisen, der im selbständigen Beweisverfahren tätige Sachverstän-
dige D. habe keine Feststellungen zum Vorliegen solcher Mängel getroffen. Es
fehlt an einer Begründung, warum das Berufungsgericht eine ergänzende Be-
weiserhebung zum Vorliegen solcher Mängel im Hauptsacheverfahren trotz ge-
stellten Antrags nicht durchgeführt hat. Diese Vorgehensweise, die darauf
schließen lässt, dass das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin ein-
schließlich des dazugehörigen Beweisangebots nicht zur Kenntnis genommen
hat, begründet eine Gehörsverletzung (vgl. BGH, Beschlüsse vom
10. Januar 2013
- VII ZR 264/11,
ZfBR 2013,
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25. Oktober 2007 - VII ZR 13/07, BauR 2008, 398, 399 = NZBau 2008, 115).
c) Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausge-
schlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des über-
gangenen Vorbringens und nach einer Beweisaufnahme zu einer anderen Be-
urteilung gelangt wäre. Selbst wenn wegen zwischenzeitlich vorgenommener
Sanierungsmaßnahmen, die die Klägerin für den Bereich des 8./9. OG einge-
räumt hat, der vor dem Beginn dieser Maßnahmen vorhandene Trittschallschutz
heute nicht mehr unmittelbar festgestellt werden kann, rechtfertigt dies für sich
genommen noch nicht den Schluss, dass die Einholung des beantragten Sach-
verständigengutachtens nichts mehr zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen
kann (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - VII ZR 13/07, aaO, S. 400 =
NZBau 2008, 115).
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d) Das Berufungsurteil war daher insoweit teilweise aufzuheben und die
Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.
Soweit es nach erneuter Verhandlung noch darauf ankommen sollte, wird
das Berufungsgericht zu beachten haben, dass bei der Berechnung der Höhe
der voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung eine insoweit anfallende
Umsatzsteuer berücksichtigt werden muss, wenn der Besteller nicht vorsteuer-
abzugsberechtigt ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 176/09, BGHZ
186, 330 Rn. 16). Mit der gegebenen Begründung kann ein solcher Anspruch
nicht verneint werden.
3. Die Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich auch
dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die Abweisung der Klage wegen
Schallschutzmängeln in fünf Bädern im 8./9. OG und im Bereich der Aufzugsan-
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lage bestätigt hat. Von einer näheren Begründung wird abgesehen, weil sie
nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter de-
nen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
Kniffka
Safari Chabestari
Eick
Jurgeleit
Graßnack
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 29.12.2010 - 94 O 39/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.05.2012 - 7 U 32/11 -