Urteil des BGH vom 24.09.2013

Matratzen Factory Outlet Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 89/12
Verkündet am:
24. September 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Matratzen Factory Outlet
UWG § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2
a) Die tatrichterliche Feststellung, dass die angesprochenen Verkehrskreise die
Bezeichnungen „Factory Outlet“ und „Outlet“ im Sinne eines Fabrikverkaufs
verstehen und dort aus der Produktion des Anbieters stammende Waren er-
warten, die unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels besonders
preiswert angeboten werden, begegnet keinen Bedenken.
b)
Die Werbung mit der Bezeichnung „Markenqualität“ bringt - anders als die
Bezeichnung „Markenware“ - nur zum Ausdruck, dass die angebotene Ware
in qualitativer Hinsicht den Produkten konkurrierender Markenhersteller ent-
spricht (Aufgabe von BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 - I ZR 88/87, GRUR
1989, 754 = Markenqualität).
BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 89/12 - OLG Hamburg
LG Hamburg
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 27. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Born-
kamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen
Oberlandesgerichts Hamburg - 5. Zivilsenat - vom 18. April 2012
unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kos-
tenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die
Beklagte auf die Berufung der Klägerin verurteilt hat, es zu unter-
lassen, im geschäftlichen Verkehr für Matratzen aus der Produkti-
on der Beklagten wie folgt zu werben:
„Markenqualität zu niedri-
gen Preisen
“.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts
Hamburg, Kammer 016 für Handelssachen, vom 18. Juni 2010
wird auch im Umfang der Aufhebung zurückgewiesen.
Der Beklagten wird hinsichtlich der aufrechterhaltenen Verurtei-
lung zur Unterlassung (Ziffer I 1 a bis c des Berufungsurteils) eine
Umstellungsfrist von sechs Monaten ab Zustellung des Revisions-
urteils eingeräumt.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges und des Berufungsver-
fahrens haben die Klägerin 3/10 und die Beklagte 7/10 zu tragen.
Von den Kosten der Revision haben die Klägerin 1/11 und die Be-
klagte 10/11 zu tragen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Matratzen und Bett-
waren (Bettrahmen, Lattenroste, Bettdecken, Kopfkissen etc.). Die Klägerin
nimmt die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung -
auf Unterlassung verschiedener Werbeaussagen und Erstattung von Abmahn-
kosten in Anspruch.
Die Beklagte, die auch selbst Matratzen produziert, bietet ihre Waren
ausschließlich in eigenen Filialen (in Deutschland mehr als 500), den
„Matrat-
zen Factory Outlets
“ und „Matratzen Outlets“, an. Über den Einzelhandel ver-
treibt sie ihre Produkte nicht. Einen Teil der vertriebenen Matratzen lässt die
Beklagte von Drittunternehmen herstellen. Die Bettwaren werden von der Be-
klagten insgesamt zugekauft. Die Beklagte wirbt auf ihrer Internetseite unter
anderem mit folgenden Aussagen:
Starke Marken günstig! aus eigener Herstellung (Überschrift)
Matratzen Factory Outlet verspricht Matratzen und Lattenrahmen in Markenqua-
lität zu niedrigen Preisen (…)
und
Aus eigener Herstellung (Überschrift)
Matratzen Factory Outlet verspricht Matratzen und Lattenrahmen in Markenqua-
lität zu niedrigen Preisen. (…) Mit dem Direktverkauf ab Fabrik garantiert der
Produzent von Markenqualität den denkbar günstigsten Preis für den Kunden.
Gute Ware ist günstig verkäuflich, wenn der Weg über den Handel umgangen
wird.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Verwendung der Bezeichnungen
„Matratzen Factory Outlet“ und „Matratzen Outlet“ sei irreführend, weil die Be-
klagte tatsächlich keine
„Outlets“ betreibe. Unter einem „Outlet“ verstehe der
Verkehr eine Verkaufsstelle, in der ein Hersteller seine eigenen Produkte, die
im Übrigen auch im Groß- und Einzelhandel vertrieben würden, direkt an End-
abnehmer verkaufe. Die von der Beklagten angebotenen Matratzen könnten
demgegenüber ausschließlich in ihren selbst betriebenen Filialen erworben
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werden. Damit erzeuge die Verwendung des Begriffs
„Outlet“ beim angespro-
chenen Verkehr die Fehlvorstellung, es gebe für die von der Beklagten angebo-
tenen Produkte einen Zwischenhandel und ein Kunde könne die von der Be-
klagten angebotenen Matratzen preisgünstiger als beim Kauf im Einzelhandel
erwerben. Entgegen der Werbung auf ihrer Internetseite biete die Beklagte
auch keine Markenware an. Dafür reiche es nicht aus, dass ein Produktname
als Marke eingetragen sei. Ebenso sei die Angabe
„Direktverkauf ab Fabrik“
irreführend, weil etwa 30% der von der Beklagten vertriebenen Matratzen von
Drittunternehmen hergestellt und die angebotenen Bettwaren insgesamt zuge-
kauft würden.
Die Beklagte hat demgegenüber insbesondere geltend gemacht, der
Verbraucher verbinde mit den Begriffen
„Matratzen Factory Outlet“ und „Matrat-
zen Outlet
“ lediglich die Vorstellung, es würden Produkte aus eigener Herstel-
lung zu einem günstigen Preis an den Endverbraucher veräußert. Für ein Outlet
komme es nicht entscheidend darauf an, dass die angebotenen Produkte dar-
über hinaus auch im Einzelhandel erworben werden könnten. Bei den von ihr
angebotenen Matratzen handele es sich um Markenware, da ihre Marken im
Verkehr hinreichend bekannt seien. Sie sei auch als Herstellerin anzusehen, da
die Herstellereigenschaft eines Unternehmens nicht voraussetze, dass aus-
schließlich Produkte aus eigener Fabrikation angeboten würden.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin ist in erster Instanz weitgehend
erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Beklagte unter Androhung
bestimmter Ordnungsmittel verurteilt,
1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
a) unter den folgenden Kennzeichen Matratzen, Lattenroste und/oder Bettwa-
ren, insbesondere Kopfkissen, Bettdecken, Matratzenschoner, Bett- und
Matratzenbezüge zu bewerben und/oder anzubieten, es sei denn, die be-
worbene und/oder angebotene Markenware wird unter den Marken haupt-
sächlich über den Handel vertrieben:
„Matratzen Factory Outlet“ und „Matratzen Outlet“
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und/oder
b) für Matratzen aus der Produktion der Beklagten wie folgt zu werben:
„Starke Marken günstig!“
„Starke Marken günstig! aus eigener Herstellung“
„Markenqualität zu niedrigen Preisen“
und/oder
c) hinsichtlich der beworbenen und/oder angebotenen Matratzen, Lattenroste
und/oder Bettwaren, insbesondere Kopfkissen, Bettdecken, Matratzen-
schoner, Bett- und Matratzenbezüge zu behaupten:
„Direktverkauf ab Fabrik“;
2. an die Klägerin 2.380
€ nebst Zinsen zu zahlen.
Hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffern 1 a bis c hat
das Berufungsgericht der Beklagten eine Umstellungsfrist von drei Monaten ab
Rechtskraft des Urteils eingeräumt.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückwei-
sung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung
der Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat das Unterlassungsbegehren der Klägerin
gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 UWG für begründet
erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Die Verwendung der Bezeichnungen
„Matratzen Factory Outlet“ und
„Matratzen Outlet“ durch die Beklagte sei irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2 UWG, weil die in den Verkaufsstätten hauptsächlich angebotenen
Matratzen nicht auch im Groß- und Einzelhandel vertrieben würden.
Darüber hinaus werde der angesprochene Verkehr durch die Verwen-
dung der in Rede stehenden Bezeichnungen über die Preisgestaltung ge-
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täuscht. Die Beklagte betreibe in Deutschland mehr als 500 Filialen. Ein derart
großes Filialnetz benötige die gleiche Infrastruktur und Organisation wie eine
Einzelhandelskette. Eine Irreführung des Verkehrs ergebe sich zudem aus dem
Umstand, dass die Beklagte entgegen der Erwartung der angesprochenen Ver-
kehrskreise keine
„Markenware“ anbiete. Unter einer „Markenware“ im wettbe-
werbsrechtlichen Sinne werde eine mit einer Marke gekennzeichnete Ware ver-
standen, die im Verkehr bekannt und wegen ihrer gleichbleibenden oder ver-
besserten Qualität anerkannt sei. Die Beklagte habe nicht substantiiert darge-
legt, dass die von ihr angebotenen Matratzen sich bereits
„einen Namen ge-
macht
“ hätten.
Die Verurteilung gemäß Ziffer 1 b des Tenors sei nach § 5 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 UWG gerechtfertigt. Die Beklagte werbe zumindest für die von ihr angebo-
tenen Matratzen zu Unrecht mit den Begriffen
„Marken“ und „Markenqualität“,
wie sich aus den vorangegangenen Darlegungen zur
„Markenware“ ergebe. Die
Angabe
„Direktverkauf ab Fabrik“ sei gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG irre-
führend. Insoweit könne auf die Ausführungen zu den Begriffen
„Factory Outlet“
und
„Outlet“ verwiesen werden. Wesentliche Teile des angesprochenen Ver-
kehrs verstünden unter einem
„Factory Outlet“ keine normale Verkaufsstelle im
Sinne eines Einzelhandelsgeschäfts, sondern einen Fabrikverkauf. Die festge-
stellten Fehlvorstellungen des Verkehrs hätten auch die erforderliche wettbe-
werbsrechtliche Relevanz.
Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Erstattung der geltend ge-
machten Abmahnkosten, da die Abmahnung vom 7. Januar 2009 in Bezug auf
die streitgegenständlichen Unterlassungsansprüche insgesamt berechtigt ge-
wesen sei.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind
ganz überwiegend unbegründet. Die Annahme des Berufungsgerichts, die an-
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gegriffenen Bezeichnungen und Aussagen seien geeignet, einen erheblichen
Teil des angesprochenen Verkehrs in wettbewerbsrechtlich relevanter Weise zu
täuschen, hält der rechtlichen Nachprüfung nur insoweit nicht stand, als der Be-
klagten die Werbung mit der Angabe
„Markenqualität zu niedrigen Preisen“ ver-
boten worden ist. Der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahn-
kosten steht der Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.
1. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Beru-
fungsgerichts, die Klägerin könne von der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2
Nr. 2 UWG Unterlassung der Verwendung der Bezeichnungen
„Factory Outlet“
und
„Outlet“ bei der Bewerbung ihres Warenangebots verlangen.
a) Eine Werbung ist im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend, wenn das
Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet,
mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (vgl. BGH, Urteil vom
17. Februar 2000 - I ZR 254/97, GRUR 2000, 911, 913 = WRP 2000, 1248 -
Computerwerbung; Urteil vom 20. Januar 2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 =
WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk, mwN). Für die Beurteilung, ob eine Werbung
irreführend ist, kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den ange-
sprochenen Verkehrskreisen hervorruft (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 -
I ZR 222/02, GRUR 2005, 438, 440 = WRP 2005, 480 - Epson-Tinte; Urteil vom
7. April 2005 - I ZR 314/02, GRUR 2005, 690, 692 = WRP 2005, 886 - Internet-
Versandhandel).
b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts versteht ein durch-
schnittlich aufmerksamer, informierter und verständiger Verbraucher die Be-
zeichnungen
„Factory Outlet“ und „Outlet“, die innerhalb der Gesamtbezeich-
nungen
„Matratzen Factory Outlet“ und „Matratzen Outlet“ jeweils prägend sind,
im Sinne eines Fabrikverkaufs. Diese im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet
liegende Feststellung der Verkehrsauffassung, die in der Revisionsinstanz nur
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darauf nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung gegen
Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände un-
berücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 62/11,
GRUR 2013, 649 Rn. 29 = WRP 2013, 772 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil;
Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12 Rn. 2.74 mwN), lässt keinen
Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten erkennen.
aa) Die Revision wendet sich vergeblich dagegen, dass das Berufungs-
gericht das Verkehrsverständnis aufgrund eigener Sachkunde und Lebenser-
fahrung festgestellt hat. Gehören die entscheidenden Richter - wie im Streitfall -
selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, bedarf es im Allgemeinen kei-
nes durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens
zur Ermittlung des Verkehrsverständnisses. Dies gilt unabhängig davon, ob das
Gericht im konkreten Fall eine Irreführung aufgrund eigener Sachkunde bejahen
oder verneinen möchte (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 193/99,
GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe; BGHZ 156, 250, 255 -
Marktführerschaft). Kommt es auf das Verständnis eines in der Werbung ver-
wendeten Begriffs an, ist im Allgemeinen zusätzlich erforderlich, dass das Ver-
ständnis in einem bestimmten Sinne einfach und naheliegend ist und keine
Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Richter angenommenen Verkehrs-
verständnis wecken können (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1999 - I ZR 149/97,
GRUR 2000, 239, 240 = WRP 2000, 92 - Last-Minute-Reise; Urteil vom
10. August 2000 - I ZR 126/98, GRUR 2001, 73, 75 = WRP 2000, 1284 - Stich
den Buben). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist das Berufungsgericht
bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses der Begriffe
„Factory Outlet“
und
„Outlet“ rechtsfehlerfrei ausgegangen.
Die in Rede stehenden Begriffe mögen zwar insoweit mehrdeutig sein,
als bei einer Übertragung in die deutsche Sprache verschiedene Übersetzun-
gen möglich sind (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2001, 42; Sosnitza in Piper/
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Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 5 Rn. 503; Lindemann/Bauer, WRP 2004, 45,
51). Dies spricht jedoch nicht gegen die Annahme eines einfachen Verständnis-
ses, wie es das Berufungsgericht angenommen hat und wie es für einen jeden-
falls nicht unerheblichen Teil der Verbraucher ohne weiteres naheliegt (vgl.
Dreyer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 5 E Rn. 213; Link in Ullmann, ju-
risPK-UWG, 3. Aufl., § 5 Rn. 457; Nordemann in Götting/Nordemann, UWG,
2. Aufl., § 5 Rn. 3.58 und 3.77). Die in Rede stehenden Begriffe sind in
Deutschland - worauf auch das Berufungsgericht zutreffend und von der Revi-
sion unbeanstandet abgestellt hat - seit langem bekannt und finden als ge-
bräuchliche Anglizismen in der Werbesprache weitgehende Verwendung. Im
Streitfall wird das vom Berufungsgericht angenommene Verkehrsverständnis
noch durch die weitere, auf einen
„Fabrikverkauf“ hinweisende werbliche Aus-
sage
„Direktverkauf ab Fabrik“ verstärkt. Soweit die Revision dem das von ihr
angenommene Verständnis im Sinne einer
„(Hersteller-)Verkaufsstelle“ entge-
genhält, setzt sie damit in revisionsrechtlich unzulässiger Weise ihre eigene
Wertung an die Stelle der vom Berufungsgericht vorgenommenen tatrichterli-
chen Beurteilung.
Es ist revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass das Beru-
fungsgericht die Bezeichnungen
„Factory Outlet“ und „Outlet“ einheitlich beur-
teilt hat, weil
„Outlet“ von den angesprochenen Verkehrskreisen als Kurzbe-
zeichnung für
„Factory Outlet“ verstanden wird (ebenso OLG Hamburg,
GRUR-RR 2001, 42). Die Revision rügt insoweit lediglich, dass die vom Beru-
fungsgericht festgestellte Bedeutungsidentität nicht zwingend sei. Damit hat sie
nicht hinreichend dargetan, dass die Annahme des Berufungsgerichts erfah-
rungswidrig ist. Es reicht aus, dass ein nicht unerheblicher Teil der angespro-
chenen Verbraucher die in Rede stehenden Bezeichnungen als Begriffspaar
auffasst, ohne ihnen einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt beizumessen.
Daran bestehen indes keine durchgreifenden Zweifel, zumal die Beklagte die
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genannten Bezeichnungen auch selbst unterschiedslos für die von ihr betriebe-
nen Verkaufsstellen verwendet.
bb) Die Revision wendet sich auch ohne Erfolg gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, unter einem
„Fabrikverkauf“ verstehe der Verbraucher den
Verkauf besonders preisgünstig angebotener Markenware durch den Hersteller
unter Ausschaltung des Groß- und Zwischenhandels.
(1) Mit Recht hat das Berufungsgericht die Beklagte allerdings als Her-
stellerin der von ihr angebotenen Matratzen angesehen, obwohl sie nur etwa
70% selbst produziert und 30% von Drittunternehmen fertigen lässt. Der Ver-
kehr, insbesondere der Verbraucher, nimmt grundsätzlich an, dass derjenige,
der mit der Angabe
„aus eigener Herstellung“ wirbt, die von ihm angebotenen
Waren im Wesentlichen auch selbst produziert. Die
„Herstellereigenschaft“ er-
fordert indes nicht, dass der Werbende sämtliche Fertigungsschritte in seinem
Unternehmen vollzieht. Vor allem bei serienmäßig hergestellten Massenwaren
steht der Annahme einer
„Herstellereigenschaft“ nicht entgegen, dass die an-
gebotenen Waren teilweise in fremden Betrieben gefertigt oder zugekauft wer-
den (Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 5.14, 6.16).
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts benutzt die Beklagte die
Drittunternehmen, die für sie Matratzen herstellen, tatsächlich nur als
„verlän-
gerte Werkbank
“. Sie lässt die nicht selbst produzierten Matratzen von Fremd-
unternehmen in Lohnfertigung herstellen. Gestützt hat das Berufungsgericht
seine Feststellungen auf den nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten, die Dritt-
unternehmen dürften die von ihnen hergestellten Matratzen mit ihrer, der Be-
klagten, Zustimmung teilweise unter einer anderen Bezeichnung weiterverkau-
fen. Bei einem bloßen Zukauf fremder Ware hätte es dagegen keiner Zustim-
mung der Beklagten zum anderweitigen Absatz der Matratzen bedurft. Diese
Beurteilung lässt entgegen dem Vorbringen der Revisionserwiderung keinen
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Rechtsfehler erkennen. Unter den gegebenen Umständen ist es aus Rechts-
gründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Beklagte als
Herstellerin der von ihr angebotenen Matratzen angesehen hat.
(2) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht rechts-
fehlerfrei angenommen, dass der angesprochene Verkehr hinsichtlich der eben-
falls angebotenen und beworbenen Bettwaren, insbesondere Lattenroste und
Lattenrahmen, über die Herstellereigenschaft der Beklagten irregeführt wird.
Bettwaren werden von der Beklagten unstreitig nicht selbst hergestellt, sondern
komplett von Drittunternehmen zugekauft. Aufgrund der Stückzahl der zuge-
kauften Lattenrahmen (ausweislich der Jahresbilanz für 2006 waren dies
91.270 Stück) hat das Berufungsgericht auch mit Recht angenommen, dass es
sich insoweit nicht nur um unbedeutende Nebenprodukte handelt, über deren
Herkunft sich der angesprochene Verkehr keine Gedanken macht. Die Latten-
rahmen werden von der Beklagten ausdrücklich in ihrer Internet-Werbung (An-
lage K 2) mit einbezogen. Aufgrund der konkreten Angaben
Starke Marken günstig! Aus eigener Herstellung Matratzen Factory Outlet ver-
spricht Matratzen und Lattenrahmen in Markenqualität zu niedrigen Preisen
geht ein verständiger Durchschnittsverbraucher davon aus, dass zumindest die
Lattenrahmen von der Beklagten selbst hergestellt werden.
Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Verbraucher
sehe die Beklagte angesichts ihrer Firmierung, der äußeren Gestaltung ihrer
Verkaufsstellen als
„Matratzen Factory Outlet“ und „Matratzen Outlet“ sowie der
Werbung mit
„Matratzen Factory Outlet“ und „Matratzen Outlet“ im Kern als
Matratzenhersteller und -anbieter an. Entscheidend ist, dass die Beklagte durch
ihre Werbung beim Verkehr den unzutreffenden Eindruck hervorruft, (auch)
Herstellerin der beworbenen Lattenrahmen zu sein.
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(3) Die Angriffe der Revision gegen die Beurteilung des Berufungsge-
richts, die Bezeichnung der Verkaufsfilialen als
„(Factory) Outlets“ sei auch
deshalb irreführend, weil die von der Beklagten vertriebenen Matratzen, die den
wesentlichen Teil ihres Warenangebots ausmachten, unstreitig nicht im Groß-
und Einzelhandel erhältlich seien, bleiben ebenfalls ohne Erfolg.
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei aufgrund eigener Sachkunde -
die Mitglieder des Berufungssenats gehören zu dem mit der streitgegenständli-
chen Werbung angesprochenen Verkehrskreis - zu der Feststellung gelangt,
der angesprochene Verkehr habe die Vorstellung, in einem
„(Factory) Outlet“
bekomme er Ware, die ansonsten auch anderweitig im Groß- und Einzelhandel
vertrieben werde. Die Revision rügt vergeblich, die Darlegungen des Beru-
fungsgerichts ließen nicht erkennen, dass es sich bei seiner Beurteilung auf
eigene Sachkunde und Lebenserfahrung gestützt habe. Bei dieser Rüge be-
rücksichtigt die Revision nicht genügend, dass das Berufungsgericht in ande-
rem Zusammenhang ausdrücklich darauf abgestellt hat, dass seine Mitglieder
zu den mit der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Verkehrskrei-
sen gehören. Daraus wird deutlich, dass das Berufungsgericht das für die Ent-
scheidung maßgebliche Verkehrsverständnis aufgrund eigener Sachkunde
festgestellt hat.
(4) Die Revision wendet sich des Weiteren vergeblich gegen die Beurtei-
lung des Berufungsgerichts, der angesprochene Verkehr werde auch über die
Preisgestaltung der Beklagten irregeführt.
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, der Verbraucher erwarte,
dass er Ware in einem
„(Factory) Outlet“ günstiger bekommen könne als in ei-
nem regulären Einzelhandelsgeschäft. Der günstige Preis - und damit einer der
wichtigsten Vorteile des Fabrikverkaufs - beruhe nach der Vorstellung der Ver-
braucher darauf, dass durch den Wegfall des Groß- und Einzelhandels die hier-
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bei üblichen Handelsspannen eingespart werden könnten. Zusätzlich sei der
Preisvorteil aber auch deshalb möglich, weil die Kosten einer Einzelhandelsin-
frastruktur nicht anfielen. Bei der Beklagten werde die Grenze zu einer regulä-
ren Einzelhandelsstruktur jedoch überschritten, so dass man nicht mehr von
einem
„Outlet“ oder „Fabrikverkauf“ sprechen könne. Anders als bei „Outlets“
üblich, betreibe die Beklagte in Deutschland nicht nur wenige, sondern mehr als
500 Verkaufsstellen. Bei diesen Filialen handele es sich - im Rahmen eines in-
tegrierten Vertriebs - um ganz normale Einzelhandelsgeschäfte. Ein derart gro-
ßes Filialnetz benötige die gleiche Infrastruktur, die bei regulären Einzelhan-
delsketten erforderlich sei. Auch diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält
der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Beklagte wirbt auf ihrer Internetseite mit den Angaben
„Starke Mar-
ken günstig
“ und „Markenqualität zu niedrigen Preisen“. Sie nimmt damit für
sich in Anspruch, die von ihr beworbenen Waren zu besonders günstigen Prei-
sen abzugeben. Der angesprochene Verkehr erwartet im Zusammenhang mit
der Verwendung der Bezeichnung
„(Factory) Outlet“ und der Aussage „Direkt-
verkauf ab Fabrik
“ einen Preisvorteil, den er bei einem Erwerb in einem Einzel-
handelsgeschäft nicht erhält. Auf die von der Beklagten konkret verlangten
Preise, zu denen das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat,
kommt es dabei nicht an. Der angesprochene Verkehr erwartet, dass die Be-
klagte selbst hergestellte Produkte billiger als ein Einzelhändler verkauft. We-
gen des im Vordergrund stehenden Interesses der Verbraucher am Preis geht
von der auf einen Direktverkauf durch den Hersteller hindeutenden Ankündi-
gung eine beachtliche Anreizwirkung aus. Vor diesem Hintergrund ist es recht-
lich unerheblich, ob die Beklagte ebenso günstige Preise gewährt, wie sie übli-
cherweise bei einem Fabrikverkauf zu erhalten sind (vgl. BGH, Urteil vom
15. Mai 1968 - I ZR 63/66, BGHZ 50, 169, 172 - Wiederverkäufer; Bornkamm in
Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rn. 5.14, 6.16; Großkomm.UWG/Lindacher, 2. Aufl.,
§ 5 Rn. 772).
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Die Beklagte vertreibt die von ihr angebotenen Matratzen unstreitig nur in
ihren eigenen Filialen. Daher sind die beanstandeten Bezeichnungen der Be-
klagten schon deshalb irreführend, weil die von ihr hergestellten Matratzen im
Fachhandel, von dem sich die Beklagte ersichtlich abgrenzen will, nicht erhält-
lich sind. Die Beklagte suggeriert eine günstige Einkaufsmöglichkeit, die bei
einer rein preislichen Betrachtung zwar zutreffen mag, die aber den Verbrau-
cher mangels eines Vertriebs über den Groß- und Einzelhandel dennoch in sei-
ner Erwartung täuscht. Dies folgt daraus, dass es keinen Vergleichspreis gibt,
anhand dessen der Verbraucher die Preiswürdigkeit des Angebots ermitteln
könnte. Wird ein Produkt, das üblicherweise über den Einzelhandel vertrieben
wird,
in einem „(Factory) Outlet“ angeboten, kann jederzeit überprüft werden, ob
die dadurch vermittelte Erwartung, dort günstiger einkaufen zu können als im
Einzelhandel, zutrifft oder nicht. Wird dagegen ein Produkt - wie im Streitfall -
ausschließlich
über „(Factory) Outlets“ vertrieben, könnte es zu einem völlig
überteuerten Preis angeboten werden und dennoch dem Verbraucher den Ein-
druck besonderer Preiswürdigkeit vermitteln.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die Werbung der Beklagten mit den Aussagen
„Starke Mar-
ken günstig!
“ und „Starke Marken günstig! aus eigener Herstellung“ sei gemäß
§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG irreführend. Soweit das Berufungsgericht die
Werbung für Matratzen aus der Produktion der Beklagten mit der Aussage
„Markenqualität zu niedrigen Preisen“ verboten hat, haben die Angriffe der Re-
vision allerdings Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, die
Werbung der Beklagten für Matratzen aus ihrer Produktion mit den Aussagen
„Starke Marken günstig!“ und „Starke Marken günstig! aus eigener Herstellung“
sei irreführend, weil die Beklagte keine
„Markenware“ vertreibe.
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aa) Der Verkehr verbindet mit dem Begriff der
„Markenware“ vor allem
die Vorstellung, dass die Ware im Gegensatz zu einem ohne Herkunftshinweis
vertriebenen Erzeugnis durch die Kennzeichnung mit einer Marke ihrer Herkunft
nach legitimiert ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 - I ZR 88/87, GRUR
1989, 754, 755 f. = WRP 1989, 794 - Markenqualität; Urteil vom 13. Juli 2000 -
I ZR 203/97, GRUR 2000, 1084, 1086 = WRP 2000, 1253 - Unternehmens-
kennzeichnung). Bei Verwendung der auf markenmäßig gekennzeichnete Ware
hinweisenden Aussagen
„Starke Marken günstig!“ und „Starke Marken günstig!
aus eigener Herstellung
“ für in Wirklichkeit markenlose (anonyme) Ware wird
daher mit einer Bezeichnung geworben, mit der der Verbraucher eine andere,
günstigere Vorstellung verbindet, als dies tatsächlich der Fall ist. Das steht mit
§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG nicht in Einklang. Die Revision zeigt keine Beson-
derheiten auf, die im Streitfall die Annahme eines abweichenden Verkehrsver-
ständnisses rechtfertigen könnten.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nur ein Teil der von
der Beklagten vertriebenen Matratzen mit einer Marke gekennzeichnet. Unter
diesen Umständen ist die Werbung mit dem Begriff
„Starke Marken“ irreführend
im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.
bb) Aber auch insoweit, als die von der Beklagten vertriebenen Matrat-
zen mit Marken gekennzeichnet sind, gilt nichts anderes.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die von der Beklagten ange-
botenen Waren die Qualitätserwartungen des Verkehrs - im Sinne einer Mar-
kenware - nicht erfüllen; die insoweit darlegungspflichtige Beklagte habe nicht
substantiiert vorgetragen, dass die von ihr angebotenen Matratzen sich bereits
„einen Namen gemacht“ hätten. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision
greifen im Ergebnis nicht durch.
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Bei seiner Beurteilung ist das Berufungsgericht von einem Begriff der
„Markenware“ (im wettbewerbsrechtlichen Sinne) ausgegangen, wonach die mit
einer Marke versehene Ware sich bereits
„einen Namen gemacht“ haben, also
im Verkehr bekannt und wegen ihrer gleichbleibenden oder verbesserten Quali-
tät anerkannt sein müsse (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1960 - I ZR 169/58 -
Invertan; OLG Düsseldorf, GRUR 1978, 543 f.; OLG Karlsruhe, GRUR 1984,
744, 745; OLG Stuttgart, WRP 1984, 508, 509; Bornkamm in Köhler/Bornkamm
aaO § 5 Rn. 4.79; Großkomm.UWG/Lindacher aaO § 5 Rn. 430). Ob nach wie
vor von diesem Verständnis auszugehen ist oder ob der Verkehr den Begriff der
Markenware - wie die Revision meint - mittlerweile weiter versteht und die an
diesen Begriff geknüpften Qualitätserwartungen auch bei einem noch nicht ein-
geführten, im Verkehr noch unbekannten Produkt erfüllt sein können, kann of-
fenbleiben.
Die Beklagte suggeriert mit den beanstandeten Aussagen
„Starke Mar-
ken günstig!
“ und „Starke Marken günstig! aus eigener Herstellung“, dass es
sich nicht nur um mit einer Marke versehene Matratzen handelt. Vielmehr ver-
mittelt sie den Eindruck, als handele es sich dabei um Produkte, denen auf-
grund einer gesteigerten Bekanntheit eine herausgehobene Marktstellung zu-
komme (vgl. - auf eine besondere Qualitätserwartung abstellend - OLG Düssel-
dorf, GRUR 1984, 887, 888; Großkomm.UWG/Lindacher aaO § 5 Rn. 431). Auf
eine solche gesteigerte Bekanntheit kann sich die Beklagte indessen nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stützen. Der Hinweis der Revision,
eine hinreichende Verkehrsbekanntheit für das Warensortiment der Beklagten
ergebe sich daraus, dass sie dieses in mehr als 500 Filialen in Deutschland ver-
treibe, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die Beklagte selbst nicht geltend
macht, dass ihre Marken eine gesteigerte Bekanntheit erlangt hätten.
b) Die Angriffe der Revision gegen die Beurteilung des Berufungsge-
richts, die Werbung der Beklagten für Matratzen aus ihrer Produktion mit der
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Aussage
„Markenqualität zu niedrigen Preisen“ sei ebenfalls gemäß § 5 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 UWG irreführend, weil die Beklagte keine
„Markenware“ vertreibe,
haben dagegen Erfolg.
Mit der Verwendung des Begriffs
„Markenqualität“ suggeriert die Beklag-
te weder, dass die von ihr angebotenen Matratzen (durchweg) mit Marken ge-
kennzeichnet sind, noch, dass es sich dabei um im Verkehr bekannte und aner-
kannte Produkte handelt. Die Bezeichnung als
„Markenware“ ist aus der Sicht
des angesprochenen Verbrauchers nicht mit dem Begriff
„Markenqualität“ iden-
tisch (ebenso Großkomm.UWG/Lindacher aaO § 5 Rn. 435). Mit der Bezeich-
nung
„Markenqualität“ bringt die Beklagte (lediglich) zum Ausdruck, die von ihr
angebotenen Matratzen entsprächen in qualitativer Hinsicht den Produkten
konkurrierender (Marken-)Hersteller. Dass diese Aussage mit den tatsächlichen
Verhältnissen nicht übereinstimmt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt;
die Revisionserwiderung rügt auch nicht, dass entsprechender Vortrag der Klä-
gerin übergangen worden sei.
Soweit der Senat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1989 angenom-
men hat, es sei mit § 1 UWG aF nicht zu vereinbaren, für eine Ware, die nicht
mit einer Marke gekennzeichnet sei, mit der auf den Begriff der
„Markenware“
hindeutenden Bezeichnung
„Markenqualität“ zu werben, auch wenn die Ware
aus der Produktion von Markenartikeln stamme oder solchen Artikeln qualitativ
gleichwertig sei (BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 - I ZR 88/87, GRUR 1989, 754,
755 = WRP 1989, 794 - Markenqualität), ist daran nicht mehr festzuhalten (aA
Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 5 Rn. 282; Weidert in Harte/Henning
aaO § 5 Rn. C 57). Schon im Blick auf die - in den Grenzen des § 6 Abs. 2
UWG - weitgehende Zulässigkeit vergleichender Werbung ist es einem Herstel-
ler markenloser (anonymer) oder im Verkehr (noch) unbekannter Ware nicht
verwehrt, die qualitative Vergleichbarkeit seiner Produkte werbend mit der so-
genannten Markenware darzustellen, auch wenn er sich damit an den guten
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Ruf und die Werbekraft der Markenprodukte anlehnt (ebenso Großkomm.UWG/
Lindacher aaO § 5 Rn. 435, allerdings nur bezogen auf den Fall, dass die Ware
aus der Produktion eines Markenartikels stammt).
3. Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich zugleich, dass das Un-
terlassungsgebot gemäß Ziffer 1 c des Berufungstenors ebenfalls gemäß § 5
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG begründet ist.
4. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die von
der Beklagten beim angesprochenen Verkehr hervorgerufenen Fehlvorstellun-
gen wettbewerbsrechtlich relevant sind (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Juni
2012 - I ZR 228/10, GRUR 2012, 1273 Rn. 25 = WRP 2012, 1523 - Stadtwerke
Wolfsburg, mwN). Die werbewirksame Außendarstellung der Beklagten und ihre
Werbung im Internet versprechen besonders preisgünstige Angebote. Sie ist
damit im besonderen Maße geeignet, Kundenströme in nicht unerheblichem
Umfang von Mitbewerbern auf die Beklagte umzulenken oder jedenfalls den
angesprochenen Verkehr dazu zu veranlassen, sich mit dem Angebot der Be-
klagten näher zu befassen.
5. Im Umfang der aufrechterhaltenen Verurteilung zur Unterlassung ist
der Beklagten in zeitlicher Hinsicht eine über die vom Berufungsgericht gemäß
§ 242 BGB zugesprochene dreimonatige Frist hinausgehende Umstellungsfrist
einzuräumen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25. Januar 1990 - I ZR 19/87, BGHZ
110, 156, 175 - HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz; Bornkamm in Köh-
ler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 1.58 ff.). Im Blick auf das für die Außendarstellung
insbesondere ihrer Filialen weitreichende Verbot, mit den Begriffen
„Matratzen
Factory Outlet
“ und „Matratzen Outlet“ zu werben, erscheint eine auf sechs Mo-
nate nach Zustellung des Revisionsurteils erweitere Umstellungsfrist geboten,
aber auch ausreichend, um ihren Werbeauftritt den Unterlassungsgeboten an-
zupassen.
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6. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist ungeachtet der
teilweisen Aufhebung des angegriffenen Urteils in der vom Berufungsgericht
zuerkannten Höhe aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG begründet. Das der Aufhebung
unterliegende Verbot, für Matratzen aus der Produktion der Beklagten mit der
Aussage
„Markenqualität zu niedrigen Preisen“ zu werben, war nicht Gegen-
stand der Abmahnung vom 7. Januar 2009. Diese bezieht sich im Wesentlichen
auf die Aussagen, die der Beklagten mit Recht verboten worden sind.
III. Danach ist das Urteil des Berufungsgerichts nur in Bezug auf das
Verbot, für Matratzen aus der Produktion der Beklagten mit der Aussage
„Mar-
kenqualität zu niedrigen Preisen
“ zu werben, aufzuheben und insoweit unter
Zurückweisung der Berufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil wiederher-
zustellen. Im Übrigen ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Dies gilt auch insoweit, als Ziffer 1 c des Berufungstenors - dem Antrag
der Klägerin folgend - schlechthin und insoweit abweichend von Ziffer 1 a des
Berufungstenors ein Unterlassungsgebot enthält. Dem Vorbringen der Klägerin
ist ebenso wie den Gründen des Berufungsurteils mit hinreichender Deutlichkeit
zu entnehmen, dass die gebotene Einschränkung des Klageantrags zu 1 a (
„…
es sei denn, die beworbene und/oder angebotene Markenware wird unter den
Marken hauptsächlich über den Handel vertrieben
“) auch für die mit dem Kla-
geantrag zu 1 c zu untersagende Aussage
„Direktverkauf ab Fabrik“ gelten soll.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm
Pokrant
Schaffert
Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.06.2010 - 416 HKO 65/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 18.04.2012 - 5 U 189/10 -
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