Urteil des BGH vom 31.10.2002
BGH (untreue, strafkammer, staatsanwaltschaft, stpo, gesamtstrafe, umfang, 1995, aufhebung, anklage, nachteil)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 269/02
vom
31. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
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Der  3.  Strafsenat  des  Bundesgerichtshofs  hat  nach  Anhörung  des  Beschwer-
deführers  und  des  Generalbundesanwalts  - zu  2.  auf  dessen  Antrag -  am
31. Oktober 2002 gemäß § 206 a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig
beschlossen:
1.  Auf  die  Revision  des  Angeklagten  gegen  das  Urteil  des
Landgerichts Düsseldorf vom 13. November 2001 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit  der  Angeklagte  in  den
Fällen  C.X.4.  und  5.  der  Urteilsgründe  verurteilt  worden
ist;  im  Umfang  der  Einstellung  fallen  die  Kosten  des
Verfahrens  und  die  notwendigen  Auslagen  des  Ange-
klagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil
aa)  im  Schuldspruch  dahin  geändert,  daß  der  Ange-
klagte der Untreue in fünf Fällen schuldig ist,
bb)  im  Ausspruch  über  die  Gesamtstrafe  mit  den  zuge-
hörigen Feststellungen aufgehoben.
Im  Umfang  der  Aufhebung  wird  die  Sache  zu  neuer  Ver-
handlung  und  Entscheidung,  auch  über  die  Kosten  des
Rechtsmittels,  an  eine  andere  Strafkammer  des  Landge-
richts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das  Landgericht  hat  den  Angeklagten  unter  Freisprechung  im  übrigen
wegen Untreue in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr
und  zehn  Monaten  verurteilt,  deren  Vollstreckung  es  zur  Bewährung  ausge-
setzt  hat.  Die  auf  die  Verletzung  formellen  und  materiellen  Rechts  gestützte
Revision  des  Angeklagten  hat  den  aus  der  Entscheidungsformel  ersichtlichen
Teilerfolg; im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisions-
rechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Soweit der Angeklagte in den Fällen C.X.4. und 5. der Urteilsgründe we-
gen  Untreue  zum  Nachteil  der  Stadt  D.           verurteilt  worden  ist,  fehlt  es  an
der  erforderlichen  Anklage.  In  der  Anklageschrift  vom  10.  April  1995  (Bd.  X
Bl. 3648 ff. d. A.) legte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten 332  Fälle  der
Bestechlichkeit und 39 Fälle der Untreue zur Last. Ein Lebenssachverhalt, der
den tatsächlichen Feststellungen zu den Fällen C.X.4. und 5. der Urteilsgründe
entspricht, wird jedoch im Anklagesatz an keiner Stelle erwähnt;  eine  Schilde-
rung  dieser  Vorgänge  findet  sich  lediglich  -  unter  der  Überschrift  "Sonstige
geldwerte Vorteile/Schäden" - bei der Wiedergabe des wesentlichen Ergebnis-
ses der Ermittlungen zu den Bestechlichkeitsdelikten (aaO Bl. 3706 f.). Im Zwi-
schenverfahren  wies  der  Vorsitzende  der  Strafkammer  die  Staatsanwaltschaft
auf  die  Diskrepanz  zwischen  Anklagesatz  und  Ermittlungsergebnis  hin  (Bd.  X
Bl. 3798 d. A.). Die Staatsanwaltschaft teilte daraufhin am 9. Januar 1997  mit,
daß der im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen wiedergegebene Sachver-
halt  nicht  angeklagt  sei  (Bd.  X  Bl. 3805  d. A.),  und  verwies  in  diesem  Zusam-
menhang auf die in Ziffer 5 der Abschlußverfügung vom 18. April 1995 (Bd. X
Bl. 3646  d. A.)  vorgenommene  Verfolgungsbeschränkung  "gemäß  §§  154,
154 a StPO". Eine Wiedereinbeziehung der ausgeschiedenen Taten durch Er-
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hebung einer Nachtragsanklage (§ 266 StPO) ist nicht erfolgt. Hinsichtlich  der
Fälle  C.X.4.  und  5.  der  Urteilsgründe  muß  das  Verfahren  deshalb  wegen  des
Verfahrenshindernisses einer fehlenden Anklage eingestellt werden.
Der Wegfall der für diese beiden Taten verhängten Freiheitsstrafen von
je  vier  Monaten  hat  die  Aufhebung  der  Gesamtstrafe  zur  Folge.  Zwar  hat  das
Landgericht  durchweg  milde  Einzelstrafen  verhängt  und  auch  nur  eine  maß-
volle  Gesamtstrafe  gebildet.  Gleichwohl  kann  der  Senat  nicht  ausschließen,
daß die Strafkammer ohne die weggefallenen Einzelstrafen auf eine noch mil-
dere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Tolksdorf                                         Winkler                                              Pfister
von Lienen                                         Hubert