Urteil des BGH vom 17.01.2008

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 220/06
Verkündet
am:
17. Januar 2008
Preuß
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 174 Abs. 2, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 177 Abs. 1 Satz 3, § 178 Abs. 1
und 3
Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, auch für eine bereits zur Tabelle festge-
stellte Forderung nachträglich angemeldete Tatsachen, aus denen sich nach
Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene uner-
laubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt, in die Tabelle einzutragen.
Dieser Nachtragsanmeldung kann nur der Schuldner widersprechen, wenn der
Bestand der Forderung von einer Vorsatztat nicht abhängt.
InsO § 6 Abs. 1, § 174 Abs. 2, § 194 Abs. 2 und 3, § 197 Abs. 3
Ist die Insolvenztabelle wegen der Anmeldung von Tatsachen, aus denen sich
nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass der Forderung eine vorsätzlich
begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt, unrichtig, so
ist dagegen eine Tabellenbeschwerde in Gesetzesanalogie zur Verzeichnisbe-
schwerde unstatthaft.
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InsO § 179 Abs. 1, § 183 Abs. 1, § 184
Ist die Insolvenztabelle wegen der Anmeldung von Tatsachen, aus denen sich
nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass der Forderung eine vorsätzlich
begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt, lückenhaft, so
kann der betroffene Gläubiger den Rechtsgrund seiner festgestellten Forderung
nur außerhalb des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner im Klagewege
geltend machen. Eine Tabellenfeststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter
ist unzulässig.
BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 - IX ZR 220/06 - OLG Hamm
LG
Dortmund
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die
Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Prof. Dr. Gehrlein
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Oktober 2006 wird zurückge-
wiesen, soweit das Rechtsmittel den Beklagten zu 1 betrifft.
Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin erwirkte im Jahr 2000 gegen den Schuldner durch das
Landgericht Dortmund wegen Notarhaftung ein Zahlungsurteil über
4.200.000 DM und einen Kostenfestsetzungsbeschluss über 40.306,06 DM,
jeweils nebst Zinsen, die Rechtskraft erlangten. Aufgrund der haftungsbegrün-
denden Amtspflichtverletzung und weiterer Taten war der Schuldner bereits im
Jahr 1998 durch das Landgericht Bochum wegen Betruges rechtskräftig zu ei-
ner Freiheitsstrafe verurteilt worden. Im Amtshaftungsprozess ist die Frage ei-
ner vorsätzlichen Tatbegehung des Schuldners als nicht entscheidungserheb-
lich offen geblieben.
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In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, welches
auf seinen Antrag am 6. Juni 2002 eröffnet und mit dem Antrag auf Restschuld-
befreiung verbunden worden ist, meldete die Klägerin die genannten Forderun-
gen mit den Anspruchsgründen "Rechtsstreit Landgericht Dortmund, Scha-
densersatz aus Notarhaftung" und "Kostenfestsetzungsbeschluss" unter Beifü-
gung der Titel zur Insolvenztabelle an. Nachdem der zum Insolvenzverwalter
bestellte Beklagte seinen zunächst erhobenen Widerspruch fallen gelassen hat-
te, wurden diese Forderungen am 5. November 2002 in voller Höhe zur Insol-
venztabelle festgestellt.
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Mit Schreiben vom 25. Februar 2004 an den Beklagten schob die Kläge-
rin nach, Grund ihrer Forderungsanmeldungen sei die bereits durch das Land-
gericht Bochum mit abgeurteilte Betrugstat zu ihrem Nachteil, und überreichte
dazu eine Abschrift des Strafurteils gegen den Schuldner. Der Beklagte lehnte
eine entsprechende Ergänzung der Tabelle ab, weil seiner Ansicht nach die
Klägerin nach Feststellung ihrer Forderungen mit dem Vorbringen von Tatsa-
chen, aus denen sich ihrer Ansicht nach ergab, dass den angemeldeten Forde-
rungen eine vorsätzlich unerlaubte Handlung zugrunde lag, ausgeschlossen sei.
Die Gegenvorstellung der Klägerin und ihre Anrufung des Insolvenzgerichts im
Aufsichtswege führten zu keiner Änderung dieser Haltung. Daraufhin reichte die
Klägerin am 27. Juni 2005 die vorliegende Klage ein mit dem Antrag, gegen-
über dem Beklagten zu erkennen, dass ihre angemeldeten Forderungen mit
dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zur Insol-
venztabelle festgestellt seien. Dies teilte die Klägerin dem Insolvenzgericht mit
und regte an, das Insolvenzverfahren bis zum Abschluss des Feststellungspro-
zesses nicht aufzuheben.
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Im Schlusstermin vom 30. Juni 2005 wiederholte die Klägerin ihr Begeh-
ren auf Tabellenergänzung, wollte dies jedoch nicht als Fall einer bisher unbe-
rücksichtigt gebliebenen Neuanmeldung nach Rücknahme der Erstanmeldung
verstanden wissen, und erklärte ferner, keine rechtsmittelfähige Entscheidung
gegen das Schlussverzeichnis anzustreben.
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Das Landgericht hat die Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 1
als unbegründet abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in ZInsO
2007, 1279 veröffentlicht worden ist, hat sie für unzulässig gehalten und die
Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Mit
ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin den vorinstanzlichen Feststellungsan-
trag zur Tabelle weiter. Gegenüber dem Beklagten zu 2, dem Insolvenzverwal-
ter als Person, hat der Senat die auch insoweit eingelegte Revision mangels
Begründung als unzulässig verworfen.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
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I.
Das Berufungsgericht hat der Klägerin zur Last gelegt, die unterbliebene
Tabellenergänzung, dass ihre Forderungsanmeldungen auf dem vom Landge-
richt Bochum abgeurteilten Vorsatzdelikt des Schuldners beruhten, nicht mit der
Beschwerde gegen das Schlussverzeichnis angegriffen zu haben. Zwar mache
die Klägerin nicht geltend, dass eine anderweitige Verteilung der Insolvenzmas-
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se unter die Gläubiger stattzufinden habe. Sie wende sich aber gegen eine
sonst erhebliche Unvollständigkeit der Insolvenztabelle, die Grundlage des
Schlussverzeichnisses sei. Deshalb sei die gegen das Schlussverzeichnis er-
öffnete Beschwerde auch hier möglich und einer Klage vorgreiflich. Sinn und
Zweck des § 174 Abs. 2 InsO liege gerade darin, die nach § 302 Nr. 1 InsO
nicht berührten Forderungen aus Vorsatzdelikten nicht erst in einem nachträgli-
chen Rechtsstreit über die Wirkungen der Restschuldbefreiung festzustellen,
sondern diese Klärung in das Insolvenzverfahren vorzuziehen. Die hier erhobe-
ne Feststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter unterlaufe dieses Ziel und
das Widerspruchsrecht des Schuldners gemäß § 175 Abs. 2 InsO; sie umgehe
auch die zur Beseitigung seines Widerspruchs mögliche Feststellungsklage ge-
gen den Schuldner entsprechend § 184 InsO.
II.
Das Berufungsurteil hat im Ergebnis Bestand (§ 561 ZPO).
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1. Die Erwägungen des Berufungsgerichts tragen die angefochtene Ent-
scheidung nicht. Die im Schlusstermin erörterte förmliche Entscheidung des
Insolvenzgerichts über die von der Klägerin zutreffend gerügten Verfahrensfeh-
ler betraf keine Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis. Die Verfahrens-
fehler wirkten sich auf den Zuteilungsanspruch der Klägerin aus der Insolvenz-
masse nicht aus. Das Schlussverzeichnis des Insolvenzgerichts war nicht un-
richtig, die Klägerin durch dieses nicht beschwert. Eine denkbare Beschwerde
der Klägerin gemäß § 197 Abs. 3, § 194 Abs. 2 und 3 InsO wegen zurückge-
wiesener Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis wäre damit unzulässig
gewesen. Das hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Es hat lediglich
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gemeint, die Verzeichnisbeschwerde müsse in gesetzesanaloger Lückenfüllung
auch zur Verfolgung von Einwendungen gegen die Insolvenztabelle eröffnet
sein, wenn die Richtigkeit der Tabelle, die der Verteilung zugrunde liegt, in Be-
zug auf eine erweiterte Anmeldung nach § 174 Abs. 2 InsO zum Rechtsgrund
des Vorsatzdelikts angegriffen werde. Ein solches Rechtsmittel ist jedoch nach
§ 6 Abs. 1 InsO unstatthaft und wäre ohne nähere gesetzliche Regelung, die
fehlt, auch mit der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsmittelklarheit nicht zu
vereinbaren. Nur die Rechtspflegererinnerung gemäß § 6 Abs. 1 InsO, § 11
Abs. 2 RpflG kommt insoweit in Betracht (MünchKomm-InsO/Stephan, § 302
Rn. 16 a.E.). Sie schließt das Feststellungsinteresse für eine Klage nicht aus.
Eine Tabellenbeschwerde wäre zudem für das Rechtsschutzziel der Klägerin
nicht wirkungsvoll; denn sie hätte damit immer noch nicht die Belehrung des
Schuldners gemäß § 175 Abs.2 InsO durchgesetzt. Erst an den unterlassenen
Widerspruch des ordnungsgemäß belehrten Schuldners kann aber nach dem
Zweck des § 175 Abs. 2 InsO, den unkundigen Schuldner vor Rechtsverlust zu
schützen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des
Deutschen Bundestages vom 27. Juni 2001, BT-Drucks. 14/6468 S. 18), im In-
solvenzverfahren die Rechtskraft einer Tabellenfeststellung des Rechtsgrundes
gegen den Schuldner entsprechend § 178 Abs. 3 InsO geknüpft werden, von
der Insolvenzverwalter und Insolvenzgläubiger nicht berührt sind.
Verletzt der Insolvenzverwalter - wie der Beklagte - seine Beurkun-
dungspflicht in Bezug auf eine nachgeholte Anmeldung des Rechtsgrundes Vor-
satzdelikt gemäß § 174 Abs. 2 InsO bei schon festgestellter Forderung und ver-
letzt außerdem das trotz lückenhafter Tabelle über die Änderungsanmeldung
unterrichtete Insolvenzgericht - wie hier - seine Pflicht zur Belehrung des
Schuldners gemäß § 175 Abs. 2 InsO und zur Ergänzung der Tabelle im Auf-
sichtswege, so ist das Ziel des Gesetzgebers, nach Möglichkeit schon im Insol-
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venzverfahren den Rechtsgrund einer angemeldeten Forderung als solche aus
vorsätzlich unerlaubter Handlung im Hinblick auf die Grenzen der Restschuld-
befreiung nach § 302 Nr. 1 InsO zu klären, im Einzelfall endgültig vereitelt. Das
Feststellungsbegehren der Klägerin kann deshalb mit der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung nicht als unzulässig abgewiesen bleiben.
2. Das Berufungsurteil ist jedoch im Ergebnis mit den von der Revisions-
erwiderung vorgetragenen Gründen aufrecht zu erhalten. Die Klägerin betreibt
hier die Feststellung des Rechtsgrundes ihrer Forderung als Schadensersatz-
anspruch aus einem Vorsatzdelikt zur Tabelle gegen den Insolvenzverwalter,
weil dieser die nachträgliche Anmeldung des Rechtsgrundes für unzulässig er-
achtet und deshalb ihre Aufnahme in die Tabelle abgelehnt hat.
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a) Die Auffassung des Beklagten war unrichtig, wie bereits das Beru-
fungsgericht zutreffend erkannt hat. Die Begründung des Regierungsentwurfs
eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom
28. März 2001 hat zum Vorschlag des § 174 Abs. 2 InsO angemerkt, das Privi-
leg des Gläubigers einer Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung ge-
mäß § 302 Nr. 1 InsO n.F. lasse sich "verfahrenstechnisch" wie ein Konkursvor-
recht alten Rechts behandeln (BT-Drucks. 14/5680 S. 27). Daraus geht hervor,
dass der Rechtsgrund des vorsätzlichen Delikts entsprechend § 142 Abs.2 KO
auch für eine bereits zur Tabelle festgestellte Forderung noch nachträglich be-
ansprucht und mit einer Änderungsanmeldung gemäß § 177 Abs. 1 Satz 3 InsO
in das Insolvenzverfahren eingeführt werden kann. Die im Schrifttum ebenso
wie hier vom Beklagten im Verfahren vertretene Auffassung, die Rechtskraft
des § 178 Abs. 3 InsO schließe eine solche Nachholung aus (z.B. Münch-
Komm-InsO/Nowak, 2. Aufl. § 174 Rn. 10 a.E.; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 175
Rn. 14 a.E.; zutreffend dagegen AG Hamburg ZInsO 2005, 107 f; AG Münster,
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Beschl. v. 1. März 2004 - 77 IK 35/01, bei juris), ist daher in Übereinstimmung
mit dem Berufungsgericht abzulehnen. Präklusion und materielle Rechtskraft
sind zu unterscheiden. Materiell-rechtskräftig kann nichts aberkannt werden,
was nicht zuvor rechtshängig war. Das gilt auch für eine nicht erhobene
Feststellungs- oder Zwischenfeststellungsklage zum Anspruchsgrund einer
Geldforderung und eine insoweit erweiterte Anmeldung zur Tabelle gemäß
§ 174 Abs. 2 InsO, die unterblieben ist. Der Fall liegt nicht anders als bei einer
selbständigen Feststellungsklage, die jedenfalls bei entsprechendem Interesse
auch dann noch erhoben werden kann, wenn bereits eine Verurteilung des Be-
klagten zur Zahlung erfolgt ist oder aufgrund eines Vollstreckungsbescheides
ihm gegenüber der Zahlungsanspruch rechtskräftig feststeht (BGHZ 152, 166,
171 f). Hierzu kann neben dem Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO in
Ausnahmefällen auch eine drohende Insolvenz des Schuldners mit möglicher
Restschuldbefreiung im Hinblick auf § 302 Nr. 1 InsO Anlass geben.
Ein Recht zur Prüfung, ob der Gläubiger mit nachgeholten Angaben ge-
mäß § 174 Abs. 2 InsO entsprechend § 178 Abs. 3 InsO ausgeschlossen oder
diese Anmeldung nach § 177 Abs. 1 Satz 3 InsO, wie der Beklagte zunächst
gemeint hat, als unwesentlich zu beurteilen ist, steht dem Insolvenzverwalter
außerhalb der Forderungsprüfung nicht zu. Die insolvenzmäßige Feststellung
des Rechtsgrundes der vorsätzlichen unerlaubten Handlung zu einer angemel-
deten Forderung berührt ausschließlich rechtliche Interessen des Schuldners,
wenn nicht der rechtliche Bestand der angemeldeten Forderung, etwa bei An-
sprüchen aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung, davon abhängt. Diese Ab-
hängigkeit bestand im Streitfall nicht und war hier schon wegen der vorliegen-
den rechtskräftigen Titel der Klägerin auszuschließen. Deshalb konnte hier nach
den § 175 Abs. 2, § 178 Abs. 1 InsO auch nur der Schuldner einer solchen
Rechtsgrundanmeldung widersprechen.
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Ein Feststellungsinteresse der Klägerin gegen den Beklagten, wie in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu erwägen gegeben, lässt sich freilich
aus dieser objektiven Pflichtverletzung nicht herleiten. Sollte mit der Klage die
Haftung des Insolvenzverwalters nach § 60 InsO geltend gemacht werden, hät-
te sie gegen den Beklagten zu 2, den Insolvenzverwalter in Person, durchge-
führt und der Antrag anders gefasst werden müssen. Außerdem würde in die-
sem Streitverhältnis angesichts der ungeklärten Rechtslage das Verschulden
des Insolvenzverwalters fehlen.
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b) Der hier beschrittene Klageweg des § 179 Abs. 1 InsO kann nach
§ 183 Abs. 1 InsO nur zu einer rechtskräftigen Entscheidung gegenüber dem
Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern mit anschließender Tabellen-
berichtigung gemäß § 183 Abs. 2 InsO führen. Diese Insolvenzbeteiligten sind
aber durch den Prozessausgang in ihren Rechten nicht berührt. Der Insolvenz-
verwalter ist deshalb schon nicht befugt, außerhalb seiner Forderungsprüfung
den angemeldeten Rechtsgrund des Vorsatzdelikts, der insoweit in seine
Rechtssphäre nicht eingreifen kann, zu bestreiten. Die neu geschaffene Mög-
lichkeit, den Rechtsgrund des Vorsatzdelikts einer angemeldeten Insolvenzfor-
derung im Verfahren festzustellen, verändert die vor dem Inkrafttreten des Ge-
setzes zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom
26. Oktober 2001 (BGBl I S. 2710) gegebenen Parteirollen beim Streit um die
Grenzen der Restschuldbefreiung, so wie sie schon nach § 302 Nr. 1 InsO a.F.
bestanden, nicht. Die Feststellung dieses Anspruchsgrundes berührt aus-
schließlich die Rechtsposition des Schuldners. Sie kann daher ebenso wie die
besondere Feststellungsklage des § 184 InsO, die auf § 201 Abs. 2 InsO zuge-
schnitten ist, und die Feststellungsklage analog § 184 Abs. 1 InsO gegen den
nach § 175 Abs. 2 InsO widersprechenden Schuldner (vgl. dazu BGH, Beschl.
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v. 18. September 2003 - IX ZB 44/03, WM 2003, 2342, 2343; Urt. v. 18. Mai
2006 - IX ZR 187/04, WM 2006, 1347, 1348; v. 18. Januar 2007 - IX ZR 176/05,
WM 2007, 659, 660 f) auch nur außerhalb des Insolvenzverfahrens dem
Schuldner gegenüber erfolgen, auf den sich die Rechtskraft eines gegen den
Insolvenzverwalter erstrittenen Urteils gemäß § 183 Abs. 1 InsO nicht erstreckt.
An einer streitigen gesonderten Feststellung des angemeldeten Anspruchs-
grundes zur Tabelle gegenüber dem Insolvenzverwalter gemäß § 174 Abs. 2,
§ 181 InsO kann deshalb ein Interesse des Gläubigers nicht bestehen, obwohl
der Insolvenzverwalter im Streitfall seine Beurkundungspflicht nach § 175
Abs. 1 Satz 1 InsO verletzt hat. Demgemäß ist die Abweisung der Klage in Er-
mangelung eines Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO rechtlich zu-
treffend.
Fischer Ganter Raebel
Kayser
Gehrlein
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 07.02.2006 - 8 O 250/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 25.10.2006 - 11 U 48/06 -