Urteil des BGH vom 31.07.2018

Leitsatzentscheidung

ECLI:DE:BGH:2018:310718BXZB9.17.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZB 9/17
vom
31. Juli 2018
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 387 Abs. 3; § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2
Das im Zwischenstreit über die Berechtigung einer Zeugnisverweigerung erge-
hende Zwischenurteil ist unanfechtbar, wenn es vom Berufungsgericht oder
vom Oberlandesgericht im ersten Rechtszug erlassen wird. Dies gilt auch dann,
wenn die Rechtsbeschwerde im Zwischenurteil zugelassen worden ist.
BGH, Beschluss vom 31. Juli 2018 - X ZB 9/17 - OLG Hamm
LG Dortmund
- 2 -
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2018 durch den Vor-
sitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und
Dr. Deichfuß und die Richterin Dr. Kober-Dehm
beschlossen:
Die
Rechtsbeschwerde
gegen
das
Zwischenurteil
des
5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Mai 2017
wird auf Kosten des Beklagten und der Streithelferin verworfen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf
150.000
€ festgesetzt.
Gründe:
I.
Gegenstand des Zwischenstreits ist die Berechtigung des beteiligten
- vom Beklagten und der Streithelferin als Zeuge benannten - Rechtsanwalts,
das Zeugnis zu verweigern. Der Zeuge war mit dem Entwurf einer Vereinbarung
befasst, von der die Klägerin geltend macht, sie belege, dass die während des
Verfahrens verstorbene vormalige Beklagte ihr den Inhalt eines Wertpapierde-
pots schenkweise übertragen habe. Nach dem Beweisbeschluss des Beru-
fungsgerichts soll insbesondere Beweis darüber erhoben werden, ob der Zeuge
im Zusammenhang mit der Erstellung der Vereinbarung ausschließlich von der
vormaligen Beklagten oder gleichzeitig auch von der Klägerin mandatiert wor-
den ist, ob zu der schriftlichen Vereinbarung mündliche Nebenabreden getrof-
fen worden sind, sowie darüber, ob es Absprachen gab, unter bestimmten Vor-
aussetzungen die Vertragsurkunde zu vernichten. Der Zeuge hat das Zeugnis
unter Berufung auf § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO und § 384 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO ver-
1
- 3 -
weigert. Das Berufungsgericht hat die Zeugnisverweigerung durch Zwischen-
urteil für berechtigt erklärt. Dagegen wenden sich der Beklagte und seine
Streithelferin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II. Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.
Das Gesetz sieht gegen das Urteil eines Berufungsgerichts oder des
Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug im Zwischenstreit über die Zeugnis-
verweigerung kein Rechtsmittel vor. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574
Abs. 1 ZPO nur gegen Beschlüsse statthaft. Eine berichtigende Auslegung der
Bestimmung des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO dahin, dass die Rechtsbe-
schwerde gegen ein Zwischenurteil statthaft ist, wenn das Berufungsgericht
oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie zugelassen hat, scheidet
in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift und fehlender Anhalts-
punkte für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers aus (BGH, Beschluss
vom 5. Dezember 2012 - I ZB 7/12, NJW-RR 2013, 490, zum Zwischenstreit
über die Nebenintervention).
Soweit der VI., VIII. und IX. Zivilsenat im ersten Rechtszug erlassene
Zwischenurteile eines Oberlandesgerichts über die Rechtmäßigkeit einer Zeug-
nisverweigerung für mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar erachtet haben (Be-
schluss vom 4. Dezember 2012 - VI ZB 2/12, VersR 2013, 605 Rn. 6; Be-
schluss vom 8. April 2008 - VIII ZB 20/06, WM 2008, 1808 Rn. 5; Beschluss
vom 9. Dezember 2004 - IX ZB 279/03, WM 2005, 1579), haben sie mitgeteilt,
hieran nicht mehr festzuhalten.
Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich im Streitfall auch
nicht daraus, dass das Berufungsgericht sie zugelassen hat. Die durch die Zu-
lassung der Rechtsbeschwerde eintretende Bindungswirkung nach § 574
Abs. 3 Satz 2 ZPO ist auf das Vorliegen eines Zulassungsgrundes beschränkt,
eröffnet aber nicht ein nach dem Gesetz nicht vorgesehenes Rechtsmittel (vgl.
2
3
4
5
- 4 -
BGH, Beschluss vom 13. November 2008 - IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210
Rn. 5-7; Beschluss vom 22. Juni 2010 - VI ZB 10/10, NJW-RR 2011, 143 Rn. 5;
Beschluss vom 27. Oktober 2016 - III ZB 17/16, NJW-RR 2017, 253 Rn. 2).
Meier-Beck
Gröning
Grabinski
Deichfuß
Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 22.03.2013 - 3 O 292/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.05.2017 - I-5 U 77/13 -