Urteil des BGH vom 29.08.2018

Urteil vom 29.08.2018

ECLI:DE:BGH:2018:290818BVIIZR195.14.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR 195/14
vom
29. August 2018
in dem Rechtsstreit
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. August 2018 durch die Richter
Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit, die Richterinnen Graßnack und Sacher und den
Richter Röhl
beschlossen:
Der Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesge-
richts Koblenz vom 1. August 2014 wird stattgegeben.
Der Beschluss wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfah-
rens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 30.265,34
Gründe:
I.
Die Kläger nehmen die Beklagte nach einem Wasserschaden in ihrem
Einfamilienhaus
auf Schadensersatz in Höhe von 26.265,34 € nebst Zinsen in
Anspruch und verlangen Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche künftige
Schäden aus dem Schadensereignis.
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Die Beklagte baute - auf der Grundlage eines von dem Kläger oder bei-
den Klägern erteilten Auftrags - in das Einfamilienhaus der Kläger eine Fußbo-
denheizung ein, die im Obergeschoss mehrere, jeweils mit Schaugläsern aus-
gestattete Durchflussvolumenanzeiger enthält. Am 9. Januar 2010 stellte der
Kläger den Bruch eines Schauglases und einen Wasseraustritt im Heizkreisver-
teiler im Obergeschoss fest. Am 15. Januar 2010 wurde das Schauglas ausge-
tauscht. Im Estrich und den Wänden fand sich Feuchtigkeit. Im Obergeschoss
war der Estrich dunkel verfärbt und es waren Feuchtigkeitsränder an den unte-
ren Wandbereichen mit Schimmelbefall feststellbar. Im Erdgeschoss wiesen die
Türlaibungen zum Wohn- und Schlafzimmer Spuren von herablaufendem Was-
ser auf.
Die Kläger machen geltend, der Wasserschaden sei durch eine Undich-
tigkeit der Fußbodenheizung verursacht worden. Die Beklagte habe es unter-
lassen, die erforderliche Druckprobe durchzuführen, in deren Rahmen die
Schwachstellen des Heizungssystems aufgefallen wären.
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Das
Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Kläger nach Hinweis
durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Gegen die Nicht-
zulassung der Revision richtet sich die Beschwerde der Kläger, die ihren Kla-
geanspruch weiter verfolgen wollen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Auf-
hebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechts-
streits an das Berufungsgericht. Der angefochtene Beschluss des Berufungsge-
richts beruht auf einer Verletzung des Anspruchs der Kläger auf rechtliches Ge-
hör, Art. 103 Abs. 1 GG.
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1. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Nichtzulassungsbeschwer-
deverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Das der Klage zugrunde liegende Schadensbild könne nach dem Gut-
achten des Sachverständigen F. vom 12. Oktober 2013 nicht durch den am
9. Januar 2010 festgestellten Wasseraustritt aus dem zerbrochenen Schauglas
und am Übergang zwischen dem Kunststoffgewinde und dem Plexiglasröhr-
chen verursacht worden sein.
Der Sachverständige F. habe ausgeführt, dass unter Berücksichtigung
der Bekundungen des Zeugen D. und der Angaben des Privatgutachters B. von
einem bereits voll entwickelten mikrobiologischen Schaden mit intensivem Be-
fall mit schadenstypischen Schimmelpilzen und Bakterien an Holzbauteilen und
in der Trittschalldämmung auszugehen sei. Der Befall sei sicher älter als
10 Tage, wahrscheinlich mehrere Monate alt gewesen. Die Ausbreitung des
Schimmelpilzbefalls weise auf einen Wasseraustritt von mehr als 100 Litern hin.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen R. könne aber bei dem Bruch
des Schauglases nur von einer ausgetretenen Wassermenge von 20 bis 30 Li-
tern ausgegangen werden. Zudem sei zwischen den Parteien unstreitig, dass
noch in den Tagen vor dem 9. Januar 2010 Arbeiten in dem Bereich des be-
troffenen Heizkreisverteilers ausgeführt und dabei keine Schäden festgestellt
worden seien. Das Schadensbild lasse sich daher nicht mit dem Bruch des
Schauglases und einem Wasseraustritt am Übergang zwischen dem Kunst-
stoffgewinde und dem Plexiglasröhrchen erklären.
Soweit die Kläger sich unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sach-
verständigen F. zuletzt auf eine bereits über einen längeren Zeitraum beste-
hende Tropfwasserleckage als Schadensursache stützten, habe auch dies kei-
nen Erfolg. Angesichts des Umstands, dass die vom Sachverständigen R. ge-
nannte Wasseraustrittsmenge anlässlich des Schadensereignisses vom
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9. Januar 2010 maximal 30 Liter betragen habe, das Schadensbild aber auf
einen Wasseraustritt von mehr als 100 Litern hinweise, seien die Kläger gehal-
ten gewesen, ergänzend vorzutragen. Die Kläger hätten jedoch erstmals in der
Berufung versucht, für die verbleibende Diskrepanz von 70 Litern einen annä-
hernd plausiblen Grund anzuführen. Danach sei in den Monaten vor der Entde-
ckung des Schadens mehrfach, d.h. ca. alle vier bis sechs Wochen von ihnen
und Mitarbeitern der Beklagten Wasser in das Heizsystem nachgefüllt worden,
um einen Druckabfall zu vermeiden. Dieser Vortrag stehe aber zu dem erstin-
stanzlichen Vorbringen der Kläger in Widerspruch und sei zudem nach Maßga-
be des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Nichtgeltendmachung im
ersten Rechtszug auf Nachlässigkeit beruhe. Unabhängig hiervon beschränke
sich ein Nachfüllen von Wasser zum Ausgleich von Druckverlusten auf wenige
100 Milliliter und könne nicht zu der für die Schadensverursachung erforderli-
chen Wassermenge von wenigstens 70 Litern führen. Im Übrigen hätte eine
Tropfwasserleckage an dem Durchflussmesser bei den durchgeführten Arbeiten
vor dem 9. Januar 2010 von den Mitarbeitern der Beklagten zwangsläufig be-
merkt werden müssen, was nicht der Fall gewesen sei.
2. Mit dieser Argumentation verletzt das Berufungsgericht den Anspruch
der Kläger auf rechtliches Gehör.
Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsge-
richt einen Kausalzusammenhang zwischen der Undichtigkeit der von der Be-
klagten eingebauten Fußbodenheizung und dem Wasserschaden ausgeschlos-
sen hat, ohne die seiner Würdigung widersprechenden Ausführungen des
Sachverständigen F., die sich die Kläger zu eigen gemacht haben, in Erwägung
gezogen zu haben. Sie macht ferner zu Recht geltend, dass das Berufungsge-
richt bei der Würdigung des Kausalzusammenhangs das unter Beweis gestellte
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Vorbringen der Kläger zum mehrmaligen Nachfüllen von Wasser in die Fußbo-
denheizung offenkundig fehlerhaft gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen
hat.
a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Aus-
führungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu
ziehen. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt voraus, dass im Einzelfall
besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines
Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der
Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Novem-
ber 2016 - VII ZR 314/13 Rn. 14, BauR 2017, 306; Beschluss vom 20. Mai 2014
- VII ZR 187/13 Rn. 6; BVerfG, NJW 2009, 1584, juris Rn. 14, jeweils m.w.N.).
Da eine Partei sich regelmäßig ein für sie günstiges Beweisergebnis zu
eigen macht, verletzt das Übergehen eines solchen Beweisergebnisses deren
Anspruch auf rechtliches Gehör, sofern es entscheidungserheblich ist (vgl.
BGH, Beschluss vom 16. November 2016 - VII ZR 314/13 Rn. 14, BauR 2017,
306; Beschluss vom 28. Januar 2016 - VII ZR 126/13 Rn. 11 und Beschluss
vom 3. Dezember 2015 - VII ZR 77/15 Rn. 14, BauR 2016, 713, jeweils
m.w.N.). Die Nichtberücksichtigung eines solchen für eine Partei günstigen Be-
weisergebnisses bedeutet, dass das Berufungsgericht erhebliches Vorbringen
dieser Partei übergangen und damit deren verfassungsrechtlich gewährleisteten
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat (vgl. BGH, Beschluss vom
3. Dezember 2015 - VII ZR 77/15 Rn. 14, BauR 2016, 713). Ein Gehörsverstoß
liegt dabei auch dann vor, wenn sich das Gericht über die einer Partei günsti-
gen sachverständigen Beurteilungen mit Erwägungen hinwegsetzt, die Fach-
wissen voraussetzen, ohne hierzu ein (weiteres) Sachverständigengutachten
einzuholen oder eigene besondere Sachkunde auszuweisen (vgl. BGH, Be-
schluss vom 13. Januar 2015 - VI ZR 204/14 Rn. 5, NJW 2015, 1311 m.w.N.).
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Ferner ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Verlet-
zung des Anspruchs einer Partei auf rechtliches Gehör zu bejahen, wenn das
Gericht von ihr vorgebrachte Angriffs- oder Verteidigungsmittel in offenkundig
fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift zu Unrecht für ausge-
schlossen erachtet (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2017 - VII ZR 36/15
Rn. 17, BauR 2017, 1567 = NZBau 2017, 476; Beschluss vom 16. Mai 2017
- VI ZR 89/16 Rn. 8, NJW-RR 2017, 1018 und Beschluss vom 1. Oktober 2014
- VII ZR 28/13 Rn. 10, BauR 2015, 158 = NZBau 2014, 779, jeweils m.w.N.).
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht gegen Art. 103
Abs. 1 GG verstoßen.
aa) Nach dem Gutachten des Sachverständigen F. weisen das Scha-
densbild und die Ausbreitung der Schimmelpilz- und Feuchteschäden auf einen
über mehrere Wochen oder Monate vor dem 9. Januar 2010 erfolgten Wasser-
austritt von mehr als 100 Litern hin, wobei die Durchfeuchtungen um den zent-
ral liegenden Verteilerkasten darauf schließen ließen, dass sich die Leckage-
stelle dort befunden habe. Der Sachverständige F. hat auf dieser Grundlage
eine Tropfwasserleckage am Durchflusszähler als die wahrscheinlichste Scha-
densursache angesehen. Dabei hat der Sachverständige F. seinem Gutachten
zugrunde gelegt, dass vor dem 9. Januar 2010 keine sichtbaren Durchfeuch-
tungen beschrieben und bei den vor diesem Zeitpunkt durchgeführten Arbeiten
am Verteilerkasten keine Auffälligkeiten festgestellt worden seien. Diese Aus-
führungen haben sich die Kläger - in der Berufungsbegründung auch ausdrück-
lich - zu eigen gemacht.
bb) Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Kläger, eine Tropfwas-
serleckage der Fußbodenheizung sei für den eingetretenen Wasserschaden
ursächlich, zwar zur Kenntnis genommen, sich jedoch mit Erwägungen darüber
hinweggesetzt, die eine Gehörsverletzung begründen. Zum einen hat es ge-
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meint, eine Tropfwasserleckage habe vor dem 9. Januar 2010 bemerkt werden
müssen, zum anderen hat es den in der Berufung gehaltenen und unter Zeu-
genbeweis gestellten Vortrag der Kläger zum Nachfüllen von Wasser aufgrund
Druckabfalls der Fußbodenheizung, der allein einen Wasseraustritt von ca. 100
Litern erklären könne, nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
(1) Das Berufungsgericht hat damit den Inhalt des klägerischen Vortrags
nicht ausgeschöpft. Es hat nicht hinreichend erwogen, dass auch der Sachver-
ständige F. zugrunde gelegt hat, Durchfeuchtungen und eine Tropfwasserle-
ckage seien vor dem 9. Januar 2010 nicht bemerkt worden, jedoch gleichwohl
zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass eine Tropfwasserleckage am Durch-
flusszähler die wahrscheinlichste Schadensursache sei. Damit und mit den für
die Schlussfolgerung des Sachverständigen angeführten Gründen - das Auftre-
ten der massiven Durchfeuchtungen mit Schimmelpilzbefall in dem Bereich um
den Verteilerkasten - hat sich das Berufungsgericht nicht befasst. Es hat auch
keine Erklärung gegeben, warum das Nichtbemerken von Durchfeuchtungen
und Undichtigkeiten gegen das Vorhandensein einer Tropfwasserleckage spre-
chen soll, obwohl nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass auf
erhebliche Wasseraustritte zurückzuführende starke Durchfeuchtungen bereits
über einen längeren Zeitraum vorgelegen haben. Darüber hinaus hat es sich
mit dieser Erwägung über die fachliche Beurteilung des Sachverständigen F.
hinweggesetzt, ohne ihn noch einmal dazu anzuhören, sich anderweitig sach-
verständig beraten zu lassen oder besondere eigene Sachkunde auszuweisen.
(2) Das Berufungsgericht hat ferner das in der Berufung unter Beweis
gestellte Vorbringen der Kläger zum Nachfüllen von Wasser in den Heizkreis-
lauf unter offenkundig fehlerhafter Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO zu Un-
recht für ausgeschlossen erachtet.
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Die Kläger haben in der Berufungsinstanz vorgetragen, es sei bereits vor
dem 9. Januar 2010 wegen Druckabfalls der Fußbodenheizung alle vier bis
sechs Wochen durch Mitarbeiter der Beklagten, später auch durch die Kläger,
Wasser nachgefüllt worden. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die-
ser Vortrag wegen der Beweiskraft der tatbestandlichen Feststellungen des
erstinstanzlichen Urteils als neu anzusehen. Nach diesen Feststellungen haben
die Kläger nicht behauptet, dass die Beklagten mehrfach Wasser nachgefüllt
haben, und sind der Behauptung der Beklagten entgegengetreten, selbst Was-
ser nachgefüllt zu haben. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass sich das
festgestellte Vorbringen auf den Zeitraum vor dem 9. Januar 2010 bezieht. Die
Beweiskraft wird nicht gemäß § 314 Satz 2 ZPO durch das Sitzungsprotokoll
entkräftet. Soweit sich die Beschwerde auf das Sitzungsprotokoll vom
13. Dezember 2012 stützen will, bleibt dies ohne Erfolg. Zum einen handelt es
sich nicht um das Sitzungsprotokoll, aufgrund dessen das erstinstanzliche Urteil
ergangen ist. Der widersprechende Inhalt eines früheren Sitzungsprotokolls
vermag indessen die Beweiskraft der tatbestandlichen Feststellungen des Ur-
teils grundsätzlich nicht zu entkräften (Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl., § 314
Rn. 8 m.w.N.). Zum anderen ergibt sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 13. De-
zember 2012 schon kein Widerspruch, da die Kläger danach nicht behauptet
haben, auch dem 9. Januar 2010 Wasser nachgefüllt zu haben. Ein solcher
Vortrag der Kläger ergibt sich schließlich auch nicht aus ihrem nach der letzten
mündlichen Verhandlung im Rahmen des schriftlichen Verfahrens eingereichten
Schriftsatz vom 2. April 2013.
Allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung des klägeri-
schen Vortrags gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO offensichtlich vor.
Denn die Kläger mussten bis zum Erlass des erstinstanzlichen Urteils nicht da-
mit rechnen, dass aus fehlendem Vortrag zum Nachfüllen von Wasser in den
Heizkreislauf vor dem Schadensereignis am 9. Januar 2010 - entgegen der Be-
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urteilung des Sachverständigen F. - der Schluss gezogen würde, eine Tropf-
wasserleckage sei nicht schadensursächlich. Einen entsprechenden Hinweis
hatte das Landgericht nicht erteilt.
Das Berufungsgericht kann eine Zurückweisung des Vorbringens auch
nicht darauf stützen, dass die Kläger bezüglich des Nachfüllens von Wasser
ihren Vortrag geändert hätten. Allein der Umstand, dass eine Partei ihren Vor-
trag ändert, rechtfertigt es nicht, von der Erhebung angebotener Beweise abzu-
sehen. Darin liegt eine vorweggenommene Beweiswürdigung, die im Prozess-
recht keine Stütze findet. Eine etwaige Widersprüchlichkeit des Parteivortrags
kann regelmäßig nur im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden
(vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2016 - VII ZR 314/13 Rn. 22, BauR
2017, 306; Urteil vom 13. März 2012 - II ZR 50/09 Rn. 16, NJW-RR 2012, 728;
Beschluss vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09 Rn. 6, VersR 2011, 1384; jeweils
m.w.N.).
Soweit das Berufungsgericht - hilfsweise - annimmt, ein Auffüllen von
Wasser zum Ausgleich von Druckverlusten beschränke sich auf wenige
100 Milliliter, greift dies zum einen einer diesbezüglichen Beweisaufnahme vor
und deckt sich zum anderen auch nicht mit der Einschätzung des Sachverstän-
digen R. Der Sachverständige R. hat im Rahmen seiner Anhörung am
8. Dezember 2011 ausgeführt, dass zwar grundsätzlich bei einem Defekt am
Durchflussvolumenanzeiger, der sich am höchsten Punkt des Heizungswasser-
kreislaufs im Haus befinde, höchstens 30 Liter Wasser austreten könnten, weil
nach einer gewissen Zeit der Überdruck abgebaut sei und das in dem Heiz-
kreislauf befindliche Wasser dann nicht mehr selbständig nach oben steige.
Allerdings sei es möglich, dass bei einer geringen Austrittsstelle durch nach-
trägliches Wiederbefüllen der Heizungsanlage ein ausreichender Druck aufge-
baut werde. Werde immer wieder Wasser aufgefüllt, könne es zu deutlich
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höheren Wasseraustritten kommen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts
lassen darauf schließen, dass es diese Angaben des Sachverständigen R. nicht
erwogen hat.
cc) Indem das Berufungsgericht sich - ohne erneute Anhörung des
Sachverständigen F. oder eine anderweitige sachverständige Beratung - über
die fachliche Beurteilung des Sachverständigen F. hinweggesetzt und sich mit
den für die Beweiswürdigung erheblichen und für die Kläger günstigen Umstän-
den nicht befasst hat, hat es den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in
entscheidungserheblicher Weise verletzt. Gleiches gilt für die Nichtberücksichti-
gung des unter Beweis gestellten Vorbringens der Kläger zum Nachfüllen von
Wasser. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei um-
fassender Berücksichtigung des Vorbringens und nach weiterer Beweiserhe-
bung zu einer für die Kläger günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
III.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Beru-
fungsgericht im Rahmen der von ihm erneut vorzunehmenden Beweiswürdi-
gung auch zu erwägen haben wird, ob der Beweis des ersten Anscheins zu-
gunsten der Kläger eingreift. Durch den Beweis des ersten Anscheins wird die
dem Geschädigten grundsätzlich obliegende Beweisführung der Ursächlichkeit
eines bestimmten Lebenssachverhalts für den eingetretenen Schaden erleich-
tert. Er greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein
bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache
für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (vgl. z.B. BGH, Versäumnisur-
teil vom 10. April 2014 - VII ZR 254/13 Rn. 9, NZBau 2014, 496 und Urteil vom
19. Januar 2010 - VI ZR 33/09 Rn. 8, NJW 2010, 1072, jeweils m.w.N.). Im We-
ge des Anscheinsbeweises kann auch von einem bestimmten eingetretenen
Erfolg auf die Ursache geschlossen werden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom
19. Januar 2010 - VI ZR 33/09 Rn. 8, NJW 2010, 1072, und Urteil vom
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5. November 1996 - VI ZR 343/95, BauR 1997, 326, juris Rn. 7, jeweils m.w.N.).
Dieser Schluss setzt einen typischen Geschehensablauf voraus, was allerdings
nur bedeutet, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die
Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (vgl. z.B.
BGH, Versäumnisurteil vom 10. April 2014 - VII ZR 254/13 Rn. 9, NZBau 2014,
496; Urteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09 Rn. 8, NJW 2010, 1072, und Ur-
teil vom 5. November 1996 - VI ZR 343/95, NJW 1997, 528, juris Rn. 9, jeweils
m.w.N.). Das Berufungsgericht wird daher zu klären haben, ob das Schadens-
bild, auf das auch der Sachverständige F. seine Schlussfolgerung gestützt hat,
unter Berücksichtigung des räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit der
Installation der Fußbodenheizung typischerweise auf einen Wasseraustritt infol-
ge einer Undichtigkeit derselben zurückzuführen ist. In diesem Zusammenhang
wird es weiter das klägerische Vorbringen zu berücksichtigen haben, dass die
Mitarbeiter der Beklagten eine Druckprüfung, die die Dichtigkeit der Heizung
sicherstellen soll, nicht oder jedenfalls in nur unzureichender Weise vorgenom-
men haben sollen. Schließlich wird im Rahmen der Bestimmung des typischen
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Lebenssachverhalts auch von Bedeutung sein, ob konkrete Anhaltspunkte für
eine andere Ursache als die, die die Kläger vorgetragen haben, bestehen (vgl.
BGH, Urteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09 Rn. 13, NJW 2010, 1072,
m.w.N.).
Kartzke
Jurgeleit
Graßnack
Sacher
Röhl
Vorinstanzen:
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 27.02.2014 - 2 O 306/10 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 01.08.2014 - 3 U 351/14 -