Urteil des BGH vom 13.09.2011

Diglycidverbindung Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 69/10
Verkündet am:
13. September 2011
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Diglycidverbindung
PatG § 14
Offenbart die Beschreibung eines Patents mehrere Möglichkeiten, wie eine be-
stimmte technische Wirkung erzielt werden kann, ist jedoch nur eine dieser
Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden, kann eine Verlet-
zung des Patents mit äquivalenten Mitteln nur dann angenommen werden,
wenn sich die abgewandelte Lösung in ihren spezifischen Wirkungen mit der
unter Schutz gestellten Lösung deckt und sich in ähnlicher Weise wie diese Lö-
sung von der nur in der Beschreibung, nicht aber im Patentanspruch aufgezeig-
ten Lösungsvariante unterscheidet.
BGH, Urteil vom 13. September 2011 - X ZR 69/10 - OLG Frankfurt/Main
LG Frankfurt/Main
- 2 -
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 13. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Rich-
terin Schuster
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 15. April 2010 verkünde-
te Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main
aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Die Anschlussrevision der Kläger wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens -
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger nehmen die Beklagte aus einem Patentlizenzvertrag im Wege
der Stufenklage auf Auskunft und Bucheinsicht sowie Zahlung der sich daraus
ergebenden Lizenzgebühr in Anspruch.
Der Kläger zu 1 ist Inhaber des deutschen Patents 36 17 672 (Lizenz-
patents), das am 26. Mai 1986 angemeldet worden ist und ein Verfahren zur
Herstellung eines Reagenz, ein danach hergestelltes Reagenz sowie dessen
1
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Verwendung zur Bindung von Polymeren und Mikroorganismen aus wässrigen
Lösungen betrifft. Als Erfinder sind der Kläger zu 1 und der Kläger zu 2 be-
nannt. Der Hinweis auf die Erteilung des Lizenzpatents ist am 17. Februar 2000
veröffentlicht worden. Das Schutzrecht ist am 26. Mai 2006 durch Zeitablauf
erloschen.
Die Patentansprüche 1, 8 und 9, auf die die übrigen Patentansprüche zu-
rückbezogen sind, lauten:
"1.
Verfahren zur Herstellung eines Reagenz auf der Basis einer organischen
oder Silica-Festphase zur Isolierung eines Polymers oder eines Mikroorga-
nismus aus einer wässrigen Lösung in vitro und/oder ex vivo, dadurch ge-
kennzeichnet, dass man
(1)
Silica durch Umsetzung mit einer epoxyhaltigen Silylverbindung oder
einem mercaptogruppenhaltigen Silan sowie Oxypropyldiglycidäther
silanisiert bzw. die organische Festphase durch Umsetzung mit einer
Diglycidverbindung epoxidiert;
(2)
das erhaltene Produkt mit einem amino- und/oder carhoxylhaltigen
Monomer, Oligomer oder Polymer umsetzt und
(3)
das erhaltene Reaktionsprodukt mit einer Polycarbonsäure oder
einem Derivat derselben, das in die freie Säure überführt werden
kann, umsetzt.
8.
Reagenz zum Zwecke der Isolation eines Polymers oder eines Mikroorga-
nismus aus einer wässrigen Lösung in vitro oder ex vivo, herstellbar nach
einem der Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 7.
9.
Verwendung des Reagenz gemäß Anspruch 8 zur Eliminierung von Bio-
polymeren oder Mikroorganismen aus einer wässrigen Lösung durch Ad-
sorption an dieses Reagenz."
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- 4 -
Mit Vertrag vom 15. Dezember 1987 erteilten die Kläger der Beklagten
eine ausschließliche Lizenz an dem Gegenstand des Schutzrechts. Die Beklag-
te verpflichtete sich in dem Vertrag zur Zahlung einer vom Nettoverkaufserlös
abhängigen Lizenzgebühr.
Die Kläger machen geltend, die Beklagte mache von dem patentgemäßen
Verfahren bei der Herstellung des Produkts D.
wortsinngemäß, jedenfalls aber äquivalent Gebrauch.
Das Landgericht hat die Beklagte ohne Beweisaufnahme durch Teilurteil
antragsgemäß zur Erteilung der begehrten Auskunft sowie zur Gestattung der
Bucheinsicht durch einen vereidigten Buchprüfer verurteilt. Der Tenor des erst-
instanzlichen Urteils lautet hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunft wie folgt:
"Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, welche Net-
toverkaufserlöse sie in den Jahren 1988 bis 6. November 2002 mit Reagenzien
zum Zwecke der Isolation eines Polymers oder eines Mikroorganismus ex-vivo er-
zielt hat, die nach einem der Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 7 des Pa-
tents DE 36 17 672 herstellbar waren und/oder hergestellt worden sind."
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten nach Einholung
eines Sachverständigengutachtens mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die
Verurteilung zur Auskunfterteilung wie folgt ergänzt wird:
"wobei als Vorprodukt eine organische Festphase eingesetzt worden ist, die den
Stoff
E.
[enthält],
insbesondere,
welche
Netto-
verkaufserlöse sie in den Jahren 1988 bis 6. November 2002 mit dem Produkt
D. erzielt hat."
Die Anschlussberufung der Kläger, die auf eine Verurteilung auch hinsicht-
lich des weiteren Zeitraums bis zum Erlöschen des Lizenzpatents gerichtet war,
hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen.
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Gegen das Berufungsurteil richten sich die Beklagte mit der vom Senat
zugelassenen Revision und die Kläger, deren Nichtzulassungsbeschwerde der
Senat zurückgewiesen hat, mit der Anschlussrevision. Beide Parteien verfolgen
ihr zweitinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der
Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision der Kläger ist unbe-
gründet.
I.
Das Lizenzpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Rea-
genz, ein nach diesem Verfahren hergestelltes Reagenz sowie dessen Ver-
wendung zur Bindung von Polymeren und Mikroorganismen aus wässrigen Lö-
sungen.
1.
Materialien, mit denen Biopolymere oder Mikroorganismen aus einer
Lösung isoliert werden können, finden nach den Ausführungen in der Lizenz-
patentschrift nicht nur in der biochemischen und medizinischen Forschung,
sondern auch in der medizinischen Therapie Anwendung, zum Beispiel bei
extrakorporalen Immunperfusionsverfahren, bei denen arzneimittelresistente
Krankheitserreger aus menschlichem Plasma entfernt werden. Dieser Einsatz-
zweck stellt hohe Anforderungen an die Qualität des Materials. Dieses muss
möglichst selektiv wirken und eine hohe Bindungskapazität aufweisen. Ferner
darf es keine toxischen Wirkungen zeitigen und keine unerwünschten physiolo-
gischen Schutzmechanismen auslösen.
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In der Lizenzpatentschrift wird ausgeführt, Festphasen auf der Basis von
Silica seien für Trenn- und Extraktionszwecke in vitro geeignet, aber für die An-
wendung in einem extrakorporalen Perfusionssystem nicht verwendbar, weil
durch Silanolgruppen das Gerinnungssystem, das Complementsystem und
Blutplättchen aktiviert würden. Versuche, die Thrombogenität durch kovalente
Bindung von Heparin oder ähnlichen Substanzen zu beseitigen, hätten nur zu
unzureichenden Erfolgen geführt.
Das Lizenzpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem,
ein Verfahren zur Herstellung eines Materials zur Verfügung zu stellen, das die
vorteilhaften Eigenschaften von Silica mit den spezifischen Bindungseigen-
schaften von Heparin verbindet und nicht thrombogen ist.
2.
Zur Lösung des Problems schlägt das Lizenzpatent in Patent-
anspruch 1 ein Verfahren vor, bei dem wahlweise eine Silica-Festphase oder
eine organische Festphase in bestimmter Weise verarbeitet wird. Für die im
vorliegenden Zusammenhang allein interessierenden organischen Festphasen
weist das patentgemäße Verfahren folgende Merkmale auf:
1.
Das Verfahren dient der Herstellung eines Reagenz
a)
auf der Basis einer organischen Festphase
b)
zur Isolierung eines Polymers oder eines Mikroorganismus
c)
aus einer wässrigen Lösung in vitro und/oder ex vivo.
2.
[Betrifft nur Reagenzien auf Basis einer Silica-Festphase]
3.
Die organische Festphase
a)
wird epoxidiert,
b)
und zwar durch Umsetzung mit einer Diglycidverbindung.
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4.
Das erhaltene Produkt wird mit einem amino- und/oder car-
hoxylhaltigen Monomer, Oligomer oder Polymer umgesetzt.
5.
Das erhaltene Reaktionsprodukt wird mit einer Polycarbonsäure
oder einem Derivat derselben, das in die freie Säure überführt
werden kann, umgesetzt.
Patentanspruch 8 des Lizenzpatents betrifft ein Reagenz, das nach die-
sem Verfahren hergestellt werden kann, Patentanspruch 9 die Verwendung
eines solchen Reagenz zur Eliminierung von Biopolymeren oder Mikroorganis-
men aus einer wässrigen Lösung durch Adsorption.
3.
Das patentgemäße Verfahren besteht aus drei Schritten, die in den
Merkmalen 3, 4 und 5 definiert sind.
a)
In dem in Merkmal 3 a definierten Verfahrensschritt wird die organi-
sche Festphase epoxidiert, d.h. mit einer Epoxidgruppe versehen. Eine Epoxid-
gruppe besteht aus einem Ring aus zwei Kohlenstoffatomen und einem Sauer-
stoffatom. Sie ist in hohem Maße reaktionsfähig und erleichtert deshalb die An-
bindung weiterer Moleküle.
Gemäß Merkmal 3 b erfolgt die Epoxidierung mittels einer Diglycidverbin-
dung. Dies ist eine Verbindung mit zwei Glycidgruppen. Eine Glycidgruppe
(auch als Glycidylgruppe bezeichnet) besteht aus einer Epoxidgruppe und je
einem weiteren Kohlenstoff- und Sauerstoffatom:
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Eine dieser Glycidgruppen wird bei dem Verfahrensschritt gemäß Merk-
mal 3 dafür genutzt, die Verbindung an die organische Festphase anzukoppeln.
Die zweite Glycidgruppe bleibt erhalten und steht für die Anbindung weiterer
Verbindungen zur Verfügung.
b)
In dem in Merkmal 4 definierten Verfahrensschritt wird ein Stoff, der
eine Aminogruppe (Stickstoff) oder eine Carboxylgruppe (COOH) enthält, an die
verbleibende Glycidgruppe angekoppelt.
c)
In dem in Merkmal 5 definierten Verfahrensschritt wird an die Amino-
bzw. Carboxylgruppe eine Polycarbonsäure, d.h. eine Verbindung mit mehreren
Carboxylgruppen angekoppelt. Diese Verbindung hat die Funktion des Ligan-
den, also des Stoffs, an den der zu isolierende Stoff angebunden wird. Als ge-
eignete Polycarbonsäure wird in Ausführungsbeispiel 9 der Lizenzpatentschrift
unter anderem Heparin genannt.
d)
Die patentgemäße Abfolge der drei Verfahrensschritte bewirkt, dass
der Ligand nicht unmittelbar an die Glycidgruppe angekoppelt wird, sondern die
in Merkmal 4 beschriebene Amino- oder Carboxylgruppe als Verbindung zwi-
schen diesen beiden Komponenten dient. Dies führt nach den insoweit nicht
angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer Verbesserung
der Blutverträglichkeit.
II.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie
folgt begründet:
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Bei der Herstellung des Produktes D. werde nicht nur von den unstreitig
verwirklichten Merkmalen 1, 4 und 5 Gebrauch gemacht, sondern auch von
Merkmal 3. Dieses sei zwar nicht wortsinngemäß, wohl aber äquivalent verwirk-
licht.
Für die Bestimmung des Sinngehalts des dreistufigen Verfahrens gemäß
Patentanspruch 1 ließen sich aus der Beschreibung der Lizenzpatentschrift zu-
verlässige Kriterien nicht entnehmen. Die Beschreibung sei unverändert aus der
Offenlegungsschrift übernommen, die jedoch das in Rede stehende Verfahren
noch nicht vorgeschlagen habe. Der Sinngehalt von Patentanspruch 1 lasse
sich nur aus sich selbst heraus bestimmen.
Nach den fundierten Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen
sei für den Durchschnittsfachmann, einen Diplomchemiker mit mehrjähriger Be-
rufserfahrung in der Herstellung und Anwendung von Produkten für die Chro-
matographie oder Biotechnologie, neu und überraschend, dass die Aktivierung
durch die eingeführte Epoxidgruppe nicht direkt zur Kopplung des biospezifi-
schen Affinitätsliganden genutzt werde, sondern die endgültige Anbindung des
biospezifischen Liganden erst in einem dritten Schritt durch Umsetzung des
bevorzugt mit N-Ethoxycarbonyl-2-Ethoxy-1,2-Dihydrochinolin (EDDQ) aktivier-
ten Substrats erfolge. Diese Aktivierungsmaßnahmen führten zu der vom Li-
zenzpatent angestrebten unspezifischen Bindung von Begleitproteinen aus dem
Plasma und damit zu einer Verbesserung der Blutverträglichkeit. Dem Verfah-
rensschritt 3 komme demgegenüber nur die Funktion zu, in einem ersten Schritt
eine freie reaktive Glycidgruppe an der Festphase zur Verfügung zu stellen, an
die in einem zweiten Schritt das aminohaltige Monomer angekuppelt werde. Die
Verwendung der Diglycidverbindung gemäß Merkmal 3 habe keine weiter-
gehenden Auswirkungen auf die Qualität des Produkts.
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Bei der Herstellung des Produkts D. werde Merkmal 3 nicht wortsinn-
gemäß verwirklicht. Es werde eine organische Festphase eingesetzt, die dem
Stoff E. entspreche. Bei dessen Her-
stellung erfolge die Epoxidierung nicht durch Umsetzung mit einer Diglicydver-
bindung, sondern durch Copolymerisation von Verbindungen, die nur eine Gly-
cidgruppe pro Reagenzmolekül enthielten. Damit werde Merkmal 3 aber äquiva-
lent verwirklicht. Beim Einbau einer freien Glycidgruppe in die Festphase durch
Copolymerisation würden keine anderen Wirkungen erzielt als bei der patent-
gemäßen Lösung, bei der eine Glycidgruppe der Diglycidverbindung an die
Festphase angekoppelt werde, während die andere Glycidgruppe frei bleibe
und zur Anbindung der Aminogruppe zur Verfügung gestellt werde. Die Ver-
wendung einer Festphase mit einer freien Glycidgruppe sei nach den überzeu-
genden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen für den Fachmann
naheliegend gewesen. Die Herstellung aktivierter Träger auf der Basis eines
hydroxylhaltigen Trägers sei jedem Fachmann vertraut. Es sei daher nur eine
Frage der Verfügbarkeit oder der Kosten des Grundmaterials, ob der Fachmann
eine Umsetzung mit einer Diglycidverbindung durchführe oder auf eine Fest-
phase mit bereits vorhandener reaktiver Glycidgruppe zurückgreife. Die Über-
legungen, die der Fachmann habe anstellen müssen, um zu der zuletzt genann-
ten Lösung zu gelangen, seien derart am Sinngehalt der im Lizenzpatent unter
Schutz gestellten technischen Lehre orientiert, dass der Fachmann die abwei-
chende Ausführung als der gegenständlichen Lösung gleichwertige in Betracht
ziehe. Die technische Funktion des Merkmals 3 erschöpfe sich in der Befesti-
gung der Aminogruppe an der Festphase. Der für die Erfindung wesentliche
Schritt gemäß Merkmal 4 bestehe darin, dass die endgültige Anbindung des
biospezifischen Liganden erst in einem dritten Schritt erfolge.
III.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.
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1.
Zu Unrecht rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht habe
die Funktion eines gerichtlichen Sachverständigen im Patentverletzungsprozess
verkannt und die Ansichten des im Streitfall beauftragten Sachverständigen oh-
ne eigenständige Überprüfung des Auslegungsergebnisses sowie der zu Grun-
de gelegten rechtlichen Maßstäbe übernommen.
Das Berufungsgericht hat die Ausführungen des gerichtlichen Sachver-
ständigen sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung weitgehend über-
nommen. Hieraus kann entgegen der Auffassung der Revision nicht abgeleitet
werden, dass es von einer eigenen Überprüfung und Beurteilung abgesehen
hat. Das Berufungsgericht hat im angefochtenen Urteil die wesentlichen Grün-
de, die zu einer Bejahung der Äquivalenz geführt haben, im Einzelnen darge-
legt. Diese Ausführungen enthalten keine Hinweise darauf, dass sich das Beru-
fungsgericht an die Ausführungen des Sachverständigen gebunden gefühlt hat.
Die angeführten Argumente belegen vielmehr, dass das Berufungsgericht die
maßgeblichen Rechtsfragen eigenständig beurteilt und die Angaben des ge-
richtlichen Sachverständigen zu den technischen Grundlagen nicht ungeprüft
übernommen hat.
2.
Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe bei der Auslegung des
Lizenzpatents nicht auf den Sinngehalt der Patentansprüche, sondern auf einen
allgemeinen Erfindungsgedanken abgestellt.
Diese Rüge greift im Ergebnis durch.
a)
Zu Unrecht macht die Revision allerdings geltend, die vom Beru-
fungsgericht zu Grunde gelegte Auffassung führe dazu, dass Merkmal 3 voll-
ständig aufgegeben werde. Die beiden Teilmerkmale 3 a und 3 b werden nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts vielmehr durch andere Mittel ersetzt.
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Nach den insoweit nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungs-
gerichts wird die organische Festphase auch bei der in Streit stehenden Aus-
führungsform expoxidiert, wie dies in Merkmal 3 a vorgesehen ist. An die Stelle
der in Merkmal 3 b vorgesehenen Umsetzung mit einer Diglycidverbindung tritt
bei der in Streit stehenden Ausführungsform die Einbringung von Epoxidgrup-
pen durch Copolymerisation. Dies unterscheidet sich vom wortsinngemäßen
Verfahren zum einen dadurch, dass keine Diglycidverbindung eingesetzt wird,
zum anderen dadurch, dass die Epoxidgruppen nicht erst im Wege der Umset-
zung auf eine zuvor erstellte Festphase, sondern schon bei der Herstellung der
Festphase in diese eingebracht werden. Beides hat das Berufungsgericht zu-
treffend nicht als Wegfall des Merkmals 3 b, sondern als Ersetzung dieses
Merkmals durch andere Mittel angesehen.
b)
Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe bei der Prü-
fung, ob diese Mittel gleichwirkend sind, fehlerhaft nicht auf die Wirkung der im
Patentanspruch vorgesehenen Mittel im Kontext der Erfindung, sondern ledig-
lich auf die Einzelfunktion des Merkmals 3 abgestellt.
Auch diese Rüge ist unbegründet.
(1) Das Berufungsgericht hat die erfindungsgemäße Wirkung des in
Merkmal 3 vorgesehenen Verfahrensschrittes darin gesehen, dass eine freie
reaktive Glycidgruppe an der Festphase zur Verfügung gestellt werde, an die im
nächsten Schritt ein aminohaltiges Monomer angekuppelt werde. Dass auch die
Anbindung an die Festphase mittels einer Glycidgruppe erfolge und deshalb
eine Diglycidverbindung zum Einsatz komme, habe keine weitergehenden
Auswirkungen auf die Qualität des verfahrensgemäß hergestellten Produkts.
Damit hat das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend darauf abgestellt,
welche Wirkungen der patentgemäßen Umsetzung mit einer Diglycidverbindung
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im Kontext der Erfindung zukommen. Dass der Einsatz von Glycidgruppen zur
Anbindung an die Festphase darüber hinaus noch andere Wirkungen hat, ist für
die Frage der Gleichwirkung unerheblich, sofern diesen Wirkungen im Kontext
der erfindungsgemäßen Lehre keine Bedeutung zukommt.
(2) Das Berufungsgericht ist nach Befragung des gerichtlichen Sachver-
ständigen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Epoxidierung durch Umsetzung
mit einer Diglycidverbindung im Kontext der Erfindung keine weiteren Vorteile
habe. Die gegen diese tatrichterliche Würdigung erhobenen Revisionsrügen hat
der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Be-
gründung wird insoweit abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
c)
Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe den Grund-
satz unberücksichtigt gelassen, dass Äquivalenz zu verneinen ist, wenn sich
das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung be-
schränkt, als dies vom technischen Gehalt der Erfindung geboten wäre.
Diese Rüge ist begründet.
Das Berufungsgericht hat für die Frage, ob die Überlegungen, die der
Fachmann anstellen musste, um zu der abgewandelten Lösung zu gelangen,
am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Leh-
re orientiert sind, darauf abgestellt, dass sich die technische Funktion des
Merkmals 3 in der Befestigung der Aminogruppe an der Festphase beschränke,
während der für die Erfindung wesentliche Schritt darin bestehe, die endgültige
Anbindung des biospezifischen Liganden erst nach einem Zwischenschritt vor-
zunehmen. Damit hat es allein den technischen Sinngehalt der Erfindung be-
rücksichtigt und sich nicht mit dem Umstand befasst, dass der Patentanspruch
den in der Beschreibung des Lizenzpatents aufgezeigten technischen Gehalt
der Erfindung insoweit nicht vollständig ausschöpft.
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Nach der Rechtsprechung des Senats ist, wenn das Patent bei objektiver
Betrachtung hinter dem weiter gehenden technischen Gehalt der Erfindung zu-
rückbleibt, der Schutz auf das zu beschränken, was noch mit dem Sinngehalt
seiner Patentansprüche in Beziehung zu setzen ist (BGH, Urteil vom 12. März
2002 - X ZR 135/01, GRUR 2002, 519, 523 - Schneidmesser II). Der Senat hat
dies in einer nach dem angefochtenen Urteil ergangenen Entscheidung dahin
präzisiert, dass eine Ausführungsform aus dem Schutzbereich des Patents
ausgeschlossen ist, wenn sie zwar offenbart oder für den Fachmann jedenfalls
auffindbar ist, der Leser der Patentschrift aber annehmen muss, dass sie - aus
welchen Gründen auch immer - nicht unter Schutz gestellt werden sollte, und
dass eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln in der Regel zu verneinen
ist, wenn die Beschreibung mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimm-
te technische Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Möglich-
keiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist (BGH, Urteil vom
10. Mai 2011 - X ZR 16/09, GRUR 2011, 701 Rn. 35 f. - Okklusionsvorrichtung).
In der Beschreibung des Lizenzpatents wird im Zusammenhang mit Aus-
führungsbeispiel 9 dargelegt, alternativ zu der in diesem Beispiel beschriebenen
Umsetzung einer organischen Festphase mit der Diglycidverbindung Oxypropyl-
diglycidether könne an eine amino- oder merkaptoderivatisierte Festphase, zum
Beispiel ein Copolymer aus Äthylenglykol, Glycidmethacrylat und Erythrol-
dimethylacrylat, die Polykarbonsäure gemäß den vorangegangenen Beispielen
1 und 5 kovalent gebunden werden.
Das Landgericht hat daraus die Anregung
entnommen, eine organische Festphase einzusetzen, in die Epoxid-Gruppen
bereits im Wege der Copolymerisation eingearbeitet worden sind, so dass die in
Merkmal 3 vorgesehene Umsetzung mit einer Diglycidverbindung entbehrlich
ist. Das Berufungsgericht hat sich mit diesem Gesichtspunkt nicht befasst. Bei
zutreffender Beurteilung hätte es ihn aufgreifen und zu der Schlussfolgerung
gelangen müssen, dass die in Ausführungsbeispiel 9 aufgezeigte Bandbreite in
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der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 gerade nicht in vollem Umfang auf-
gegriffen worden ist. Anders als das Landgericht gemeint hat, ist aus dem Um-
stand, dass in der Beschreibung zwei mögliche Wege zur Herstellung einer mit
Epoxidgruppen versehenen organische Festphase aufgezeigt werden, in Pa-
tentanspruch 1 aber nur einer dieser Wege unter Schutz gestellt wird, zu fol-
gern, dass der Schutz auf diese Variante beschränkt ist. Dies schließt nicht aus,
dass die Verwirklichung mit abgewandelten Mitteln als gleichwertig anzusehen
ist, sofern die Überlegungen, die erforderlich sind, um zu der abgewandelten
Lösung zu gelangen, am Sinngehalt des Patentanspruchs orientiert sind. Der
Sinngehalt von Patentanspruch 1 ist im Streitfall jedoch auf eine spezielle Art
der Epoxidierung beschränkt, obwohl in der Beschreibung des Lizenzpatents
andere Methoden aufgezeigt und als gleichermaßen geeignet eingestuft wer-
den.
Vor diesem Hintergrund steht es mit dem eingangs aufgezeigten Grund-
satz nicht in Einklang, eine abgewandelte Lösung schon dann als gleichwertig
anzusehen, wenn sie zur Lösung des der Erfindung zu Grunde liegenden tech-
nischen Problems in gleicher Weise geeignet ist. Erforderlich wäre vielmehr,
dass sich die abgewandelte Lösung in ihren spezifischen Wirkungen mit der
unter Schutz gestellten Lösung deckt und sich in ähnlicher Weise wie diese Lö-
sung von der nur in der Beschreibung, nicht aber im Patentanspruch aufgezeig-
ten Lösungsvariante unterscheidet. Aus den vom Berufungsgericht getroffenen
Feststellungen ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt
ist.
3.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Grün-
den als zutreffend dar.
Die Kläger haben in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht, der Begriff
"Diglycid" könne nach dem Sprachgebrauch der Lizenzpatentschrift nicht dahin
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verstanden werden, dass eine so bezeichnete Substanz stets zwei Epoxidgrup-
pen enthalten müsse. Dieser Auffassung hat sich weder das Landgericht noch
das Berufungsgericht angeschlossen. Die Kläger haben keine Rechtsfehler
aufgezeigt, die dieser Beurteilung entgegenstehen.
Entgegen der Auffassung der Kläger stellt es keinen Verfahrensfehler dar,
dass das Berufungsgericht den gerichtlichen Sachverständigen zu diesem
Thema nicht mündlich befragt hat. Der gerichtliche Sachverständige hat die
Frage in seinem schriftlichen Gutachten (Seite 7 unter 2) behandelt und eine
wortsinngemäße Verwirklichung von Merkmal 3 b mit der Begründung verneint,
die bei der Herstellung von D. verwendeten Reagenzien enthielten nur eine
Glycidgruppe pro Reagenzmolekül. Das Berufungsgericht war nicht gehalten,
den Sachverständigen hierzu von Amts wegen ergänzend mündlich zu befra-
gen. Dass es den Klägern verwehrt hat, dem Sachverständigen zu diesem
Thema Fragen zu stellen, ist weder gerügt noch sonst ersichtlich.
4.
Der Senat kann nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst
entscheiden.
Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen
Feststellungen wäre die Klage abzuweisen. Auf der Grundlage dieser Feststel-
lungen ist das Merkmal 3 b weder wortsinngemäß noch äquivalent verwirklicht.
Der Senat kann aber nicht ausschließen, dass das Berufungsgericht bei voll-
ständig zutreffender rechtlicher Beurteilung zu zusätzlichen Feststellungen ge-
langt wäre, aus denen sich eine äquivalente Verwirklichung dieses Merkmals
ergibt.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Rechtsstreit nur dann zur
erstmaligen Prüfung einer äquivalenten Verletzung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen, wenn der Kläger in der Revisionsinstanz aufzeigt, inwiefern
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im wiedereröffneten Berufungsrechtszug tatsächliche Feststellungen zu erwar-
ten sind, aus denen sich ergibt, dass die angegriffene Ausführungsform nach
ihrer gegebenenfalls durch ergänzenden Tatsachenvortrag zu erläuternden tat-
sächlichen Ausgestaltung die Voraussetzungen der Äquivalenz erfüllt (BGH,
Urteil vom 14. Dezember 2010 - X ZR 193/03, GRUR 2011, 313 Rn. 40 f.
- Crimpwerkzeug IV). Dieser Grundsatz greift auch - und erst recht -, wenn das
Berufungsgericht sich bereits mit der Frage der Äquivalenz befasst, diese aber
unzutreffend beurteilt hat.
Im Streitfall haben die Kläger hinreichend konkret aufgezeigt, dass weitere
tatsächliche Feststellungen zu der Frage in Betracht kommen, ob die Verwen-
dung von E. zu den in Ausführungsbeispiel 9 der Lizenzpatentschrift auf-
gezeigten Verfahren gehört und deshalb grundsätzlich nicht als äquivalente
Verwirklichung von Merkmal 3 b angesehen werden kann oder ob der Einsatz
dieses Materials einen dritten Weg darstellt, der weder unter den Wortsinn von
Patentanspruch 1 noch unter die in Ausführungsbeispiel 9 geschilderte Vorge-
hensweise fällt. Auch im zuletzt genannten Fall wäre eine äquivalente Verwirkli-
chung von Merkmal 3 b zu verneinen, wenn der Einsatz von E. in seinen
für die Erfindung relevanten Wirkungen im Wesentlichen gleich zu beurteilen
wäre wie die in Ausführungsbeispiel 9 beschriebenen Verfahrensweisen. Äqui-
valenz käme aber in Betracht, wenn diese Wirkungen im Wesentlichen denjeni-
gen glichen, die bei der Umsetzung mit einer Diglycidverbindung eintreten, so
dass sich der von der Beklagten beschrittene Weg in ähnlicher Weise von dem
in Ausführungsbeispiel 9 beschriebenen Verfahren unterschiede wie der in Pa-
tentanspruch 1 beanspruchte Weg.
Den Klägern ist es aufgrund ihres bisherigen Vortrages nicht verwehrt, auf
eine Aufklärung dieser Frage hinzuwirken. Sie haben zwar in den Vorinstanzen
und noch in ihrer Erwiderung auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklag-
ten geltend gemacht, den Darlegungen zu Ausführungsbeispiel 9 seien An-
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haltspunkte dafür zu entnehmen, das im Patent beanspruchte Verfahren in
Richtung auf den von der Beklagten eingeschlagenen Weg abzuwandeln. Diese
Ausführungen beruhen aber auf der auch dem Urteil des Landgerichts zugrun-
deliegenden Prämisse, dass die in Ausführungsbeispiel 9 beschriebenen Ver-
fahren grundsätzlich als äquivalente Verwirklichung von Merkmal 3 b anzuse-
hen sind. Vor diesem Hintergrund hatten die Kläger keinen Anlass, auf Unter-
schiede zwischen diesen Verfahren und der Vorgehensweise bei der Herstel-
lung von D. hinzuweisen. Derartige Unterschiede werden, wie die Kläger in
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zutreffend aufgezeigt haben, im
Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen (Seite 11/12) angesprochen. Ob
sie im vorliegenden Zusammenhang relevant sind und ob sie im Ergebnis dazu
führen, dass der von der Beklagten beschrittene Weg in den Schutzbereich des
Lizenzpatents fällt, wird das Berufungsgericht auf entsprechenden Vortrag der
Parteien hin zu klären haben.
IV. Die Anschlussrevision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die
Anschlussberufung der Kläger zu Recht als unzulässig verworfen.
1.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Zulässigkeit
der Anschlussberufung nach dem Prozessrecht in der Fassung zu beurteilen
ist, die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung maßgeblich ist, und
dass die danach maßgebliche Frist von einem Monat ab Zustellung der Beru-
fungsbegründung gemäß § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der bis zum 31. August
2004 geltenden Fassung auch für eine Klageerweiterung im Sinne von § 264
Nr. 2 ZPO gilt. Beides steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundes-
gerichtshofs (zur anwendbaren Gesetzesfassung: BGH, Urteil vom 24. Oktober
2007 - IV ZR 12/07, NJW-RR 2008, 221 Rn. 12; zur Anwendbarkeit im Falle der
Klageerweiterung: BGH, Urteil vom 12. März 2009 - VII ZR 26/06, NJW 2009,
1870 Rn. 22) und wird von der Anschlussrevision nicht angegriffen.
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2.
Die Anschlussrevision macht geltend, nach dem Grundsatz der inter-
essengerechten Auslegung sei bereits der erstinstanzliche Klageantrag dahin
auszulegen gewesen, dass Auskunft und Bucheinsicht für den gesamten Zeit-
raum verlangt werde, für den die Rechtsordnung dies zulasse.
Diese Argumentation verfängt nicht.
Die Kläger haben die der ersten Klagestufe zu Grunde liegenden Ansprü-
che ursprünglich für den Zeitraum von 1988 bis 2001 geltend gemacht. In der
Klageschrift, die vom 13. Dezember 2001 datiert, haben sie nicht näher ausge-
führt, weshalb sie diese zeitliche Beschränkung vorgenommen haben. In einem
nachgelassenen Schriftsatz vom 16. Dezember 2002 haben sie - wiederum oh-
ne Angabe von Gründen - als Endtermin den 6. November 2002 benannt. Dies
ist der Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht.
In zweiter Instanz haben die Kläger innerhalb der bis zum 29. März 2004
gesetzten Frist zur Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 22. März 2004 nur
Zurückweisung der Berufung beantragt. In einer am 21. April 2004 eingereich-
ten "endgültigen" Fassung der Berufungserwiderung haben sie beantragt, die
Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Urteilstenor neu gefasst
wird. Auch nach dieser Fassung beziehen sich die zu titulierenden Pflichten auf
den Zeitraum von 1988 bis 6. November 2002.
Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass die Kläger
die ihnen zustehenden Ansprüche in Wahrheit für den nach der Rechtsordnung
maximal möglichen Zeitraum geltend machen wollten.
Nach dem - nach der erstinstanzlichen Entscheidung im vorliegenden
Rechtsstreit ergangenen - Urteil des Senats vom 4. Mai 2004 (X ZR 234/02,
BGHZ 159, 66, 70 - Taxameter) kann der Patentinhaber im Falle einer Verlet-
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zung seines Schutzrechts Auskunftsansprüche auch für die Zeit nach der letz-
ten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz geltend machen. Wenn
die Kläger dieses Ziel hätten verfolgen wollen, hätte es einer Befristung nicht
bedurft. Durch eine dennoch vorgenommene Befristung auf einen Zeitpunkt, der
jedenfalls nicht nach dem Ende der mündlichen Verhandlung lag, gaben die
Kläger zu erkennen, dass sie dieses Maximalziel - mit dessen Erreichbarkeit vor
Veröffentlichung der Taxameter-Entscheidung nicht sicher zu rechnen war -
nicht anstreben wollten. Anhaltspunkte, die eine abweichende Auslegung recht-
fertigen könnten, sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Insbesondere
fehlt es an einem entsprechenden Hinweis in der Klagebegründung.
Aus der in erster Instanz vorgenommenen Anpassung an den Tag der
letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht kann nicht gefolgert wer-
den, dass die Kläger den Auskunftsanspruch unabhängig vom konkreten Datum
für den Zeitraum jedenfalls bis zur letzten mündlichen Verhandlung in allen Tat-
sacheninstanzen geltend machen wollten. Auch für eine Auslegung in diesem
Sinne hätte es näherer Anhaltspunkte in der Klagebegründung bedurft, die ge-
rade nicht vorliegen. Unabhängig davon hätte es bei einem entsprechenden
Klagebegehren nahegelegen, in der Berufungserwiderung, spätestens aber im
Schriftsatz vom 21. April 2004, mit dem die Anträge neu gefasst wurden, eine
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Anpassung vorzunehmen. Dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar war,
wann die letzte mündliche Verhandlung stattfinden würde, führt zu keiner ande-
ren Beurteilung. Die Kläger haben sich von diesem Umstand auch in erster In-
stanz nicht davon abhalten lassen, schon in der Klageschrift ein konkretes End-
datum zu nennen. Hätten sie damit tatsächlich den Zeitraum bis zur letzten
mündlichen Verhandlung gemeint, hätte es nahegelegen, auch in der Beru-
fungserwiderung einen entsprechend angepassten voraussichtlichen Endtermin
anzugeben.
Meier-Beck
Gröning
Bacher
Hoffmann
Schuster
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 21.05.2003 - 2-6 O 192/02 -
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 15.04.2010 - 6 U 131/03 -