Urteil des BGH vom 30.08.2018

Urteil vom 30.08.2018

ECLI:DE:BGH:2018:300818B5STR411.18.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
5 StR 411/18
vom
30. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 30. August 2018 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Leipzig vom 5. März 2018 mit den zugehörigen Feststel-
lungen mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Geschehen auf-
gehoben,
a) soweit er wegen Mordes (Fall B.V.) sowie Störung der Toten-
ruhe in zwei Fällen verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und über die besondere
Schwere der Schuld.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere als Schwurgericht tätige Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Revision verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in zwei Fällen und
Störung der Totenruhe in zwei Fällen zu lebenslanger Gesamtfreiheitsstrafe
verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Die Revision des
Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtli-
chen Erfolg. Auf die nur die Tatmotivation im Fall B.V. betreffende Verfahrens-
rüge kommt es daher nicht mehr an.
1. Die Überprüfung des Urteils hinsichtlich der heimtückischen, mit le-
benslanger Freiheitsstrafe sanktionierten Tötung
C. (Fall B.II.) hat keinen Rechtsfehler aufgedeckt (§ 349 Abs. 2 StPO).
2. Hingegen haben die übrigen Schuldsprüche keinen Bestand.
a) Den Fall B.V. hat das Landgericht rechtlich dahingehend gewürdigt,
dass der Angeklagte sein Opfer B. aus im Sinne des § 211 StGB
niedrigen Beweggründen getötet habe. Diese Bewertung wird jedoch nicht be-
legt. Festgestellt ist, dass der Angeklagte eine günstige Gelegenheit sah, „um
sich erneut als Herr über Leben und Tod aufzuspielen“. Hierdurch allein wird
aber
– worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hin-
gewiesen hat
– lediglich die Eigenmächtigkeit der vorsätzlichen Tötung um-
schrieben, nicht aber, wie es für das in Rede stehende Mordmerkmal erforder-
lich wäre, ein besonderer Tötungsbeweggrund (vgl. BGH, Beschluss vom
3. April 2008
– 5 StR 525/07, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Niedrige Beweggrün-
de 48).
Soweit darüber hinaus in den Urteilsfeststellungen ausgeführt ist, dass
der Angeklagte gehandelt hat, um „möglicherweise (unbewusst) auch den Frust
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und den Ekel über seine Lebenssituation, seinen sozialen Abstieg, den Verlust
seiner Familie und seiner Ehefrau und gegebenenfalls auch den aktuellen Frust
durch die Abweisung von M.
abzureagieren“, vermochte sich das
Landgericht von diesen Motiven ersichtlich nicht zu überzeugen. Hinzu tritt,
dass bei lediglich unbewusster Beeinflussung die Annahme niedriger Beweg-
gründe ausscheidet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2013
– 5 StR 129/13,
NStZ 2013, 524).
b) Die Schuldsprüche wegen Störung der Totenruhe halten rechtlicher
Überprüfung ebenfalls nicht stand. Zwar kann das vom Angeklagten jeweils
durchgeführte Zerteilen der Leichen eine grob ungehörige, rohe Kundgabe von
Missachtung im Sinne des § 168 Abs. 1 Alt. 2 StGB darstellen. Wesentlich ist
aber, dass der Täter dem Toten seine Verachtung zeigen will und ihm der be-
schimpfende Charakter seiner Handlung bewusst ist (vgl. BGH, Beschluss vom
24. Februar 1981
– 1 StR 834/80, NStZ 1981, 300). Der zweitgenannte Um-
stand lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Sie weisen lediglich aus,
dass der Angeklagte handelte, „um die Tat zu verdecken und den Körper der
Getöteten besser aus der Wohnung verbringen zu können“ bzw. um sein Opfer
„aus seiner Wohnung zu schaffen“.
3. Der Wegfall eines Teils der Verurteilungen zieht die Aufhebung des
Ausspruchs über die Gesamtstrafe und über die besondere Schwere der
Schuld nach sich. Die Feststellungen zum jeweiligen äußeren Geschehensab-
lauf sind von den Rechtsfehlern nicht betroffen und können deshalb bestehen
bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
4. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und
Entscheidung. Das Schwurgericht wird zu prüfen haben, ob hinsichtlich der im
angegriffenen Urteil jeweils mit Freiheitsstrafe von einem Jahr geahndeten
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Störungen der Totenruhe nach § 154 Abs. 2 StPO verfahren werden kann. Ei-
ner Berücksichtigung dieser Geschehen im Rahmen der Prüfung der besonde-
ren Schwere der Schuld stünde dies nicht entgegen.
Mutzbauer Sander Schneider
Mosbacher Köhler