Urteil des BGH vom 17.10.2001

Urteil vom 17.10.2001

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 ARs 278/01
2 AR 163/01
vom
17. Oktober 2001
in dem Bußgeldverfahren
gegen
vertreten durch:
Az.: 14-0523.1/320 Regierungspräsidium Karlsruhe
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts am 17. Oktober 2001 beschlossen:
Das Amtsgericht Heilbronn ist zuständig für die Entscheidung
über den Antrag der Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung
gegen den Kostenbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe
vom 20. März 2001.
Gründe:
1. Das Amtsgericht Karlsruhe und das Amtsgericht Heilbronn streiten
über die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag der Betroffenen
auf gerichtliche Entscheidung gegen den Kostenbescheid des Regierungsprä-
sidiums Karlsruhe vom 20. März 2001, mit dem die Erstattung ihrer Auslagen
im Bußgeldverfahren abgelehnt worden ist. Vorausgegangen war ein Bußgeld-
verfahren, das die zentrale Bußgeldstelle Bretten des Regierungspräsidiums
Karlsruhe noch vor Erlaß eines Bußgeldbescheids nach § 46 Abs. 1 OWiG
i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hatte.
2. Zuständig für die gerichtliche Entscheidung ist das Amtsgericht Heil-
bronn.
Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 OWiG, auf den im vorliegenden Fall durch
§ 108 Abs. 1 OWiG verwiesen wird, entscheidet über einen Antrag auf gericht-
liche Entscheidung das nach § 68 OWiG zuständige Gericht. Nach § 68 Abs. 1
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Satz 1 OWiG ist danach "bei einem Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid"
das Amtsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die den Bußgeldbescheid
erlassende Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat.
Nach § 68 Abs. 3 OWiG kann eine Landesregierung abweichend von
dieser Zuständigkeitskonzentration durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit
dezentral bestimmen; dies ist für das Land Baden-Württemberg durch die Ver-
ordnung des Justizministeriums des Landes Baden-Württemberg über gericht-
liche Zuständigkeiten (Zuständigkeitsverordnung Justiz) vom 20. Dezember
1998 (GBI. S. 680) geschehen; nach § 28 Abs. 1 Nr. 5 a dieser Verordnung
entscheidet abweichend von § 68 Abs. 1 OWiG bei einem Einspruch gegen
einen Bußgeldbescheid das Amtsgericht am Sitz des Landgerichts, in dessen
Bezirk die Ordnungswidrigkeit begangen worden ist.
Die aufgrund der Verordnung nach § 68 Abs. 3 OWiG begründete de-
zentrale Zuständigkeit des Tatortgerichts gilt nicht nur für die Entscheidung
über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid, sondern für alle gerichtlichen
Entscheidungen im Bußgeldverfahren, für welche auf die Zuständigkeit nach
§ 68 OWiG verwiesen ist.
Das ergibt sich schon aus dessen Wortlaut, wonach über den Antrag
nach § 62 Abs. 1 OWiG "das nach § 68 zuständige Gericht" entscheidet. Da
die nach § 62 Abs. 1 OWiG anfechtbaren Maßnahmen den Erlaß eines Buß-
geldbescheids und damit auch einen Einspruch nicht voraussetzen, würde eine
Zuständigkeitsbestimmung, die ein gerichtliches Verfahren nach Einspruch
schon voraussetzt, ersichtlich leer laufen und die dem Gesetz zugrunde lie-
gende Abgrenzung von Zufälligkeiten abhängig machen. Die Verweisung auf
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§ 68 OWiG kann deshalb nach Sinn und Zweck nur bedeuten, daß das bei ei-
nem Einspruch zuständige Gericht auch in den Fällen tätig werden muß, in de-
nen kein gerichtliches Hauptsacheverfahren vorausgegangen ist, also auch bei
der Anfechtung der in § 62 OWiG aufgeführten Maßnahmen der Verwaltungs-
behörde. § 68 OWiG ist dabei insgesamt einschließlich einer nach Abs. 3 vor-
genommenen Dezentralisierung anzuwenden. Diese Auslegung entspricht der
gesetzgeberischen Intention, vermieden werden sollten organisatorische
Schwierigkeiten und eine Aufsplitterung gerichtlicher Verfahren, erhalten blei-
ben sollte die Sachnähe des Gerichts (vgl. schriftlicher Bericht des Rechtsaus-
schusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ge-
setzes über Ordnungswidrigkeiten - OWiG - zu Drucksachen V/2600/2601
S. 8).
Dem steht nicht entgegen, daß der landesrechtliche Gesetzgeber seine
Regelung nach § 68 Abs. 3 OWiG ausdrücklich nur für den Fall des Einspruchs
getroffen hat. Daraus folgt nicht, daß die Verweisungen für die Zuständigkeit in
anderen Fällen (vgl. §§ 62 Abs. 2 Satz 1, 104 Abs. 1 Nr. 1, 108 Abs. 1, 108 a
Abs. 2, Abs. 3 Satz 2, 1, 10 Abs. 2 OWiG) jeweils ein Verfahren nach Ein-
spruch voraussetzen. Zuständig ist vielmehr jeweils das Gericht, dessen Zu-
ständigkeit sich bei Einspruchseinlegung aus § 68 OWiG ergäbe.
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Entsprechend der ZuständigkeitsVO Justiz vom 20. November 1998
(§ 28 Abs. 1 Nr. 5 a) ist deshalb das Amtsgericht Heilbronn als Tatortgericht für
die Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zuständig.
Jähnke Detter Bode
Rothfuß Fischer