Urteil des BGH vom 04.09.2018

Urteil vom 04.09.2018

ECLI:DE:BGH:2018:040918B2ARS247.18.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 ARs 247/18
2 AR 170/18
vom
4. September 2018
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Untreue u.a.
Verteidiger: Rechtsanwalt
Az.: 7580 Js 209151/15 WIZU Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main
16 Js 147/15 Staatsanwaltschaft Siegen
445 Ls 16 Js 147/15 Amtsgericht Siegen
1 KLs 7580 Js 209151/15 Landgericht Limburg
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Angeklagten am 4. September 2018 beschlossen:
Das beim Amtsgericht
– Schöffengericht – Siegen anhängige Ver-
fahren (Aktenzeichen: 445 Ls 16 Js 147/15) wird zu dem beim
Landgericht Limburg a. d. Lahn rechtshängigen Verfahren (Akten-
zeichen: 1 KLs 7580 Js 209151/15) verbunden.
Gründe:
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift vom 7. August 2018
zutreffend ausgeführt:
I.
„Gegen den Angeklagten ist vor dem Landgericht Limburg a.d. Lahn am
15. Januar 2018 (Aktenzeichen: 7580 Js 209151/15) Anklage wegen
Untreue in 176 Fällen erhoben worden (Bl. 1301 ff. Bd. VI d.A.
7580 Js 209151/15). Das Landgericht Limburg a.d. Lahn (Wirtschafts-
strafkammer) hat mit Beschluss vom 24. April 2018 die Anklage der
Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main zugelassen und das Hauptverfah-
ren eröffnet (Bl. 1346 Bd. VI d.A. 7580 Js 209151/15).
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Am 16. November 2017 hat die Staatsanwaltschaft Siegen (Aktenzei-
chen: 16 Js 147/15) gegen den Angeschuldigten vor dem Amtsgericht
– Schöffengericht – Siegen wegen unerlaubten Besitzes von Schusswaf-
fen und Munition sowie unerlaubten Umgangs mit explosionsgefährlichen
Stoffen Anklage erhoben (Bl. 159 f. d.A. 16 Js 147/15). Das Amtsgericht
Siegen hat das Verfahren nach Anhörung der Staatsanwaltschaft Siegen
und nach der Erklärung der Zustimmung zur Übernahme des Verfahrens
durch das Landgericht Limburg a.d. Lahn (Bl. 177 d.A. 16 Js 147/15)
noch vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens mit
Beschluss vom 5. Juli 2018 an das Landgericht Limburg a.d. Lahn abge-
geben (Bl. 178 d.A. 16 Js 147/15). Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am
Main hat ihre Zustimmung zur Übernahme und Verbindung des Verfah-
rens erklärt (Bl. 1404 Bd. VI d.A. 7580 Js 209151/15) und die Akten mit
Verfügung vom 23. Juli 2018 mit der Anregung vorgelegt, das Verfahren
dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die Verbindung der Ver-
fahren gem. § 4 Abs. 2 StPO vorzulegen (Bl. 1407 f. Bd. VI d.A. 7580 Js
209151/15). Die Staatsanwaltschaft Siegen hat ihre Zustimmung zur
Abgabe und Verbindung des Verfahrens erklärt.
II.
Die Voraussetzungen einer Verbindung durch den Bundesgerichtshof
gemäß § 4 Abs. 2 StPO liegen vor.
1. Der Bundesgerichtshof ist gemeinschaftliches oberes Gericht im Sinne
des § 4 StPO des Amtsgerichts (Schöffengericht) Siegen (Oberlan-
desgericht Hamm) und des Landgerichts (Wirtschaftsstrafkammer)
Limburg a.d. Lahn (Oberlandesgericht Frankfurt am Main).
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2. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft Siegen beantragt, das ursprünglich beim Amtsge-
richt Siegen anhängige Verfahren zu dem Verfahren des Landgerichts
Limburg a.d. Lahn zu verbinden, in dem die Anklage bereits zugelas-
sen und das Hauptverfahren eröffnet worden ist. Die formellen
Voraussetzungen des § 4 StPO für die Verbindung durch den Bun-
desgerichtshof als dem gemeinschaftlichen oberen Gericht sind damit
gegeben.
Dass das Amtsgericht Siegen die Anklage noch nicht zugelassen hat,
steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen. Die Verbindung
zweier Strafsachen gemäß § 4 StPO ist auch zulässig, wenn sie sich
nicht im gleichen Prozessstadium befinden. Entscheidend ist, ob trotz
ungleicher Prozesslage der Zweck einer Verbindung erreicht werden
kann, der vor allem darin besteht, eine möglichst breite und umfas-
sende Grundlage für die Beurteilung von Taten und Tätern zu schaf-
fen, damit die Bearbeitung der Verfahren zu erleichtern und sie so
sachgemäß zu erledigen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November
1962
– 2 ARs 194/62 –, BGHSt 18, 130 ff.). Dieser Gesichtspunkt ge-
bietet es, eine Verbindung auch schon vor Eröffnung des abzugeben-
den Verfahrens zuzulassen, bei der das übernehmende Gericht auf
einer möglichst breiten Beurteilungsgrundlage über die Eröffnung ent-
scheiden kann. Der Gedanke, dass ein Verfahren durch das obere
Gericht keinem anderen Gericht zugewiesen werden soll, solange es
noch der Disposition durch die Staatsanwaltschaft unterliegt, welche
die Anklage jederzeit wieder zurücknehmen könnte, steht in einem
Fall, in dem die Staatsanwaltschaft von ihrer Dispositionsbefugnis
durch den Verbindungsantrag oder ihre Zustimmung zur Verbindung
Gebrauch gemacht hat, der Verbindung durch das obere Gericht nicht
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entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 1990
– 2 ARs 318/90 –,
NStZ 1990, 548). Hier hat die Staatsanwaltschaft Siegen ihre Zustim-
mung zur Verbindung ausdrücklich erklärt.
Die beantragte Verbindung entspricht der Prozessökonomie.
Schäfer Appl Zeng
Grube Schmidt