Urteil des BGH vom 05.02.2008
BGH (sachmangel, ursache, zpo, allergie, beweislastumkehr, vermutung, breite, anwendbarkeit, zustand, beurteilung)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 94/07
vom
5. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Februar 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers und Dr. Frellesen sowie die
Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel
einstimmig beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 11. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. März 2007 wird zurückge-
wiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 11.755,54 € festgesetzt.
Gründe:
Die Revision ist gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen,
weil entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Voraussetzungen für
die Zulassung der Revision nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und das
Rechtsmittel darüber hinaus keine Aussicht auf Erfolg bietet. Zur Begründung
wird auf den Hinweis des Vorsitzenden vom 27. November 2007 Bezug ge-
nommen (§ 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO).
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Die Stellungnahme der Beklagten vom 19. Dezember 2007 zu diesem
Hinweis rechtfertigt keine andere Beurteilung. Entgegen der Auffassung der
Beklagten ist nach § 476 BGB zu vermuten, dass der vertragswidrige Zustand
(hier: die hochgradige Sensibilisierung des Pferdes) bereits bei Gefahrübergang
vorgelegen hat.
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Aus der auf S. 2/3 des Schriftsatzes vom 19. Dezember 2007 wiederge-
gebenen Passage aus dem Senatsurteil vom 29. März 2006 (VIII ZR 173/05,
Tz. 35) ergibt sich nichts Anderes. Soweit es dort heißt, "hierfür" gelte die in
§ 476 BGB vorgesehen Beweislastumkehr zugunsten des Käufers nicht, so be-
zieht sich dies, wie aus dem Sinnzusammenhang ersichtlich, allein darauf, ob
der Sachmangel in Gestalt der Allergie Sommerekzem "auf eine Ursache zu-
rückzuführen ist, die ihrerseits eine vertragswidrige Beschaffenheit darstellt".
Dementsprechend heißt es dort weiter: "Ob hinsichtlich einer solchen Ursache
ein Sachmangel vorliegt, hat vielmehr der Käufer darzulegen und zu beweisen."
Zu diesen Ausführungen steht weder das angefochtene Berufungsurteil noch
der Hinweis des Vorsitzenden vom 27. November 2007 in Widerspruch.
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Der Beweis, dass die Ursache des in der Allergie Sommerekzem beste-
henden Sachmangels - die hochgradige Sensibilisierung des Pferdes - ihrer-
seits eine (weitere) vertragswidrige Beschaffenheit darstellt, ist dem Kläger
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gelungen. Die Revision nimmt
dies ausdrücklich hin. Ob diese weitere vertragswidrige Beschaffenheit einen
Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB darstellt, hängt allein
davon ab, ob sie bereits bei Gefahrübergang bestanden hat. Dafür kommt dem
Kläger entgegen der Auffassung der Revision die Vermutung des § 476 BGB
zugute (vgl. Senatsurteile vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04, NJW
2005, 3490, Tz. 30 und vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 259/06, NJW 2007, 2621,
Tz. 16).
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Die Anwendbarkeit des § 476 BGB scheitert entgegen der Auffassung
der Revision auch nicht daran, dass die hochgradige Sensibilisierung des Pfer-
des nicht innerhalb von sechs Monaten in Erscheinung getreten, sondern nur
"nachträglich durch den Sachverständigen aufgrund theoretischer Schlussfolge-
rungen diagnostiziert worden" wäre. Vielmehr ist eine "sehr breite und
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höchstgradige Sensibilisierung gegen Insekten, Pflanzen und Milben" bereits in
der Befundmitteilung vom 11. September 2002 über die Laboruntersuchung
vom 30. August 2002 (GA I 12) diagnostiziert worden (BU 15) und damit inner-
halb der Sechsmonatsfrist des § 476 BGB in Erscheinung getreten.
Ball
Wiechers
Dr. Frellesen
Hermanns
Dr. Hessel
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, Entscheidung vom 06.02.2004 - 4 O 396/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.03.2007 - 11 U 43/04 -