Urteil des BGH vom 23.01.2002
BGH (zpo, verhandlung, berufungskläger, termin, vollmacht, räumung, land, durchführung, gegenbeweis, unrichtigkeit)
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 91/00
Verkündet am:
23. Januar 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Januar 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Rich-
ter Gerber, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dr. Vézina
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Rostock vom 14. Februar 2000 wird zu-
rückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt als Gesamtvollstreckungsverwalter über den Nach-
laß des Peter Wilhelm W. von dem Beklagten Rick Paul P., W. 70, H., Räu-
mung und Mietzinszahlung aus einem Mietvertrag vom 6. Mai 1993 über eine
gewerblich genutzte Halle.
Seit Juni 1995 hat der Beklagte wegen behaupteter Mängel keine Miete
mehr bezahlt.
Mit Schreiben vom 7. November 1997 kündigte der Kläger das Mietver-
hältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs.
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Die Klageschrift wurde ausweislich der Zustellungsurkunde vom 1. Ok-
tober 1997 dem Beklagten, Rick Paul P., persönlich übergeben. In seiner Kla-
geerwiderung bezog sich der Beklagte zum Beweis für die Mietzinszahlung
unter anderem auf Kontoauszüge, die ihn - Rick Paul P., H.straße - als Konto-
inhaber ausweisen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung war ausweislich des Protokolls
der Beklagte, Rick Paul P., persönlich anwesend. Mit einem nach Schluß der
mündlichen Verhandlung des Landgerichts eingegangenen Schreiben meldete
sich ein Herr Paul P. zu den Akten und bat um Berichtigung des Passivrubrums
dahingehend, daß er, Paul P., der richtige Beklagte sei.
Das Landgericht verurteilte den Beklagten, Rick Paul P., zur Räumung
und gab der Zahlungsklage überwiegend statt.
Gegen das Urteil legte Rechtsanwalt Q. namens und in Vollmacht des
Rick Paul P. Berufung ein. Nachdem der Kläger die ordnungsgemäße Bevoll-
mächtigung von Rechtsanwalt Q. durch den Berufungskläger gerügt hatte, for-
derte das Berufungsgericht den Berufungskläger auf, seinen Namen
- gegebenenfalls mittels einer Ablichtung des Personalausweises - anzugeben.
Auf diesen Hinweis teilte Rechtsanwalt Q. mit, der Beklagte habe seit mehreren
Wochen auf seine Anfragen und Anschreiben nicht reagiert; Aufklärung könne
auch nicht durch den erstinstanzlich Bevollmächtigten erlangt werden, da die-
ser in Untersuchungshaft sitze.
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen.
Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, Rick Paul P..
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Die Revision ist gemäß § 547 ZPO statthaft und auch im übrigen zuläs-
sig.
Der Beklagte ist zur Einlegung der Revision befugt, weil die beiden vo-
rinstanzlichen Urteile sich jedenfalls formell gegen ihn richten und er dadurch
beschwert ist.
II.
Die Revision ist jedoch unbegründet.
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil
der Bevollmächtigte des Berufungsklägers nicht nachgewiesen habe, daß er
von dem erstinstanzlich Beklagten zur Durchführung des Berufungsverfahrens
bevollmächtigt worden sei (§ 88 Abs. 1 ZPO). Das ist nicht zu beanstanden.
1. Ein Verstoß gegen § 551 Nr. 5 ZPO liegt nicht vor. Zwischen dem
Kläger und dem Beklagten Rick Paul P. ist ein Prozeßrechtsverhältnis begrün-
det worden.
Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde die Klage Rick Paul P.
persönlich übergeben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Land-
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gericht erschien ausweislich des Sitzungsprotokolls der Beklagte, Rick Paul P.,
persönlich mit seinem Prozeßbevollmächtigten. Gemäß § 418 Abs. 1 ZPO be-
gründen die Postzustellungsurkunde (§ 195 Abs. 2 Satz 3 ZPO n.F.) und das
Sitzungsprotokoll vollen Beweis für die darin bezeugten Tatsachen. Der Be-
klagte hat einen im Rahmen des § 418 Abs. 2 ZPO zulässigen Gegenbeweis
für die behauptete Unrichtigkeit der in den Urkunden bezeugten Tatsachen
nicht angetreten (Zöller/Geimer, ZPO, 22. Aufl. § 418 Rdn. 4 m.w.N.). Das Ru-
brum des landgerichtlichen Urteils weist folgerichtig den Revisionskläger als
Beklagten aus.
2. Die Berufung wurde von Rechtsanwalt Q. namens des Beklagten Rick
Paul P. eingelegt. Der Beklagte hat jedoch vor dem Berufungsgericht auf ent-
sprechende Rüge des Klägers nicht nachgewiesen, Rechtsanwalt Q. ord-
nungsgemäß bevollmächtigt zu haben. Eine wirksame Prozeßvollmacht ist Pro-
zeßhandlungsvoraussetzung. Liegt sie bei Einlegung des Rechtsmittels nicht
vor, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen (BGHZ 40, 197, 198; BGH,
Urteile vom 8. Mai 1990 - VI ZR 321/89 - NJW 1990, 3152 und vom
14. Dezember 1990 - V ZR 329/89 - NJW 1991, 1175, 1176).
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Anderes ergäbe sich auch nicht für den Fall, daß die Berufung nicht im
Namen des Beklagten Rick Paul P., sondern namens seines Vaters Paul P.
eingelegt worden wäre. Der Vater Paul P. war am Verfahren nicht beteiligt und
deshalb zur Einlegung der Berufung nicht befugt.
Hahne Gerber Wagenitz
Fuchs Vezina