Urteil des BGH vom 15.04.2014
BGH: waffengesetz, gesamtstrafe, strafzumessung, entziehen, geldstrafe, bezirk, anhörung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 S t R 5 6 6 / 1 3
vom
15. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 15. April 2014 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO, § 355 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Hanau vom 30. Juli 2013
a) im Schuldspruch in den Fällen II. 37 - 39 der Urteilsgründe
mit den Feststellungen aufgehoben,
b) im Schuldspruch im Fall II. 32 der Urteilsgründe dahingehend
berichtigt, dass der Angeklagte des Computerbetrugs schul-
dig ist,
c) im Schuldspruch insgesamt dahingehend klargestellt, dass
der Angeklagte des Diebstahls in 31 Fällen, des Computer-
betrugs in fünf Fällen sowie des unerlaubten Besitzes eines
verbotenen Gegenstandes nach § 2 Abs. 3 i.V.m. Anlage
Abschnitt 1 Nr. 1.3.2 WaffG schuldig ist,
d) in sämtlichen Einzelstrafaussprüchen sowie im Gesamt-
strafenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels,
a) in den Fällen II. 37 - 39 der Urteilsgründe an das Amtsgericht
Wiesbaden,
b) im Übrigen im Umfang der Aufhebung an eine andere Kam-
mer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung weiterer Stra-
fen wegen Diebstahls in 35 Fällen, Computerbetrugs in vier Fällen und wegen
Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs
Jahren verurteilt. Seine auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision hat den
aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegrün-
det (§ 349 Abs. 2 StPO).
I. Der Schuldspruch in den Fällen II. 37 - 39 hält einer rechtlichen Nach-
prüfung nicht stand. Es besteht insoweit ein Verfahrenshindernis, das zu einer
Verweisung an das Amtsgericht Wiesbaden führt, das für die Aburteilung dieser
Straftaten zuständig ist.
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift im Einzelnen ausge-
führt hat, konnte das Landgericht die drei beim nicht zu seinem Bezirk gehöri-
gen Amtsgericht Wiesbaden angeklagten Straftaten nicht wirksam zu den bei
ihm anhängigen Verfahren hinzu verbinden, weil nicht nur die örtliche, sondern
auch die sachliche Zuständigkeit betroffen war und insoweit das gemeinschaft-
liche obere Gericht zu entscheiden gehabt hätte. Aus diesem Grund ist die Sa-
che beim Amtsgericht Wiesbaden anhängig geblieben, an das zurück zu ver-
weisen war.
II. Auch der Schuldspruch im Fall II. 32 begegnet rechtlichen Bedenken.
Der Angeklagte hat sich - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinge-
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wiesen hat - insoweit wegen Computerbetrugs, nicht aber wegen eines Dieb-
stahls nach § 242 StGB strafbar gemacht. Der Schuldspruch war entsprechend
zu ändern. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht an-
ders als geschehen hätte verteidigen können.
III. Im Fall II. 40 war der Verstoß gegen das Waffengesetz näher zu be-
zeichnen. Dies führte, auch im Hinblick auf die zuvor beschriebenen Korrektu-
ren des Schuldspruchs, insgesamt zur Klarstellung des gesamten Schuld-
spruchs.
IV. Der Strafausspruch hält insgesamt rechtlicher Nachprüfung nicht
stand.
1. Die Änderung des Schuldspruchs im Fall II. 32 zieht die Aufhebung
des Ausspruchs über die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe nach sich. An-
gesichts der unterschiedlichen Strafrahmen von § 243 Abs. 1 StGB und § 263a
Abs. 1 StGB kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei An-
wendung des richtigen Strafrahmens eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt
hätte.
2. Das Landgericht hat hinsichtlich sämtlicher Taten, bei denen der An-
geklagte Gegenstände aus verschlossenen Fahrzeugen entwendete und des-
halb der Strafrahmen des § 243 Abs. 1 StGB Anwendung findet, jeweils Frei-
heitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt (Fälle II. 3, 4, 5, 7, 9,
10, 11, 13, 15 - 31). Dabei ist unberücksichtigt geblieben, dass durch die Taten
jeweils Schäden in unterschiedlicher Höhe entstanden sind; sie reichen von ca.
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€ im Fall II. 13 bis zu 2.300 € im Fall II. 9. Der durch eine Tat verursachte
Schaden ist aber ein für die Strafbemessung wesentlicher Umstand, der das
Unrecht der Tat mitbestimmt und nicht außer Betracht bleiben darf. Die Straf-
kammer hätte deshalb den jeweils verursachten Schaden nicht aus dem Blick
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verlieren dürfen, sondern hätte die Einzelstrafen nach den festgestellten Scha-
denssummen differenzierend festsetzen müssen. Dass das Landgericht dabei
zu geringeren Einzelstrafen gekommen wäre, hat der Senat nahe liegender
Weise nicht ausschließen können.
3. Gleiches gilt auch hinsichtlich der Einzelstrafen, die das Landgericht
für die Diebstahlstaten aus unverschlossen abgestellten Kraftfahrzeugen dem
Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB entnommen hat (Fälle II. 1, 2, 6, 12 und
14). Auch insoweit hat das Landgericht die unterschiedlichen Schadenshöhen
nicht berücksichtigt, was zur Aufhebung dieser Einzelstrafen führt.
4. Auch die für das Waffendelikt gemäß ausgeworfene Freiheitsstrafe
von vier Monaten erweist sich als rechtsfehlerhaft. Das Landgericht legt dem
festgestellten Verstoß nach § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG, der Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht, unzutreffend einen Strafrahmen von sechs
Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zugrunde und entnimmt daraus - für
den Senat nicht nachvollziehbar - eine Einzelstrafe von vier Monaten. Auch die-
se Einzelstrafe muss deshalb neu bemessen werden.
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5. Die Aufhebung dieser Einzelstrafen sowie der Wegfall der Strafen hin-
sichtlich der Fälle II. 37 - 39 entziehen der Gesamtstrafe die Grundlage. Der
Senat hebt außerdem die an sich rechtsfehlerfreien Einzelstrafen in den Fällen
II. 33 - 36 (Fälle des Computerbetrugs) auf, um dem neuen Tatrichter eine ins-
gesamt ausgewogene, aufeinander abgestimmte Strafzumessung zu ermögli-
chen.
Fischer Schmitt Krehl
Eschelbach Zeng
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