Urteil des BGH vom 15.03.2017

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 40/99
vom
11. Januar 2001
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
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ZPO § 91 a; GVG § 17 a
Der Beschwerdeführer kann mit der Begründung, der Rechtsweg zu dem angerufe-
nen Gericht sei nachträglich begründet worden, die gegen die Vorabentscheidung
eingelegte sofortige Beschwerde in der Hauptsache für erledigt erklären.
BGH, Beschl. v. 11. Januar 2001 - V ZB 40/99 - Kammergericht Berlin
LG Berlin
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Januar 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Lemke und Dr. Gaier
beschlossen:
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren fallen dem Beklagten zur
Last.
Der Wert der Verfahren beträgt 41.359 DM.
Gründe:
I.
Die Klägerinnen (BvS und die von ihr beauftragte Privatisierungsstelle)
begehren die Feststellung, daß dem Beklagten Ansprüche auf erneute Vor-
nahme der Vergabeentscheidung über ein bestimmtes Objekt nach dem Aus-
gleichsleistungsgesetz und/oder auf Unterlassung der Veräußerung des Ob-
jektes an einen bestimmten Erwerber und/oder auf Unterlassung, Widerruf oder
Zurücknahme des Einverständnisses zu dem Verkauf nicht zustehen. Das
Landgericht hat im Vorabverfahren den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für
zulässig erklärt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde des Be-
klagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde hat der
Beklagte seinen Antrag, den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig zu
erklären und die Sache an das Verwaltungsgericht zu verweisen, weiterver-
folgt. Nach Inkrafttreten des Vermögensrechtsergänzungsgesetzes -
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VermRErgG - vom 15. September 2000 (BGBl I S. 1382) hat der Beklagte "den
Zwischenrechtsstreit über die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges" in der Haupt-
sache für erledigt erklärt und beantragt, den Klägern "die Kosten des Zwi-
schenrechtsstreits" aufzuerlegen. Diese haben sich der Erledigungserklärung
angeschlossen und beantragen, dem Beklagten "die Kosten des Beschwerde-
verfahrens" aufzuerlegen.
II.
1. Gegenstand der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der
Parteien sind die Beschwerde gegen die Vorabentscheidung der ersten Instanz
und die weitere Beschwerde.
a) Eine Erledigung des Vorabverfahrens als solches durch Erklärungen
der Parteien entsprechend § 91 a ZPO kommt nicht in Frage. Denn die Vor-
schrift setzt voraus, daß in dem erledigten Verfahren eine Kostengrundent-
scheidung möglich ist (vgl. statt aller: Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 91 a
Rdn. 7). Dies ist bei der Vorabentscheidung der ersten Instanz nicht der Fall;
soweit durch sie Kosten entstehen, sind sie Gegenstand der Kostenentschei-
dung im Endurteil. Anderes gilt für die im Beschwerdeverfahren über die Vorab-
entscheidung angefallenen Kosten. Über sie ergeht eine gesonderte, vom Ob-
siegen im Rechtsstreit selbst unabhängige Entscheidung durch das Beschwer-
degericht (Senat, Beschl. v. 17. Juni 1993, V ZB 31/92, BGHR GVG § 17 a
Abs. 4). Eine Rücknahme des Rechtsmittels würde indes, wenn die Zuständig-
keit der Zivilgerichte, wie der Beklagte meint, ursprünglich nicht gegeben war,
nicht zu einer angemessenen Kostenentscheidung führen. Das geeignete Mit-
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tel, dies zu vermeiden, ist die Erledigungserklärung allein für das Rechtsmittel-
verfahren, hier für beide Rechtsmittelzüge. Die Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofes läßt sie, ohne eine generelle Entscheidung über die Rechtsmitte-
lerledigungserklärung zu treffen, bei Bedürfnis für besondere Fälle zu (Urt. v.
15. Mai 1998, XI ZR 219/97, NJW 1998, 2453, 2454 m.w.N.). Ein solcher liegt
hier vor.
b) Die dahingehende Auslegung der Erledigungserklärungen der Par-
teien steht nicht in sachlichem Widerspruch zu deren weitergehendem Wort-
laut. Zwar tritt durch die beiderseitige Erledigungserklärung die Rechtskraft der
erstinstanzlichen Vorabentscheidung, die der Beklagte bekämpft hat, ein. Dies
hat der Beklagte indessen hinzunehmen. Denn eine ursprünglich bestehende
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts hätte mit der Einfügung des § 6 Abs. 3
AusglLeistG durch Art. 3 Nr. 4 VermRErgG ein Ende gefunden. Der Grundsatz
der Fortdauer der Zulässigkeit des Rechtsweges (§ 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) gilt
nur rechtswegerhaltend (Senat BGHZ 118, 34, 35 f; BGHZ 130, 13, 15), läßt
mithin deren nachträgliche Begründung - vor rechtskräftiger Verweisung in ei-
nen anderen Gerichtszweig - zu.
2. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat der Beklagte zu tragen. Der
Rechtsweg zu den Zivilgerichten war von Anfang an gegeben.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung begründet die Einführung des
§ 6 Abs. 3 AusglLeistG, wonach für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der
Durchführung der §§ 3, 3 a und der Flächenerwerbsverordnung die ordentli-
chen Gerichte zuständig sind, mit dem Bedürfnis nach Klarstellung der
Rechtslage (BT-Drucks. 14/1932, S. 17). Dies trifft zu. Das Bundesverwal-
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tungsgericht hat im Verfahren über den Antrag des Beklagten auf Erlaß einer
einstweiligen Anordnung, auf den die Klägerinnen (u.a.) ihre Behauptung, der
Beklagte berühme sich der geleugneten Ansprüche, stützen, die Auffassung
vertreten, die Vergabeentscheidung der Klägerinnen erfolge nach den Regeln
des Zivilrechts. Eine öffentlich-rechtliche Einordnung des Gesamtvorgangs las-
se sich auch nicht durch Heranziehung der "Zweistufentheorie" erreichen. Die-
se setze eine Mehrphasigkeit der Aufgabenwahrnehmung durch die Verwaltung
sowie die Inanspruchnahme von Sonderrecht des Staates bei der exekutiven
Grundentscheidung voraus, woran es bei dem Flächenerwerb nach dem Aus-
gleichsleistungsgesetz fehle (Beschl. v. 15. November 2000, 3 B 10.00). Dem
tritt der Senat bei.
Wenzel
Tropf
Krüger
Lemke
Gaier